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Feuerwind: Blut der Drachenberge 2
Feuerwind: Blut der Drachenberge 2
Feuerwind: Blut der Drachenberge 2
eBook384 Seiten4 Stunden

Feuerwind: Blut der Drachenberge 2

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Über dieses E-Book

Alte Sünden rächen sich.
In den Bergen kämpfen die Menschen um ihr Überleben. Die Zauberer könnten das Zünglein an der Waage sein, aber außer zwei noch nicht einmal fertig ausgebildeten Jungzauberern weigern sie sich zu helfen. Sirit fürchtet das Schlimmste für ihre alte Heimat. Und ihr Sohn Inagoro, König von Karapak, fürchtet um das Leben seiner Schwester Taephe, die mitten in diesem Schlamassel steckt.
Dabei hätte Inagoro jeden Grund, sich nicht um seine Schwester, sondern um sein eigenes Leben zu sorgen. Immerhin gibt es genügend Konkurrenten, die ihm den Thron neiden, und schon Karapaks letzte zwei Könige hatten kein besonders langes Leben. Es gibt nur eine winzige Kleinigkeit, die Inagoro retten könnte: Er hat Zaubererblut.
Das nützt ihm natürlich nur, wenn die Götter mitspielen. Und wie es scheint, sind sie genau dazu entschlossen. Oder sind es überhaupt nicht die Götter, sondern nur die Eigeninteressen der Priester, die hier zum Tragen kommen?
Die Seiten sind unklar.
Die Mitspieler sind unbekannt.
Die Mittel sind mörderisch.
Und mittendrin sind die alten Herrscher der Drachenberge damit beschäftigt, ihre Berge wieder in Besitz zu nehmen.
SpracheDeutsch
HerausgeberMachandel Verlag
Erscheinungsdatum22. Sept. 2021
ISBN9783959593212
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    Buchvorschau

    Feuerwind - Chris Svartbeck

    Cover Feuerwind

    Spiegelmagie

    Band 5

    Feuerwind

    C. Svartbeck

    Krieger-Vignette

    Hinweis:

    Am Ende des Buches finden Sie einen Anhang mit einer Landkarte sowie Erläuterungen zum Land Karapak und seinen Bewohnern.

    C. Svartbeck

    Machandel Verlag

    Neustadtstr.7, 49740 Haselünne

    Bildquelle cover: Tithi Luadthong /  www.shutterstock. com

    Vignette: Fernando Cortez /shutterstock.comp

    2019

    ISBN 978-3-95959-321-2

    Was bisher geschah

    Band 1-3

    Anmerkung: Sie können das Buch direkt zu lesen beginnen, ohne dass Sie deswegen die ganze Vorgeschichte kennen müssen. Falls es Sie aber doch interessiert oder Sie die ersten Bände nicht mehr so ganz im Gedächtnis haben: Die Grundlagen-Fakten sind in diesem Kurz-Kapitel aufgeführt.

    Was gibt es in den ersten drei Bänden zu lesen?

    Band 1 - Königsfalke

    Ioro, ältester Sohn einer Konkubine König Kanatas (und daher nicht Erbe), ist zum obersten Feldherren bestimmt, sein jüngerer Bruder Tolioro als Sohn der Ersten Gemahlin ist Thronerbe.

    Wie das Schicksal so spielt, scheint Ioro mehr Intelligenz und Ehre zu besitzen als Tolioro, was Vater Kanata wohlwollend vermerkt. Ebenso wohlwollend (da er es in seiner Jugend ebenso gehandhabt hat) sieht er allerdings zu, wie Söhnchen Tolioro einen potenziellen Konkurrenten nach dem nächsten aus dem Weg räumt. Und Mutter Iragana beseitigt unauffällig einige Leichen, die Tolioro bei seinen sexuellen Eskapaden produziert.

    Da Tolioro auf Ioro eifersüchtig ist, wäre Ioro dem Weg aller Königssöhne in ein frühes Grab gefolgt sein, hätte er nicht in dem angehenden Zauberer Jokon einen tatkräftigen Freund gefunden. Dumm ist halt nur, dass auch Jokon sozusagen auf Messers Schneide lebt.

    Band 2 - Falkenkrieger

    Sowohl König Kanatas Ehe als auch die seines Sohnes Tolioro, aus Gründen der Staatsraison mit Sirit, der Tochter eines Nachbarkönigs geschlossen, sind unglücklich. Zudem versucht sich die halbe Familie und Schwiegerfamilie gegenseitig zu meucheln.

    Am Ende stirbt der König von der Hand seines Sohnes, und Ioro, der jetzt keine Zukunft mehr für sich sieht im Reich, flieht zu den Wüstenkriegern, gegen die das Reich gerade Krieg führt.

    Zauberer Jokon, der sich jetzt Jo nennt, hat derweilen einen kapitalen Fehler begangen, ist einer fremden, feindlichen Zauberer-Fraktion auf den Leim gegangen und sitzt im Körper eines Falken fest.

    Band 3 - Wüstenkrieger

    Ioro kämpft unter seinem neuen Namen Nior mit den Wüstenkriegern gegen seine alte Heimat Karapak. Hauptziel: Vernichtung seines Bruders Tolioro.

    Bei diesem speziellen Ziel unterstützt ihn Tolioros Gattin Sirit aus ganzem Herzen.

    Und Jo, der ihn im Körper eines Falken begleitet, bekommt dabei kaum mit, dass auch Karapaks Zauberer um ihr Überleben kämpfen, gegen einen Feind, den sie seit 500 Jahren vernichtet wähnten.

    Am Ende verbleiben nur 3 der bekannten Akteure auf dem Schachbrett:

    Sirit, jetzt Witwe Tolioros und Regentin Karapaks. Ihr Gatte hatte sie geblendet. Da sie einer Zauberin half, hat diese ihr Ersatz-Augen aus Spiegelscherben geschenkt, mit denen Sirit jetzt mehr sehen kann als vorher mit ihren natürlichen Augen. Zum Beispiel Geheimgänge in Mauern.

    Weiter verbleiben noch:

    Inagoro, ihr minderjähriger Sohn

    Jo, der seinen Falkenkörper verloren hat und jetzt in einem Spiegel gefangen ist.

    Und es beginnt eine neue Geschichte. Sozusagen „The next Generation", die

    Trilogie Blut der Drachenberge

    1. Band: Hornstachler

    Die großen Umwälzungen in Karapak haben nur drei Mitglieder der königlichen Familie überlebt: Sirit, ihr Sohn Inagoro, inzwischen König, und ihre Adoptivtochter Taephe. Die allerdings hat der Kronrat eiligst verheiratet mit Shioge, dem Herrn einer entlegenen Grenzburg im Norden.

    Und genau dort, im Norden, im benachbarten Kirsitan, taucht eine uralte Bedrohung wieder auf, die Frostgeister. Horden vermehrungsfreudiger, fleischfressender kleiner Ungeheuer, denen zu allem Überfluss noch etwas Magie innewohnt. Sie fressen sich quer durch Kirsitan, entvölkern Meelas und bedrohen inzwischen auch Tolor massiv.

    Wären nicht inzwischen die Drachenherrn und ihre ziemlich unheimlichen Nachkommen wieder aufgetaucht, hätten die Menschen überhaupt keine Chance.

    Auch so ist sie gering genug. Shioge stirbt durch die Frostgeister. Taephe flieht mit ihren kleinen Söhnen vor dem Zugriff habgieriger Verwandter nach Kirsitan, das wiederum wegen der Frostgeister weitgehend nach Nord-Tolor evakuiert wird.

    Inagoro, Karapaks junger König, befürchtet das Schlimmste für seine Schwester, kann aber den Thronrat nicht dazu bewegen, dem Norden zu Hilfe zu kommen.

    Und Sirit macht sich Sorgen, ob der neue tolorische König Patta dieser Ausnahmesituation in seinem Land, ihrer alten Heimat, gewachsen ist.

    Zauberer Jo, inzwischen wieder frei, hat dagegen ganz andere Sorgen. Die Kristallkammer ist sauer, dass er zusammen mit seiner Schülerin Fü Tolor ohne Bezahlung hilft. Soweit Jo weiß, kennt Großmeister für unbotmäßige Zauberer nur eine Strafe: Er verwandelt sie in Spiegel. Und genau davon hat Jo die Nase gestrichen voll.

    Unerwünschte Verpflichtungen

    1022

    Draußen fiel eine wahre Sintflut vom Himmel herab. Das Wasser gurgelte über das Dach und platschte dann in einem dicken Strahl aus dem Wasserspeier an den sechs Ecken ihres Pavillons. Sirit zog fröstelnd den Schal enger um ihren Oberkörper. Mit jeder Regenzeit schien es schlimmer zu werden. Mehr Regen, dazu eine klamme, nasse Kühle, die schlimmer war als jede Winterkälte in den Bergen. Ihre Gelenke schmerzten, ihre Narben zogen und ihre Augen stachen. Sie seufzte. Es war nicht einfach, älter zu werden. Einen Moment wanderten ihre Gedanken zurück zu ihrer Mutter. Die hatte in Sirits Alter deutlich jünger gewirkt. Wie hatte Mirsken das bloß gemacht?

    Sirit lauschte wieder auf den Regen. Dachte daran, dass das, was hier als Wasser herunterkam, in den Bergen als Schnee fiel. Es würde sehr viel Schnee geben. Und das, wo ohnehin schon so viel lag, wie sie gehört hatte. Ideale Voraussetzungen für die Frostgeister.

    Botschafter Timpko war noch nicht zurückgekehrt. Hielt ihn der Schnee dort oben fest? Oder … Schlimmeres? Sirit fürchtete um ihre Heimat. Ob es richtig gewesen war, dass sie den politisch unerfahrenen Patta als König vorgeschlagen hatte? Aber Patta war ein Praktiker. Wenn er ein Problem sah, analysierte er es und versuchte dann, es zu lösen. So jemanden brauchte Tolor jetzt. Nein, es war richtig gewesen. es musste richtig gewesen sein.

    Ihre Gedanken wanderten zu ihrem letzten Kind. Drachenbrut. Grau.

    Würde dieser Drachenherr aussehen wie sein Vater? Oder würde er auch etwas von ihr haben?

    Vermutlich würde sie es nie erfahren. Sie kam nicht weg von hier, und der junge Drachenherr würde ganz sicher nicht nach Sawateenatari kommen. Er wurde zu dringend in den Bergen gebraucht. Abgesehen davon war Sirit sich keineswegs sicher, wie Grau bei einer Begegnung reagieren würde. Immerhin hatte sie ihn als Larve in den Bergen ausgesetzt.

    Sirit seufzte erneut. Wo bloß Inagoro blieb? Er hatte angekündigt, dass er etwas mit ihr besprechen wollte.

    Sie rückte ein wenig dichter an das Kohlebecken und lauschte weiter auf den Regen.

    >

    Endlich tauchte ihr Sohn hinten in dem überdachten Gang auf. Schnellen Schrittes näherte er sich ihrem Pavillon. Sirit zwang sich zu einem freundlichen Lächeln.

    Inagoro kannte sie gut genug, um sie zu durchschauen. „Hast du schlimme Schmerzen, Mutter?" Ungefragt setzte er sich auf den Schemel ihr gegenüber und sah sie an.

    Es gab Sirit einen Stich, wie immer, wenn sie die Mehme-Nase sah, die Ähnlichkeit, die er mit Tolioro hatte. Wie immer versuchte sie, stattdessen seinen Großvater Kanata in ihm zu erkennen. Oft gelang es ihr. Aber nicht immer. Auch Tolioro hatte seinem Vater sehr ähnlich gesehen.

    „Es ist das Wetter. Du weißt doch, dass mir der Regen nicht bekommt."

    Inagoro zuckte mit den Schultern. „Wir brauchen ihn. Ohne Regen gibt es keine Ernte."

    Sirit nickte stumm.

    Inagoros Finger trommelten auf das Holz des Schemels. Überrascht stellt Sirit fest, dass ihr Sohn nervös war. Was, bei der Göttin, gab es Wichtiges, das er sich nicht traute, ihr zu erzählen? „Gibt es Neues aus den Bergen?", fragte sie beklommen.

    „Nein, nichts."

    Inagoro wirkte irgendwie geistesabwesend.

    „Aus Tolor?"

    „Da scheinen sie mit den Frostgeistern klarzukommen. Haben wohl jetzt ausreichend Zauberer-Unterstützung."

    Soviel hatten Botschafter Timpkos Briefe ihr bereits angedeutet.

    „Was ist es dann, was dich so bedrückt?"

    „Ich bin seit der Sonnenwende König. Inagoro sah überall hin, bloß nicht zu ihr. „Der Thronrat will, dass ich umgehend heirate. Sie sagen, die Erbfolge muss sichergestellt werden.

    Sirit hätte um ein Haar aufgelacht. Das war es also, was ihren sonst so mutigen Sohn so verschreckte. Die Aussicht, dass er eine Königin bekommen würde. Und in der Folge Kinder, natürlich. „Wen haben sie dir denn vorgeschlagen?"

    Inagoro hob den Kopf und sah sie endlich wieder an. „Da wir durch mich jetzt ohnehin Zaubererblut auf dem Thron haben, sind eine Menge Restriktionen weggefallen. Jetzt sind praktisch alle Adelshäuser mit im Spiel."

    „Und?"

    „Sie haben mir Ketere vorgeschlagen. Die Familie hat mindestens vier Töchter, die für mich infrage kämen. Oder Phukai. Die Enkelin des Herzogs ist zwar erst elf, aber mir wurde versichert, dass die Frauen der Phukai früh fruchtbar werden."

    Sirit zog zischend die Luft ein. Das roch zehn Tagesritte gegen den Wind nach Schwierigkeiten. Die Ketere waren durch Heiraten mit Herzog Komato verbunden. Und damit mit Mauro, der seinerzeit so plötzlich verstorben war, und der über seine väterliche Linie einen zwar schwachen, aber unbestreitbaren Thronanspruch gehabt hatte. Sirit spürte noch immer, wie ihr Blut kochte, wenn sie nur an Mauro dachte. Jemand aus dieser Familie mit freiem Zugang zu Inagoro? Dann würde sie keine ruhige Nacht mehr haben.

    Phukai war auch nicht viel besser. Skadene, der alte Herzog, hatte nie einen Hehl daraus gemacht, dass er mehr Macht wollte. Und mehr Land. Am besten in Narkassia, an das Phukai angrenzte. Wenn Inagoro eine Frau aus dieser Familie bekam, dann konnte Skadene in aller Ruhe einen Krieg vom Zaun brechen. Egal, wie berechtigt oder unberechtigt dieser Krieg war, Inagoro würde dem Großvater seiner Gemahlin Waffenhilfe nicht verweigern können. Ihr Sohn wusste das so gut wie sie.

    „Dir ist so klar wie mir, Mutter, dass ich die Vorschläge des Thronrates nicht einfach ablehnen kann. Ich müsste schon einen verdammt guten Grund dafür haben. Und den habe ich leider nicht."

    „Lass mich überlegen."

    Sirit starrte in die Flammen des Kohlebeckens. Der Regen prasselte noch immer. In der Ferne hörte sie Donnergrollen. Hätten die Götter nicht noch etwas warten können, bevor sie ihr neue Steine in den Lebensweg legten?

    Moment mal. Genau das war doch die Lösung!

    „Ich habe auch keinen Rat anzubieten. Aber vielleicht jemand anderes. Diejenige, die bereits bei deiner Krönung eingegriffen hat."

    Inagoro zuckte zusammen. „Die Priesterin? Warum sollte sie?"

    „Weil, sagte Sirit sanft, „ganz offensichtlich den Götter von Anfang an etwas an dir gelegen war.

    *

    Sirit betrat den Tempel der Flussgöttin mit sehr gemischten Gefühlen. Hier hatte sie mit ihrem Kind Zuflucht gefunden, damals. Ganz geheuer war er ihr deswegen trotzdem nicht.

    Die Priesterin stand mitten im Tempel, als ob sie Sirit erwartet hatte, und breitete einladend die Hände aus. „Willkommen im Haus der Flussgöttin, Tochter der Drachenberge."

    Sirit neigte zum Gruß den Kopf. „Ich danke dir für das Willkommen. Es scheint, du hast mich bereits erwartet?"

    Die Priesterin lächelte. „Diene ich nicht derjenigen, die durch die Zeiten sieht?"

    Sirit lief es kalt über den Rücken. Die Priesterin hatte soeben ihren Verdacht bestätigt. Sie und Inagoro waren nichts weiter als Figuren in einem Spiel, dessen Dimensionen sie nicht einmal ahnen konnte. Aber Göttin oder nicht, Sirit war nicht bereit, sich einfach als Figur gebrauchen zu lassen. Und ihren Sohn schon gar nicht. „Dann weißt du auch, warum ich gekommen bin."

    Die Priesterin lächelte noch breiter. „Du suchst eine passende Frau für deinen Sohn."

    „Solltest du eine kennen? Oder muss ich fragen, ob die Göttin eine bestimmte Kandidatin befürwortet?"

    „Ist das nicht dasselbe?"

    Sirit antwortete nicht.

    Das Lächeln verschwand vom Gesicht der Priesterin. „Komm mit mir, Tochter der Drachenberge. Wir werden uns ein wenig unterhalten müssen."

    Die Gemächer der Priesterin hatten sich nicht verändert. Was das anging, hatte sich auch die Priesterin nicht verändert, trotz der Jahre, die seitdem vergangen waren und die schwer auf Sirit lasteten. Warum war ihr das nicht schon früher aufgefallen?

    Sirit beantwortete sich diese Frage selbst. Weil sie wenig mit den Priestern zu tun hatte, und sie nur selten den öffentlichen Zeremonien beiwohnte. Es gab eine weitere Bevölkerungsgruppe, die ähnlich alterlos war. Die Zauberer. Aber die Priester waren keine Zauberer. Oder etwa doch?

    Die Priesterin ließ ihr Zeit.

    Ihre Augen. Das Geschenk einer Zauberin. Sirit fiel ein, dass die Priesterin nie auch nur im Geringsten vor ihren Spiegelaugen zurückgeschreckt war.

    „Welches Interesse haben die Tempel an der zukünftigen Frau meines Sohnes?", fragte sie bedächtig.

    „Keines. Die Frau interessiert uns nicht. Im Grunde interessiert uns auch dein Sohn nicht."

    „Aber ...?"

    „Die Generation, die nach ihm kommt. Eine Generation, die nirgendwo in Karapak überleben wird, wenn das Blut der Drachenberge nicht wieder den Thron beherrscht."

    „Das kannst du auch einfacher sagen. Entweder ein Zaubererkönig kommt auf den Thron, oder Karapak wird ausgelöscht."

    Die Priesterin lächelte schmallippig. „Meine Version klingt besser."

    Dieser Tempel war der Flussgöttin geweiht. Und die Flussgöttin sah den Zeitenstrom. Die Priesterin hatte damals auch gewusst, was Sirit viele Monde später brauchen würde, um Inagoros Anspruch auf den Thron zu beweisen. „Du hast die Zukunft gesehen."

    „Eine Zukunft von vielen möglichen."

    „Reicht es nicht, dass bereits mein Sohn Zaubererblut hat?"

    „Das Drachenblut fließt nur als winziges Rinnsal in Inagoro. Er braucht die passende Frau, dass es in seinen Nachkommen zu einem Strom wird, der Karapak tragen kann."

    „Wen schlagen die Tempel also vor?"

    „Nur dieser Tempel. Die anderen sähen es lieber, wenn der Palast schwach bliebe. Aber sie sehen nicht, was ich sehe, und sie wissen es. Sie werden mich nicht unterstützen, aber sie werden sich auch nicht gegen den Rat meiner Göttin stellen. Ich schlage vor, dein Sohn sucht sich seine Frau in den Grauen Schluchten."

    Sirit zuckte zusammen. „Das ist nicht dein Ernst! Die Vorschläge des Thronrates waren schlecht. Aber deiner ist tödlich."

    „Nicht für Inagoro. Auch für dich nicht. Nur für die Frau, die dein Sohn in sein Bett holen wird."

    Sirit holte zittrig Luft. „Und du … bist sicher? Ganz sicher? Es gibt keine andere Möglichkeit?"

    Die Priesterin beugte sich vor und legte Sirit zwei Finger auf die Stirn. Ihre Finger waren kalt wie das Flusswasser der Berge. Um sie herum waberte die Luft. „Es gibt tausend andere Möglichkeiten, Tochter der Drachenberge. Aber bei jeder dieser anderen Möglichkeiten stirbt entweder dein Sohn sehr bald, oder Karapak wird vernichtet, oder beides."

    Einen Moment rebellierte Sirits tolorisches Herz. Was wäre schon dabei, wenn die Feinde ihres Heimatlandes vom Antlitz der Welt verschwänden? Aber dann fiel ihr Rainas herzliche Umarmung ein. Und Taephes Lächeln, wenn sie wieder etwas ausgeheckt hatte und glaubte, ihre Ziehmutter hätte es nicht gemerkt. Und … und Inagoro, der ihr, nachdem sie ihm von den Bergen erzählt hatte, Berge an die Wand ihres Schlafzimmers gemalt hatte. Unbeholfene Berge, von einem Sechsjährigen gemalt, der in seinem ganzen Leben noch keinen richtigen Berg gesehen hatte.

    Dieses Spiel musste sie mitspielen.

    Sie sah die Priesterin mit festem Blick an. „Dann sei es, wie du sagt. Eine Frau aus den Grauen Schluchten. Allerdings befürchte ich, um das durchzusetzen, wird die Priesterschaft sich offen äußern müssen. Denn mich wird der Thronrat in dieser Entscheidung ganz sicher nicht hören wollen."

    Die Priesterin lächelte. „Gibt es irgendeinen Mann im Thronrat, der sich dem Orakel der Flussgöttin widersetzen würde?"

    Sirit lächelte zurück, trotz jener Ahnung in ihr, die von bösen Folgen schrie. „Vermutlich nicht."

    *

    Es gab in der Tat keinen, auch wenn mehr als ein Mitglied des Thronrates aussah, als ob es dem Schlaganfall nahe war. Selbst von ihrem Beobachtungsplatz oben auf der versteckten Galerie konnte Sirit genau sehen, wie die Männer die Lippen zusammenkniffen und die Fäuste ballten, wie sie, je nach Gemütslage, rot anliefen oder blass wurden, als die Priesterin im Namen der Göttin ihre Empfehlung gab.

    Ausgerechnet die Grauen Schluchten! Das Land am Meer von Narkassia. Ein Land, das nur nominell zu Karapak gehörte. In dem, allen Berichten nach, die hinterlistigsten Halsabschneider den Abschaum des Reiches um sich gesammelt hatten. Ein Land, das in erster Linie von der Seeräuberei lebte. Und ein Land, dessen Fürsten dem Haus Mehme seit zwei Generationen Blutfehde geschworen hatten.

    Keine Frage, die Grauen Schluchten würden einem offiziellen Antrag des Thronrates nachkommen und dem Haus Mehme eine Prinzessin liefern. Immerhin gehörten sie nach Recht und Gesetz zum Reich. Aber Inagoro würde von da ab gut daran tun, niemals wieder im Sommerharem zu schlafen, dort weder zu essen noch zu trinken und seine Gattin vor jedem Beischlaf nach versteckten Waffen zu durchsuchen.

    Sirit war sich nicht sicher, was schlimmer war: Ihre eigene Ehe mit Tolioro, oder das, was Inagoro als Ehe aufgezwungen wurde. Selbst die Kandidatinnen des Thronrates wirkten gegen diese Alternative wie harmlose Vergnügungsdamen.

    Ein unerwarteter Besuch

    Marle erwachte von einem ungewohnten Geräusch. Sie lauschte irritiert? Was war das für ein regelmäßiges Klopfen? Dann begriff sie und schoss förmlich von ihrem Lager hoch. Es taute! Sie griff hastig nach einem Schal und lief zur Tür. Ungewohnt warme Luft und ein strahlend blauer Himmel empfingen sie. Und es tropfte. Von allen Dächern.

    Marle holte tief Luft. Auf zittrigen Beinen ging sie ein paar Schritte, drehte sich, sah sich um. Überall standen die Menschen und sahen in den Himmel. Allen stand die Erleichterung ins Gesicht geschrieben. Der Winter war endlich, endlich vorbei. Auch wenn es noch einen halben Mond brauchen mochte, bis die Gefahr endgültig gebannt war und die Frostgeister sich für den Sommer zurückgezogen hatten, sie konnten jetzt wieder Hoffnung schöpfen.

    Marle dachte an das, was sie würde tun müssen. Aber nicht heute. Zuerst gab es andere Dinge zu regeln.

    Nachher.

    Marle blieb reglos stehen, schloss die Augen und bot ihr Gesicht den warmen Sonnenstrahlen und dem sanften Talwind dar.

    Es gab Widerstand gegen ihre Anweisungen. Nicht, dass Marle mit etwas anderem gerechnet hätte. Die Sippenfrauen weigerten sich rundweg, Ganen als letztes Ort Kirsitans zu verlassen und das Land damit endgültig aufzugeben.

    „Die Hornstachler sind alle fort, sagte Marle nur. „Wir wissen, dass wir uns ohne sie nicht ausreichend gegen die Frostgeister wehren können.

    „Wir werden neue bekommen diesen Sommer. Die Schwangeren sind fast so weit."

    „Aber sie werden keinen Grund haben, den Winter über bei uns zu bleiben. Und es wird keine neuen Drachenbruten bei uns geben."

    „Deine Schuld!", zischte die Frau.

    „Meine Schuld, stimmte Marle mit gesenktem Kopf zu. Dann sah sie hoch, sah die Frau an. „Aber hättest du anders entschieden als ich? Ich wusste es nicht besser. Keiner von uns wusste es besser. Nur, dass ich die Verantwortung trage und du nicht.

    „Vielleicht bleiben die neuen Hornstachler ja doch. Jedenfalls weigere ich mich, ohne zwingende Notwendigkeit von hier fortzugehen."

    „Ein Kompromiss, Duka, warf die alte Betha ein. „Lass uns bis zur Sommersonnenwende warten. Bis die Kinder Graus geboren wurden. Bis wir wissen, ob sie bei uns bleiben werden.

    „Gut, sagte Marle nach kurzem Nachdenken. „Wir warten solange. Aber sollte auch nur ein einziges dieser Wesen vorher verschwinden, tun wir, was ich gesagt habe. Und wir tun es dann sofort. Wir können es uns einfach nicht leisten, allzu lange zu warten.

    Sie hoffte, dass sie sich irrte. Oh, wie sehr sie das hoffte! Aber Marle war sich ziemlich sicher, dass ihre Hoffnung sich nicht erfüllen würde. Und so sandte sie Botschaft an die nach Karapak evakuierten Mitglieder ihres Volkes, vorerst – und vielleicht auch für immer – in jenem fremden Land zu bleiben.

    Als Antwort kam unerwarteter Besuch.

    Zu sagen, dass Marle erstaunt war, wäre eine Untertreibung gewesen. Die karapakische Burgherrin, allein, ohne ihren Gatten, in Ganen? Noch dazu mit ihren beiden Söhnen?

    Reglos hörte sie zu, was Taephe ihr zu erzählen hatte. Und mit jedem Wort der karapakischen Frau spürte Marle ihre Schuld schwerer lasten.

    „Grau hätte dich beschützt, sagte sie. „Dich und deine Kinder. Wenn er noch bei euch gewesen wäre. Du hättest nicht hierher fliehen müssen. Sie senkte den Kopf. „Es ist meine Schuld, dass Grau euch verlassen hat." Und sie erzählte ihrerseits Taephe, was in diesem Winter in Kirsitan geschehen war.

    Als sie fertig war, seufzte Taephe. „Vielleicht hätte ich nicht fliehen müssen. Aber mein Gatte wäre dennoch tot. Und bei allem, was du getan oder nicht getan hast, war es Unwissenheit und nicht Absicht, die dich dazu gebracht hat. Wie soll ich dir zürnen? Die Götter haben es so gewollt."

    „Das sehen die Drachenherren anders."

    „Die Drachenherren sind keine Menschen. Sie denken nicht so wie wir. Sie können sie wahrscheinlich nicht einmal vorstellen, was es bedeutet, ein so kurzes Leben wie das unsere zu haben. Ich jedenfalls werde dir keinen Vorwurf machen."

    Marle nickte müde. „Ich selbst mache mir Vorwürfe. Viele der Sippenfrauen tun es ebenfalls. Aber ändern können wir nichts mehr. Und ich fürchte, wir werden Ganen tatsächlich ebenfalls evakuieren müssen. Bis dahin kannst du natürlich als mein Gast bleiben. Und danach – ich denke, wenn Tolor uns aufnimmt, kommt es auf eine Frau und zwei Kinder mehr auch nicht an, selbst wenn diese aus Karapak stammen."

    „Und wenn Tolor euch nicht aufnimmt?"

    „Dann gehen wir über die Berge in die Wüste. Die Wüstenkrieger können auch nicht unerbittlicher sein als die Drachenherren. Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, damit mein Volk überlebt."

    „Und ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, dass meine Söhne überleben."

    Die beiden Frauen sahen sich an und erkannten verwandte Geister.

    *

    Taephe erschloss sich eine neue Welt. Eine Welt, in der Frauen nicht nur gleichberechtigt waren, sondern hochangesehene Führerinnen ihrer Sippen. Eine Welt, in der Frauen wie selbstverständlich Waffen trugen und kämpften. Und in der es die Frauen, und alleine die Frauen, waren, die entschieden, mit welchem Mann sie das Lager teilen wollten. Die kirsitanischen Exilfrauen in der Burg hatten ihr davon erzählt. Aber es erzählt zu bekommen und es selbst zu erleben, das war zweierlei.

    Taephe begann zu begreifen, warum die Mutter des Königs so war, wie sie war.

    Und sie lernte, dass es in den Bergen keinen Platz für adelige Frauen oder untätig, nur Vorräte vertilgende Gäste gab. Damit die Sippen überleben konnten, musste jeder mit anpacken. Die karapakischen Soldaten, die sie begleitet hatten, reparierten die von den Frostgeistern beschädigten Häuser. Sie waren nicht traurig darüber, dass bei der Gelegenheit die eine oder andere Frau an ihnen Gefallen fand und sie unter ihre Decke lockte. Taephe, die Organisieren von Shioges Burg gewohnt war, bereitete derweilen mit Marle die anstehende Evakuierung Ganens vor.

    Sie war auch dabei, als die ersten Hornstachler dieses Jahres geboren wurden. Sie sah, wie die Mütter dieser Wesen sie zusammen mit Marle hinaus brachten zu einem offenen, nur von niedrigen Mauern umgebenen Platz. Es war immer das Gleiche. Drei, vier Tage blieben die jungen Hornstachler auf diesem Platz. Dann setzten sie sich in Bewegung, fort aus Ganen, auf schnurgeradem Weg über Steine, Hügel, Berge und Schluchten, als ob etwas sie gepackt hatte und zu sich zog. Den ersten folgten sie noch, solange, bis das Gelände für Menschen zu unwegsam wurde. Bei den Folgenden standen die Frauen und Männer nur noch am Stadtrand und sahen ihnen wortlos nach.

    Marle sandte erneut Boten nach Tolor. Sie hatte noch keine Antwort bekommen.

    Inana

    „Du verwöhnst deine Söhne!"

    Taephe drehte sich um. „Ist das schlimm?" Die Frau vor ihr war mindestens doppelt so alt wie sie und unübersehbar schwanger. Vermutlich im letzten Mond.

    „In Karapak vielleicht nicht. Aber die Männer sind schwach und zerbrechlich. Wenn du deine Söhne derart verwöhnst, werden sie in den Bergen nicht lange leben, sobald sie deinen Schutz verlassen. Die Frau lächelte, um die Schärfe ihrer Worte zu mildern. „Ich bin übrigens Inana, vom Steinweidenclan.

    Taephe erwiderte das Lächeln. „Dann zeige mir, wie ich meine Söhne behandeln muss, damit sie auch in den Bergen überlegen."

    Inanas Lächeln wurde breiter. „Gerne – wenn du mir dafür etwas über die Ebenen erzählst. Ich wollte immer einmal dorthin reisen, habe es aber nie geschafft, Und jetzt sind meine

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