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Das zweite Protokoll: Wie alles begann
Das zweite Protokoll: Wie alles begann
Das zweite Protokoll: Wie alles begann
eBook431 Seiten6 Stunden

Das zweite Protokoll: Wie alles begann

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Über dieses E-Book

Zu Beginn des 22. Jahrhunderts ist die Welt ein Trümmerfeld. Ein weltumspannender Dritter Weltkrieg hat Milliarden an Menschenleben gefordert und Leid und Zerstörung über den Erdball gebracht. Nach dessen Ende und noch unter dem Eindruck des Krieges wurden moderne Maschinen und Waffen geächtet und zum Schutz der Länder stehen nun einzig Schwert, Schild und Bogen zur Verfügung.
In der Zeit nach diesen Regelungen des »Zweiten Protokolls« wächst Johann auf einem Bauernhof auf. Anders als sein Bruder entwickelt sich der Junge aber nicht zum Nachfolger seines Stiefvaters, sondern fühlt früh, dass er zum Krieger berufen ist, wie sein leiblicher Vater es war. Er trainiert seine ganze Jugend nach Vorlagen aus seinen Büchern und schon bald stellen sich erste Erfolge seiner Beharrlichkeit ein. Als er erwachsen ist, macht er schnell Karriere beim Militär.
Doch wird das "Zweite Protokoll" Bestand haben? Und kann er die Herausforderungen meistern, die sich ihm nicht nur im Kampf, sondern auch in der Liebe stellen?
SpracheDeutsch
HerausgeberTWENTYSIX
Erscheinungsdatum6. Jan. 2021
ISBN9783740703790
Das zweite Protokoll: Wie alles begann
Autor

Michael Reisinger

Michael Reisinger wurde am 9.2.1961 in München geboren. Er verlebte dort seine Schulzeit, leistete seinen Wehrdienst ab, studierte an der bayerischen Beamtenfachhochschule sowie am Control Data Institut mit Abschluss zum Wirtschaftsinformatiker. Sein ganzes Leben lang reifte eine Sehnsucht Romane zu schreiben. Lange Jahre ließen ein sehr bewegtes Familienleben sowie eine gut 33-jährige Tätigkeit in der IT, zumeist als Führungskraft und Manager, allerdings keine Zeit hierfür zu. Ab Ende 2016 allerdings ist er dieser Sehnsucht zu schreiben erlegen und hat sie in die Tat umgesetzt. Mehr auf: www.Michael-Reisinger.com

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    Buchvorschau

    Das zweite Protokoll - Michael Reisinger

    WIDMUNG

    Ich widme diesen Roman meiner Frau, die während

    des Schreibens sehr wenig von mir hatte.

    DANKSAGUNG

    Danke an Constanze Kramer, die mir immer wieder

    tolle Buchcover zur Verfügung stellt.

    Inhaltsverzeichnis

    Prolog

    Die Zeit der Veränderung

    Erwachsenwerden

    Der Eintritt in die Armee

    Befreiung eines Tribuns

    Die Befreiung von Zivilisten

    Die Schlacht

    Die Verschwörung

    Die Alpenfestung

    Die Gefahr aus dem Osten

    Mambulogo

    Prolog

    »Jetzt nicht aufgeben, gleich ist es geschafft. Wir müssen nur noch über den Kamm und danach sehen wir das Tal und den Hof schon. Dieser wird euer neues Zuhause werden und Karl freut sich auch schon auf euch«, sagte die siebenunddreißigjährige Gudrun zu ihren beiden Söhnen Alexander, zwölf Jahre, und Johann, acht Jahre alt.

    Wie so viele Familien hatte Gudrun ihren Mann und Vater der beiden Kinder in dem fürchterlichen sechsjährigen Krieg verloren. Er hatte als Hauptmann gedient und war vierzehn Monate vor Ende der Grausamkeiten gefallen. Wie genau konnte niemand sagen, denn zu diesem Zeitpunkt waren bereits alle geregelten Abläufe Geschichte gewesen.

    Zu Beginn des 22. Jahrhunderts neuer Zeitrechnung war die Welt ein Trümmerfeld. Ein weltumspannender dritter Weltkrieg hatte Milliarden an Menschenleben gefordert und Leid und Zerstörung über den Erdball gebracht. Sieger hatte es keine in diesem Konflikt gegeben und man hatte am Ende nicht mal mehr gewusst, durch wen und warum dieser Krieg überhaupt geführt worden war. Das einzig Positive an diesem Krieg war, wenn man überhaupt von Positivem in Zusammenhang mit einem Krieg sprechen konnte, dass er konventionell geführt worden war und die Atomwaffen, sofern sie noch existierten, in ihren Arsenalen geblieben waren.

    Nachdem kaum noch ein Land in der Lage gewesen war, ein anderes anzugreifen, hatten sich alle Staatschefs zu einer bahnbrechenden Zusammenkunft auf Malta getroffen. Dort konnte man sich schnell auf einen Friedensvertrag einigen und jeder zog sich auf seine Position, die er vor dem Krieg innehatte, zurück. Landgewinne machten ohnehin kaum mehr Sinn, da die Bevölkerungszahlen bestenfalls ein Zehntel dessen betrugen, wie vor Beginn des Krieges. All diese Vereinbarungen wurden in dem »Ersten Protokoll« festgehalten und von jedem Land der Erde unterschrieben und ratifiziert. Da jeder Staatschef allerdings noch die Gräuel des Krieges, vor allem auch an der Zivilbevölkerung, vor Augen hatte und so etwas nie wieder vorkommen sollte, vereinbarten alle, dass sämtliche modernen Maschinen und Waffen geächtet werden sollten, wenn diese nur ansatzweise kriegerischen Zwecken dienen konnten. Man war sich bewusst, dass es nur eine Frage der Zeit sein würde, bis es wieder zu Streitigkeiten zwischen den Ländern oder verschiedenen Gruppen kommen würde. Dies lag allein schon in der Natur des Menschen, seine Politik auch ab und an mit Gewalt durchsetzen zu wollen. Daher vereinbarte man, dass einzig mit Schwert, Schild und Bogen limitierte Truppen ausgestattet werden durften, die die jeweiligen Länder schützen sollten. Allein diese Truppen sollten auch die Last eines etwaigen weiteren Krieges tragen und die Zivilbevölkerung sollte, soweit möglich, aus so einem Konflikt herausgehalten werden. Da neben der Bevölkerung auch die Umwelt erheblichen Schaden genommen hatte, wurde ferner vereinbart, alles Umweltschädliche ebenfalls zu ächten. Darunter fielen alle Arten von Verbrennungsmotoren. Die Ächtung der Nutzung aller Motoren, moderner Waffen, sämtlicher Flugmaschinen sowie moderner Projektilwaffen wurde festgehalten und von allen Ländern ebenfalls ratifiziert. Diese Vereinbarung wurde dokumentiert im »Zweiten Protokoll«.

    In der Folgezeit herrschte erst einmal Frieden. Die Menschen versuchten, so gut es eben ging, die Spuren der Verwüstung zu beseitigen und sich wieder ein menschenwürdiges Leben aufzubauen. Allen, die die Schrecken des Krieges noch erlebt hatten, saßen die Erlebnisse noch tief in den Knochen und hatten diese geprägt. Und gerade die waren es, die den Jüngeren immer wieder vorpredigten, wie sehr das »Zweiten Protokoll« zu achten sei.

    Diese Vereinbarung war dadurch nicht nur ein Gesetz geworden, welches von allen Ländern beachtet wurde, sondern die wesentlichste Grundlage einer jeden Kultur von da an darstellte.

    Aber mit der Zeit war nur noch das Gesetz geblieben und der Schrecken zunehmend vergessen worden …

    Der ewige Friede passt als Aufschrift über Kirchhofspforten; denn nur die Toten schlagen sich nicht mehr.

    Gottfried Wilhelm von Leibniz

    Die Zeit der Veränderung

    So ganz allmählich normalisierte sich das Leben wieder.

    Die Menschen fingen wieder an zu leben und flüchteten nicht gleich bei einem ungewöhnlichen Geräusch sofort in den nächstgelegenen noch existierenden Bunker. Das Leben fand wieder einen Weg und schon bald hörte man vereinzeltes Kinderlachen.

    Erstaunlich schnell fanden die Menschen zu ihrem neuen Alltag zurück. Man fand sich zu neuen Orten zusammen und benutzte brauchbare Baumaterialien aus den zerstörten Städten der alten Welt. Niemand wollte jemals wieder an Krieg denken, aber dennoch kam die Zeit, an der man anfangen musste, wieder eine Armee unter den Bedingungen des »Zweiten Protokolls« aufzubauen. Daher erfand man den Beruf des »Kriegers«.

    In den zerstörten Bibliotheken des Landes fand man noch einige Bücher über die Antike und das Alte Rom. Man nahm sich Rom als Vorbild zum Aufbau und für die Organisation einer neuen Armee, die zukünftig die Grenzen des Landes sichern sollte. Die wenigen Soldaten, die den letzten Krieg überlebt hatten, waren meist schon zu alt, um den körperlichen Anforderungen eines Kriegers nach dem »Zweiten Protokoll« zu genügen.

    Gudrun kämpfte sich mit ihren beiden Buben über die letzte Anhöhe. Als alle völlig erschöpft oben angekommen waren, war es vor allem Johann, der vor Erschöpfung auf die Knie sank.

    »Ich habe dir doch gesagt, dass du die beiden schweren Bücher nicht mitnehmen sollst.«

    »Mama, die lagen ohnehin nur rum und ich interessiere mich doch für den Inhalt. Außerdem haben wir es geschafft und von nun an geht es nur noch bergab, wie du gesagt hast«, sich der kleine Johann zu rechtfertigen, während er sich die Schultern rieb, die von dem schweren Rucksack üble Druckstellen aufwiesen.

    »›Armeen der Antike‹ und ›Die Kunst des Schmiedens‹. Wer will so etwas lesen? Ich habe mir ein kleines Buch über Landwirtschaft genommen. Das wiegt viel weniger und macht zudem mehr Sinn, denn wir werden von nun an auf einem Bauernhof leben«, gab Johanns Bruder von sich. Er hatte sich anscheinend bereits abgefunden, von nun an nicht mehr in einer Stadt, sondern auf dem Land leben zu müssen.

    Auf dem Weg in Richtung eines kleinen abgelegenen Tales in den Allgäuer Alpen waren sie an einem ehemaligen Buchladen vorbeigekommen. Dieser war völlig verwüstet gewesen. Allerdings wollten die beiden Kinder nachsehen, ob sie noch etwas Brauchbares finden konnten. Johann hatte unter einem umgestürzten Regal noch einige intakte Bücher finden können. »Die Armeen des Altertums« war Johann sofort ins Auge gefallen und da er gehört hatte, dass gerade das Altertum nun Vorbild für vieles in der neuen Gesellschaft sein sollte, hatte er es an sich genommen sowie ein etwas dünneres Exemplar, welches die Kunst des Schmiedens beschrieb.

    Gudrun hatte vor einigen Wochen Karl Greiner, einen Landwirt aus einem abgelegenen Tal in den Allgäuer Alpen, kennengelernt, als dieser seine Waren fünfzig Kilometer nordwestlich des ehemaligen Münchens, ihres früheren Zuhauses, an einem neuen Handelsplatz zum Kauf angeboten hatte. Er, ebenfalls alleinstehend, hatte Gudrun angeboten, dass sie zusammen mit ihren Söhnen auf seinen Hof kommen konnte, wenn sie ihn heiraten und ihm helfen würde, den Hof zu bewirtschaften. Gudrun sah für ihr Alter noch sehr gut aus und in diesen Zeiten hatte sie nicht sehr viele Möglichkeiten, zwei halbwüchsige Kinder durchzubringen. Daher hatte sie zugesagt, zu Karl zu kommen, um so einem Hausen in den Ruinen Münchens zu entgehen. Dort wusste niemand, was der neue Tag bringen würde. Dort war alles möglich, angefangen vom Detonieren alter Blindgänger-Bomben aus dem Krieg oder Überfällen, die mit dem Tod, Vergewaltigung oder Ähnlichem enden konnten. Es war kein Ort, an dem man sich als Mutter wünschte, seine Kinder großziehen zu müssen. Durch das Angebot von Karl Greiner würde sie immer genügend Nahrung für sich und die Kinder haben und diese konnten behütet aufwachsen. Liebe, nein, Liebe zu Karl empfand sie nicht, aber sie bildete sich ein, dass dies möglicherweise noch kommen könnte. Ihre große Liebe Sebastian war tot, war gefallen in dem großen Krieg und hatte sie mit den beiden Kindern allein gelassen. Glücklich würde sie vielleicht nie mehr werden, aber so konnten sie und die Buben wenigstens überleben.

    »Mama, komm, wir sollten weiter, es wird bald dunkel und wir wollten doch noch heute ankommen«, drängte Alexander und riss damit Gudrun aus ihren Gedanken.

    »Ja, du hast recht. Karl hat mir gesagt, dass es von hier noch knapp zwei Stunden Fußweg sein sollen. Also nehmt euer Gepäck und los.«

    Tatsächlich dauerte es allerdings noch ganze drei Stunden, bis sie im Dämmerlicht des scheidenden Tages den Hof endlich erreichten.

    Karl trat aus der Tür und ein großer schwarzer Hund lief ihnen entgegen und bellte. Alexander wich etwas ängstlich zurück. Nur Johann blieb stehen, sah den Hund scharf an und konnte viel Gutmütigkeit in dessen Augen lesen. Daraufhin kam der Hund zu ihm und ließ sich sofort streicheln.

    Na, wenigstens kann mich der Hund gut leiden, dachte Johann.

    Und Johann hatte recht. Von nun an wich der Hund des Hofes, Wolf, nicht mehr von der Seite Johanns. Beide waren sofort Freunde. Am Gesichtsausdruck von Karl sah man des Öfteren sein Missfallen und anlässlich eines Abendessens erklärte er auch warum: »Der Hund hat eine Aufgabe und die heißt, den Hof zu bewachen. Wenn er aber immer nur Augen für dich, Johann, hat, vernachlässigt er aber seine Aufgaben.«

    Gudrun allerdings war da anderer Meinung und tat dies auch kund, sodass letztendlich die tiefe Freundschaft des Hundes zu Johann und umgekehrt akzeptiert wurde.

    »Karl, es war für den Jungen ohnehin schon sehr schwer, sich an das Leben hier zu gewöhnen. Lass ihm wenigstens den Hund.«

    Damit war dann auch dieses Thema beendet.

    Nachdem Karl den Jungen ihre Kammer unter dem Dach zugewiesen hatte, bekamen sie zu essen und zu trinken. Tags darauf zeigte Karl seiner neuen Familie den Hof und vergaß dabei nicht, gleich Aufgaben zu verteilen. Johanns Aufgabe war es von da an, die Ställe auszumisten und in dem nahe gelegenen Wald nach Bruchholz zu suchen. Alexander erhielt andere Aufgaben, da er schon älter und kräftiger war. So vergingen die ersten Tage und abends in ihrer Kammer streckten die Buben ihre Glieder aus und rieben ihre Schwielen, denn derart harte Arbeit waren sie bislang nicht gewohnt.

    Im spärlichen Licht der einen kleinen Lampe in der Kammer blätterte Johann immer und immer wieder seine Bücher durch. Er bemerkte schnell, dass die Krieger der damaligen Zeit erstens körperlich sehr stark und gut trainiert gewesen waren und zweitens sehr gut mit dem Schwert hatten umgehen konnten. Beides wollte Johann unbedingt können. Von da an arbeitete er doppelt so hart und machte aus jeder Arbeit ein Training.

    Zu Anfang war er abends immer fix und fertig. Alexander hänselte ihn daraufhin immer, denn er glaubte, dass er nur zu schwach für die normale Arbeit eines Hofes wäre und er nie Bauer werden würde. Er brüstete sich damit, wie zufrieden doch Karl mit seiner Arbeit sei und dass er später sicher einmal den Hof als Bauer erben würde. Wenn es dann so weit sei, müsse Johann froh sein, wenn er ihn noch als Gehilfen hier duldete.

    Immer, wenn Alexander dies sagte, dachte Johann nur: Ich will gar nicht Bauer werden und wenn ich alt und stark genug bin, dann verschwinde ich sowieso von hier.

    Allerdings zeigte das Training schnell Wirkung, was Alexander als Erster zu spüren bekam. Zu Beginn hatte er Johann immer in den Schwitzkasten genommen und dieser hatte sich nie befreien können. Mit den folgenden Monaten kam Johann immer leichter frei und nach einem halben Jahr konnte Johann den Spieß das erste Mal umdrehen.

    »Das war ja nur Glück. Warte, das nächste Mal halte ich dich, bis du blau anläufst«, schimpfte Alexander, verzog sich aber auf seinen Schlafplatz.

    Von da an wagte es Alexander kaum noch, mit Johann zu raufen, denn er zog nun immer öfter den Kürzeren. Auch optisch veränderte sich Johann. Seine Muskeln wuchsen und er wurde breiter. Seine Arbeit fiel ihm zunehmend leichter und die gewonnene Zeit nutzte er, zusammen mit Wolf den Hof zu verlassen und im Wald zu verschwinden. Dort sammelte er schnell das Holz zusammen, welches er für sein Alibi brauchte, und begann danach mit seinen Übungen. Aus seinem Buch konnte er solche Übungen ersehen, wie damals die Krieger trainiert worden waren. Mit einem Stück Hartholz, das Johann zu einer Art Schwert zurechtgeschnitzt hatte, drosch er auf einen Baum ein oder kämpfte mit Ästen einer Weide, die er zu treffen versuchte, wenn diese emporschnellten, wenn er sie mit seinem Fuß vorher festgehalten hatte und plötzlich losließ.

    Johann war bewusst, dass solche Übungen nicht optimal waren, aber mehr Möglichkeiten hatte er nicht. Doch was Johann nicht wusste war, dass seine Übungen ihm ungeahnte Fähigkeiten bezüglich der Schärfung seiner Augen, seiner Reaktionen sowie seiner Treffsicherheit brachten. Nach weiteren zwei Jahren, kurz vor Johanns elftem Geburtstag, begann er sein Krafttraining mit einem Baumstamm, den er stemmte und schleuderte.

    So vergingen die nächsten Jahre. Schule gab es keine. Nur ab und an wurden beide, Alexander und er, von ihrer Mutter im Lesen, Rechnen sowie Schreiben unterrichtet. Auch hier war Johann seinem Bruder sehr schnell überlegen.

    Kurz nach seinem vierzehnten Geburtstag nahm Johann all seinen Mut zusammen und bat Karl darum, seine Schmiede, die sich ebenfalls auf dem Hof befand, aber ungenutzt war, benutzen zu dürfen.

    »Warum, Junge, willst du die Schmiede benutzen?«, fragte Karl, erstaunt über Johanns Ansinnen.

    »Ich habe doch ein Buch über Schmiedekunst und da ich das Buch auswendig kenne, würde ich gerne mein theoretisches Wissen in die Praxis umsetzen.«

    »Gut, in Ordnung, du kannst die Schmiede haben, aber nicht nur für deine Zwecke. Ich habe mittlerweile einiges zu reparieren an meinen Ackergeräten. Wenn du mir die gebrochenen Teile ersetzen kannst, dann ist die Schmiede von da an deins. Abgemacht?«

    »Ja natürlich, abgemacht, aber du musst mir etwas Zeit geben, meine Fertigkeiten zu entwickeln.«

    »Natürlich. Am Anfang schmiede nur in deiner Freizeit. Danach sehen wir dann weiter.«

    »Wo kann ich Eisen und wo Holzkohle finden?«, wollte Johann noch wissen und Karl antwortete:

    »Wie man Holzkohle macht, zeige ich dir. Das hat mir mein Großvater beigebracht. Und Stahl besorgen wir uns, wenn ich das nächste Mal zum Markt gehe. Dort kommen wir an einem ehemaligen Schrottplatz vorbei. Dort sollten wir alles finden.«

    »Heißt das, dass ich mitdarf zum Markt?«, wollte nun Johann noch wissen.

    »Natürlich, oder glaubst du, ich schleppe das Eisen allein hier hoch.«

    Damit war alles ausgemacht und Johann konnte es kaum mehr erwarten, bis wieder Markttag war. In dieser Zeit legte er sich noch mehr ins Zeug, um seine Arbeiten zu erledigen sowie seine Übungen fortzusetzen. Nach Karls Anweisungen legte Johann einen großen Vorrat an Holz bestimmter Stärke zurecht und schaffte es zudem, innerhalb der nächsten drei Monate bereits den gesamten Vorrat an Holz für den Winter aufzubereiten und noch dazu genügend Holz für Holzkohle, um die Schmiede zu betreiben. Hier war selbst Karl von der Zähigkeit und Zielstrebigkeit des Jungen überrascht.

    Nach der Ernte auf den Feldern, bei der jeder mithelfen musste, kam dann der Markttag. Johann belud den großen Leiterwagen mit allem, was sie verkaufen wollten, und spannte die beiden Ochsen davor. Als alles fertig war, stiegen Karl, seine Mutter, Alexander und er auf und los ging es in Richtung des Marktes. Es war noch sehr früh am Morgen und die Fahrt war lang und nicht ganz ungefährlich.

    Zu ihrem Schutz hatte Karl jedem ein Messer gegeben und dazu gesagt: »Es sollen sich ab und an Banden von Verbrechern hier rumtreiben, die gut unsere Ladung brauchen könnten. Also aufpassen! Und wehrt euch, denn es geht um unser Hab und Gut.«

    Wolf musste auf dem Hof bleiben und aufpassen. So instruiert, nahmen sie die Fahrt zum Markt in Angriff. Zuerst ging es bergab und Karl hatte alle Hände voll zu tun, damit die Ochsen die Last auch bewältigen konnten. Zweimal mussten sie absteigen und schieben beziehungsweise einmal stützen, um einen Abhang zu meistern. Danach kamen sie in flacheres Land und mussten durch einen Wald. Nun war die Fahrt angenehm und Alexander durfte die Zügel führen, was dieser sichtlich genoss. So schaukelte der Wagen langsam voran und Johann hatte es sich auf den Getreidesäcken bequem gemacht, sah in den Himmel und tagträumte.

    Plötzlich allerdings gab es Geschrei und der Wagen hielt an. Tatsächlich stellten sich fünf Männer in den Weg, jeder mit Knüppel und Messer bewaffnet. Diese blickten finster in Richtung des Karrens und grinsten, da es für Karl und seine Familie kein Entkommen gab, wollten sie nicht all ihr Hab und Gut zurücklassen. Die Ochsen wären viel zu langsam, um den Dieben zu entkommen.

    Karl war vom Wagen gesprungen und wies Alexander an, die Zügel Gudrun zu geben und ebenfalls abzusteigen und sein Messer zu ziehen. Dieser jedoch war vor Angst wie festgewachsen. Nicht so Johann, der sich breitbeinig neben Karl stellte.

    Jetzt zeigt es sich ja, ob die Übungen in meinem Buch etwas taugen, dachte Johann.

    Schnell kamen die Diebe näher und Johann sah sich zwei finster dreinblickenden, aber doch sehr mageren Gestalten gegenüber. Schon ließ einer der beiden seinen Prügel in Richtung Johanns Kopf vorschnellen. Johann hatte allerdings die Bewegung gesehen und brachte sich schnell in Sicherheit, indem er sich duckte und zur Seite sprang. Im Sprung nun trat er dem Angreifer derart hart in die Seite, dass dieser seinen Stab fallen ließ. Leicht geduckt hielt Johann nun den Stab in seinen Händen und grinste leicht, was den zweiten Angreifer zu verunsichern schien. Johann war ganz überrascht, aber er genoss regelrecht diese Auseinandersetzung, und wie er merkte, würden sich all die Mühen seines Trainings nun bereits auszahlen. Sein Selbstvertrauen in sich wuchs von Sekunde zu Sekunde. Aber er musste handeln, denn Karl war in arger Bedrängnis und mittlerweile verletzt. So sprang Johann vor, schlug einen Haken, sodass die Keule des zweiten Angreifers ins Leere fuhr, und hieb wiederum seinen Stab hart auf die Schläfe desselben, der wie ein Sack Getreide sogleich in sich zusammenfiel. Im Umdrehen hieb er noch seinem ersten Angreifer den Stab auf den Kopf und wendete sich nun den drei Gesellen zu, die Karl eingekreist hatten.

    Der erste war schnell ausgeschaltet, denn Johanns Stab traf diesen unvermittelt auf dem Kopf, was ihn seiner Sinne beraubte. Nun stand er neben Karl, der stark an einem Arm blutete, und sah sich wohl dem Anführer der Bande und einem weiteren kräftig gebauten Mann gegenüber. Johann schob Karl vorsichtig leicht hinter sich, ohne die beiden Kerle aus den Augen zu lassen. Dann erfolgte der Angriff des zu seiner Rechten stehenden Mannes. Johann konnte sich geschmeidig wie eine Katze wegrollen und schlug seinem Angreifer seinen Stab mit aller Kraft gegen dessen Knöchel. Dass er getroffen hatte, merkte er daran, dass dieser aufheulte und umfiel.

    »Du Schwein hast mir den Knöchel gebrochen!«, schrie dieser und versuchte dennoch aufzustehen, was ihm allerdings nicht gelang.

    Johann stand blitzschnell wieder auf und trat nun dem Anführer entgegen. Dieser war ein wenig verunsichert und überlegte. Dann aber schien er eine Idee zu haben, denn plötzlich grinste er, ließ seinen Knüppel fallen und fasste nach hinten an seinen Gürtel und zog ein langes Messer, fast so lang wie ein Schwert, hervor.

    Gudrun sah dem Treiben von dem Kutschbock aus zu und schrie voller Angst: »Vorsicht Johann, der hat ein Messer!«

    »Hab ich gesehen, Mutter«, sagte Johann, ohne den Blick von seinem Kontrahenten zu nehmen. Dieser wog die Klinge in seiner Hand und grinste.

    »So, Bürschlein, jetzt bezahlst du dafür, dass du meine Leute niedergeschlagen hast. Du kannst wohl mit dem Stab umgehen, aber nun nimm dies.« Er beendete den Satz nicht und schnellte vor, die Messerspitze zielte direkt auf Johanns Bauch. Im letzten Moment drehte sich Johann um 90 Grad und ein wenig zur Seite, so, wie es in seinen Büchern beschrieben stand, ließ seinen Stab fallen und hieb mit seiner Faust dem Anführer auf das Handgelenk, welches plötzlich auf seiner Höhe war. Dieser heulte auf und ließ sein Messer fallen.

    Blitzschnell nahm Johann die Waffe und drang so auf den zurückweichenden Anführer ein. Den ersten Hieb Johanns konnte dieser auf Kosten einer tiefen Fleischwunde in seinem Unterarm noch abwehren, allerdings traf Johann mit dem zweiten Schlag dessen Seite und ein heftiger Blutstrom ergoss sich aus der so verursachten Wunde. So verletzt drehte sich dieser schreiend um und torkelte, seine Seite haltend, in den Wald, weg von dem Geschehen. Jetzt hatte Johann Zeit sich umzusehen und konnte gerade noch mit einem harten Tritt verhindern, dass einer seiner ersten Angreifer wieder hochkam. So lagen nun vier Angreifer vor ihm. Drei waren bewusstlos und der vierte hielt sich, vor Schmerzen heulend, den rechten Knöchel.

    »Johann, bitte hilf Karl auf den Wagen!«, hörte Johann seine Mutter rufen und ging zurück zu seinem Stiefvater, der sich seinen blutenden Arm hielt. Als er ihm auf den Wagen geholfen hatte, wurde er sofort von seiner Mutter verarztet.

    »Gebrochen scheint er nicht zu sein, aber du hast eine böse Platzwunde, die genäht werden muss. Wir müssen dich dringend zum Markt und zu einem Arzt bringen«, sagte Gudrun sorgenvoll. »Johann, ist dir etwas passiert, Junge?«

    »Nein, Mutter, ich habe nichts, aber wir sollten weg hier, bevor der Typ noch mehr Leute holt und zurückkehrt. Alexander, los, lass die Ochsen laufen!«

    Als Gudrun fertig war und Karl verarztet hatte, sah dieser Johann an und bemerkte: »Johann, das war unglaublich. Ist dir eigentlich bewusst, dass du fünf erwachsene Männer überwältigt und mir dabei wahrscheinlich das Leben gerettet hast? Was euch danach passiert wäre, möchte ich mir gar nicht ausmalen. Johann, danke dir nochmals und damit hast du einiges gut bei mir. Hast du das alles aus deinen Büchern?«

    »Ja, aber ich hatte nur theoretisches Wissen, denn mit Büchern kann ich nicht trainieren.«

    Mit dieser Aktion schien der Bann gebrochen zu sein, denn alle lachten ob Johanns Bemerkung und der Wagen schaukelte weiter in Richtung Markt.

    Wenig später sagte Karl zu diesem Thema: »Also, die Schmiede ist von nun an dein Bereich und wenn mein Arm verheilt ist, dann könntest du mir auch ein paar Tricks aus deinen Büchern verraten. So wie es aussieht, kann ein wenig Selbstverteidigung in diesen Tagen nicht schaden.«

    Eine gute Stunde später erreichten sie endlich den Markt und Alexander und Johann bauten die Waren auf, spannten die Ochsen aus und banden sie fest an. In der Zwischenzeit brachte Gudrun Karl zu einem Arzt und als beide zurückkehrten, war Karl fest am Arm bandagiert und berichtete, dass er mit sieben Stichen genäht worden sei.

    Der Markt selbst war für die Familie ein voller Erfolg. Sie konnten alle Waren zu einem sehr guten Preis verkaufen und von dem Erlös erstanden sie einige Dinge, die der Hof nicht selbst herstellen konnte, wie Zucker, einige Gewürze sowie einige Stoffe, aus denen Gudrun neue Kleidung nähen wollte. Zudem erhielten er und Alexander neue Schuhe und letztendlich blieb noch etwas Geld übrig, »Für schlechte Zeiten«, so wie es Karl sagte. Die neu erstandenen Waren wurden schnell verstaut, sodass sie schon bald die Heimreise antreten konnten.

    Karl steuerte den Wagen alsbald in eine andere Richtung und als dies Alexander bemerkte, rief dieser: »Karl, wir hätten vorhin rechts abbiegen müssen, denn aus dieser Richtung sind wir auch gekommen.«

    »Das ist zwar richtig, aber wir nehmen einen Umweg, um noch etwas an Stahl zu beschaffen, und zudem umgehen wir damit auch den Ort unseres Zusammentreffens mit der Diebesbande.«

    Alexander fragte daraufhin noch nach: »Stahl? Wofür brauchen wir Stahl?«

    »Für unsere Schmiede, damit Johann einige Dinge an unseren Ackergeräten reparieren kann.«

    »Woher sollte der so was können?«, maulte Alexander noch nach und erhielt sofort die passende Antwort von Karl:

    »Aus demselben Grund, aus dem er auch die Kampftechnik aus seinen Büchern gelernt hat, die uns allen das Leben rettete.«

    Gudrun sah Johann daraufhin an, nickte ihm zu und lächelte sanft. Solche Gesten waren für Johann sehr wertvoll, denn ansonsten war es bislang nur möglich gewesen, von Karl Achtung zu erfahren, wenn man viel leistete oder, wie gerade, der Familie das Leben und den Besitz gerettet hatte. Johann konnte sich kaum über die neue Achtung von Karl freuen, da erreichte der Wagen bereits den avisierten Schrottplatz. Er war verlassen und die Gerippe vieler ehemaliger Autos, die Johann nur aus Erzählungen kannte, standen hier aufgereiht hinter einem verfallenen Zaun.

    »So, Johann, dann lass uns mal sehen, was wir gebrauchen können. Federbeine oder ein kleiner Motorblock wären sicher gut. Gudrun, bleib du bitte hier beim Wagen und pass auf. Alexander, du kommst mit und hilfst tragen.«

    Sichtlich unerfreut trabte Alexander hinter Karl und Johann her auf den Schrottplatz. Karl zeigte Johann, was er unter »Federbeinen« verstand und Johann zog los und suchte. Schnell hatte er einen Bereich um eine halb verfallene Hütte entdeckt, in der Federbeine und allerlei andere Eisenteile aufgereiht lagen. Johann rief sofort Karl und als dieser dieses Lager sah, erhielt Johann einen Klaps auf die Schulter.

    »Genau das habe ich gesucht. Gut gemacht. Vielleicht findest du auch noch brauchbares Werkzeug. Ich hole in der Zwischenzeit deine Mutter und den Wagen. Danach laden wir auf und können wieder heim.«

    In der Folgezeit fand Johann noch einiges an Hämmern, Zangen sowie auch noch einige Sägen, die zwar verrostet waren, aber noch brauchbar zu sein schienen. Schnell luden Karl, Alexander und er einige Stahlbänder ehemaliger Federbeine auf, mehrere große Stahlfedern sowie vier kleinere Stahlplatten. Während des Aufladens entdeckte Johann sogar noch einen alten Panzer. Bei diesem war das Kanonenrohr zerfetzt und hing halb herunter.

    Johann deutete auf ihn und fragte: »Wäre das nicht auch etwas? Mit den gefundenen Sägen sollten wir den ersten Meter an Stahlrohr schnell absägen können.«

    »Oh ja, das ist gut. Ich glaube, das ist der beste Stahl, den es zu der damaligen Zeit gegeben hat. Aus dem ließen sich sicher sehr harte Teile fertigen. Versuche es.«

    Johann schnappte sich eine Säge und wollte schon los, als ihn Karl am Arm packte und festhielt.

    »Schau, Johann, du hast hier eine Holzsäge. Das siehst du an der groben Zahnung des Sägeblattes. Mit so einer Säge erreichst du bei Edelstahl nichts. Hier nimm diese, die ist eine Eisensäge.« Und reichte Johann eine kleinere Säge mit deutlich weniger ausgeprägter Zahnung des Sägeblattes.

    »Danke, das wusste ich nicht.«

    Karl lächelte ihn an und entgegnete: »Deshalb sage ich es dir ja auch, damit du es lernst.«

    Nun machte sich Johann auf zum Panzer. Er stieg auf diesen und setzte die Säge an dem tiefsten Riss des Kanonenrohrs an und begann zu sägen. Mit aller Kraft und immer schneller sägte er, schaffte aber nur einen sehr kleinen Schnitt. Dennoch gelang es Johann, dieses Stück Stahlrohr nach einer halben Stunde des Sägens abzutrennen.

    Als Johann durch den Stahl war, fiel das Rohr mit Getöse vom Panzer. Er kletterte hinunter und barg das Stück Stahl. Er musste seine ganze Kraft aufwenden, um dieses Teil bis zum Wagen zu tragen, und legte es dort auf die Ladefläche, so wie auch die Säge. Karl präsentierte noch ein völlig verrostetes Beil, bei dem der Stiel auch bereits abgebrochen war, und meinte nur: »Hier hast du ein Muster eines ehemals sehr guten Beiles. Vielleicht kannst du uns das eine oder andere herstellen, dann haben wir es leichter, Brennholz zu schlagen, denn meine Beile zu Hause sind nicht mehr besonders gut. So, aber jetzt haben wir genug und sollten zusehen, dass wir vor Einbruch der Nacht zu Hause sind.«

    Nach dieser Ansage stiegen alle wieder auf den Wagen und Alexander steuerte diesen in die von Karl angezeigte Richtung.

    Tatsächlich erreichten sie mit dem Einsetzen der Dämmerung unbeschadet den Hof und Wolf begrüßte sie lautstark. Nachdem sie alles abgeladen hatten, die Ochsen versorgt waren sowie der Wagen wieder in die Scheune geschoben war, gab es Essen, welches Gudrun in der Zwischenzeit zubereitet hatte. Es war dieses Mal ein sehr schmackhafter Eintopf mit ordentlich Fleisch darin. Eintopf gab es oft, nur mit derart viel Fleisch, das war selten.

    Hinterher begab man sich zu Bett und Johann streckte sich auf seinem Lager aus und Wolf ließ sich noch von ihm kraulen und schnarchte dabei lautstark. So ging ein ereignisreicher Tag zu Ende und Johann dachte noch lange daran, dass er die Auseinandersetzung mit diesen Kerlen richtig genossen hatte. Nein, er war kein Bauer und würde dies auch nie werden. Nun hatte er den Beweis, dass er ein Kämpfer, ein Krieger war wie sein Vater vor ihm.

    Sein Vater, ja, über ihn hatte er nur sehr wenig Erinnerungen, da er damals noch sehr klein gewesen war. Aber einen Satz von seinem Vater hatte er noch in Erinnerung, als er bei seines Vaters letzten Besuch auf dessen Schoß gesessen hatte. »Werde groß und stark, damit du dich und die Deinen beschützen und ernähren kannst.« Genau auf diesem Weg war er jetzt und der Satz seines Vaters war für ihn ein zusätzlicher Ansporn.

    Karl war in Ordnung, aber Liebe und Verbundenheit gab es hier keine. Sein Bruder war ganz auf Karls Linie und für ihn gab es derzeit nur seine Mutter und Wolf. Er wollte also Krieger werden, aber was brauchte ein Krieger? Eine gute Ausbildung und die richtigen Waffen. Gebildet hatte sich Johann, so gut es eben selbst ging, und dies schien nicht der schlechteste Weg gewesen zu sein. Und das mit den Waffen hatte er nun selbst in der Hand.

    Wie hatte Karl gesagt: »Die Schmiede ist nun dein Bereich.«

    Mit diesen Gedanken schlief Johann ein.

    Erwachsenwerden

    Die nächsten Wochen waren geprägt von viel Arbeit auf dem Hof, um alles für den nahenden Winter vorzubereiten. Dann endlich, es war Spätherbst, rief Karl Johann zu sich.

    »So, lass uns jetzt noch vor dem Winter Holzkohle machen. Dann kannst du die Schmiede den ganzen Winter über betreiben.«

    In freudiger Erwartung gingen Karl, Alexander und Johann hinter die Scheune und auf Anweisung Karls hoben die beiden Halbwüchsigen ein großes Loch aus, etwa einen Meter tief, und lagerten den Aushub säuberlich am Rand der Grube.

    »So, nun schichtet das Holz aus der Scheune fein säuberlich in der Grube auf und lasst einen Rand von etwa einem halben Meter zu allen Seiten«, war die nächste Anweisung von Karl.

    Als alles fertig war, brachte Karl frisch geschnittene Kiefernzweige und zeigte den Buben, wie diese sehr dicht über das Holz zu legen und zu stapeln waren. Als wiederum dieses geschafft war, wurde der Aushub um den großen Stapel Holz, der mit frischen Kiefernzweigen eingepackt war, geschichtet, sodass am Ende unten ein kleines Loch freiblieb, über dem mittels kleinerem dürren Reisigs ein Feuer entzündet werden konnte, und oben an der Spitze des nun entstandenen Hügels blieb ebenfalls ein suppentellergroßer Bereich frei, aus dem der Rauch abziehen konnte. Karl betrachtete nochmals alles und schien zufrieden zu sein.

    »So, nun zünden wir das Feuer unten an, verschließen noch ein wenig die untere Öffnung und dann heißt es warten. Nach etwa zwei Tagen können wir dann die Öffnungen ganz verschließen, sodass das Feuer völlig erstickt wird, und einige Stunden später können wir die Erde abtragen und sollten darunter reine Holzkohle vorfinden, die wir danach in die Schmiede schaffen können.«

    Gesagt, getan. Karl entzündete das Feuer, verringerte die Luftzufuhr unten ein wenig, als das Feuer innen gut brannte, und sagte danach: »Jetzt kann das brennen. Morgen kontrollieren wir, aber letztendlich können wir nur noch warten, bis die Holzkohle fertig ist.« Die drei räumten noch die Schaufeln und die anderen Gerätschaften auf, wuschen sich und gingen danach ins Haus, um etwas zu essen.

    Johann konnte es kaum erwarten und war am nächsten Tag als Erster bei dem Kohlehügel. An einigen Stellen rauchte er leicht und oben an der Spitze etwas

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