Die Wahrheit ist ein Chamäleon: Aphorismen und andere merkwürdige Gedanken
Von Wolfgang Eckert
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Über dieses E-Book
da der Mensch beginnt,
keine Fragen mehr zu stellen
und an nichts mehr zu glauben.
Es ist aber die Frage zu stellen,
wer ihm den Glauben raubt.“
Wolfgang Eckert präsentiert bissige Nachdenklichkeiten als Aphorismen zu den Themen unserer Zeit. Er hinterfragt Zeitgeist und Zustand der Erde. Ein Buch, das Reibung erzeugt und zur Diskussion einlädt.
Wolfgang Eckert
1935 in Meerane (Sachsen) geboren, Ausbildung zum Weber, mehrjährige Tätigkeit als Handweber; von 1960 bis 1963 Studium am Literaturinstitut in Leipzig; seit 1970 freiberuflicher Schriftsteller; zahlreiche Erzählungen, Romane, Aphorismen und Gedichte, ausgezeichnet u. a. mit dem Förderpreis des Literaturinstitutes und des Mitteldeutschen Verlages Halle a. d. Saale (1972) und dem Hans-Marchwitza-Preis der Akademie der Künste Ost-Berlin (1974). Von der Witwe Erich Knaufs übernahm Eckert 1987 den Nachlass des Publizisten, den er u. a. mit einer Biografie und der Übergabe des Nachlasses als Dauerleihgabe an das Kunsthaus Meerane der Vergessenheit entriss. Er lebt in Meerane.
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Buchvorschau
Die Wahrheit ist ein Chamäleon - Wolfgang Eckert
Wenn wir es genau betrachten,
ist Zivilisation nichts anderes
als eine moderne Form der Verkleidung.
Im Grunde genommen tragen wir
noch die alten Lendenschurze
und gehen mit Keulen aufeinander los.
Auf einen gekrümmten Rücken
lässt sich viel abladen.
Ist Freiheit, dass jeder machen kann,
was er will, so legt sie schnell in Ketten!
Wer sein inneres Glück
gegen ein äußeres tauscht,
wird eines Tages Hans im Pech.
Für eine kranke Seele
ist auch der klarste Himmel verhangen
Wird uns demnächst
ein Implantat der Dummheit
in den Körper eingesetzt,
könnten wir sagen,
wir sind nicht mehr schuld an ihr.
Im Leben gibt es
in letzter Konsequenz
kein Wenn und Aber.
In der Politik immer.
Die ungebremste Gier nach Wohlstand
wird uns eines Tages
die Meßlatte aus der Hand schlagen.
Es ist eine Zeit, da der Mensch beginnt,
keine Fragen mehr zu stellen
und an nichts mehr zu glauben.
Es ist aber die Frage zu stellen,
wer ihm den Glauben raubt.
Der Tod ist ein einsamer Wanderer.
Er bestimmt, wann und wo er einkehrt.
Wer sein Leben auf lauter Lügen aufbaut,
glaubt am Ende,
es ist die reinste Wahrheit gewesen.
Wenn die Familie
die kleinste Zelle der Gesellschaft ist,
dann hat unsere Gesellschaft
ein Zellenproblem.
Trauerreden sind
wie wirksame Kosmetikartikel:
Die Leiche wird immer schöner.
Primitivität ist die Folge
geistiger Faulheit.
Blinde Gewalt der Ohnmächtigen von unten,
die sich gegen Unschuldige richtet,
ist nicht nur kriminell, sie setzt auch
die Gewalt der Mächtigen ins Recht.
Erst wenn wir hinten
nicht mehr hochkönnen,
kommen wir vorn mit
vernünftigen Gedanken nieder.
Unter lauter Verrückten
gilt der Normale als Irrer.
Alle schöngeistige Literatur war bisher
nur ein Befund, und die kranke Menschheit
hat nichts damit anfangen können.
In einer Wegwerfgesellschaft
werden auch Menschen weggeworfen.
Da wir immer schneller werden,
glauben wir, wir werden besser.
Am Ende nehmen wir
nur Stromlinienform an.
Wenn sich das, was wir jetzt haben,
als Demokratie bezeichnet,
dann möchte ich keine.
Man ist um eine Enttäuschung reicher,
klingt optimistischer als
man ist um eine Hoffnung ärmer.
Hinter ihren umzäunten Vorgärten
züchten manche Rosen.
Und wehe, es riecht einer daran!
Die größten Pinsel
tragen am dicksten auf.
Wem die Ruder
aus der Hand gelaufen sind,
dem nützt auch sein ganzes Wissen
um die Richtung nichts.
Vielleicht geht manchen
wenigstens zu Weihnachen
ein Licht auf.
Wer nie an Gott zweifelt,
ist nicht gläubig.
Die einstigen Eroberer
kamen mit Pferden und Wagen.
Die heutigen Eroberer
kommen mit Flugzeugen,
Reisebussen und Kreuzfahrtschiffen.
Heutzutage muß man sich
sogar vor einem Zahnstocher
in Acht nehmen.
Politischer Jahreswechsel:
Im neuen Anfang steckt schon wieder
das alte Ende.
Das Laster, welches wir
am Klarsten und Schnellsten erkennen,
ist das der anderen.
Aus der Kraft der Starken entsteht Humor,
aus der Ohnmacht