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Windschwingen: Blut der Drachenberge 3
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Windschwingen: Blut der Drachenberge 3
eBook387 Seiten4 Stunden

Windschwingen: Blut der Drachenberge 3

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Über dieses E-Book

Viele Jahre kämpfen die Menschen in den Drachenbergen jetzt bereits gegen die Frostgeister – die größte Katastrophe ihres Lebens.
Denken sie.
Aber die Frostgeister sind nur die Vorboten. Hoch im Norden machen sich die Laren bereit, für jahrhundertelanges Leiden Rache zu nehmen. Eine Rache, die ganz Karapak und die Länder der Drachenberge zerstören kann. Nur drei vermögen diesem Schicksal Einhalt zu gebieten:
Eine Frau aus den Drachenbergen mit Seherblut.
Ein Mann aus der Ebene, der dieses Blut mit dem Zauberer-Erbe der Drachenberge verbindet.
Ein Kind, das als drittes Element den Meereszauber in sich trägt.
Aber um Karapak zu retten, müssen sie erst einmal selbst überleben. Und es gibt mehr als genug Parteien, denen genau daran nichts gelegen ist.
SpracheDeutsch
HerausgeberMachandel Verlag
Erscheinungsdatum22. Sept. 2021
ISBN9783959593229
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    Buchvorschau

    Windschwingen - Chris Svartbeck

    Cover Windschwingen

    Spiegelmagie

    Band 6

    Windschwingen

    C. Svartbeck

    Krieger-Vignette

    Hinweis:

    Am Ende des Buches finden Sie einen Anhang mit einer Landkarte sowie Erläuterungen zum Land Karapak und seinen Bewohnern.

    C. Svartbeck 2018

    Machandel Verlag

    Neustadtstr.7, 49740 Haselünne

    Bildquelle cover: Vuk Kostic /  www.shutterstock. com

    Vignette: Fernando Cortez /shutterstock.comp

    2019

    ISBN 978-3-95959-322-9

    Was bisher geschah

    Band 1-3

    Anmerkung: Sie können das Buch direkt zu lesen beginnen, ohne dass Sie deswegen die ganze Vorgeschichte kennen müssen. Falls es Sie aber doch interessiert oder Sie die ersten Bände nicht mehr so ganz im Gedächtnis haben: Die Grundlagen-Fakten sind in diesem Kurz-Kapitel aufgeführt.

    Was gibt es in den ersten drei Bänden zu lesen?

    Band 1 - Königsfalke

    Ioro, ältester Sohn einer Konkubine König Kanatas (und daher nicht Erbe), ist zum obersten Feldherren bestimmt, sein jüngerer Bruder Tolioro als Sohn der Ersten Gemahlin ist Thronerbe.

    Wie das Schicksal so spielt, scheint Ioro mehr Intelligenz und Ehre zu besitzen als Tolioro, was Vater Kanata wohlwollend vermerkt. Ebenso wohlwollend (da er es in seiner Jugend ebenso gehandhabt hat) sieht er allerdings zu, wie Söhnchen Tolioro einen potenziellen Konkurrenten nach dem nächsten aus dem Weg räumt. Und Mutter Iragana beseitigt unauffällig einige Leichen, die Tolioro bei seinen sexuellen Eskapaden produziert.

    Da Tolioro auf Ioro eifersüchtig ist, wäre Ioro dem Weg aller Königssöhne in ein frühes Grab gefolgt sein, hätte er nicht in dem angehenden Zauberer Jokon einen tatkräftigen Freund gefunden. Dumm ist halt nur, dass auch Jokon sozusagen auf Messers Schneide lebt.

    Band 2 - Falkenkrieger

    Sowohl König Kanatas Ehe als auch die seines Sohnes Tolioro, aus Gründen der Staatsraison mit Sirit, der Tochter eines Nachbarkönigs geschlossen, sind unglücklich. Zudem versucht sich die halbe Familie und Schwiegerfamilie gegenseitig zu meucheln.

    Am Ende stirbt der König von der Hand seines Sohnes, und Ioro, der jetzt keine Zukunft mehr für sich sieht im Reich, flieht zu den Wüstenkriegern, gegen die das Reich gerade Krieg führt.

    Zauberer Jokon, der sich jetzt Jo nennt, hat derweilen einen kapitalen Fehler begangen, ist einer fremden, feindlichen Zauberer-Fraktion auf den Leim gegangen und sitzt im Körper eines Falken fest.

    Band 3 - Wüstenkrieger

    Ioro kämpft unter seinem neuen Namen Nior mit den Wüstenkriegern gegen seine alte Heimat Karapak. Hauptziel: Vernichtung seines Bruders Tolioro.

    Bei diesem speziellen Ziel unterstützt ihn Tolioros Gattin Sirit aus ganzem Herzen.

    Und Jo, der ihn im Körper eines Falken begleitet, bekommt dabei kaum mit, dass auch Karapaks Zauberer um ihr Überleben kämpfen, gegen einen Feind, den sie seit 500 Jahren vernichtet wähnten.

    Am Ende verbleiben nur 3 der bekannten Akteure auf dem Schachbrett:

    Sirit, jetzt Witwe Tolioros und Regentin Karapaks. Ihr Gatte hatte sie geblendet. Da sie einer Zauberin half, hat diese ihr Ersatz-Augen aus Spiegelscherben geschenkt, mit denen Sirit jetzt mehr sehen kann als vorher mit ihren natürlichen Augen. Zum Beispiel Geheimgänge in Mauern.

    Weiter verbleiben noch:

    Inagoro, ihr minderjähriger Sohn

    Jo, der seinen Falkenkörper verloren hat und jetzt in einem Spiegel gefangen ist.

    Und es beginnt eine neue Geschichte. Sozusagen „The next Generation", die

    Trilogie Blut der Drachenberge

    1. Band: Hornstachler

    Die großen Umwälzungen in Karapak haben nur drei Mitglieder der königlichen Familie überlebt: Sirit, ihr Sohn Inagoro, inzwischen König, und ihre Adoptivtochter Taephe. Die allerdings hat der Kronrat eiligst verheiratet mit Shioge, dem Herrn einer entlegenen Grenzburg im Norden.

    Und genau dort, im Norden, im benachbarten Kirsitan, taucht eine uralte Bedrohung wieder auf, die Frostgeister. Horden vermehrungsfreudiger, fleischfressender kleiner Ungeheuer, denen zu allem Überfluss noch etwas Magie innewohnt. Sie fressen sich quer durch Kirsitan, entvölkern Meelas und bedrohen inzwischen auch Tolor massiv.

    Wären nicht inzwischen die Drachenherrn und ihre ziemlich unheimlichen Nachkommen wieder aufgetaucht, hätten die Menschen überhaupt keine Chance.

    Auch so ist sie gering genug. Shioge stirbt durch die Frostgeister. Taephe flieht mit ihren kleinen Söhnen vor dem Zugriff habgieriger Verwandter nach Kirsitan, das wiederum wegen der Frostgeister weitgehend nach Nord-Tolor evakuiert wird.

    Inagoro, Karapaks junger König, befürchtet das Schlimmste für seine Schwester, kann aber den Thronrat nicht dazu bewegen, dem Norden zu Hilfe zu kommen.

    Und Sirit macht sich Sorgen, ob der neue tolorische König Patta dieser Ausnahmesituation in seinem Land, ihrer alten Heimat, gewachsen ist.

    Zauberer Jo, inzwischen wieder frei, hat dagegen ganz andere Sorgen. Die Kristallkammer ist sauer, dass er zusammen mit seiner Schülerin Fü Tolor ohne Bezahlung hilft. Soweit Jo weiß, kennt Großmeister für unbotmäßige Zauberer nur eine Strafe: Er verwandelt sie in Spiegel. Und genau davon hat Jo die Nase gestrichen voll.

    2. Band: Feuerwind

    Die Frostgeister nehmen derart überhand, dass Kirsitan komplett evakuiert werden muss. Kein Mensch weiß, ob es Meelas ähnlich geht. Jo macht sich auf, die Lage in dem Bergreich zu erkunden. Eine Aktion, die ihn fast das Leben kostet, denn dort haben sich die Laren verschanzt, alte Feinde der Drachenherren. Ganz offensichtlich sind diese auf Rache aus – und nicht ganz so offensichtlich haben sie irgendetwas mit den Frostgeistern zu tun. Was auch immer, Jo ist heilfroh, dass er am Ende wieder lebendig in Tolor landet.

    Angenehm wird es allerdings auch da nicht. Jo muss schnell feststellen, dass die Erziehung von Zaubererkindern für Fü und ihn ein Knochenjob ist.

    Um Nachwuchs geht es auch in Karapak. Königlichen Nachwuchs, denn Inagoro braucht Thronerben. Allerdings nicht unbedingt die zugehörige Mutter. So ist er auch nicht traurig, als Gattin Kaleka von der Bildfläche verschwindet.

    Als gelernte Schattengeherin (Assassine) ist sie allerdings alles andere als tot. Tot sind dafür ziemlich bald andere, nämlich diejenigen, die ihrem Sohn, dem Thronprinzen, gefährlich werden können.

    Taephe lebt auch nicht mehr in Ganen. Sie hat in Oke Bärentöter aus den Nordlanden einen neuen Gatten gefunden und hofft, dass dank Oke ihre Söhne zu Kriegern werden, die irgendwann imstande sind, das Erbe ihres Vaters Shioge einzufordern.

    1026

    Sommertochter

    Zwei Jahre war es jetzt her, dass Taephes dritter Sohn im Feuerwind umgekommen war. Lange genug, dass die Welt wieder halbwegs normal aussah. Den Schatten, der immer noch auf ihr lag, schien außer Taephe niemand zu sehen. Ihre Mit-Gattinnen lachten, scherzten, arbeiteten und erzählten, und die beiden jüngeren bekamen weitere Kinder. Ortege und Okano wuchsen zu Kriegern heran, ihnen tat es gut, dass sie nicht mehr in den friedlichen Bergen Ganens lebten. Wenn Taephe sah, wie Ortege die Axt schwang, wusste sie, dass er einen Kampf um sein Erbe nicht zu scheuen brauchte. Oke behandelte die beiden nicht anders als seine leiblichen Söhne. Und wenn schon für nichts sonst, dafür liebte Taephe ihn.

    Im Vorjahr waren die Herden fruchtbar gewesen. Im Winter hatte Okes Sippe reichlich zu essen gehabt und die Erdhäuser kaum verlassen müssen. Lange Tage und Nächte am Feuer, Honigwein, Lieder, Erzählungen. Und Nächte, in denen Oke nach anderem der Sinn stand als nach Schlaf.

    Taephe wurde erneut schwanger.

    Die Karapakierin gab eine bessere Gattin ab, als Oke befürchtet oder erhofft hatte. Nur ihr Aussehen und ihr Akzent verrieten noch, dass sie nicht im Norden geboren worden war. Sie nahm die Fische, die Oke gerade erst gebracht hatte, aus, als habe sie niemals in ihrem Leben etwas anderes getan. Ihre Haut war gebräunt von der Sommersonne, und ihre Wangen leicht gerötet, während sie lebhaft mit Ala diskutierte und dann über etwas lachte, das die ältere Frau gerade gesagt hatte. Oke trat hinter sie, zog sie an seine Brust. Ihr Körper war warm und weich. Seine Hand glitt von ihrer Brust nach unten. In dem Maße, in dem der Sommer voranschritt, hatte sich auch Taephes Bauch gerundet. Oke streichelte über die Wölbung. Das Kind trat kräftig. Ob es wieder ein Sohn werden würde? Taephe war fruchtbar. Oke freute sich schon auf eine ganze Horde schwarzhaariger Kinder.

    Zuvor allerdings würde es zum Mittsommerfest eine ganz besondere Zeremonie geben.

    Hier oben im Norden ging die Sonne in der Mitte des Jahres überhaupt nicht mehr unter. Ein Schauspiel, an dem Taephe sich nicht sattsehen konnte, auch wenn es ihr immer ein bisschen unheimlich blieb, genauso wie jene Tage im Winter, wenn die Sonne ganz fort blieb und bunte Feuer über den Himmel flackerten.

    Im Winter kamen die Frostgeister. Im Winter war ihr dritter Sohn gestorben. Taephe war sehr froh, dass dieses Kind im Sommer zur Welt kommen würde. Okes Hand war hart und schwielig, aber warm, und sie bewegte sich behutsam über ihren Bauch. Oke war ganz anders als Shioge. Taephe war sich immer noch nicht sicher, warum Oke sie hatte heiraten wollen, aber er war freundlich zu ihren Söhnen, unterrichtete sie wie seine eigenen Kinder, gab seinen Frauen, was immer sie brauchten, und sorgte dafür, dass auch ihre Lust Erfüllung fand.

    Ihre Söhne liebten Oke. Vermutlich betrachteten sie eher ihn als Shioge als ihren Vater. Shioge hatten sie ja kaum gekannt. Und jetzt wollte Oke ihren jüngeren Sohn Okano adoptieren. Eigentlich hatte er beide Jungen adoptieren wollen, aber Taephe hatte sich gesträubt. Sie war Shioge einen Erben schuldig. Wenigstens einer der Jungen sollte ein Karapakier bleiben.

    Jedenfalls, es würde ein Fest geben. Ein großes Fest, und wenn sie die Nordleute richtig beurteilte, ein Fest, dass wie alle anderen auch in viel Met, lauten Liedern und ungehemmter Lust enden würde. Es sollte ihr recht sein. Oke war vorsichtig genug, wenn er sie in sein Bett rief. Und Taephe wusste aus Erfahrung, dass ein dicker Kinderbauch kein Grund war, keinen Spaß im Bett zu haben.

    Okes Hand rutschte etwas tiefer auf ihrem Bauch. Unwillkürlich presste Taephe sich dagegen. Ja, es würde ihr sehr recht sein.

    Der Schamane war extra gekommen. Auf einem der nahen Hügel wartete er neben einem großen Holzstoß. Festlich gekleidet und in bester Laune strebten alle Dorfbewohner dorthin, begleitet von tollenden Kindern und kläffenden Hunden. Ortege sah finster, wie sein kleiner Bruder, mit nichts angetan außer einem grob zusammengenähten Gewand aus Birkenrinde, von Okes älteren Söhnen vor den Schamanen geführt wurde. Dann war auch Oke da. Die Menschen rundum wurden still. Der Schamane hob die Hände gen Himmel und flehte um den Segen der Götter, bevor er mit der Zeremonie begann.

    „Ein Fremder steht vor mir, begann er mit weittragender Stimme. „Ein Fremder, der ein Freund geworden ist. Ein Fremder, der mit uns Feuer, Wasser und Fleisch geteilt hat, dessen Mutter zur Gattin Okes, unseres Torks, wurde. Sage mir, Oke aus dem Clan der Steinschleuderer, ist es dein erklärter Wille, diesen Fremden in deine Familie und deinen Clan aufzunehmen, ihn zu deinen Söhnen zu zählen und zu deinen Erben?

    „Das will ich!, tönte Okes tiefe Stimme über den Hügel. „Dieser Fremde ist kein Fremder mehr. Ich habe für ihn gejagt, und er hat für mich gejagt. Ich habe ihm Geschichten am Winterfeuer erzählt, und er hat mir seine Träume erzählt. Ich habe ihn gelehrt, wie er zu kämpfen hat, und er hat mir versprochen, dass er für mich kämpfen wird. Er ist kein Sohn von meinem Blut, aber ich will ihn zu einem Sohn meines Herzens machen.

    „So sei es." Der Schamane trat zu dem Holzstapel und verstreute etwas darauf. Dann ging er zu Okano.

    „Fremder, der du ein Freund geworden bist am Herdfeuer Okes aus dem Clan der Steinschleuderer, der du für ihn gejagt und mit ihm Wasser, Feuer und Fleisch geteilt hast, bist du gewillt, auch für ihn zu kämpfen und gegebenenfalls für ihn zu sterben, wenn es der Wille der Götter ist? Wirst du, wenn er dich als seinen Herzsohn annimmt, ihn als deinen Herzvater annehmen?"

    „Das will ich!" Okanos Stimme war hell, jungenhaft, aber fest und bestimmt und über den ganzen Hügel zu vernehmen.

    Der Schamane nahm ihm das Gewand aus Birkenrinde ab und legte es auf den Holzstapel. Dann entzündete er das Holz. „Der, der ein Fremder war, ist nicht mehr, verkündete er. „Okes Sippe hat ab heute einen neuen Sohn!

    Unter dem Jubel aller brachten Okes älteste Frauen ein neues Gewand aus frischem, hellem, bunt bemaltem und reich besticktem Leder herbei und zogen es Okano an. Dann gab Oke ihm Dolch und Bogen, während die Trommeln begannen und die Methörner gefüllt wurden. Und vor dem prasselnden Feuer standen Oke und sein neuer jüngster Sohn, stolz und aufrecht, in der Gunst der Götter.

    Ortege wandte sich ab und entfernte sich verstohlen. In seinem Herzen glühte die Eifersucht. Warum durfte Okano Okes Sohn werden, warum nicht er? Lebte er nicht schon länger an Okes Herdfeuer? Hatte Okes ihm nicht schon viel früher einen Bogen gegeben? Er ging schneller und schneller. Am Ende lief er. Lief, bis er nicht mehr konnte, und irgendwo im hohen Gras erschöpft zu Boden fiel.

    Wenigstens war hier nichts mehr von dem Fest zu hören.

    Die Sonne berührte fast den Horizont. Dann kletterte sie wieder in den Himmel. Sie stand hoch oben, als Ortege eine Berührung an seiner Schulter spürte. Er öffnete die Augen. Oke stand über ihm.

    „Du bist nicht bei dem Fest."

    „Es ist nicht mein Fest."

    „Es ist das Fest deines Bruders."

    „Ist er noch mein Bruder?" Ortege konnte nicht verhindern, dass Bitterkeit durch seine Stimme klang.

    Oke setzte sich zu ihm „Er ist dein Bruder durch euer gemeinsames Blut. Und das ist etwas, was sich niemals ändern wird."

    „Aber er ist jetzt einer von euch. Und ich nicht."

    „Denkst du, dass ich dich nicht liebhabe?"

    „Du hättest auch mich zu deinem Herzsohn machen können."

    „Deine Mutter wollte es nicht. Und ich achte deine Mutter zu sehr, um ihre Wünsche zu missachten."

    „Wegen dieser blöden Burg irgendwo in Karapak. Einer Burg, an die ich mich kaum erinnern kann, die mir nichts bedeutet."

    „Sie gab ihrem ersten Gatten ihr Ehrenwort, dass sie dafür sorgen würde, dass einer seiner Söhne sein Erbe antreten würde. Willst du, dass deine Mutter wortbrüchig wird, dass sie ihre Ehre verliert?"

    „N–nein. Aber … hätte es nicht eine andere Möglichkeit gegeben? Warum muss ich es sein?"

    „Du bist der Älteste. Die Verantwortung lastet auf dir. So ist das nun mal."

    Beide schwiegen jetzt.

    Schließlich seufzte Oke. „Vielleicht sollte ich dir etwas sagen. Etwas, was du wohl noch nicht begriffen hast. Du magst nicht mein Blutsohn sein und auch nicht mein Herzsohn, aber du bist mein Herdfeuersohn, und du sollst wissen, dass du auch ohne Eid immer meinem Herzen nahestehen wirst. Ich habe keine Verpflichtungen aus Blut und Familie dir gegenüber, aber ich verspreche dir, dass ich dir genauso in Worten und mit Waffen zur Seite stehen und dich unterstützen werde, als seist du mein Blutsohn. Bedingungslos. Und koste es mein Leben."

    Ortege sah Okes Augen. Sie sprachen von Wahrheit und Liebe. Er rückte näher an den Tork heran, umarmte ihn und flüsterte: „Ich werde es nie vergessen. Und wenn ich dich auch nie so nennen darf, Oke, in meinem Herzen wirst du für mich immer ein Vater sein."

    Oke drückte ihn kurz. Dann stand er auf. „Komm, Ortege. Das Fest ist noch lange nicht zu Ende. Ich erwarte, dass du genau das tust, was auch meine älteren Söhne getan haben. Du wirst dich für deinen Bruder und mit uns freuen und mit uns feiern und singen. Und du wirst ihm zeigen, dass er zwar Brüder gewonnen, aber keinen Bruder darüber verloren hat."

    Taephe erfuhr nie, was Oke mit Ortege besprochen hatte. Aber sie sah, dass ihr ältester Sohn seinen Bruder umarmte, ihm gratulierte, und sie sah, dass sein Lächeln echt war.

    Einen Mond später gebar sie Oke eine Tochter. Sie fürchtete Enttäuschung, aber ihr Mann lachte nur. „Es können ja nicht immer nur Söhne sein. Ein kräftiges kleines Mädchen. Ich hoffe, sie wird wie ihre Mutter."

    Taephe nannte die Kleine Nitiri, nach den winzigen gelben kirsitanischen Bergblumen, die Wind und Eis und sengender Sonne trotzten und jeden Sommer an den steilsten Hängen der Drachenberge blühten.

    *

    Weit weg in den Bergen Kirsitans dachte in jenem Moment eine Frau an Taephe. Inana hatte seit Taephes Abreise nichts mehr von ihrer Freundin gehört. Die Händler waren ausgeblieben, die Nordleute hatten sich anderen Zielen zugewandt. Kein Wunder, in Kirsitan gab es nichts mehr zu handeln, und von Meelas hörte man erst recht nichts. Inana seufzte und sah zu ihrem Sohn. Zwei Monde nach Taephes Abreise war er zur Welt gekommen. Der Kleine hätte Taephe vermutlich gefallen.

    Und Inana hätte eine Schwester an ihrer Seite gebrauchen können. Nicht einmal ihr Hornstachlerkind vorher hatte sie dermaßen erschöpft wie dieser Junge. Mako mochte erst zwei sein, aber er war groß und stark für sein Alter und kaum zu zähmen. Inana hatte manchmal den Eindruck, dass der Junge ihre Erziehungsversuche einfach auslachte.

    Sie erhob sich, strauchelte und musste sich am nächsten Stützpfeiler des Hauses festhalten. Schwarze Wolken schienen vor ihren Augen zu tanzen. Irgendetwas stimmte da ganz gewaltig nicht. Sie war nicht krank, sie hatte weder Schmerzen noch Fieber. Und trotzdem war sie seit einiger Zeit praktisch ständig erschöpft und kaum noch fähig, ihre ganz normalen Arbeiten zu verrichten.

    Es gab nur eine Stelle, die ihr Rat geben konnte. Inana suchte die Duka auf.

    Kira saß schwatzend am Feuer ihres Sippenhauses und verlas zusammen mit drei älteren Frauen die Bohnen. Einwandfreie wanderten in die Vorratsgefäße, beschädigte kamen gleich in den Eintopf, der auf dem kleinen Feuer vor ihnen leise simmerte.

    Inana setzte sich schweigend zu ihnen und wartete.

    Zwei Handvoll Bohnen später wandte Kira sich an sie. „Ich habe dich während der letzten Monde selten gesehen. Du kommst kaum noch aus dem Haus. Und du bist dünner geworden und kraftlos. Was ist mit dir, Schwester?"

    Inana öffnete ihre Hände dem Schein der Flammen. „Ich dachte, das könntest du mir sagen."

    Kira sah sie an, dann ihre Hände, dann die Flammen. „Du bist nicht die Einzige, sagte sie schließlich leise. „Da sind andere, deren Leben genauso schwindet. Und ihr alle habt eines gemeinsam. Ihr habt zuvor Drachenbrut ausgetragen, und danach habe ihr ein menschliches Kind geboren.

    Inana wollte die Antwort, auch wenn sie sich davor fürchtete. „Was bedeutet das?"

    „Das bedeutet, dass ihr sterben werdet, wenn eure Kinder bei euch bleiben. Das bedeutet, dass dein eigenes Kind dir das Leben stehlen wird. Die Flammen haben mich gewarnt. Das Drachenblut ist zu stark in euren Kindern. Ich habe versucht, so lange wie möglich zu warten. Es ist nicht unsere Art, Mütter von ihren Kindern zu trennen. Aber ich fürchte, uns wird keine andere Wahl bleiben."

    „Heißt das, ich muss meinen Sohn einer anderen Sippe geben?" Das hieße, sie würde ihn nicht mehr jeden Tag sehen können. Würde sich nicht erfreuen können an jedem kleinen Fortschreiten seiner Entwicklung. Es würde schwer sein für sie.

    „Das heißt, dein Sohn und alle anderen Kinder, die wie er sind, müssen Kirsitan verlassen."

    Inana sog erschrocken die Luft ein.

    „Grau hat so etwas bereits angedeutet bei seinem letzten Besuch. Er sagte, die Drachenblütigen sind Zauberer und müssen als solche aufgezogen werden."

    „Aber … können wir das nicht hier machen? Notfalls in einem anderen Dorf?"

    „In welchem denn? Über den Winter ist doch nur Ganen selbst bewohnt. Außerdem brauchen sie Erzieher, Lehrer, Vorbilder. Kirsitan hat keinen einzigen Zauberer. Wir können das einfach nicht."

    Inanas Herz schien zu stolpern. Mit gepresster Stimme fragte sie: „Wohin müssen unsere Kinder dann gehen?"

    „Es gibt nur zwei Möglichkeiten. Karapak oder Tolor. Nur in diesen beiden Ländern gibt es Zauberer. Und Karapak … Wir wissen, wie sehr die Karapakier uns mögen. Das Land kommt also nicht infrage. Es bleibt nur Tolor. Die beiden Zauberer dort würden unsere Kinder bei sich aufnehmen."

    „Wie lange?" Inana konnte hören, wie dünn und verloren ihre Stimme klang.

    „Für immer. Sie kehren niemals zurück."

    Jetzt flossen die Tränen.

    Inana spürte, wie zwei der älteren Frauen an sie heranrückten und sie in die Arme nahmen.

    Hätte sie aufgesehen, hätte sie den fast verzweifelten Blick ihrer Duka bemerkt.

    Kira haderte mit den Flammen. Mussten sie ihr das sagen? Hätte es nicht schon gereicht, zu wissen, dass sie Kinder ihres eigenen Volkes wegschicken musste? Sie dankte den Göttern, dass Inana in diesem Moment nicht fähig war, weiter zu fragen. Wie hätte sie ihr erklären sollen, dass sie diese Kinder wissentlich in den Tod schickte?

    Denn das hatten ihr die Flammengeister gesagt. Keines der Kinder würde Tolor überleben. Und trotzdem war es nötig, sie dorthin zu schicken. Das Überleben ihres ganzen Volkes hing davon ab. Die Zauberer im Süden waren das Zünglein an der Waage des Schicksals.

    *

    Als der Drachenherr nach seinem nächsten Besuch wieder fortflog, trug er fünf kleine Kinder in einem Korb mit sich.

    So, wie in den nächsten Jahren auch, nur dass es immer weniger Kinder wurden, denn auch die Zahl der Frauen, die zuvor Drachenbrut austrug und danach noch ein menschliches Kind wagte, sank. Es tat zu weh, seine Kinder so rasch wieder zu verlieren.

    Aber die Frauen fanden zu ihrer alten Kraft zurück, sobald die Kinder fortgeschafft waren.

    1027

    Nachwuchssorgen

    Vio, seines Zeichens oberster Meister der Töpfe und Pfannen im Sommerharem, sortierte geistesabwesend seine Gewürze. Es waren mehr geworden als früher, die neue Erste Gemahlin des Königs hatte einige Kräuter aus ihrer Heimat mitgebracht, die sie in ihren Speisen wünschte. Bei einem der neuen Kräuterbüschel zögerte er kurz. War diese Pflanze nun als Zutat zu Fleisch oder zu Gemüse gedacht? Aber nein, jetzt fiel es ihm wieder ein. Dieses würzige, harte Blatt gehörte zu Fisch. Meeresfisch, wie die Erste Gemahlin betont hatte. Nun, dann konnte er das Kraut gleich ganz hinten in den Schrank hängen. Wenn man nicht gerade die Dienste eines Zauberers in Anspruch nahm, war es so gut wie unmöglich, Meeresfische in die Hauptstadt zu bekommen, die noch frisch genug waren, um sie zu essen.

    Jetzt nur noch rasch die Töpfchen mit den Würzsamen überprüfen. Der Fenchel roch muffig. Vio warf ihn ins Herdfeuer und beauftragte einen Küchenjungen, unverzüglich zum Markt zu laufen und frischen zu holen. Beim achtzehnten Töpfchen hielt Vio erneut inne. Zirmetsamen. Noch so ein Fischgewürz. Allerdings rochen diese Zirmetsamen merkwürdig schwach. Er streute ein paar auf die weißgescheuerte Tischplatte. Seine Augen verengten sich. Das war kein Zirmet. Genauer gesagt, das war Zirmet, der mit einer ordentlichen Portion Möhrensamen gestreckt war. Vio war absolut sicher, dass die Königinmutter das interessant finden würde.

    „Wer weiß alles, welche Gewürze die Erste Gemahlin meines Sohnes gerne und in größeren Mengen isst?" Sirit besah die so unscheinbar und harmlos auf ihrer Hand liegenden Körner.

    Vio zog den Kopf ein. „Praktisch jeder hier in der Küche. Und ihre Hofdamen. Und natürlich so gut wie alle Diener im Sommerharem."

    „Und du bist sicher, was die Wirkung betrifft!"

    „Absolut. Vio zögerte kurz, bevor er hinzusetzte: „Meine Schwester hat die gegessen, als sie bereits fünf Kinder hatte und keine mehr wollte.

    „Das ist Sabotage. Schlimmer, Hochverrat. Ein Angriff auf das Haus Mehme. Der König muss davon erfahren."

    Vio wünschte sich ein Mauseloch, in dem er unverzüglich verschwinden konnte. Der König … Es waren schon Leute aus weniger guten Gründen hingerichtet worden.

    Inagoro hörte mit versteinertem Gesicht, was seine Mutter ihm berichtete. „Ein Kraut, das unfruchtbar macht, sagte er dann. „Für immer? Oder ist der Effekt vorübergehend?

    „Vorübergehend", versicherte Sirit ihm.

    „Wissen wir, wer es war?"

    Sirit lächelte dünn. „Noch nicht. Aber vermutlich bald. Nur fürchte ich, dass der Anstifter zu dieser Tat von außen kommt. Wir beide wissen sehr genau, wer Interesse daran hat, dass du keine weiteren Söhne bekommst."

    Inagoros Wangenmuskeln spannten sich. Instinktiv wich Sirit einen Schritt zurück. So hatte Tolioro ausgesehen, bevor er zuschlug.

    Die Lieferung war aus dem Süden gekommen. Wie die Erste Gemahlin. Niemand hatte Verdacht geschöpft. Die Gattin des Königs ließ viele Gewürze aus ihrer alten Heimat kommen und pflegte Unmengen davon über ihr

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