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Misa - Die Geisterkatze von Stralsund
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Misa - Die Geisterkatze von Stralsund
eBook171 Seiten2 Stunden

Misa - Die Geisterkatze von Stralsund

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Über dieses E-Book

Die Gassen und Hinterhöfe der Hansestadt Stralsund bieten der Streunerkatze Misa den idealen Lebensraum. Sie liebt das freie, ungebundene Leben, mit den menschlichen Bewohnern will sie nichts zu tun haben.

Doch nicht einmal 1872 leben Streunerkatzen ungefährlich. Bei einer Rettungsaktion gerät Misa unter die Räder einer Kutsche – und erwacht als Geisterkatze. Machtlos muss sie mit ansehen, wie ihre Katzenfamilie von einer Menschenfrau verschleppt wird. Wie soll sie die anderen retten, wenn sie nicht einmal imstande ist, sich bemerkbar zu machen?

Und das ist nicht die einzige Herausforderung, der Misa sich in ihrem neuen Leben stellen muss.
SpracheDeutsch
HerausgeberMachandel Verlag
Erscheinungsdatum13. Apr. 2020
ISBN9783959592710
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    Buchvorschau

    Misa - Die Geisterkatze von Stralsund - Janika Hoffmann

    978-3-95959-271-0

    Der Wächter

    Es heißt, ein guter Geist wache über Stralsund. Niemand spricht offen darüber, kein Stadtführer erwähnt es in seinen Vorträgen. Aber wer abseits der großen Straßen wandert und jene Leute fragt, deren Familien bereits seit Generationen in der Stadt leben, der wird vielleicht mit einer Geschichte belohnt. Einer Geschichte, die von einer einfachen Streunerkatze erzählt, vom Misstrauen gegenüber Menschen und einem Leben nach dem Tod. Einer Geschichte, wie Stralsund eine unsichtbare Patronin bekam …

    Freiheit

    Das Maunzen war weithin zu hören. Klagend klang es, kündete von Verwirrung und Furcht. Die schmalen Gassen trugen den Laut bereitwillig weiter, warfen ihn zurück und füllten den Stadtteil damit. Fast hörte es sich an, als würden etliche Stimmen ihr Miauen gen Himmel richten, nicht nur eine einzelne Katze.

    Ein Schauer lief über Misas Körper, als sie die Not in dem Ruf des Artgenossen vernahm. Wer war das, der sie in ihrer Ruhe aufstörte? So gerne sie vor einer der Fensteröffnungen ihres Speichers lag, sich die Sonne auf den Pelz scheinen ließ und das Gefühl genoss, ihren Magen mit einer fetten Maus gefüllt zu haben, dieser Ruf hatte Vorrang.

    Misa setzte sich auf und spielte mit den Ohren. Womöglich konnte sie bereits von hier aus erahnen, woher der Hilferuf stammte. Tatsächlich hatte sie bereits eine Vermutung, und mit dieser schien sie richtigzuliegen. In der Richtung, aus der das Maunzen erklang, lag der kleine Markt nahe des Hafens. Einer jener Orte, an dem die Menschen neuerdings härter gegen Katzen vorgingen. Allein bei dem Gedanken daran sträubte sich Misa der Pelz. Flüchtig fuhr sie sich mit der Zunge über das Fell an der Brust und auf dem Rücken. Wer ein Fellkleid trug, das so lang und dicht wie ihres war, musste es in Ordnung halten.

    Sobald sie fertig war, machte sie sich auf dem Weg die Treppen und Leitern hinab und hinaus auf die Straße. Die Menschen mochten halb taub sein, doch dieses Maunzen würden vermutlich selbst sie hören. Besser, sie beeilte sich.

    Sie hielt sich abseits der großen, gepflasterten Straße, auf der die Pferde mit ihren eisenbeschlagenen Hufen trampelten und die Kutschen der Menschen zogen. In den kleinen Wegen und Gassen war es ruhiger und sicherer. Hier liefen nur selten Menschen, und so konnte sie sich fortbewegen, ohne den Felllosen ausweichen zu müssen. Einzig die Hunde, die in einigen der Hinterhöfe zu Hause waren, galt es auf leisen Pfoten zu umrunden. Nicht ganz einfach, natürlich waren auch die Kläffer auf das Maunzen aufmerksam geworden und hatten ihre kleinen, menschengemachten Verschläge verlassen. Doch Misa kannte die Gassen und wusste, wo sie über Mauern und Zäune ausweichen konnte, und so kam sie schnell und unbemerkt voran.

    Kurze Zeit später war das Miauen deutlich lauter geworden, ertönte jetzt unmittelbar vor ihr. Misa war nicht überrascht. Sie wusste genau, dass die Menschen hier einen ihrer Käfige aufgestellt hatten. Gewissermaßen war das die Schuld einiger Streuner. Misa hatte sie zigfach ermahnt, sich den Menschen auf dem Markt nicht so offen zu zeigen und nicht dauernd zu betteln, den Menschen nicht so sehr zu trauen. Doch die Alten, aber auch die unbesonnenen Halbstarken hatten nicht auf sie gehört, der Hunger war stärker gewesen und der Markt hatte leichtere Beute versprochen als die Lagerhäuser mit ihren Mäusen. Und so waren sie immer vorwitziger geworden, bis die Menschen sich gegen sie gestellt und Fallen rund um den Markt verteilt hatten.

    In einer dieser Fallen saß nun offenbar die Katze in Not. Misa spähte umher, doch noch schien kein Mensch dem Wehklagen folgen zu wollen. Also duckte sie sich kurz, visierte eine halb zerfallene Mauer an und sprang dann mit zwei Sätzen hinauf auf den noch intakten Teil des steinernen Walls. Von dort aus schlich sie weiter auf das niedrige Flachdach eines Unterstands, der unmittelbar neben dem Käfig aufragte. Stumm spähte sie über die Kante.

    Der Käfig war mit einigen Brettern und Unrat getarnt, ganz wie Misa es in Erinnerung hatte. Viel Mühe hatte die Gefangene sich offenbar nicht gegeben, sich zu befreien. Erst vor einigen Tagen hatte Misa gesehen, wie ein gefangener Kater den Abfall in dem Versuch, sich aus dem Gefängnis zu befreien, fortgestoßen hatte. Doch diese Kätzin hatte nichts dergleichen getan. Stattdessen drehte sie sich hektisch im Inneren des Käfigs hin und her, machte zwei Schritte zur einen, dann zur anderen Gitterwand. Dann und wann hielt sie inne, um an der zugefallenen Klappe zu scharren und ihre Krallen sinnlos an dem Metall abzuschaben. Die ganze Zeit über stieß sie ein herzzerreißendes Miauen aus.

    Misa zuckte mit der Schwanzspitze. Was versuchte diese Katze da? Auf diese Weise würde sie niemals freikommen, sondern höchstens die Menschen in den umliegenden Häusern alarmieren. Wollte sie denn gefunden werden?

    Diese Frage konnte Misa sich einen Moment später selbst beantworten, als die Gefangene kurz innehielt, um den Kopf gegen das Gitter zu pressen. Deutlich war jetzt das Geflecht um ihren Hals sichtbar. Eine Hauskatze! Kein Wunder, dass die Kleine so einen Aufstand machte – sie rief tatsächlich nach den Menschen und hoffte auf Hilfe von ihnen!

    Angespannt spähte Misa noch einmal die enge Gasse entlang, ehe sie sich vorbeugte. Es galt, keine Zeit zu verlieren. Wenn die Kleine weiter so schrie, würde es hier bald nur so von den Felllosen wimmeln. Also sprang Misa zurück auf die Mauer und von dort auf den Abfallberg hinter dem Käfig. Sicher balancierte sie über die Müllstücke, bis sie vor der Falle stand. „Nun sei endlich ruhig, oder willst du fortgebracht werden?", zischte sie eindringlich.

    Die fremde Kätzin schloss tatsächlich das Maul und erstarrte. Mit geweiteten Pupillen blickte sie Misa an. Bis auf das Halsband, das sie verunstaltete, war sie eine durchaus hübsche Katze, braun getigert mit ebenmäßigen weißen Pfoten und einem ebenso weißen Latz. Nur von den Menschen schien sie leider weniger Ahnung zu haben, als sie vermutlich glaubte.

    „Geht doch. Misa ließ den Blick aufmerksam über die Falltür gleiten, dabei hatte sie ein Ohr immer auf die Gasse in ihrem Rücken gerichtet. „Weißt du eigentlich, wie weit du zu hören warst? Wolltest du alle Menschen zwischen hier und den fauchenden Dampfmonstern anlocken?

    „D…Dampfmonstern? Die Stimme der Kätzin klang dünn, sie kauerte sich in ihrem Gefängnis zusammen. „Was meinst du damit?

    „Nicht so wichtig, entgegnete Misa. Wenn der Katze die Metallwege der Menschen mit ihren großen, stinkenden Dampfmonstern noch nie aufgefallen waren, würde es schwer sein, ihr diese zu erklären. Ohnehin hatten sie jetzt nicht die Zeit dazu. „Sei einfach leise, während ich dich hier heraushole.

    „Ich danke dir!", erwiderte die Tigerkätzin, ehe sie tatsächlich brav schwieg.

    Es war noch immer dieselbe Falle wie einige Tage zuvor. Das erleichterte Misa, denn so wusste sie, wie die Falltür zu öffnen war. Sie stützte sich mit einer Pfote an der Kante des Käfigs ab, mit der zweiten Pfote tastete sie nach der Metallspirale auf der Oberseite. Es kostete sie einige Mühe, das Ding aus seiner Verankerung zu lösen, doch schließlich sprang es mit einem unangenehmen Klingen zurück. Misa sank wieder auf alle vier Pfoten. „Fertig, verkündete sie. „Du kannst dich jetzt von innen dagegenstemmen.

    Die Kätzin betrachtete sie verschüchtert. Sie verschenkte wertvolle Sekunden, ehe sie der Aufforderung folgte und den Kopf zögerlich gegen die Tür drückte. Das Metallstück klapperte leise, doch es öffnete sich nicht.

    Ungeduldig peitschte Misa mit dem Schwanz. „Stärker, kommandierte sie. „Die Tür wird sich nicht öffnen, nur weil du es dir wünscht. Willst du aus der Falle raus oder nicht?

    Die Tigerkätzin schrumpfte noch weiter in sich zusammen. Ihr Fell lag mittlerweile eng an ihrem Körper an und ließ sie beinahe so mager erscheinen wie eine Straßenkatze. Doch sie gab sich Mühe, übte mehr Druck auf die Falltür aus. Endlich bewegte sich die Klappe, öffnete sich einen Spalt breit. Die Gefangene schien dadurch neuen Mut zu schöpfen. Einen Moment später schob sie sich ins Freie – allerdings so zögerlich, dass sie sich um ein Haar die Schwanzspitze in der wieder zufallenden Falltür geklemmt hätte. Misa zuckte mit den Ohren über so viel Unvermögen.

    Für eine Belehrung blieb jedoch keine Zeit. Misa kletterte über den Müllhaufen zurück zu der Mauer, dann sprang sie mit einem Satz hinauf und blickte sich um. „Nun komm schon, rief sie der befreiten Kätzin zu. „Oder willst du warten, bis die Menschen dich doch noch finden? Tatsächlich vernahm sie Schritte, die sich in der Gasse näherten. Hatte das Scheppern des Käfigs die Felllosen endgültig darauf aufmerksam gemacht, dass ihnen etwas in die Falle gegangen war?

    Die Tigerkätzin folgte nicht, sondern starrte mit großen Augen an der Mauer empor. „Aber natürlich, maunzte sie verdattert. „Sie müssen mir helfen, zurück zu meinem Menschen zu finden!

    „Deinem Menschen! Misa musste sich zurückhalten, um die Worte nicht abfällig hervorzuspeien. „Kleine, den Felllosen ist nicht zu trauen. Und die Menschen, die diese Käfige aufgestellt haben, wollen dich nicht zurück in dein feines Zuhause bringen. Wer von ihnen mitgenommen wird, taucht nie wieder auf. Verstehst du?

    Offensichtlich verstand sie nicht. Hoffnung und Zweifel mischten sich in ihren grünen Augen, als sie abwechselnd die Mauer und das Ende der Gasse betrachtete, von wo die Schritte sich stetig näherten.

    Misa unterdrückte ein gereiztes Knurren. „Wie heißt du, Kleine?", fragte sie schicksalsergeben. Mit der Wahrheit allein würde sie bei dieser Hauskatze offenbar nichts erreichen – zumindest nicht auf die Schnelle.

    „Amalia", erwiderte die Kätzin zögerlich.

    „Also gut, Amalia. Glaubst du, ich habe dich befreit, um dich jetzt zu belügen? Ich möchte dir ja gerne helfen, aber dazu musst du jetzt mitkommen, in Ordnung? Glaub mir, mit den Menschen vom Markt willst du nichts zu tun haben."

    Noch immer schien die Kleine nicht überzeugt, duckte sich unsicher. Erst als der Mensch um die Ecke bog, ein grobschlächtiger Kerl, der nach Schweiß stank, sprang sie wieder auf die Pfoten. Der Mann ging nicht etwa in die Hocke und flötete ihr Dinge ins Ohr, wie sie es sicher gewohnt war. Stattdessen brummte er wüste, unverständliche Worte und rannte mit ausgestreckten Händen los.

    Nun endlich schien Amalia zu erwachen. Sie starrte dem Menschen entsetzt entgegen, dann fuhr sie herum. Als sie den Müllberg erklomm, gaben etliche lose Teile davon unter ihren Pfoten nach, verlangsamten sie und purzelten dann in die Gasse. Der Sprung auf die Mauer war nicht graziler. Sie visierte die Kante viel zu lange an und verfehlte sie dann doch, sodass sie mit den Hinterpfoten mehrere Sekunden über die Steine schabte, ehe sie sich gänzlich auf den Steinwall hieven konnte. Bereits jetzt wirkte sie etwas kurzatmig.

    Misa war nicht überrascht. Es war doch immer das gleiche mit den Hauskatzen. Sie vergötterten die Menschen, vertrauten ihnen blind und hatten vergessen, was es bedeutete, Katze zu sein. Vielleicht hatten sie es auch nie erlernt. Misa erinnerte sich noch zu gut daran, dass sie selbst erst hatte begreifen müssen, worauf es in einem Leben auf den Straßen der Stadt wirklich ankam. „Komm jetzt!", rief sie Amalia zu, dann rannte sie die Mauer entlang. Schon hinter der Biegung sprang sie wieder zu Boden, dort, wo sie zuvor hinaufgelangt war. Einen Sprung über das Loch im Gemäuer traute sie der Hauskatze deutlich weniger zu als einen kurzen Sprint außer Sichtweite des Menschen. Das leise Keuchen, das von Amalia kam, gab ihr außerdem Auskunft genug darüber, ob sich die Kätzin noch hinter ihr befand.

    Misa führte ihre neue Begleiterin durch mehrere verwinkelte Gassen, ehe sie sich unter einem Zaun hindurchschob. Sie wusste, dass in dem kleinen, verkommenen Hinterhof kein Hund lauerte. Und die Menschen, die in diesen Häusern wohnten, kamen nur hierher, um sich durch die verwitterte Tür in den heruntergekommenen Keller zu schleichen und am nächsten Morgen wieder heraus. Misa hatte das Spiel oft genug beobachtet. Hier waren sie vorerst außer Gefahr.

    Amalia zögerte eine ganze Weile, ehe sie sich ebenfalls unter dem Zaun hindurchschob. Halb entsetzt, halb angewidert betrachtete sie den Schmutz, der sich auf ihrem weißen Latz abzeichnete, und begann sich hektisch zu putzen. Ihr Fell sträubte sich leicht. Natürlich. Der Geschmack des Straßenschmutzes musste ihr fremd sein.

    Misa ließ die Kätzin gewähren, beobachtete sie für eine Weile einfach nur und versuchte, sich einen näheren Eindruck von ihr zu verschaffen. Sie war wirklich hübsch gezeichnet, auch wenn das Weiß für eine Jagd im Zwielicht der Lagerhäuser eher ungeeignet war. Ansonsten ähnelte sie den feinen Katzen, die Misa in ihrem Leben bereits getroffen hatte, jedoch nur wenig. Amalias Fell war nicht lang wie Misas eigenes, sondern recht kurz und für eine Hauskatze vergleichsweise stumpf. Ihr Halsband sah gewöhnlich aus, keine funkelnden Steinchen waren daran befestigt. Dies war keine jener Rassekatzen, die die Menschen besonders gern verhätschelten und einsperrten. Ein gutes Zeichen

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