Der kleine Schlossherr von Benrath-Wehr: Fürstenkinder 26 – Adelsroman
Von Anita Martens
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Über dieses E-Book
Ihre Lebensschicksale gehen zu Herzen, ihre erstaunliche Jugend, ihre erste Liebe – ein Leben in Reichtum, in Saus und Braus, aber oft auch in großer, verletzender Einsamkeit.
Große Gefühle, zauberhafte Prinzessinnen, edle Prinzen begeistern die Leserinnen dieser einzigartigen Romane und ziehen sie in ihren Bann.
Ein wolkenloser Himmel spannt sich über Paris. Es ist ein bezaubernder Frühlingstag. Gräfin Dajana von Benrath-Wehr tritt noch einmal vor den Spiegel. Alles in Ordnung? Alles! Sie gefällt sich. Das aparte Nachmittagskleid steht ihr besonders gut. Um ihren hübschen Mund liegt die Andeutung eines zufriedenen Lächelns. Es ist jetzt drei Jahre her, daß Gräfin Dajana ihren Mann durch einen Flugzeugabsturz verloren hat, diesen liebenswertesten und ritterlichsten Menschen, den sie, ein ehemaliges Fotomodell aus kleinbürgerlichen Kreisen, je kennengelernt und den sie mehr als ihr Leben geliebt hat. Wenn nicht ihr Sohn Armand gewesen wäre, sie hätte diesen Verlust wohl kaum überwunden. Gerade ein Jahr alt war ihr kleiner Prinz, als sein Vater nach dreijähriger, unsagbar glücklicher Ehe brutal aus diesem Leben gerissen wurde. Drei lange Jahre ist sie allein geblieben, hat sie sich von allem abgeschlossen, und nur für ihren Sohn gelebt, der inzwischen vier Jahre alt geworden ist. Nicht ein einziges Mal ist ihr in diesen Jahren der Gedanke gekommen, sich jemals wieder einem Mann zuzuwenden oder gar eine neue Verbindung einzugehen. Sie glaubte, nie mehr einen Menschen so innig lieben zu können wie den Vater ihres Kindes. Aber da schickte ihr das Schicksal vor wenigen Wochen den italienischen Grafen Fulco di Santa Stefano über den Weg! Und dieser große, stattliche und weltgewandte Mann weckte in ihrem einsamen Herzen wieder alle Wünsche und Sehnsüchte einer Frau. Sie ist dem Grafen Santa Stefano sehr zugetan, und doch fragt sie sich, ob er wirklich der Mann ist, mit dem sie eine neue Verbindung eingehen sollte, und der ihrem Sohn ein zärtlicher Vater sein könnte. Er hat die Liebe bisher nicht sehr ernst genommen. Sein Ruf ist auch nicht der beste. Seine Frauengeschichten sind stadtbekannt.
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Buchvorschau
Der kleine Schlossherr von Benrath-Wehr - Anita Martens
Fürstenkinder
– 26 –
Der kleine Schlossherr von Benrath-Wehr
Sein Herz verzehrt sich nach seiner Mutter
Anita Martens
Ein wolkenloser Himmel spannt sich über Paris. Es ist ein bezaubernder Frühlingstag.
Gräfin Dajana von Benrath-Wehr tritt noch einmal vor den Spiegel. Alles in Ordnung? Alles! Sie gefällt sich. Das aparte Nachmittagskleid steht ihr besonders gut. Um ihren hübschen Mund liegt die Andeutung eines zufriedenen Lächelns.
Es ist jetzt drei Jahre her, daß Gräfin Dajana ihren Mann durch einen Flugzeugabsturz verloren hat, diesen liebenswertesten und ritterlichsten Menschen, den sie, ein ehemaliges Fotomodell aus kleinbürgerlichen Kreisen, je kennengelernt und den sie mehr als ihr Leben geliebt hat. Wenn nicht ihr Sohn Armand gewesen wäre, sie hätte diesen Verlust wohl kaum überwunden.
Gerade ein Jahr alt war ihr kleiner Prinz, als sein Vater nach dreijähriger, unsagbar glücklicher Ehe brutal aus diesem Leben gerissen wurde.
Drei lange Jahre ist sie allein geblieben, hat sie sich von allem abgeschlossen, und nur für ihren Sohn gelebt, der inzwischen vier Jahre alt geworden ist.
Nicht ein einziges Mal ist ihr in diesen Jahren der Gedanke gekommen, sich jemals wieder einem Mann zuzuwenden oder gar eine neue Verbindung einzugehen. Sie glaubte, nie mehr einen Menschen so innig lieben zu können wie den Vater ihres Kindes.
Aber da schickte ihr das Schicksal vor wenigen Wochen den italienischen Grafen Fulco di Santa Stefano über den Weg! Und dieser große, stattliche und weltgewandte Mann weckte in ihrem einsamen Herzen wieder alle Wünsche und Sehnsüchte einer Frau.
Sie ist dem Grafen Santa Stefano sehr zugetan, und doch fragt sie sich, ob er wirklich der Mann ist, mit dem sie eine neue Verbindung eingehen sollte, und der ihrem Sohn ein zärtlicher Vater sein könnte.
Er hat die Liebe bisher nicht sehr ernst genommen. Sein Ruf ist auch nicht der beste. Seine Frauengeschichten sind stadtbekannt.
Doch er hat ihr versichert, daß er seinem zügellosen Leben Adieu gesagt, daß er in ihr endlich die Frau gefunden habe, für die er bereit sein könnte, seine Freiheit aufzugeben. Und sie hat das Gefühl, daß es ihm ernst damit ist.
Das Läuten der Hausglocke reißt Dajana aus ihren Gedanken.
Ein zärtliches Lächeln legt sich um ihren Mund, als sie langsam nach draußen geht, um zu öffnen.
Es ist kurz vor sechzehn Uhr. Der Besucher kann nur Graf Fulco sein. Er wollte sie gegen sechzehn Uhr abholen.
»Sie sind pünktlich, lieber Graf!«
Mit einer anmutigen Geste reicht sie ihm ihre schmale, gepflegte Hand, die er galant an die Lippen führt.
»Ich habe noch nie eine schöne Frau warten lassen, liebe Dajana«, lächelt er, und sein Blick ruht mit unverhohlener Bewunderung auf ihrer eleganten Erscheinung.
»Sie sehen wie immer bezaubernd aus!«
»Danke!«
Gräfin Dajana verläßt mit einem glücklichen Lächeln die kleine Diele. Graf Fulco schließt die Tür hinter ihr.
»Wo ist Ihr kleiner Prinz?« fragt er, während er neben ihr die schmalen Stufen des engen Treppenhauses hinuntergeht. Gräfin Dajana wohnt alles andere als gräflich.
»Er ist gut aufgehoben. Ich habe ihn bis morgen in die Obhut meiner Mutter gegeben.«
»Na, wunderbar! Dann wollen wir diesen Tag heute aber auch ausgiebig genießen, liebe Gräfin!«
Sie treten auf die Straße hinaus. Er hat seinen Wagen zu Hause gelassen. Zu Fuß kommt man um diese Zeit in Paris schneller voran. Außerdem haben sie es nicht weit.
»Leben Sie eigentlich ständig in Paris, Graf?« fragt Dajana, denn sie weiß noch herzlich wenig von ihm.
»Nein. Ich bin viel unterwegs.«
»Aber Sie kennen Paris?«
»O ja!«
Sie lächelt nachsichtig. »Ich lebe seit meiner Geburt hier, doch ich wage nicht zu behaupten, daß ich Paris kenne. Manchmal gehe ich spazieren, ein bißchen bummeln, wie man so sagt. Und plötzlich stehe ich in einer Straße, deren Namen ich noch nie gehört habe. Ich sehe Häuser, die mir ganz fremd sind. Paris ist viel größer, als es der Stadtplan ausweist.«
»Ja, das will ich gern glauben.«
Sein Blick gleitet über ihre aparte Erscheinung. Er begehrt diese Frau, wie er noch nie eine Frau begehrt hat.
»Wohin darf ich Sie führen, Dajana?«
»Machen Sie einen Vorschlag, Fulco!«
»Wenn es Ihnen recht ist, gehen wir zum Tanztee in ein Hotel in der Nähe. Vielleicht bis sechs Uhr? Dann verlasse ich Sie eine Weile und darf Sie zur Oper wieder abholen. Nachher speisen wir irgendwo auf den Champs-Elysées und suchen schließlich ein Lokal auf, wo wir den späten Abend verbringen.« Er hat in fragendem Ton gesprochen.
Dajana nickt. Sie ist mit allem einverstanden. Es ist schön, sich von einem Mann wieder einmal ausführen und verwöhnen zu lassen, sich ganz seiner Führung anvertrauen zu dürfen.
Sie finden einen Tisch auf dem Dachgarten des Hotels an der Steinbrüstung. Von hier aus haben sie einen wunderbaren Blick über Paris, über ein rotes Dächer- und Häusermeer, unterbrochen von Grünflächen und breiten Straßen.
»Schön, nicht wahr?«
»Sehr schön«, bestätigt Graf di Santa Stefano.
Die fünfköpfige Band im Hintergrund spielt anfangs eine kleine Suite von Debussy, die eigentlich der Pianist allein hätte bewältigen sollen, und geht dann zu konservativer Tanzmusik über. Nicht gerade Wiener Walzer oder Menuette. Aber auf keinen Fall spielt sie Beat.
»Möchten Sie tanzen, Dajana?«
»Gern.«
Fulco di Santa Stefano führt elegant und sicher, ohne alberne Pose. Er spricht auch nicht zuviel.
Dajana, die sich zum erstenmal nach dem Tod ihres Mannes wieder auf einer Tanzfläche bewegt, blüht auf. Sie gibt sich froh und heiter.
Immer wieder betrachtet ihr Partner sie verstohlen hinter halb verdeckten Lidern. Auf seinem Gesicht liegt ein zärtlicher, beinahe sanfter Glanz. Nur in der Tiefe seiner dunklen Augen glimmt ein leidenschaftliches Feuer.
Sie ist ohne Frage eine der bezauberndsten Frauen, dazu der erregende Charme, der ihn vom ersten Augenblick an faszinierte. Wirklich eine ungewöhnliche Frau, sogar für Paris.
Sie hat nur zwei Fehler: sie ist keine Frau aus seinen Kreisen, und sie hat einen Sohn. Ein Mann wie er heiratet keine Witwe mit Kind, schon gar nicht eine aus bürgerlichem Geblüt! Seine Familie würde ihm das genauso übelnehmen, wie dies Graf Bernrath-Wehr mit seinem jüngsten Sohn Armand getan hat.
Er aber hat ganz und gar nicht das Verlangen, von seiner Familie in gleicher Weise verstoßen zu werden wie Graf Armand von Benrath-Wehr, der aus Liebe zu dieser Frau alles verloren hatte: seine Familie, seine Freunde, sein großes Erbe.
Nein! Das wäre ihm denn doch ein zu großes Opfer. Aber als Geliebte ist Gräfin Dajana unerhört begehrenswert.
Kurz nach sechs Uhr bringt Graf di Santa Stefano sie zurück in ihre Wohnung.
»Wenn Sie Lust haben, können Sie mit hinaufkommen, lieber Fulco. Ich bin in zwanzig Minuten umgezogen. Es lohnt sich also gar nicht erst wegzugehen.«
»Wunderbar!« Durch die dunklen Augen des Grafen zuckt ein schneller, kaum wahrnehmbarer Blitz.
Er öffnet ihr galant die Tür. Sie nimmt den Hut in der Diele ab und verweilt einen Moment vor dem Spiegel.
Das Glück der vergangenen Stunden steht noch in ihren Augen.
Dann wendet sie sich mit einem seltsam schwebenden Lächeln an ihren Begleiter und führt ihn in das kleine, aber gemütliche Wohnzimmer.
»Nehmen Sie sich einen Drink und machen Sie es sich bequem, lieber Fulco. Ich ziehe mich inzwischen schnell um.«
Er schaut ihr mit verzehrenden Augen nach, wie sie gleich darauf in das angrenzende Schlafzimmer verschwindet. Das Blut in seinen Schläfen beginnt zu klopfen.
Heute muß die Entscheidung fallen! Er kann nicht mehr länger warten, sich nicht mehr länger gedulden.
Es ist das erste Mal, daß Dajana ihn mit in ihre Wohnung genommen hat. Ist das nicht ein Hinweis? Eine Einladung? Zumindest aber doch ein Beweis ihrer Gunst, und das allein schon ist der halbe Weg zum Sieg.
Er ist wie geblendet von ihrem Anblick, als sie zwanzig Minuten später wieder im Wohnzimmer erscheint.
Sie trägt ein entzückendes, schulterfreies Abendkleid, das ihr ungemein vorteilhaft zu Gesicht steht. Wie weißer Marmor leuchtet ihre Haut aus dem dezent gehaltenen Ausschnitt. Wie eine Prinzessin schaut sie aus.
Der Mann spürt, wie sein Mund trocken wird. Ein wildes Verlangen steigt in ihm auf.
»Dajana…«, flüstert er rauh, »Dajana, Liebes, Sie sind die schönste Frau, die ich kenne. Ihr Anblick macht mich kopflos.«
Langsam tritt er auf sie zu. Sein Atem geht mühsam, in seinen Augen glüht ein seltsames Feuer.
»Ich bete Sie an, Dajana! Es gibt keine Frau, die sich mit Ihnen vergleichen ließe. Sie sind einmalig.« Er greift nach ihren Händen. »Lassen Sie uns hierbleiben, Dajana – bitte! Ich bin so glücklich, mit Ihnen endlich einmal allein zu sein. Ich finde keine Ruhe mehr, seit ich Sie kenne. Es ist schlimm, wenn man Nacht für Nacht von einer Frau träumt, sich Nacht für Nacht nach ihren Zärtlichkeiten sehnt, nach ihren Küssen, ihren Umarmungen…«
»Fulco, ich bitte Sie, hören Sie auf!« fällt ihm Dajana erschrocken ins Wort und will ihre Hände zurückziehen. Doch der Mann hält sie fest.
»Warum denn so spröde, liebe Dajana! Das Leben ist so kostbar… viel zu kostbar, um es zu versäumen«, beschwört er sie. »Man muß dieses Leben leben und ihm einen Sinn geben. Sie sehnen sich doch auch nach Liebe und Zärtlichkeit. Eine Frau, die seit drei Jahren ohne Mann gelebt hat…«
»Hören Sie auf, Fulco! Ich bitte Sie, hören Sie auf!«
Bestürzung malt sich auf ihrem Gesicht. Dajana ist eine Frau, die fest in sich selbst ruht, die auch in der Ehe nie ganz ihre eigene Persönlichkeit aufgeben würde.
Was Graf di Santa Stefano also hier tut, zerstört nur alles.
Doch er kann seine Leidenschaft nicht mehr zügeln. Er preßt Dajana an sich und bedeckt ihr Gesicht mit Küssen.
Unwillkürlich schließt sie die Augen. Es