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Ingenieur Menni
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eBook182 Seiten2 Stunden

Ingenieur Menni

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Über dieses E-Book

Der 1913 veröffentlichten Roman »Der Ingenieur Menni« ist quasi ein Prequel zu seiner fünf Jahre zuvor veröffentlichten Gesellschaftsutopie »Der rote Planet«.
Mit dem Roman kehrt Alexander A. Bogdanov noch einmal zum Mars zurück. FiktiverErzähler der Geschichte ist der Revolutionär Leonid – Protagonist in »Der rote Planet«, der nun jene Vorgeschichte berichtet, die einst während des Baus der Großen Kanäle zum Entstehen der kommunistischen Bewegung auf dem Mars führte. Zugleich dient Bogdanow die Romanhandlung zur Darlegung seiner Vorstellung einer »organisierten Wissenschaft«, die er später in seinem theoretischen Werk »Tektologie« ausführlich darlegen sollte. Von Lenin heftig kritisiert verschwand der Roman in den 20er Jahren aus dem Buchhandel und konnte in Russland erst 60 Jahre später wieder aufgelegt werden.
Bogdanow war zweiter Mann in der von Lenin geführten Bolschewistischen Partei. Nach dem Scheitern der ersten russischen Revolution unternahm der Arzt, Philosoph und Politiker in phantastischer Form ein erstaunlich weitsichtiges Denkabenteuer: Nach der Perspektive der russischen Revolution und des Weltsozialismus wird gefragt, indem die irdische realgeschichtliche Entwicklung mit einem idealen Mars-Kommunismus konfrontiert wird.
SpracheDeutsch
HerausgeberNDV
Erscheinungsdatum22. Apr. 2021
ISBN9783961272341
Ingenieur Menni

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    Buchvorschau

    Ingenieur Menni - Alexandr A. Bogdanow

    Menni

    Titel

    Ingenieur Menni

    (1913)

    Alexandr A. Bogdanow

    Ingenieur Menni

    (1913)

    Impressum

    Copyright: NDV im vss-verlag Her,mann Schladt

    Jahr: 2021

    Lektorat/ Korrektorat: Hermann Schladt

    Übersetzer: Waldemar Korowich

    Covergestaltung: Hermann Schladt unter Verwendung eines Fotos von Pixabay

    Verlagsportal: www.vss-verlag.de

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie

    Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verfassers unzulässigInhalt

    Vorwort des Übersetzers

    Nach den Ereignissen, die ich in dem Buch »Der rote Planet« beschrieben habe, lebe ich jetzt wieder bei meinen Freunden, den Marsmenschen, und arbeite für die Sache, die mir teuer ist - die Annäherung zwischen unseren Welten.

    Die Marsmenschen haben beschlossen, für die nächste Zukunft auf jegliche direkte Einmischung in die Belange der Erde zu verzichten; sie wollen sich vorerst darauf beschränken, sie zu erforschen und die Erdenmenschheit ganz allmählich mit der weit älteren Kultur des Mars vertraut zu machen. Und ich stimme völlig mit ihnen überein, dass Vorsicht in dieser Angelegenheit unabdingbar ist. Denn würden die Entdeckungen der Marswissenschaft über den Aufbau der Materie auf der Erde bekannt, so besäße der Militarismus einander feindlich gesinnter Staaten plötzlich Vernichtungswaffen von so ungeheurer Kraft, dass der gesamte Planet innerhalb weniger Monate verödet wäre.

    Die Marsianische Gesellschaft für Kolonisation bildete eine spezielle Gruppe zur Verbreitung der Neuen Kultur auf der Erde. Ich übernahm in dieser Gruppe die für mich geeignetste Rolle - die des Übersetzers. Für dieses Ziel hoffen wir in nächster Zukunft noch weitere Erdenmenschen verschiedenster Nationalität zu gewinnen. Denn die Aufgabe ist bei weitem nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Die Schwierigkeiten beim Übersetzen der einheitlichen Marssprache in die einzelnen Erdensprachen sind ungleich größer als beim Übertragen einer Erdensprache in die andere. Eine vollständige und bis ins letzte exakte Wiedergabe der Originalgedanken ist oftmals sogar unmöglich.

    Stellen Sie sich vor, Sie müssten ein zeitgenössisches wissenschaftliches Werk, einen psychologischen Roman, einen politischen Artikel in die Sprache Homers oder ins Kirchenslawische übertragen . . . Mir ist bewusst, wie wenig schmeichelhaft ein solcher Vergleich für uns, die Erdenmenschen, ausfällt, doch ist er leider nicht übertrieben: Der Unterschied zwischen unseren beiden Kulturen ist in der Tat ähnlich groß. Eine andere Lebensordnung, abweichende Beziehungen der Menschen untereinander, ein völlig unterschiedlicher Erfahrungsschatz. Zahlreiche Begriffe - dort bis ins Detail ausgearbeitet und alltäglich - fehlen hier ganz. Ideen - dort in einem Maße allgemeingültig, dass man sie nicht einmal mehr ausspricht, sondern permanent voraussetzt - werden hier nicht selten als etwas Unverständliches, Unwahrscheinliches, ja Ungeheuerliches empfunden, so wie es etwa der Atheismus für einen strenggläubigen Katholiken des Mittelalters war oder die freie Liebe für einen Kleinbürger vergangener Zeiten. Die Sprache der Gedanken kann viel mehr Abweichungen bringen als die des Wortes: Sie ist mitunter selbst da nicht in Übereinstimmung zu bringen, wo Wörter etwas Gleiches auszudrücken scheinen.

    Die größte Schwierigkeit, der die neue Idee auf ihrem Weg begegnet, liegt darin, sie in die gewöhnliche Sprache zu übertragen. Als Kopernikus, Bruno und Galilei sagten, die Erde drehe sich, war dieser Satz den meisten noch unverständlich: »Drehen« war ja in erster Linie eine bestimmte lebendige Empfindung, verbunden mit einer kreisförmigen Bewegung des Menschen oder der ihn umgebenden Gegenstände; eine solche Empfindung aber hatte es in genau dieser konkreten Situation nicht gegeben. Eine Geschichte, die sich bis heute auf Schritt und Tritt wiederholt.

    Sie werden nun leicht verstehen, welcher Art die Hindernisse bei der Übersetzung aus einer Sprache sind, die zu einer anderen und zudem weit höheren, komplizierteren Kultur gehört. Einleuchtend also, dass wir mit dem Leichtesten beginnen müssen. Daraus erklärt sich auch die Wahl,die unsere Gruppe für den ersten Versuch getroffen hat. Wir entschieden uns für den historischen Roman der Schriftstellerin Enno, mit der ich befreundet bin. Er spielt in einer Epoche, die ungefähr dem jetzigen Stand der Erdenzivilisation entspricht: den letzten Phasen des Kapitalismus. Es werden Typen und Beziehungen dargestellt, die den unseren verwandt sind und deshalb einigermaßen verständlich für den Erdenleser. Enno selbst war mehrmals bei uns und kennt einige unserer Sprachen, so dass sie mir .teilweise bei der Arbeit helfen konnte, doch eben nur teilweise. Die Verantwortung für die Darstellung insgesamt - wenn schon von Verantwortung gesprochen werden soll - muss ich allein auf mich nehmen.

    Maße, Gewichte und die auf dem Mars üblichen Zeitrechnungen habe ich natürlich überall durch unsere irdischen ersetzt; für Länder, Meere und Kanäle, wo es möglich war, jene Bezeichnungen genommen, die unsere Astronomen jetzt auf ihren Karten verwenden, das heißt die griechischen und lateinischen Namen Schiaparellis. Doch im Roman ist nicht selten von Details die Rede, die unseren Teleskopen völlig unzugänglich sind - von Städten, Gebirgsketten, kleinen Meeresbuchten. In diesen Fällen habe ich entweder einfach den Marsnamen übernommen oder mich bemüht, ihn in der Art Schiaparellis in einer geeigneten griechischen Form wiederzugeben.

    Nun aber will ich den Leser mit dem Milieu bekanntmachen, in dem die Handlung des Romans spielt.

    Der Mars ist seinem astronomischen Alter nach doppelt so alt wie die Erde; aus diesem Grund besitzt er wenig Wasser. In langen Jahrmillionen sind seine Ozeane zum größten Teil in die Rinde des Planeten eingesickert - die Meere des Mars bilden heute lediglich die Hälfe seiner Oberfläche, auch sind sie bedeutend flacher als die irdischen. Das Festland nimmt als geschlossener Kontinent drei Viertel der nördlichen Halbkugel ein und etwa ein Viertel der südlichen, wo es auch einige kleine Binnenmeere gibt. Den größten Teil aber beansprucht der Südliche Ozean mit einer Vielzahl von Inseln, von denen einige ziemlich ausgedehnt sind. Das Festland ist in allen Richtungen von den berühmten Kanälen durchschnitten.

    Soweit das heutige Bild - es stellte sich vor dreihundert Jahren allerdings noch anders dar. Hätten Galilei und Kepler über moderne Teleskope verfügt, sie würden die riesige Anzahl von Kanälen, Seen und Binnenmeeren in der Marslandschaft trotzdem nicht entdeckt haben. Die »Großen Kanäle« gab es damals nämlich noch gar nicht. Nur einige recht breite Meerengen existierten, die von den Erdenastronomen fälschlich als Kanäle bezeichnet wurden. Der Beginn der »Großen Arbeiten« wurde erst vor zweihundertfünfzig Jahren durch den Ingenieur Menni begründet. Es war die historische Notwendigkeit, die dieses Wunder an menschlichem Willen und Werk hervorbrachte.

    Die Geschichte der Marsmenschen ähnelt in den Grundzügen der Geschichte der Erdenbewohner: der gleiche Weg von der Stammesgemeinschaft über den Feudalismus zur Herrschaft des Kapitals und dabei zur Vereinigung der Arbeit. Nur vollzog sich diese Entwicklung langsamer und sanfter. Die Natur des Mars ist nicht so reich wie die irdische, deshalb war auch das Leben nicht so verschwenderisch. Jede Seite der Erdengeschichte ist mit Feuer und Blut bedeckt, und das in einem Maße, dass die Chronisten und Historiker lange Zeit fast nichts anderes mehr aus ihr herauslesen konnten. Natürlich spielten Gewalt, Zerstörung und Vernichtung auch auf dem Mars eine Rolle, nur nahmen sie dort niemals diese ungeheuerlichen Ausmaße an. Die Menschheit des Mars schritt langsamer voran, doch kannte sie niemals den Tod ganzer Zivilisationen, eine so tief verwurzelte, grausame Reaktion wie bei uns. Selbst die unzähligen Kriege im Feudalismus über einige Jahrtausende hinweg waren nicht jenem sinnlosen, tierischen Blutrausch vergleichbar, der den feudalen Kriegen auf der Erde innewohnte: Den grausamen Schlachten dort folgten nur selten Massenmorde und Plünderungen unter der Zivilbevölkerung. Trotz der Barbarei jener Epoche schimmerte eine instinktive Achtung vor dem Leben und vor der Arbeit durch.

    Der Grund dafür? Die Natur des Mars war arm und kärglich, und in der Erfahrung Tausender von Generationen hatte sich die verschwommene Erkenntnis herausgebildet, wie schwer es ist, Zerstörtes wiedererstehen zu lassen. Auch gab es nicht so viel Trennendes zwischen den Menschen: Die verschiedenen Stämme und Nationalitäten standen einander näher, der Umgang miteinander war leichter. Das Festland wurde nicht durch breite Meere und Ozeane in selbständige Kontinente zerrissen; die Gebirgsketten waren nicht so hoch und unüberwindlich wie auf der Erde; die Fortbewegung fiel, dank der geringeren Schwerkraft, um vieles leichter: Das Gewicht aller Gegenstände war mehr als zweieinhalb mal niedriger als bei uns. Die verschiedenen Sprachen, hervorgegangen aus einem gemeinsamen Ursprung, hatten sich niemals bis zur völligen Unkenntlichkeit voneinander entfernt und glichen sich bereits in der Feudalepoche, mit der Zunahme der Handelsbeziehungen und Reisen, einander erneut an; gegen Ende dieser Epoche waren es dann eher territoriale Dialekte als eigenständige Sprachen. Das Verständnis unter den Leuten war größer, ihr Erfahrungsschatz einheitlicher und tiefer.

    Etwa 1000 nach Christi Geburt, entsprechend unserer Zeitrechnung, lag der Feudalismus in den meisten Ländern des Mars in den letzten Zügen. Die Geldwirtschaft hatte sich in den vorangegangenen fünfzig Jahrhunderten Bahn gebrochen, und das Handelskapital machte dem alten Landadel die Macht über die Gesellschaft immer entschiedener streitig. Überall war die Kulturrevolution im Gange, doch noch immer in religiöser Umhüllung - unter dem Schein, die althergebrachten feudalen Religionen zu reformieren. Die Großfürsten und Könige, die »Bodeneintreiber«, nutzten die Situation, um die Macht ihres gefährlichsten Gegners - des Priestertums - zu brechen und das monarchistische System zu festigen. Um das Jahr 1000 gab es statt der früheren tausend kleinen Teilfürstentümer nur noch an die zwanzig Beamtenmonarchien, während die Mehrheit der vornehmen Feudalherren in den Militärdienst trat oder an die Königshöfe ging.

    In dieser Zeit fanden aber auch die Manufakturen Verbreitung, und das Kapital wuchs an. Da es ihm unter der Vormundschaft des Polizeistaats zu eng wurde, begann es seinen Befreiungskampf. Von ungefähr 1200 bis 1600 erfolgten, unter seiner unsichtbaren Herrschaft, eine Reihe politischer Revolutionen in verschiedenen Ländern.

    Zum Ende des 14. Jahrhunderts begann, hervorgerufen durch das Auftauchen von Maschinen, die Industrierevolution, und der Gang der Entwicklung wurde beschleunigt. Gegen 1560 setzte sich, von einigen rückständigen Randprovinzen des Kontinents abgesehen, nicht nur überall die demokratische Ordnung durch, es wurde noch mehr erreicht - eine fast vollständige kulturelle und politische Einigung. Eine gemeinsame Literatursprache entstand, die die Mehrzahl der früheren Dialekte in sich aufnahm. Teils durch Kriege, teils durch Verhandlungen wurde eine gigantische Föderative Republik gegründet, die fast drei Viertel des Planeten umfasste. Um die Einigung zu vollenden, unterwarf die Regierung in den folgenden fünfzig Jahren systematisch die noch verbliebenen halbfeudalen Staaten.

    Etwa um 1620 war der letzte unabhängige Staat besiegt - ein Land, das auf unseren Karten die Bezeichnung »Taumasia Felix« (Glückliches Wunderland) trägt, und wo das alte Herzogsgeschlecht der Aldos herrschte. Taumasien ist eine große Halbinsel im Süden des Kontinents, von dem es inzwischen übrigens durch Kanäle und Seen vollständig abgetrennt wurde. Zu jener Zeit war lediglich der Küstenstreifen Taumasiens besiedelt, der an den Südlichen Ozean grenzte; das gesamte innere Territorium, jetzt mit dem riesigen »Sonnensee«, war wasserlose Wüste. Die Bevölkerung - einige hunderttausend Bauern und Fischer - zeichnete sich durch raue, schlichte Sitten aus, durch Konservatismus und Religiosität; in erster Linie herrschte noch Naturalwirtschaft, das Verhältnis zwischen Feudalherren und Bauernschaft war ganz und gar patriarchalisch. Eine richtige Vendee, die in der Geschichte des Mars auch die Rolle der Vendee spielte.

    Der alte Herzog Aldo überlebte die Niederlage nicht. Doch es blieb sein Sohn und Nachfolger, der junge Ormen. Als die Föderierten Taumasien den Krieg erklärten, befand er sich gerade in Zentropolis, der Hauptstadt der Republik, wo er Verhandlungen führen wollte. Dort wurde er auch verhaftet und für die Dauer des Krieges festgehalten. Die Republik hatte die Besitztümer des Herzogshauses nicht konfisziert, und Ormen Aldo behielt, wenngleich ohne politische Macht, den Hauptanteil taumasischen Bodens in der Eigenschaft eines Gutsbesitzers. Äußerlich hatte er sich mit seiner neuen Situation völlig abgefunden. Er reiste jedes Jahr für ein paar Monate nach Zentropolis, führte dort das Leben eines Millionärs der jeunesse doree und gab vor, sich absolut nicht für Politik zu interessieren. In Wirklichkeit aber beobachtete er aufmerksam die Lage unter den gesellschaftlichen Kräften und suchte Verbindungen zu den unzufriedenen Schichten - zu den Resten des Klerus und der Aristokratie ebenso wie zu den verschiedenen Separatisten, die von einer Wiederherstellung der Unabhängigkeit ihrer Heimatgebiete träumten. Die restliche Zeit verbrachte er bei sich in Taumasien, bereiste das gesamte Gebiet unter dem Vorwand der Jagd oder wirtschaftlicher Absprachen mit den Pächtern.

    Der Boden für seine Agitation war äußerst günstig. Er wurde nicht nur durch das starke Vermächtnis der Vergangenheit und den Einfluss des Klerus auf die rückständigen Massen unterstützt, sondern

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