Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Die Allianz der Sonne (Band 1)
Die Allianz der Sonne (Band 1)
Die Allianz der Sonne (Band 1)
eBook549 Seiten6 Stunden

Die Allianz der Sonne (Band 1)

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

"Ich diene nicht mehr mir selbst, sondern dem Land und allen, die in ihm leben. Ein Leben für viele. Für alle Zeiten."

So lautet der Eid der Beschützer von Dekar. Auch die Kämpfergilde Schwarze Allianz hat sich dies zur Aufgabe gemacht – bis zu dem Tag, als ihr Anführer Lichtfels in einer Nacht-und-Nebel-Aktion seine Gefährten verlässt, um im Alleingang eine geheime Mission zu erfüllen.
Als Lichtfels fünf Jahre später nach Dekar zurückkehrt, ist nichts mehr so, wie es war. Seine Gildenmitglieder sind in alle Himmelsrichtungen verstreut und auf dem Thron sitzt ein König, der das Volk tyrannisiert. Jegliche Prinzipien und Werte, für die einst die Schwarze Allianz stand, wurden zerschlagen.
Der ehemalige Gildenanführer versucht seine Kampfgefährten wieder zu vereinen, um den Machenschaften des Tyrannen Einhalt zu gebieten und dem Volk von Dekar zu zeigen, dass seine Gilde es immer noch beschützt. Ziele, die schier unerreichbar erscheinen, denn ihm läuft nicht nur die Zeit davon, sondern er deckt auch noch ein Geheimnis um den König auf, das niemals hätte ans Licht kommen dürfen.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum4. Juni 2021
ISBN9783038961864
Die Allianz der Sonne (Band 1)

Mehr von Stefanie Karau lesen

Ähnlich wie Die Allianz der Sonne (Band 1)

Titel in dieser Serie (2)

Mehr anzeigen

Ähnliche E-Books

Fantasy für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Die Allianz der Sonne (Band 1)

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Die Allianz der Sonne (Band 1) - Stefanie Karau

    Inhaltsverzeichnis

    Titel

    Informationen zum Buch

    Impressum

    Widmung

    Landkarte

    Zitat Lichtfels

    Prolog

    Kapitel 1 - Licht

    Kapitel 2 - Alte Bekannte

    Kapitel 3 - Kampf in den Wäldern

    Kapitel 4 - Feinde

    Kapitel 5 - Schild der Heiler

    Kapitel 6 - Hinter den Mauern

    Kapitel 7 - Lichtfels’ Erinnerung: Auf der Suche nach Kämpfern

    Kapitel 8 - Elfenmagie

    Kapitel 9 - Wunsch nach Rache

    Kapitel 10 - Lichtfels’ Erinnerung: Vor dem Wettkampffinale

    Kapitel 11 - Erinnerungsruf

    Kapitel 12 - Neue Allianz

    Kapitel 13 - Lichtfels’ Erinnerung: In den Katakomben

    Kapitel 14 - In der Dunkelheit der Nacht

    Kapitel 15 - Peitsche und Schwert

    Kapitel 16 - Flucht

    Kapitel 17 - Lichtfels’ Erinnerung: In der Schmiede

    Kapitel 18 - Aufbruch gen Südosten

    Kapitel 19 - In der Tiefe

    Kapitel 20 - Lichtfels’ Erinnerung: In dem Wirtshaus

    Kapitel 21 - Weg durch die Dunkelheit

    Kapitel 22 - Am Abgrund

    Kapitel 23 - Brücke der Täuschung

    Kapitel 24 - Die Katakomben von Brayken

    Kapitel 25 - Im Nest der Echsen

    Kapitel 26 - Königsblut

    Kapitel 27 - Lichtfels’ Erinnerung: An dem Sterbebett

    Kapitel 28 - Getrennte Wege

    Kapitel 29 - Wo sie das Kämpfen lernten

    Kapitel 30 - Feuer und Blut

    Kapitel 31 - Als Brayken fiel

    Kapitel 32 - Duell der Anführer

    Kapitel 33 - Ein Wiedersehen

    Kapitel 34 - Letzter Widerstand

    Kapitel 35 - Lichtfels’ Erinnerung: In der Wasser-Arena

    Kapitel 36 - Eidbrecher

    Kapitel 37 - Gebrochener Wille

    Kapitel 38 - Neues Leben

    Kapitel 39 - Abschied

    Kapitel 40 - Lichtfels’ Erinnerung: Auf der Suche nach Erben

    Kapitel 41 - Tanz mit dem Feuer

    Kapitel 42 - Der Schwur

    Dank

    Glossar

    Namensverzeichnis

    Stefanie Karau

    Die Allianz der Sonne

    Band 1

    Fantasy

    Die Allianz der Sonne (Band 1)

    »Ich diene nicht mehr mir selbst, sondern dem Land und allen, die in ihm leben. Ein Leben für viele. Für alle Zeiten.«

    So lautet der Eid der Beschützer von Dekar. Auch die Kämpfergilde Schwarze Allianz hat sich dies zur Aufgabe gemacht – bis zu dem Tag, als ihr Anführer Lichtfels in einer Nacht-und-Nebel-Aktion seine Gefährten verlässt, um im Alleingang eine geheime Mission zu erfüllen.

    Als Lichtfels fünf Jahre später nach Dekar zurückkehrt, ist nichts mehr so, wie es war. Seine Gildenmitglieder sind in alle Himmelsrichtungen verstreut und auf dem Thron sitzt ein König, der das Volk tyrannisiert. Jegliche Prinzipien und Werte, für die einst die Schwarze Allianz stand, wurden zerschlagen.

    Der ehemalige Gildenanführer versucht seine Kampfgefährten wieder zu vereinen, um den Machenschaften des Tyrannen Einhalt zu gebieten und dem Volk von Dekar zu zeigen, dass seine Gilde es immer noch beschützt. Ziele, die schier unerreichbar erscheinen, denn ihm läuft nicht nur die Zeit davon, sondern er deckt auch noch ein Geheimnis um den König auf, das niemals hätte ans Licht kommen dürfen.

    Die Autorin

    Stefanie Karau, geboren im April 1990 in Torgau, lebt mit ihrem Mann und zwei Katzen in der Literatur- und Buchstadt Leipzig.

    Während sie sich hauptberuflich mit Zahlen beschäftigt, ist sie in ihrer Freizeit von Büchern und fantastischen Geschichten umgeben. So betreibt sie einen Bücherblog, besucht gerne Buchmessen oder trifft sich mit anderen Autoren.

    Schreiben ist ihre Leidenschaft, ihre Fantasie kennt keine Grenzen, daher möchte sie jeden einladen, auch in ihre magischen Welten einzutauchen. Wenn sie nicht gerade schreibt, ist sie häufig im Kino anzutreffen, verwandelt sich in Online-Rollenspielen in eine Heldin oder unternimmt etwas mit Familie und Freunden.

    www.sternensand-verlag.ch

    info@sternensand-verlag.ch

    1. Auflage, Juni 2021

    © Sternensand Verlag GmbH, Zürich 2021

    Umschlaggestaltung: Alexander Kopainski

    Lektorat / Korrektorat: Sternensand Verlag GmbH | Natalie Röllig

    Korrektorat 2: Sternensand Verlag GmbH | Jennifer Papendick

    Satz: Sternensand Verlag GmbH

    ISBN (Taschenbuch): 978-3-03896-185-7

    ISBN (epub): 978-3-03896-186-4

    Alle Rechte, einschließlich dem des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

    Dies ist eine fiktive Geschichte. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

    Für alle,

    die an mich geglaubt haben.

    Einst verbündeten wir uns

    zu mutigen Kämpfern des Landes.

    Einst kämpften wir zusammen

    ohne Aussicht auf Erfolg.

    Einst trennten sich die Wege,

    nur die Erinnerungen blieben.

    Einst ist nunmehr vergangen,

    ich trete aus dem Schatten.

    Einst galt ich als gebrochen,

    vereint mit euch bin ich wieder eins.

    (Lichtfels)

    Prolog

    Lichtfels’ Erinnerung

    5 Jahre zuvor …

    Ich lief durch die Gänge der Kämpferakademie, deren schmale Fenster ein wenig Licht spendeten. Heruntergebrannte Fackeln hingen an den Wänden, Vorhänge, die sich durch den Wind bewegten, waren locker aufgezogen und der lange Läufer wies die Fußabdrücke des gestrigen Tages auf.

    »Wir müssen noch den Teppich ausklopfen«, hörte ich einen Jungen an der nächsten Ecke zu seinem Kameraden murmeln.

    »Du musst das. Hättest du deinen Lehrmeister nicht belogen, könntest du …« Der zweite Schüler schwieg, als er mich erblickte.

    Sie stellten sich stramm am Rand auf und nickten mir beim Vorübergehen zu.

    Ich erwiderte ihren Gruß und schmunzelte, da ich mich selbst in ihnen wiedererkannte. Auch ich hatte mich das ein oder andere Mal überschätzt, war zu spät zum Unterricht gekommen oder hatte die Übungskämpfe geschwänzt. Zur Strafe musste ich jedoch Waffen polieren oder Staub von Rüstungen wischen.

    Die Ausbildung zum dekarischen Kämpfer war nicht einfach, aber danach standen einem alle Tore offen. Wie bei mir, der eine eigene Kämpfergilde gegründet hatte, die sich Schwarze Allianz nannte.

    »Irgendwann werden wir auch so sein«, vernahm ich das Flüstern von einem der beiden Schüler.

    »Das werden wir«, stimmte der andere ihm zu.

    Ich drehte mich zu ihnen um und räusperte mich auffällig laut, sodass sie sich aus ihrer Starre lösten und den Teppich aufrollten.

    Ja, genau das dachte ich damals als Junge auch.

    Ich folgte einer breiten Wendeltreppe nach oben, betrat einen weiteren Korridor und lief an ein paar Rüstungen vorbei, die den Weg säumten, bis ich mich in einem größeren Raum wiederfand, dessen Kassettendecke mit dunklem Holz geschmückt war.

    Das Parkett quietschte unter meinen Füßen, sodass ich augenblicklich stehen blieb, während mich vier Augenpaare anschauten.

    Die Mundwinkel der Heilerin namens Lara zuckten, ehe sie sich wieder ihren drei Schülern widmete. »In jedem schlummert Magie, bei dem einen mehr, bei dem anderen weniger«, fuhr sie ihre Ansprache fort, die durch mein Erscheinen unterbrochen worden war. »Oft zeigt sie sich sehr zeitig, manchmal ruht sie aber auch bis ins hohe Alter. Es gibt verschiedene Arten, wie sie sich in euch entfaltet. Manche Menschen sind überaus schnell und sehen sehr scharf, andere tragen viel Stärke in sich und bringen den Boden zum Beben.« Sie warf einen kurzen Blick zu mir, während ich mich langsam näherte. »Wieder andere tragen die Elemente in sich, die sie entfalten können.«

    »Wie die Magier!«, meldete sich ein Junge, nicht älter als zehn Sommer.

    »Genau. Und wir beherrschen das heilende Feuer«, erklärte sie weiter und ließ eine blaue Flamme in ihrer Handfläche auflodern.

    »Woher weiß ich, dass ich eine dekarische und keine gewöhnliche Heilerin bin?«, hakte ein Mädchen nach, das kaum älter als der Junge war und dessen langes braunes Haar als geflochtener Zopf über der Schulter hing.

    »Wie lautet der Grund, warum du hier bist?«, fragte Lara, anstatt ihr eine Antwort zu geben, und löschte die kleine Flamme wieder.

    Während ich neugierig der Unterrichtsstunde lauschte, lehnte ich mich nahe einem Fenster an die Wand. Lara war die geborene Lehrmeisterin, aber ich konnte mir nicht vorstellen, junge Schüler anzulernen.

    »Ich habe mich verletzt und als ich die Schmerzen nicht mehr ausgehalten habe, heilte ich die Wunde«, erzählte das Mädchen. »Dann habe ich mich um eine Verletzung meines Bruders gekümmert und verschloss auch diese.«

    »Mit einem blauen Licht?« Laras schmale Augenbrauen hoben sich, woraufhin das Mädchen rasch nickte und seine Finger betrachtete. »Verdächtig.« Die Lehrmeisterin schmunzelte und faltete ihre Hände vor dem Bauch. »Diese Fähigkeit beherrscht kein gewöhnlicher, sondern nur ein dekarischer Heiler. Er hat die Fähigkeit, mithilfe des blauen Feuers Wunden zu verschließen oder Blutungen zu stoppen. Gewöhnliche Heiler können sich nur mit Verbänden und Tinkturen um Verletzungen kümmern, dort dauert die Genesung auch länger.«

    Der Arm des Jungen schnellte in die Höhe, woraufhin Lara ihm zunickte.

    »Warum dürfen wir Heiler nur mit einer Peitsche kämpfen? Ich würde viel lieber ein Schwert tragen«, sagte er resigniert.

    Ich grinste, da mir auch diese Frage nicht fremd war.

    »Das …« Lara warf einen Blick zu mir. »… ist zurückzuführen auf die uralten Lehren der Akademie.«

    Oh, diese Geschichte liebte ich, seit ich hierhergekommen war.

    »Lichtfels, möchtest du es ihnen erzählen?«, erkundigte sie sich bei mir.

    Innerlich stöhnte ich und lehnte sogleich ab. »Du machst das ganz wunderbar, Lehrmeisterin.«

    Ein Geschichtenerzähler war ich noch nie gewesen und mit Sicherheit konnte sie es viel treffender vortragen als ich.

    Lara nickte mir schmunzelnd zu, dann wandte sie sich an ihre Schüler. »Einst schenkte die Natur den Menschen die Magie, um die Welt wieder ins Gleichgewicht zu bringen«, begann sie. »Wie die Elfen mit langem Leben gesegnet waren oder andere Völker verschiedene Gaben besaßen, sollten die Menschen sich das Leben mit Magie vereinfachen. Anfangs lebten alle im Einklang, aber die Magie geriet außer Kontrolle, verführte die Menschen zu schrecklichen Taten, und die Natur entschied sich, sie wieder von ihnen zu nehmen. Was zu großer Missgunst führte, denn erneut hatten die Menschen keine besondere Gabe. Auch wenn es der Natur schwerfiel, trennte sie das Volk von den anderen, um ihnen Zeit zu geben, die Magie abermals zu vergessen. Ein einsames und trostloses Leben erwartete die Menschen.«

    Die Gesichter der Schüler veränderten sich von aufmerksam zu traurig, als Lara kurz innehielt.

    »Eines Tages entschieden sechs junge Männer, die Natur aufzusuchen und sie davon zu überzeugen, dass der Magie nur Grenzen gesetzt werden müssen. Sechs Brüder mit verschiedenen Fähigkeiten.« Wieder schnellte der Arm des Jungen hoch, doch Lara winkte ab und fuhr fort. »Die Gebrüder Braykion schworen der Natur, die Magie an ihre Fähigkeiten und ihre Kampfkünste zu binden, was dazu führte, dass jeder Kampfkunst eine Waffe und eine entsprechende Aufgabe zugeordnet wurde. Wir Heiler schützen, heilen und kämpfen mit einer Peitsche. Die Schützen sind schnell, stark auf hohen Distanzen und nutzen Bogen oder Armbrust. Sie sind zusätzlich mit Jagdmessern ausgerüstet. Die Magier beherrschen vollständig die Elemente und kämpfen meist mit Zauberstäben, während die Beschwörer schnell sind, eines der fünf Wesen heraufbeschwören können und mit ihren zwei Schwertern den Nahkampf unterstützen. Bei ihnen müsst ihr achtsam sein, denn sie dürfen Dolche bei sich tragen, die sie mit Gift tränken können.«

    Lara zeigte auf mich. »Die Faustkämpfer sind groß, kräftig und kämpfen mit ihren Fäusten, wogegen die Schwertkämpfer, die ebenfalls groß und kräftig sind, ihr Schwert schwingen.«

    »Ich möchte aber mit einem Schwert kämpfen«, sagte der Junge und verzog das Gesicht.

    Mein Blick wanderte zu Lara, die ihn ernst anschaute. Er hatte sie unterbrochen und das war einem Schüler nicht erlaubt.

    »Du musst herausfinden, für welche Kampfkunst dein Herz schlägt«, erwiderte sie und zwischen ihren Augenbrauen bildete sich eine feine Falte. »Manch ein Beschwörer träumte von einem der Wesen, ein anderer trainierte mit einem Bogen und traf mehrfach hintereinander ins Schwarze. Probier es aus. Du trägst einen Funken des heilenden Feuers in dir, aber im Laufe der Zeit haben sich die Gaben vermischt, daher kann ich nicht ausschließen, ob nicht auch ein Schwertkämpfer in dir steckt. Such Lehrmeister Mescal auf, dass er dich prüfen soll.« Strenge schwang in ihren letzten Worten mit.

    »Jetzt?«, hakte er vorsichtig nach.

    »Jetzt«, antwortete Lara kühl.

    »Ja, Lehrmeisterin.« Er verabschiedete sich und eilte zum Korridor zurück.

    Keine Bestrafung? Meine Kämpferfreundin war eindeutig zu nett.

    Ein kurzes Schweigen legte sich über alle, ehe sich ihre beiden übrig gebliebenen Schülerinnen anschauten.

    Vorsichtig meldete sich das blonde Mädchen mit Sommersprossen, das bisher geschwiegen hatte.

    »Ja, Mildred?«, sprach Lara sie an.

    Sie wischte sich eine Haarsträhne hinter das Ohr. »Kann ich zwei Kampfkünste erlernen?«

    Unwillkürlich schüttelte ich den Kopf.

    »Unmöglich ist es nicht, aber du schwächst deine bereits erlernte Kampfkunst«, erklärte Lara. »Niemand soll sie alle beherrschen, das schworen die Brüder der Natur, um die Magie immer in einem Gleichgewicht zu halten.«

    Die beiden Schülerinnen nickten, woraufhin die Lehrmeisterin sie entließ. »Nutzt die restliche Zeit heute und übt an eurem heilenden Feuer.«

    »Ja, Lehrmeisterin«, sagten sie im Chor und rannten freudestrahlend aus dem Raum hinaus.

    Während ich mich von der Wand abdrückte, schaute Lara mich mit schmalen Augen an. »Sag nichts.«

    »Du bist eindeutig zu gut zu ihnen«, ignorierte ich ihre Worte und grinste sie an. »Wenn ich daran zurückdenke, wie oft wir bestraft wurden.«

    »Wir haben auch viel mehr Unfug gemacht.« Lara näherte sich mir und fuhr sich durch die lange, blonde Lockenmähne. »Danke, dass du so schnell gekommen bist.«

    »Keine Frage.« Gleichgültig wer, wenn jemand aus meiner Gilde Hilfe brauchte, kümmerte ich mich darum.

    Lara ging zum Fenster und betrachtete die ziegelroten Dächer von Brayken, der zweitgrößten Stadt des Landes, die einst den Namen Braykonia getragen hatte. Dass Lara so still blieb, ließ meine Sorge rasch heranwachsen. Irgendetwas lag ihr schwer auf dem Herzen.

    »Was hast du?«, fragte ich leise.

    »Ich weiß, das kommt ungelegen, gerade weil der Wettkampf in vier Wochen stattfindet, aber ich bin besorgt wegen …« Sie holte tief Luft.

    Geduldig wartete ich und schluckte trocken.

    »Chronos.« Sie traute sich kaum, mich anzusehen, was ich von ihr nicht kannte. Wir hatten immer offen über alles geredet und uns nie belogen.

    Warum war sie wegen ihm besorgt? Natürlich, Chronos war ein Mitglied meiner Gilde, das oft für Probleme sorgte, aber das stellte nichts Neues dar. Obwohl er seinen eigenen Kopf hatte, war er bisher der Schwarzen Allianz immer treu ergeben gewesen.

    »Was ist mit ihm?«, hakte ich sogleich nach.

    »Ich will wirklich keine Unruhe stiften oder Ärger aufkommen lass…«

    »Lara«, unterbrach ich sie. »Du kennst mich lange genug, dass du mit mir reden kannst. Habe ich dich jemals für irgendetwas verurteilt?«

    »Nein, natürlich nicht.« Sie räusperte sich und sagte schließlich: »Chronos sympathisiert mit der Gilde Relikt.«

    Einen Herzschlag lang hielt ich die Luft an, atmete schließlich erleichtert aus und ließ die angespannten Schultern fallen. »Das bedrückt dich?«

    Sie nickte und schaute wieder hinaus auf die Stadt Brayken. »So kurz vor dem Wettkampf finde ich das bedenklich, gerade weil Relikt unsere härteste Konkurrenz ist.«

    Es gefiel mir zwar nicht, aber Freundschaften und Bekanntschaften zu anderen Gilden konnte ich nicht verbieten. Auch ich hatte zu einigen Mitgliedern aus anderen Gilden guten Kontakt, war mit vielen befreundet, denen ich im Wettkampf gegenüberstehen würde. Letztendlich waren wir alle dekarische Kämpfer und standen im Falle eines Krieges Seite an Seite.

    »Chronos ist seit einem Jahr bei uns, denkst du nicht, wir hätten es schon eher gemerkt, wenn er sich einer anderen Gilde zugehörig fühlt?«

    Lara bewegte ihren Kopf hin und her. »Ich bin mir nicht sicher.«

    »Ich weiß, er ist manchmal etwas grob zu euch«, merkte ich an und vergrub meine Hände in den Taschen.

    Spöttisch hob sie die Augenbrauen. »Manchmal?«

    »Hat er sich mit der Zeit gebessert oder untergräbt er immer noch eure Autorität?«

    Chronos hatte schon immer ein Problem damit, dass mit Lara und Aliya zwei Kämpferinnen zu meinen engsten Vertrauten gehörten und in meiner Abwesenheit Entscheidungen übernahmen. Das konnte ich nicht abstreiten.

    »Ja, gebessert schon, aber er belächelt Aliya und mich immer noch sehr oft.« Lara verschränkte die Arme vor der Brust.

    Alle waren angespannt vor diesem Wettkampf. Ihn zur Rede zu stellen, könnte die Stimmung noch mehr trüben, was mir im Moment gerade noch gefehlt hätte. Ich war froh, genug Kämpfer gefunden zu haben, um am Wettkampf teilnehmen zu dürfen. Jede Kämpfergilde wollte dem König unmittelbar dienen und zu seiner Sonderarmee ernannt werden. Mit eigenen Befugnissen ausgestattet, einem Ehrenplatz am Hofe des Königs und festem Lohn handelte es sich um den Traum eines jeden dekarischen Kämpfers.

    »Mach dir keine Gedanken, er kennt viele von Relikt aus der Ausbildung, dennoch hat er sich für uns entschieden.«

    Und daran glaubte ich.

    Lara verzog die Lippen zu einer schmalen Linie. »Wie du meinst.«

    Kapitel 1 - Licht

    Lichtfels

    Gegenwart

    Lange hatte Lichtfels mit sich gerungen, ob das, was er plante, eine gute Entscheidung war. Er wollte alles vergessen, nie wieder in sein Heimatland zurückkehren, doch die Entwicklung der Welt und der Verrat, der an ihm begangen worden war, nagten an ihm.

    Das war der Grund, wieso er in der einbrechenden Dunkelheit auf einer Landstraße entlanglief.

    »Die dekarischen Kämpfer? Sie sind schon lange nicht mehr unsere Beschützer«, erzählte ihm eine alte Frau am Wegesrand, die er angesprochen hatte, um herauszufinden, welche Stimmung im Land herrschte.

    Um sie herum beendeten die Bauern ihre Arbeiten auf den Feldern und brachten die Ernten in die Scheunen, die nahe einem kleinen Dorfe gelegen waren.

    »Statt zu beschützen, beobachten und kontrollieren sie uns«, fuhr sie fort und strich sich mit dem Handrücken ein paar Schweißperlen von der Stirn. »Sicher, sie helfen auch, das hat aber seinen Preis.«

    »Wie meint Ihr das?«, fragte Lichtfels, als in der Nähe grelle Blitze aufleuchteten, die ein Unwetter ankündeten.

    »Unsere Kinder. Niemand weiß, was aus ihnen geworden ist.« Trauer schwang in ihrer Stimme mit und während sie einen Moment schwieg, begleitete er sie zur nächsten Hütte. »Wir hoffen nur, dass wir sie eines Tages wiedersehen.«

    Worte, die ihm die Sprache verschlugen und sich in sein Gedächtnis einbrannten.

    Lichtfels spähte hinauf zum Himmel, wo die heranziehenden Wolken den sichelförmigen Mond verschleierten, der als einziger heller Fleck auf dem schwarzen Tuch der Nacht zu sehen war.

    »Geht nun«, sagte sie und verschloss die Fensterläden ihrer Hütte. »Bevor die Kämpfer des Königs auf Euch aufmerksam werden. Es ist unüblich, nachts hier herumzuschleichen und seltsame Fragen zu stellen – und das auch noch bei diesem Wetter. Ihr solltet Euch ein Zimmer im Gasthaus nehmen.«

    Lichtfels dankte ihr und verabschiedete sich. Aber anstatt eine Unterkunft zu suchen, wartete er, bis die Magier die vielen Feuerkugeln, die bis vor Kurzem noch Felder und Straßen beleuchtet hatten, innerhalb eines Atemzuges auslöschten.

    Ohne noch mehr Zeit verstreichen zu lassen, wagte er sich in die Dunkelheit.

    Der Wind hatte aufgefrischt und sich zu stürmischen Böen erhoben, die Sand, Staub und Blätter aufwirbelten, Zweige und Äste dazu brachten, sich zu verbiegen oder gar abzubrechen, und an seiner Kleidung zerrten.

    Vielleicht, dachte Lichtfels, sollte ich die Vergangenheit ruhen lassen und mit ihr abschließen.

    Doch die Gedanken in seinem Kopf wirbelten ebenso hin und her wie der Sturm um ihn herum.

    Während er das Dorf zurückließ und Richtung Wald lief, fragte er sich, ob alles hätte anders kommen können. Ob die Welt durch seine Kämpfergilde besser geworden und das Volk von Dekar mit seinem Schutz zufrieden gewesen wäre, hätte er sich gegen den Verrat gewehrt.

    Lichtfels war der Einzige, der zu dieser Zeit noch unterwegs war. Das Unwetter hinderte ihn nicht, im Gegenteil, es war eine einmalige Chance für ihn, seine ehemaligen Gefährten zu rufen, ohne dass es die Menschen von Dekar sofort merkten.

    Wenn es eine Rückkehr gibt, dann soll es eine Überraschung sein.

    Der Marsch durch den Wald hinauf ins Gebirge war die letzte Etappe seiner langen Reise. Er hatte das Land vor fünf Jahren verlassen und genau vor einem Monat war er aufgebrochen, um zurückzukehren.

    Es blitzte auf und wenige Sekunden später folgte ein langes, tiefes Grollen, welches die Erde erbeben ließ. Als ein heftiger Windstoß durch den Wald peitschte, verfehlte ein größerer Ast ihn nur knapp.

    Mit klopfendem Herzen blieb Lichtfels stehen und zog seinen Umhang fester um den Leib, ehe er tief durchatmete und den Weg fortführte.

    Die Anstrengung, gegen den Wind und bergauf zu laufen, spürte er nach einer Weile nicht mehr. Er rutschte auf dem feuchten Laub aus und fiel auf den durchweichten Waldboden, aber er stemmte sich sofort wieder hoch. Schnellstens musste er zum Plateau des Nordens, das sich zwischen den zwei größten Bergen des Grenzgebirges mit dem Namen Bairappa-Kalyani, genannt Wolkenbrecher, befand, am Rande eines Talkessels, der dort versteckt lag.

    Es stellte den Treffpunkt seiner ehemaligen Kämpfergilde dar, wo Pläne geschmiedet, Beschlüsse gefasst und Entscheidungen getroffen worden waren. Dort hatte das Leben der Schwarzen Allianz stattgefunden und genau dort, hoffte er, würden seine Kämpfer ihn finden und zu ihm zurückkehren.

    Ein geheimer Ort, dessen Eingang einst von einem magischen Schild geschützt worden war, den seine Heiler errichtet hatten. Nur er und seine Gefährten konnten ihn sehen, für Fremde und Feinde sah er aus wie eine geschlossene Felswand.

    Steil ging es in das Gebirge hinauf. Lichtfels hielt den rechten Arm auf Kopfhöhe, um sein Gesicht vor den Zweigen und Blättern zu schützen, die ihm entgegenschlugen. Neben ihm knackte es, als ein Baum umstürzte. Er sprang zur Seite und landete dabei erneut auf dem Boden, wo sich ein abgebrochenes spitzes Stück Holz in seinen Unterarm bohrte.

    Er fluchte vor Schmerz, während er sich wieder aufrichtete. Mit zitternden Fingern zog er es heraus, und augenblicklich lief Blut an seinem Arm herunter, über die Hände bis zu den Fingerspitzen. Eilig riss er ein Stück des Umhangs ab und wickelte es sich grob um den Arm. Er hatte keine Zeit, die Wunde zu säubern, denn er musste weiter.

    Der Wald öffnete sich, und der grüne Teppich aus Moos und Gräsern wechselte zu einem rauen Steinboden. Die Bäume wurden kahler, einige ragten nur noch als tote Pfähle in den Himmel oder lagen abgebrochen und verloren zwischen den Felsen, bis er keine mehr sehen konnte.

    Der Wind war inzwischen zu einem regelrechten Orkan geworden, drückte gegen Lichtfels, bremste ihn aus, sodass er immer wieder in die Knie gehen musste. Durch die Blitze erkannte er das weitreichende Gebirge, davor die vielen Felsen, die einem wahren Labyrinth glichen.

    Wenig später erreichte er eine Anhöhe, weit über dem Boden, von der aus er über die Waldkronen hätte hinwegschauen können. Doch es war zu dunkel und zu stürmisch, um den Blick schweifen zu lassen.

    Er wandte sich dem Berg zu und näherte sich der Steilwand, die vor ihm in den Himmel ragte. Aus seiner Erinnerung wusste er noch, dass der Eingang zum Tal in der Nähe war, denn den Weg war er schon oft gegangen.

    Während ihm die Blitze ein wenig Licht spendeten, suchte er das Gestein nach einer Felsspalte ab und erblickte nicht weit von ihm einen Schatten in der Felswand, der in den Berg hineinreichte.

    Er berührte mit der Hand das kalte, raue Gestein und fuhr die Kanten entlang, als ihm ein altes Gedicht aus Kindheitstagen einfiel.

    Von Natur erschaffen, geschliffen von ihr,

    trägst Hunderte Jahre Geschichte in dir.

    Bei voller Größe hältst du dem Wetter stand,

    ganz klein fällst du aber schon durch eine Hand.

    Lichtfels schluckte bei der Erinnerung, die er lange verdrängt hatte. Seiner Vergangenheit konnte er nicht mehr entkommen, immer mehr fiel ihm ein, während er sich weiter nach rechts bewegte.

    Wachsam lief er an einem kleineren Felsen vorbei, bis er schließlich eine Felsspalte erreichte, in der es so schwarz war, dass er seine eigenen Hände kaum noch vor Augen sah.

    Vorsichtig tastete er sich voran. Er roch Regen in der Luft und hoffte, dass er es trockenen Fußes durch die Felsspalte schaffte, denn nasses, rutschiges Gestein wollte er nicht auch noch passieren.

    Beim nächsten Donnerschlag bebte der Boden erneut, und Lichtfels duckte sich, da kleine Steine von den Felswänden herunterrieselten. Sein Atem ging stoßweise und Schweißperlen liefen an den Schläfen herunter, während er voranschritt.

    Nach endlosen Minuten, die sich wie Stunden anfühlten, erreichte er endlich den Ausgang. Er stützte sich kurz an der Wand ab und gestattete sich einen Moment, um erleichtert auszuatmen.

    Während er aus der Felsspalte hinaustrat, fegte ihm der Sturm das kinnlange braune Haar ins Gesicht und er strich es mit einer raschen Bewegung nach hinten. Eilig lief er einen Pfad entlang, dessen Untergrund nicht mehr nur von Stein, sondern auch von Sand und Kies bedeckt war.

    Als er sich an einem Abhang wiederfand, von dem aus er auf das kleine Tal niederschauen konnte, setzte der Regen ein.

    Der Ort, der vor ihm lag, war von grauen in den Himmel ragenden steinernen Wänden und Mauern umgeben, einst erschaffen von der feurigen Kraft der Natur, isoliert von der Außenwelt, wo seine Gilde mitten in der Natur hatte leben können.

    Er blieb stehen und fasste mit einer Hand an sein Herz, während Donnerhall die Luft zum Vibrieren brachte.

    Das Tal gibt es noch.

    Genau so, wie er es in Erinnerung hatte. Im Westen konnte er das Plateau aufgrund der Dunkelheit nur erahnen, doch in der Ferne leuchteten die Steinskulpturen, die aus der Nacht hervorschimmerten wie ein Mond zwischen Wolkenfetzen.

    Da sind sie, aber warum leuchten sie?

    Er starrte sie einen Moment an, bis er weitereilte, den Steinskulpturen entgegen.

    Das Gewitter behinderte seine Sicht, dennoch folgte er linkerseits dem Abhang, der ihn am Rande des Tals entlang zwischen den Felsen hindurchführte. Der Pfad war kaum sichtbar, denn Steinschläge hatten den Hang zerklüftet und uneben gemacht. Mehrere Felsbrocken, über die er hinwegklettern musste, erschwerten sein Vorankommen.

    Mit Bedacht lief er den brüchigen Weg entlang, um nicht den Abhang hinunterzustürzen. Eine Unaufmerksamkeit, und alles wäre vorbei.

    Schließlich erreichte er das Ende des Pfades und steuerte das Plateau an, das nur noch wenige Stufen nach oben entfernt lag. Kurz darauf betrat er endlich den Kreis mit den Skulpturen.

    Es waren sechs aus Kalkstein gemeißelte Figuren von Kämpfern, doppelt so groß wie er, die in einem Kreis angeordnet waren und grünlich schimmerten. Flechten hatten sich im Laufe der Jahre wie eine zweite Haut über sie gelegt.

    Fasziniert blickte Lichtfels sie an, denn so hatte er sie noch nie gesehen.

    Der Faustkämpfer, groß und kräftig, mit Stahlhandschuhen an den Händen, dessen eine Faust gen Himmel zeigte, während die andere locker in die Hüfte gestemmt war.

    Der Schütze, schlank und flink, in der Hand einen eleganten Bogen, dessen Pfeil gen Nachthimmel gerichtet war.

    Der Heiler, klein und zierlich, bewaffnet mit einer Peitsche, deren Schnur sich wie eine Schlange um den Körper legte.

    Der Magier, schmal und unscheinbar, mit einem langen Stab in der rechten Hand, in der linken eine faustgroße Kugel.

    Der Beschwörer, groß und gelenkig, bewaffnet mit zwei langen, gebogenen Schwertern, die vor seinem Körper gekreuzt waren.

    Der Schwertkämpfer, kräftig und auffällig, in der Hand ein breites, langes Schwert, das er nach oben hielt.

    Es waren die sechs Urväter der Kampfkünste, die Gebrüder Braykion, die die Kämpferakademie in Brayken gegründet hatten und die Vorbilder der dekarischen Kämpfer darstellten. Figuren, bekannt als Symbol der Stärke und des Zusammenhalts.

    Sie beschützten den Felsen, der sich in der Mitte vor ihnen befand, und genau diesem galt Lichtfels’ Aufmerksamkeit. Ein schwarzer rauer Stein, so unscheinbar und unauffällig, dass ein Fremder ihn nicht weiter beachtet hätte. Doch für Lichtfels strahlte er etwas Mystisches aus, ein Geheimnis, älter als alle Menschen auf der Welt. In ihm schlummerte etwas, was die Kämpferfiguren bewachten.

    Er hatte das Plateau lange nicht gesehen, und nun stand er an diesem Ort, der unverändert wie eh und je vor ihm lag.

    Lichtfels schluckte und langsam umrundete er den Felsen.

    Der Boden des Plateaus bestand ebenfalls aus Kalkstein, und magische Zeichen waren darin eingeritzt, die nach der langen Zeit kaum noch zu erkennen waren. Moos hatte die Linien überwuchert, Sand, Kies und Schlamm sich in den feinen Rillen und Furchen angesammelt. Herbstlaub dämpfte seine Schritte auf dem Boden.

    Er und seine Gefährten hatten das Plateau angelegt und die Figuren der dekarischen Kämpfer aufgestellt. In mühseliger Arbeit war es ihnen gelungen, die Symbole der Waffen, die Runen des Himmels und die Schutzzeichen der Elfen in den Boden zu schlagen. Allerdings erkannte er nichts mehr davon.

    Die magische Kraft durchfloss jede Ader seines Körpers. Hier war die Vergangenheit näher, als er erwartet hätte.

    Längst vergessene Erinnerungen kehrten in die Gedanken zurück.

    Duelle, die er gefochten, Freundschaften, die er geschlossen, Kämpfer, die ihm die Treue geschworen hatten.

    Mit zögernden Schritten trat er an den Felsen heran, während er seinen Atem zu beruhigen versuchte. Obwohl der Regen ihn unablässig durchnässte, schien er innerlich zu brennen, da er es nicht mehr schaffte, die Aufregung zu unterdrücken. Er ballte die Hände zu Fäusten und presste die Kiefer zusammen, doch ehe er die Finger auf den Felsen legte, hielt er inne.

    Lichtfels war angekommen, hatte diesen Ort erreicht. Den Ort, den er vor fünf Jahren verlassen hatte. Noch hätte er gehen, alles dabei belassen können, wie es war. Er konnte ins Exil flüchten und für immer verschwinden.

    Nein, dachte er. Ich habe den Menschen geschworen, sie zu beschützen. Dieses Land ist meine Heimat. Ich gehöre hierher.

    Er schloss die Augen, atmete tief durch und drückte die Hände auf das kalte, nasse Gestein.

    Ein kurzer Blitzschlag fuhr ihm durch alle Knochen und er fing an leise zu murmeln.

    »Licht in dir erwach, vertreib die Dunkelheit, weise mir den Weg in dieser finst’ren Zeit.«

    Um sich herum vergaß er alles, konzentrierte sich nur auf seine magischen Kräfte, das Kribbeln in den Fingern und auf die gesprochenen Worte. Er erinnerte sich noch genau an sie, obwohl das letzte Mal sehr lange her war.

    Seine Muskeln spannten sich an, während sich ein Kraftfeld um ihn und den Felsen legte. Langsam begann der Stein aus dem Inneren heraus zu leuchten. Erst kaum erkennbar, dann immer heller und heller.

    Seine Hände zitterten und verkrampften sich. Er konnte der Kraft kaum noch standhalten. Blitze brachen aus der Wolkendecke, die Erde erbebte. Von einem lauten Donnerschlag begleitet flog er rückwärts aus dem Kreis.

    Hart prallte er auf dem Boden auf und stöhnte. In seinen Ohren pfiff es und die Wunde am Arm pochte. Er fuhr sich mit der Hand über das Gesicht und blickte erschöpft auf. Nichts geschah.

    Der Regen prasselte auf ihn nieder und hatte ihn bereits bis auf die Knochen durchnässt. Mit der Faust schlug er auf den Boden.

    Hatte er sich versprochen? Hatte er die Worte verwechselt oder welche vergessen?

    Er legte den Kopf auf den nassen Boden und sog scharf die Luft ein. Seine Augen schauten zum schwarzen Himmel hinauf, als es hell vor ihm wurde.

    Die Zeichen auf dem Boden begannen zu leuchten, das Moos sowie die Flechten verbrannten augenblicklich, der Schlamm wurde weggespült und das Licht pulsierte wie ein Herz, das soeben zum Leben erwacht war.

    Trotz der Nässe kroch die Wärme vom Boden in seinen Körper. Wieder bebte es. Ein ohrenbetäubender Knall dröhnte durch das Tal, den er nur dumpf wahrnahm, da es immer noch in seinen Ohren pfiff.

    Er richtete sich auf und kam wackelig auf die Beine, hielt jedoch eine Hand vor die Augen, da das grelle Licht ihn blendete. Als er zum Felsen sah, betrachtete er durch seine Finger die Lichtsäule, die so hell wie die Sonne emporloderte, höher als alle Gebirge der Welt.

    Lichtfels lachte auf. Er hatte daran gezweifelt, ob es funktionierte, doch er stand leibhaftig davor. Dies war seine Bestimmung, dessen war er sich sicher. Er musste nur noch warten, darauf, dass irgendwo seine Kämpfer der Schwarzen Allianz das Licht sahen und es erkannten – seinen Ruf, sein Zeichen.

    Er war zurückgekehrt.

    Kapitel 2 - Alte Bekannte

    Aliya

    Aliya öffnete die Augen. Sie stand auf, betrachtete das vor sich hin lodernde Lagerfeuer und dann die Lichtung, die dunkel vor ihr lag und nur durch die Flammen erhellt wurde.

    Etwas war anders.

    Sie hatte deutlich die Erschütterung gespürt, und auch die Bäume flüsterten wirr durcheinander wie eine in Panik verfallene Menschenansammlung, sodass sie kein Wort verstehen konnte.

    Flink zog die Halbelfe ihren Umhang an, legte sich den Riemen ihrer Tasche um die Schulter und löschte daraufhin das Feuer mit Erde. Sie lief los, ohne zu wissen, wo ihre Füße sie hintragen würden.

    Während sie sich einen Weg durch die Dunkelheit bahnte, lauschte sie den Wäldern. Noch immer verstand sie nichts. Sie hielt an, ging zum nächstgelegenen Baum und berührte mit ihrer Hand die raue Rinde. Den Zeigefinger der anderen Hand legte sie an die Lippen.

    »Pssst, beruhigt euch«, flüsterte sie.

    Die Bäume verstummten nacheinander und murmelten ihr die Worte zu, die weitergetragen wurden. Begriffe wie ›Angst‹ und ›Furcht‹, aber auch ›Hoffnung‹ und ›Veränderung‹ fielen.

    Aliya war irritiert.

    Was redet ihr da?

    Der aufkommende Wind umspielte ihr schmales Gesicht, das schwarze lange Haar und entblößte ihre spitzen Ohren. Sie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Bäume, als ein Wort fiel, das ihr den Atem raubte.

    »Licht?«, wiederholte sie es flüsternd.

    Suchend blickte sie sich um, erst im Wald, in dem die Nacht jegliches Licht verbannt hatte, dann schaute sie in den Himmel, der von den herbstfarbenen Baumkronen verdeckt wurde, bis sie schließlich auf einen der Bäume zulief. Mit Kraft sprang sie vom Boden ab und klammerte sich an einem Ast fest.

    Sie zog sich an ihm hinauf und kletterte zum nächsten Ast weiter, blieb jedoch an einigen Zweigen hängen und schürfte sich die Hand auf. Kurz fluchte sie, aber sie beachtete die Wunde nicht länger. Sie musste nach oben, sie musste wissen, welches Licht die Bäume meinten.

    Immer höher tauchte sie in die Krone hinein, schob die orangeroten sowie braunen Blätter beiseite, hielt sich an der Baumrinde fest und stieg nach oben. Je weiter sie kam, desto heller wurde es. Endlich durchbrach sie die letzten Zweige.

    Aliya stockte der Atem.

    Über den Wald hinweg, zwischen den zwei größten Bergen des Grenzgebirges, da, wo das Plateau des Nordens lag, ragte eine gewaltige Lichtsäule in den Himmel.

    Lange betrachtete sie das Licht, welches das Gebirge und deren weiße Gipfel erleuchtete. Die Blitze links und rechts von der Säule fielen kaum noch auf und sahen aus wie schmale Rinnsale.

    Lichtfels? Bist du das?

    Sie schaute auf ihre Hand, wo sich mehrere dunkle Kratzer auf der hellen Haut gebildet und zu brennen begonnen hatten. Um einen Traum handelte es sich nicht, der Schmerz war echt, aber ihr fiel es schwer, es zu glauben.

    Konnte es Lichtfels, ihr Freund und ehemaliger Anführer der Schwarzen Allianz, sein? Oder hatte die verfeindete Gilde Relikt eine Möglichkeit gefunden, den Felsen zum Leuchten zu bringen?

    Nein, unmöglich, dachte sie.

    Oder? Vielleicht hatten sie ihn in ihrer Gewalt und wollten seine übrig gebliebenen Kämpfer fassen.

    Aliya schluckte und schüttelte den Kopf. Ihre Gedanken überschlugen sich wie die vom Wind geformten Wellen des Blättermeeres, ehe sie zurück in die Baumkrone eintauchte und sich vorsichtig nach unten hangelte.

    Nein, er ist in Sicherheit … irgendwo.

    Nachdem sie auf einem Ast kurz innegehalten hatte, ließ sie sich auf den nächsten nach unten fallen. Beinahe hätte sie das Gleichgewicht verloren, fand aber noch Halt am Baumstamm, während das Laub um sie herum raschelte, das Holz knarzte und die Zweige sich den immer stärker werdenden Windböen beugten. Als sie dem Boden nahe genug war, sprang sie hinunter und federte sich mit einer Hocke ab.

    Nur einer konnte eine solch riesige Lichtsäule beschwören. Nur bei ihm war das Licht gleißend hell wie das der Sonne. Er, der von einer Nacht zur anderen verschwunden und nicht wieder zurückgekehrt war.

    Aliya rannte los. Sie musste herausfinden, ob ihre Vermutung stimmte.

    Als das Unwetter sich langsam legte und die Sonne im Osten ihre ersten Strahlen zeigte, verblasste die Lichtsäule und verschwand. Tiere wagten sich aus dem Unterholz, hier und da fiel ein Blatt zu Boden.

    Aliya kletterte unter der Wurzel eines umgekippten Baumes hervor, wo sie ein paar Stunden verbracht hatte, als das Unwetter über sie hereingebrochen war. In ihrem feuchten Haar hatten sich Zweige und Rindenstücke verfangen, Schlamm

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1