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Túatha Dé Danann. Nekropolis: Teil 2
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Túatha Dé Danann. Nekropolis: Teil 2
eBook244 Seiten3 Stunden

Túatha Dé Danann. Nekropolis: Teil 2

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Über dieses E-Book

Nach ihrer Flucht durch die Traumkorridore erreichen Cornelis und seine Begleiter Bella Constanzia, die Nekropolis. In einer letzten Anstrengung soll der Junge aus Bandahui die Welt vor dem alles vernichtenden Kataklysmus retten, doch leider hat er nicht die geringste Ahnung, wie er das anstellen soll. Und schon stehen die Túatha Dé Danann, die Todfeinde der Menschen, vor den Toren der Nekropolis und bereiten sich auf den Sturm auf die letzte Zitadelle der Menschheit vor.
SpracheDeutsch
Herausgeberacabus Verlag
Erscheinungsdatum22. Okt. 2012
ISBN9783862822065
Túatha Dé Danann. Nekropolis: Teil 2

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    Buchvorschau

    Túatha Dé Danann. Nekropolis - Sean Connell

    1 Die Türme des Schweigens

    Miri und Viktor standen hoch über dem Hafen und blickten hinaus auf die Totenstadt und den Golf von Iblis. Dort draußen glich die Farbe des Wassers dem Blau des Himmels und an Tagen wie diesem war beides untrennbar miteinander verwoben, so dass niemand zu sagen vermochte, wo das Meer endete und wo der Himmel begann.

    Bella Constanzia, die Nekropolis, jene unvorstellbar große Stadt im Grenzland zwischen der Großen Leere im Norden, KI.MA im Nordosten und dem Golf von Iblis im Süden, war alt. Beinahe so alt wie die Welt selbst, und das Wissen um sie war längst verloren.

    Eine Legende besagte, dass Bernadette la Halle die Stadt als Hauptstadt und Sitz für die Älteren auserkoren hatte, aber weder Michael Altfeld noch Jerry Marrks erinnerten sich daran, je hier gewesen zu sein – sagten sie zumindest. Viktor und Miri schenkten den Worten der beiden Unsterblichen keinen Glauben; zu sehr verfolgten diese Menschen ihre eigenen, geheimnisvollen Ziele.

    Es gab weitere Legenden, die davon berichteten, dass Bella Constanzia aus einer Zeit vor den Menschen stammte – errichtet von den geheimnisvollen Túatha Dé Danann, lange bevor die Älteren das sidhe betreten hatten. Wieder andere Legenden behaupteten, dass Bella Constanzia, wie die Labyrinthos und viele Städte in Nord- und Südland, in jener nicht näher dokumentierten Zeit nach der Großen Katastrophe, nach To mega Therion, in Ramnaroughblasen eingekapselt nach Nord- und Südland gebracht worden waren.

    Allen Legenden, so widersprüchlich und seltsam sie auch sein mochten, war jedoch eins gemeinsam: Bella Constanzias Schicksal und das seiner Bewohner war an einem Tag vor fünfhundert Jahren für immer besiegelt worden, als eine unbeschreibliche Eruption des Mundes auf der anderen Seite des Golfs die Metropole im Schlaf überraschte und alles Leben durch eine pyroklastische Wolke auslöschte.

    Die Stadt maß von West nach Ost mehr als dreihundert unglaubliche Kilometer und von Nord nach Süd noch ganze siebzig. Bella Constanzia war somit breiter und in der Summe größer als das nördlich gelegene Sternenheim. Doch während dort Lärm und Licht das Leben bestimmten, regierte hier die Stille.

    Viktor ließ den Blick schweifen.

    Landeinwärts, jenseits der halbmondförmigen Ausläufer des riesigen Hafens, entdeckte er entkernte Wohnkomplexe, längst verstummte Generatorenhallen und Fabriken, Theater- und Konzertsäle mit eingestürzten Fassaden und Dächern. Nur noch bloße Schatten ihrer selbst. Vögel und streunende Katzen hatten jetzt die Herrschaft angetreten. Aber da waren noch mehr Bauten, wie Viktor jetzt erkannte: leerstehende Versammlungshallen, Museen, Schulen, Stadtverwaltungen, Badeanstalten, Krematorien, Krankenhäuser und Observatorien; sie alle lagen begraben unter schwarzen Schichten erkalteten Magmas.

    Viktor wandte den Blick nach Westen. Pastellfarbene Türme aus Stein, Stahl, Gold und Silber ragten in den rot leuchtenden Himmel und trugen, wie er wusste, Namen wie die Türme des Meeres, Türme der Hügel, Türme der Trauer und Verzweiflung oder Türme des Schweigens. Sie waren verschlossen. Es schien, als hätte die Zeit selbst sie ihrer Bewohner und ihrer Bedeutung beraubt.

    „Habe ich dir jemals erzählt, sagte Viktor an Miri gewandt, „dass ich davon geträumt habe, das Innere all dieser Türme zu erkunden?

    Miri drehte sich zu ihm herum und blickte ihn überrascht an. „Es sind Duncan Dunvegans Türme. Du solltest nicht von ihnen sprechen. Sie sind tabu."

    Er nickte widerstrebend. „Wenn diese Zeiten vorüber sind und wir erwachsen sind, dann können wir diese Stadt vielleicht wieder aufbauen. So wie sie früher war."

    Miris Gesicht verfinsterte sich. „Es bleibt keine Zeit mehr erwachsen zu werden."

    Miri glaubte den Worten der Älteren, selbst wenn sie nicht wahr waren. Nicht wahr sein durften – wie Viktor grimmig für sich selbst hinzufügte. Die Welt – nein, nicht die Welt, das Schwarze Loch, dieses mysteriöse Objekt, in dem die Welt hinter dem Schleier gefangen lag – verdampfte. Die Entropie nahm zu. Alles, so hatten die Älteren gesagt, war dem Untergang geweiht.

    „Es sei denn, dein neuer Freund Cornelis findet endlich heraus, was er tun muss, um uns zu retten. Er hat inzwischen alles, was er braucht: den Gral, den Königsstein und das Schwert. Was ist nur los mit ihm?"

    Bekümmert sah sich Miri um. Ihr Blick sagte ihm, dass sie die Stadt nicht mehr mochte. „Hier leben nur die Toten, und bald werden wir ein Teil von ihnen sein. Wir hätten niemals zurückkehren dürfen."

    „Willst du immer noch nach Mes?", fragte er. Es fiel ihm schwer, ihre Gedanken zu verstehen. Bei ihrer Flucht nach Sternenheim war sie davon besessen gewesen nach Mes zu gehen. Doch jetzt? Die Traumkorridore hatten sie und ihre neuen Freunde von Sternenheim hierher gebracht. Bella Constanzia war, wie es schien, das letzte Bollwerk gegen die sich ausbreitende Entropie. Viktor schüttelte verwirrt den Kopf. Existierte Mes überhaupt noch?

    „Sei nicht albern, erwiderte Miri, als hätte sie seine Gedanken erraten. Sie berührte mit den Fingern seine Wange. „Ich will nicht nach Mes. Die Entropie der Großen Leere rückt näher und mit ihr kommen die Gespenster. Es gibt keinen Ort, an den wir gehen können.

    Viktor nickte. Er erinnerte sich an die Gespenster.

    Die Schattengänger.

    Die Túatha Dé Danann.

    Sie hatten sie gesehen. Auf ihrer Reise nach Sternenheim. Die Erinnerungen daran waren schrecklich, doch Viktor versuchte seine aufkeimende Angst zu unterdrücken, weil sie ihn in Miris Augen schwach erscheinen lassen würde. Ganz tief drinnen jedoch, da war längst aller Mut versiegt, und er wurde sich schmerzlich bewusst, dass er nur ein zwölfjähriger Junge war und kein Krieger.

    „Du kannst gehen, wohin du willst, Miri. Die Stimmen in unseren Köpfen sind verschwunden."

    Duncan Dunvegan hatte bei einem seiner schrecklichen Experimente ihre Seelen dupliziert und sie in dem Kopf des jeweilig anderen verankert, sodass Viktor Miris Gedanken hören konnte und sie die seinen. Doch die Banshees in Sternenheim hatten sie getrunken und die Stimmen verstummen lassen.

    „Was soll das, Viktor? Willst du, dass ich weggehe, damit ich nicht mit ansehen muss, wie sehr du dich fürchtest? Wer kümmert sich dann um dich? Cornelis etwa?"

    Viktor rührte sich nicht. Jedes Zucken in seinem Gesicht wäre für sie eine Bestätigung gewesen, und sie würde ihm seine Angst solange unter die Nase reiben, bis er vor Verzweiflung zu heulen anfinge. Also blieb er ruhig, beherrschte sich und versuchte, wie ein Mann zu denken.

    Er musterte Miri verstohlen. Seit einiger Zeit erschien sie ihm anders als früher. Weniger mädchenhaft. Weiblicher. Und sie war mehr denn je ein Wesen der Wüste. Bernsteinfarbene Augen in einem offenen, braunen Gesicht, umgeben von sanft fallenden, goldenen Locken. Er spürte eine Regung, die süßer war als jedes romantische Verlangen, doch Miris Gedanken waren stets woanders, selten bei ihm. Und wenn sie es waren, dann nicht so, wie er es sich wünschte.

    „Beeilen wir uns, sagte sie jetzt kühl. „Die anderen erwarten uns spätestens bei Sonnenuntergang im Hauptquartier.

    Die Straßen weiteten sich zu einem Platz. Dahinter folgte eine breite, marmorne Treppe. Viktor und Miri nahmen Stufe um Stufe, und als sie eine aus weißem Stein gemeißelte Balustrade auf halber Höhe erreichten, blieben sie stehen und blickten zurück. Der Golf von Iblis lag still und reglos im Süden. In der anderen Richtung erhob sich die Stadt. Die alten Boulevards und Paläste entlang der Hügel waren überwuchert von Ranken, Moosen und Schmarotzern. Vielfältiges, tierisches Leben existierte dort. Dazwischen funkelten erhalten gebliebene architektonische Kleinode von beeindruckender Schönheit.

    Sie gingen weiter und kurz darauf wurde die Stille der Stadt überlagert vom Brummen unsichtbarer, im Erdreich verborgener Maschinen. Dunvegan betrieb sie, um Teile der Nekropolis am Laufen zu erhalten. Wind kam auf. Auf dem Dach eines Hauses klapperte ein Windrad in seiner rostigen Einfassung. Da und dort wehten vergilbte Fähnchen; sie knatterten und flatterten in der stärker werdenden Brise, als wollten sie eine Schar Besucher begrüßen. Ein verbeulter alter Eimer rollte scheppernd durch eine Gasse und prallte gegen eine Wand. Viktors Augen folgten ihm und er entdeckte hinter der Stelle, wo er liegen blieb, den breiten, innerstädtischen Kanal, eine schwarze Linie zwischen den hellen Fassaden der Häuser. Dort fuhren eine Schar Boote der Mu mit den Toten nach Norden ins Innere der Metropole; vermutlich dorthin, wo Duncan Dunvegan noch vor geraumer Zeit seine Experimente in der Basilika durchgeführt hatte. Doch Dunvegan war seit ihrer wundersamen Rückkehr nach Bella Constanzia verschwunden, hatte all Apparaturen mitgenommen und sich still und heimlich in ein neues Versteck irgendwo in der Stadt verkrochen.

    Mehr Boote als üblich, dachte Viktor und musterte die schlanken Kähne. Dann fiel es ihm wieder ein: Entropie, Krieg und Chaos bestimmten dieser Tage die Welt außerhalb der Nekropolis.

    Was immer nördlich von Bella Constanzia geschah, es hatte die Stadt in Form von neuem Versuchsmaterial für Duncan Dunvegan erreicht.

    Meister Aki hatte eine richtig gute Idee gehabt, dachte Cornelis und war ziemlich froh, dass er den Vorschlag des alten Mannes angenommen hatte. Viktor, Miri, Aurelius, Hayo, Raggah und er selbst waren alle ausgezehrt und müde von ihren Rundgängen durch die Stadt im Hauptquartier nahe dem Hafen eingetroffen. Deshalb war es kein Wunder, dass Akis’ Idee, ein kleines abendliches Picknick zu veranstalten, schnell auf fruchtbaren Boden gefallen war.

    „Geht aber nicht zu weit fort", hatte Meister Aki zum Abschied gemahnt.

    „Keine Sorge, Meister. Seht Ihr dieses Gebäude dort hinten mit dem Flachdach? Dorthin werden wir gehen. Nur für den Fall, dass Ihr euch sorgt", hatte Cornelis erwidert und auf ein mehrstöckiges Haus entlang des Hügels gedeutet, das sich hinter dem Hauptquartier erhob.

    Mit einem fast vergessenen Lied auf den Lippen kletterten Cornelis und Raggah die rostige Leiter nach oben. Das Mädchen hatte einen improvisierten Picknickkorb und eine mottenzerfressene Decke mitgebracht, Viktor und Miri so viele Porzellanteller und Kristallgläser, wie sie nur tragen konnten. Cornelis’ Brust und Kopf waren unter Unmengen von alten Kissen begraben. Seine Sicht war gleich Null. Miri bestimmte zielsicher einen Platz in der Mitte des Daches und Viktor rollte gemeinsam mit Cornelis die alte Decke aus, während Raggah zwei kleine Immerfeuer entzündete und sie in den von Moos durchdrungenen Kiesboden des Flachdachs rammte.

    Cornelis warf die großen Kissen auf die ausgebreitete Decke und setzte sich. Selbst vom Boden aus hatte er noch einen wunderbaren Blick auf den Hafen, der weit unter dem Gebäude in einer steilen Kurve nach Süden hin abfiel und mit langen, jahrhundertealten steinernen Molen ins Meer hinausgriff. Cornelis entkorkte vorsichtig die Flasche Wein, die Meister Aki in einem alten Vorratskeller entdeckt hatte.

    Die Flasche, hatte der alte Mann gesagt, ist für euch – nimm sie ruhig mit. Ihr sollt euren Abend genießen.

    Kaum waren die Gläser ausgepackt und der Wein eingeschenkt, vernahmen die vier plötzlich aufkommenden Lärm. Besorgt wandten sie ihre Köpfe und erblickten erleichtert den Hybriden Hayo und den Maschinisten Aurelius, wie sie über die Außenleiter das Dach erklommen. Eine Kiste trugen sie bei sich, eine Kiste voller Wein wie es schien, die Aurelius umständlich und fluchend auf das flache Dach schob.

    „Das wäre nicht notwendig gewesen", rief ihnen Miri entgegen. „Nicht?, lachte der Maschinist und trabte schnaubend herbei, die Kiste direkt vor seinen voluminösen Leib haltend. „Warum nicht? Wir haben schließlich was zu feiern.

    „Ach, ja? Was denn?"

    Tod und Auferstehung." Aurelius ließ den Wein demonstrativ auf den Kiesboden des Daches knallen. „Ist es denn nicht ein Wunder, mehr als nur ein Menschenleben zu haben? Wir waren tot … Cornelis und ich zumindest … und wir sind wieder auferstanden. Na?"

    Raggah grinste. „Herzlichen Glückwunsch! Etwas anderes hätte ich von euch auch nicht erwartet."

    Viktor und Miri applaudierten fröhlich, während Cornelis und Aurelius sich theatralisch umarmten und vor den anderen verneigten. Das Klatschen wurde lauter. Hayo brummte etwas Unverständliches und half Viktor und Miri dabei, die Porzellanteller zu verteilten. Danach wurden die Kristallgläser gereicht.

    „Miri und ich haben ebenfalls etwas zu feiern, sagte Viktor schüchtern, nachdem jeder über Teller und Glas verfügte. „Die Stimmen in unseren Köpfen … sie sind verstummt.

    Miri nickte bestätigend. „Gib mir einen Kuss, du Esel", hauchte sie.

    Viktor tat wie befohlen und grinste dabei. Dann machte Meister Akis Flasche die Runde. Aurelius brachte irgendeinen dämlichen Trinkspruch aus, den Cornelis kurz darauf mit einem Tritt nach seinem Hintern quittierte, dann saßen sie alle still, während die Sterne nach und nach den Himmel eroberten.

    „Warum können wir nicht einfach hier bleiben?", fragte Raggah nach einer Weile, den Kopf an Cornelis’ Schulter gelehnt.

    „Geht nicht, erklärte Hayo, „es ist unsere Pflicht, als Helden zu sterben. Er lachte, aber es klang weniger fröhlich als beabsichtigt.

    „Oh, ich brauche kein Heldentum", grunzte Aurelius und leerte den Inhalt seines Glases in einem Zug, um sich ordentlich nachzuschenken. „Ich brauche nur die Schönheit von Frauen, Ruhe, Wein und Frieden. Und … bei Bernadette, seht nur … ist das nicht unglaublich? Das Meer glitzert wie Sternenlicht."

    Alle blickten gebannt nach Süden, doch Cornelis starrte landeinwärts. Etwas forderte dort hinten in der Dunkelheit seine Aufmerksamkeit.

    „Schaut mal …", rief er und kam sich in diesem Moment wie ein Spielverderber vor. „In einem dieser verlassenen Türme … da brennt Licht!"

    „Was hast du vor?" Aurelius versuchte sich seinem Freund in den Weg zu stellen, doch der Schüler von Meister Aki ließ sich nicht beirren und schritt forsch geradeaus. Die Gruppe hatte kurzerhand all ihre Habseligkeiten auf dem Dach zurückgelassen und stapfte jetzt in raschem Tempo durch die Stadt.

    Cornelis schwieg.

    Aurelius stöhnte theatralisch und wandte sich hilfesuchend an Raggah. „Warum sagst du ihm nicht, dass wir feiern wollen? Es könnte immer noch ein schöner Abend werden …"

    „Sag es ihm doch selbst", sagte Raggah schnippisch und schritt rasch an Aurelius vorüber.

    Hayo schloss zu ihnen auf und klopfte seinem beleibten Freund auf die Schulter. „Wenn Cornelis sich was in den Kopf gesetzt hat, ist er nicht mehr zu bremsen. So gut solltest du ihn kennen."

    „Das heißt also … du bist auch auf seiner Seite?"

    Der Hybrid lachte bellend.

    „Seid mal still!" Cornelis war stehen geblieben. Er deutete nach vorne. Von einer Querstraße her schritten kleine, in Schatten getauchte Gestalten durch die Dunkelheit. Sie waren nicht größer als Kinder. Ihre grauen, nackten Körper wirkten im Licht der Sterne fast schwarz. Ihre überdimensionalen Köpfe mit den großen mandelförmigen Augen verliehen ihnen ein merkwürdiges, nichtmenschliches Aussehen.

    Es waren Mu.

    Jene Kreaturen, die unter anderem für den Raub von Meister Akis Gehirn verantwortlich gewesen waren. Sie zogen große, halb geschlossene hölzerne Leiterwagen hinter sich her.

    „Sie bringen die Toten", entfuhr es Viktor und er biss sich auf die Unterlippe.

    „Nein, nein … seht doch nur …" Hayo fluchte leise. „Das kann doch nicht wahr sein! Sie bringen Fässer – und die sehen verdammt noch mal genauso aus wie jene an Bord der Mondblume."

    Raggah runzelte die Stirn. „Was hat das zu bedeuten?"

    „Hm, … warum folgen wir ihnen nicht und finden es heraus?, schlug Cornelis vor. „Ich wollte schon immer wissen, was mit den ganzen entnommenen Gehirnen geschieht. Ihr Ziel scheint jedenfalls der erleuchtete Turm dort vorne zu sein. Vielleicht werden wir diesmal ein paar Antworten erhalten.

    „Wenn wir ihnen folgen, gab Aurelius zu bedenken, „könnte uns das möglicherweise in Schwierigkeiten bringen.

    Cornelis wandte sich zu ihm um. „Oh, keine Sorge … mit Schwierigkeiten habe ich Erfahrung. Er griff demonstrativ nach dem Heft seines Schwertes. „Aber sie lassen sich hiermit gut lösen.

    „Ja, schon recht, du Angeber! Du hast dich, wie es scheint, ziemlich schnell ans Töten gewöhnt", erwiderte Aurelius.

    Cornelis warf ihm einen überraschten Blick zu, dann fixierten seine Augen erneut die Mu. „Ich glaube, Duncan Dunvegan steckt hinter dieser Geschichte mit den Fässern."

    Miri nickte. „Die Mu haben ihm bereits früher Fässer und Leichen gebracht. Als er seine Laboratorien noch in der Basilika hatte. Es sind willkommene Rohstoffe für seine Experimente."

    Experimente?, echote Aurelius verständnislos. Er schüttelte den Kopf. „Was denn für Experimente …?

    „Er infizierte beispielsweise die Toten mit Seelen und erweckte sie auf diese Art und Weise wieder zum Leben … Dinge dieser Art."

    „Er hat die Toten … wiedererweckt?" Aurelius wurde bleich. „Mit Seelen? Wie …"

    Miri schnitt ihm das Wort ab. „Dunvegan hat vieles getan, das dich entsetzen würde, mein lieber Freund aus Nordland."

    Raggah warf Cornelis einen fragenden Blick zu. „Das verstehe ich nicht. Ich dachte, es gibt diese Seelen überhaupt nicht, von denen Miri spricht? Hat das nicht Bernadette gesagt?"

    Cornelis nickte. Dieser Gedanke war ihm auch schon gekommen. Irgendwie widersprachen sich die Aussagen der Älteren anscheinend erheblich. „Ja … Das waren zumindest ihre Worte. Aber vielleicht hat Dunvegan ja auch gelogen?"

    Gelogen? Miris bernsteinfarbene Augen funkelten wild. „Wie meinst du das? Sie stemmte ihre Hände in die Hüften und reckte angriffslustig das Kinn in Cornelis’ Richtung. „Dunvegan hat in dieser Hinsicht sicherlich nicht gelogen.

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