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Guides - Die erste Stunde
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eBook272 Seiten4 Stunden

Guides - Die erste Stunde

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Über dieses E-Book

Niemand weiß, was sich in dem gigantischen UFO befindet, das die Welt nach seinem Absturz in Atem hält. Und Alice ist sicher: Niemand außer ihr Vater, der für die NASA arbeitet, hätte seine siebzehnjährige Tochter jetzt auf ein Internat nach Minnesota gebracht - ausgerechnet mitten ins Zentrum der Katastrophe. Hier kommt Alice der Wahrheit hinter den Nachrichten gefährlich nahe. Doch mit der Wahrheit kommt auch die Angst vor den unbekannten Geschöpfen, die das Raumschiff verlassen …

"Ein Buch, das bis ins Mark erschüttert. Eine kluge Prämisse, ein schnelles Erzähltempo und Charaktere, denen man sofort folgt - dies sind die Zutaten für eine rasante Wells-Lektüre." Publishers Weekly

"Ein durchdacht ausgearbeitetes Action-Abenteuer, das die Leser auch nach der letzten Seite noch nachhaltig beeindrucken wird." Kirkus Reviews

"Wells steht für überraschende Wendungen und das pure Grauen. Fantastisch!" Ally Condie, #1 NYT-Autorin

SpracheDeutsch
HerausgeberDragonfly
Erscheinungsdatum10. Apr. 2017
ISBN9783959676502
Guides - Die erste Stunde
Autor

Robison Wells

Unter Science Fiction-Fans und Kritikern hat sich der Autor bereits durch die Romane VARIANT und BLACKOUT einen Namen gemacht - seine Leserinnen lieben ihn für seinen feinen Humor und seinen fesselnden Erzählstil. Seine Bücher wurden in neun Sprachen übersetzt.

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    Buchvorschau

    Guides - Die erste Stunde - Robison Wells

    HarperCollins YA!®

    hc_ya

    Copyright © 2017 by HarperCollins

    in der HarperCollins Germany GmbH

    Titel der englischsprachigen Originalausgabe:

    Dark Energy

    Copyright © 2016 by Robison Wells

    Erschienen bei: Harper Teen, an Imprint of HarperCollins Publishers

    Published by arrangement with Harper Teen, an Imprint of HarperCollins Publishers, LLC.,

    an imprint of HarperCollins, LLC

    Covergestaltung: formlabor, Hamburg

    Coverabbildung: sianstock, Maryna Stamatova, Shan_shan / Shutterstock

    Redaktion: Eva Wallbaum

    ISBN E-Book 978-3-95967-650-2

    www.harpercollins.de

    E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

    PROLOG

    Willst du mal was Abgefahrenes hören?

    Geh nach draußen, und schau dir den Nachthimmel an. Sofern du nicht in einer Großstadt wohnst, kannst du vielleicht sogar ein paar Sterne sehen. Neben einigen Tausend anderen. Wenn du gute Ferngläser hast, kannst du um die 200.000 entdecken. Und mit einem Teleskop in einem richtigen Observatorium könntest du mehr als eine Milliarde Sterne erkennen.

    Eine Milliarde. Das sind abartig viele Sterne.

    Aber es kommt noch besser.

    Denn allein in der Milchstraße befinden sich mehr als 400 Milliarden Sterne. Und das ist gerade mal eine einzige Galaxis. Davon wiederum gibt es mehr als 170 Milliarden. Wenn 170 Milliarden Galaxien jeweils 400 Milliarden Sterne hätten …

    Eine Quadrillion. Das ist eine Eins mit vierundzwanzig Nullen dahinter.

    1.000.000.000.000.000.000.000.000.

    Wie gesagt, abartig viele Sterne.

    Aber weißt du auch, was sonst noch da draußen rumschwirrt?

    Dunkle Energie. Dunkle Materie.

    Wir nennen sie so, weil wir sie nicht sehen können. Wir können sie nicht sehen, haben keine Ahnung, was sie ist, und genauso wenig wissen wir, wo sie herkommt. Und trotzdem macht sie 96 Prozent des Universums aus.

    Ganz genau, 96 Prozent von dem ganzen Zeug im Universum ist dunkles, unerklärliches Irgendwas.

    Der Astronom Carl Sagan sagte einmal: „Irgendwo wartet irgendetwas Unglaubliches darauf, entdeckt zu werden."

    Diese Geschichte dreht sich nicht um dunkle Energie, aber sie handelt davon, dass es im All eine Unmenge von Zeug gibt, das wir nicht verstehen.

    Und manchmal landet es hier.

    EINS

    Die Aliens waren möglicherweise genauso angepisst, im Mittleren Westen zu landen, wie ich es war. Ich bezweifle, dass sie tatsächlich vorhatten, kurz in Iowa aufzusetzen und dann noch zweihundertfünfzig Meilen nördlich von Minnesota entlangzuschlittern.

    Das Cockpit war wahrscheinlich voll von Aliens, die laut „Verdammt! gerufen haben, oder wie auch immer Aliens fluchen. Dann haben sie aus dem Fenster gesehen und gesagt: „Echt jetzt, Captain? Hier ist es?

    Nicht, dass ich irgendwas gegen den Mittleren Westen hätte. Es ist nur, dass ich eigentlich nach Florida gehöre. Nach Miami. Die Stadt der Sonne. Und nicht nach Minneapolis. Die Stadt der Windmühlen. Die außerdem so weit vom Ozean entfernt liegt, wie es nur irgendwie geht. (Ich hab das zwar nicht ausgerechnet oder so, aber es klingt doch glaubhaft, oder?)

    Aber was das angeht, hatte ich eh nichts zu melden.

    Bevor sich auch nur der Staub über der Absturzstelle verziehen konnte, hatte mich mein Dad schon an der Minnetonka-Schule für Begabte und Talentierte eingeschrieben, damit er mich nicht zurücklassen müsste, während er nach Minnesota reiste. Dad war der Leiter für besondere Projekte bei der NASA im Kennedy Space Center. Und wenn überhaupt etwas als besonderes Projekt durchgeht, dann das hier.

    Aliens, die mitten in den Staaten landen. Ziemlich besonders.

    Aber ich saß schon im Privatjet, drei Shirts in meinem Rucksack, dazu ein zweites Paar Stiefel und meinen Laptop, bevor mir Dad überhaupt sagte, dass ich aufs Internat gehen würde. Er schien überrascht zu sein, dass ich das nicht wusste. Als hätte ich irgendein Memo verpasst.

    „Wir sind nur zu zweit, Dad, sagte ich ihm. „Deine Sekretärin lässt mich ja nicht in den inneren Kreis.

    „Und genau deswegen ist ein Internat das Beste für dich, Alice", sagte er und klappte seinen Laptop auf, obwohl wir noch gar nicht abgehoben waren. Aber solche Dinge tut man wohl, wenn man in Krisenzeiten in einem Privatjet der NASA hockt und geradewegs auf die Absturzstelle eines UFOs zufliegt.

    „Ich werde keine Zeit haben, mich um dich zu kümmern. Und komm mir jetzt nicht mit deinem ‚Du hast doch nie Zeit für mich‘. Du hast für mich genauso wenig Zeit. Letzte Woche erst dachte ich, wir sehen uns diesen Film an. Wie hieß der noch? Du meintest jedenfalls, du wärst zu beschäftigt."

    „War ich auch, sagte ich. „Muss ich von meinem Dad geerbt haben.

    „Das ist unfair von dir. Schließlich habe ich extra darauf geachtet, dass es eine gemischte Schule ist. Würde das ein mieser Vater etwa tun?"

    „Also willst du mich nicht nur loswerden, sondern auch gleich verheiraten? Ich bin gerade erst siebzehn."

    „Okay, du hast mich erwischt. Vielleicht dürfen Siebzehnjährige in Minnesota ja heiraten, meinte er. „Ich gebe dir hiermit mein Einverständnis. Gib dir Mühe, und versuch, einen netten Arzt oder so abzukriegen.

    „Ich wette, die Schule ist voller angehender Ärzte", erwiderte ich mit verzogener Miene.

    „Oder Politikern. Auf jeden Fall wurde sie von den Obersten in Washington empfohlen."

    „Seit wann kennst du denn Leute in Washington?"

    „Aly, du weißt doch, dass ich besondere Projekte bei der NASA leite. Ernsthaft, ich bin wichtiger, als du vielleicht glaubst."

    „Ich gebe mir Mühe, häufiger zu salutieren."

    Er beugte sich vor und küsste mich auf die Stirn, dann widmete er sich wieder seinem Computer. Ich holte währenddessen mein Handy raus, um Minnetonka im Internet zu suchen. Während die Homepage der Schule lud, dachte ich darüber nach, in welche Kategorie ich wohl passte. Begabt oder talentiert?

    Meine Noten waren ganz gut, aber deswegen gleich begabt? So was hatte mir bisher noch keiner unterstellt. Ich könnte Klavier spielen, wenn ich dazu gezwungen würde, was nicht gerade häufig vorkam. Also vielleicht talentiert?

    Als die Homepage endlich geladen hatte, wurde ich Bildern von geschwungenen Hügeln und riesigen Grünflächen ausgesetzt. Einige der Gebäude sahen brandneu aus, alles aus Metall und Glas, während andere aus grauem Stein und roten Ziegeln gebaut waren.

    Grinsende Teenager posierten auf den Stufen des Hauptgebäudes in ihren Schuluniformen. Röcke, weiße Oxfordhemden, grüne Sweater. Die Jungen trugen Krawatten. Fünf der sechs Leute auf dem Bild waren weiß, vier davon hatten blondes Haar.

    Ich betrachtete den einsamen schwarzen Jungen.

    War wirklich ein Sechstel der Schüler schwarz, oder hatten sie ihn extra für das Foto engagiert, um eine Quote zu erfüllen?

    Ich fragte mich, was sie wohl über mich denken würden. Meine Mum war eine Navajo, und ich hatte ihre dunkle Hautfarbe und das schwarze Haar.

    Und obwohl ich mich nicht gerade als Rebellin bezeichnen würde, habe ich mir die Haare gefärbt, bevor wir Miami verlassen haben.

    Aber da ich ohnehin die Neue sein würde – das neue Navajo-Mädchen –, konnte ich genauso gut das neue Navajo-Mädchen mit der blauen Strähne in den Haaren sein.

    Dad hasste die Farbe natürlich, aber er duldete es und meinte, ich würde nur eine Phase des Ungehorsams durchmachen, was ganz natürlich wäre in stressigen Zeiten. Ich meinte, seine Mutter würde eine Phase durchmachen. Touché!

    Ich schielte zu dem Computer meines Dads hinüber. Sein Desktophintergrund war ein Bild der Absturzstelle.

    „Eine merkwürdige Form für ein Raumschiff, sagte ich. „Sieht aus wie eine Duracell-Batterie.

    „Das hat mit der Schwerkraft zu tun. Bau einen zylindrischen Körper, lass ihn rotieren, und so erzeugst du künstliche Schwerkraft. Die Leute laufen dann im Inneren des Schiffes wie in einem großen Hamsterrad. Es gehört zwar noch etwas mehr dazu, aber das war schon mal das Wichtigste. Zentripetalkraft für Dummies."

    „Ganz toll, Dad, danke."

    Ich versuchte, mir vorzustellen, wie ich in dem Raumschiff loslaufe, nur um dann irgendwann am selben Ort wieder anzukommen. Star Wars hatte damit wenig am Hut.

    „Also ist da drinnen jetzt alles ziemlich durcheinander, oder?"

    „Hmm?"

    „Na ja, das Schiff ist doch so gebaut, dass es immer rotiert, oder? Müsste dann nicht alles auf dem Kopf stehen, wenn sich das Raumschiff nicht mehr bewegt? Und die Leute liegen an der Decke herum oder stapeln sich auf dem Boden der Gänge."

    „Ein kluger Gedanke", murmelte Dad, hörte sich aber an, als wäre er mit dem Kopf woanders.

    „Ich brauche mehr Klamotten, erklärte ich ihm, während er eine Kalkulationstabelle öffnete. „Ich bezweifle, dass ich die angemessene Anzahl an Pullovern dabeihabe für den Winter in Minnesota.

    Sein Blick ruhte weiter auf dem Bildschirm seines Laptops. „Du kannst doch mit einer Kreditkarte umgehen. Wusstest du, dass die Mall of America in Minnesota gebaut wurde? Das ist wie Amerika, nur als Einkaufszentrum."

    „Und was wird aus den einheimischen Läden?"

    Er grinste schief. „Na jedenfalls, in der Mall gibt es eine Achterbahn, ein Aquarium und wahrscheinlich haufenweise Klamottengeschäfte – und vielleicht sogar Smoothies. Ich bin sicher, du wirst eine Möglichkeit finden, Geld auszugeben."

    Ich beugte mich vor und hob die Schultern. „Und was ist mit Bluebell?"

    „Sie wird ein neues, schönes Zuhause kriegen. Vielleicht auf einer Farm."

    „Daddy, fing ich an und packte die schweren Geschütze aus. „Liebster Daddy, du lässt mich doch nicht ganz allein ohne Bluebell, oder?

    Er seufzte. „Mein Assistent hat schon alles in die Wege geleitet. Bluebell kriegt einen schönen großen Platz in einem schönen großen Truck, und bald hast du sie wieder ganz für dich allein."

    Ich sank in meinen Sitz zurück und griff nach einer Diät-Cola. „Danke, Daddy."

    Bluebell war ein BMW 550i Gran Turismo.

    Wüsste meine Mutter von ihm, würde sie glatt der Schlag treffen. Wenn der sie nicht schon getroffen hätte und sie nicht gestorben wäre, als ich acht Jahre alt war.

    Ich will nicht gefühllos über ihren Tod sprechen, aber ganz ehrlich, sie hätte aufhören sollen zu rauchen.

    Ihr früher Tod war ihre eigene Schuld, also hatte sie auch kein Mitspracherecht über das Auto, das mir Dad zum Führerschein gekauft hat.

    Zugegeben, der Wagen war zu teuer gewesen. Aber das war einer der Vorteile, wenn man aus reichem Hause stammt.

    Dads Job, obwohl ganz gut bezahlt, war nicht unbedingt die ultimative Einkommensquelle. Diese Ehre gebührt eher unserer jährlichen Pilgerfahrt ins Heimatland unserer Ahnen nach Upstate New York, wo Dad mit Grandma Gin Tonic trinkt, während Grandpa und ich uns Virgin Margaritas genehmigen. Eine Woche später sind wir dann mit genügend Geld für ein weiteres Jahr versorgt. Für gewöhnlich verlangen diese Besuche von mir, auf dem Klavier vorzuspielen (würg) oder zu singen (doppelwürg!), aber bis es dazu kommt, haben wir alle schon so viel getrunken und gegessen, dass keiner mehr so richtig hinhört.

    Zwar bin ich kein Fan dieses Lebensstils, aber es ist eine ganz nette Absicherung.

    Ich hatte auch mehrfach versucht, der Mutter meiner Mutter, meiner Shimasani, mit dem Geld auszuhelfen.

    Aber sie weigerte sich immer, etwas davon anzunehmen.

    Sie meinte dann, das Leben im Navajo-Reservat gefällt ihr genau so, wie es ist.

    „Was meinst du eigentlich, warum die Aliens ihr Schiff noch nicht verlassen haben?, fragte ich. „Immerhin sind sie jetzt schon seit fünf Tagen auf der Erde. Das ist eine lange Zeit, um einfach nur im Schiff zu hocken, oder?

    Dad hielt nur lange genug inne, um seine Brille zu richten, und tippte dann weiter auf seinem Laptop.

    „So wie es aussieht, fuhr ich fort, „könnten sie gerade planen, die Alienpest oder so auf der Erde zu verbreiten. Oder uns einfach so irgendwie abzumurksen.

    „Es ist genauso wie mit der Mall of America", meinte er.

    „Ernsthaft Dad, sind das nette Aliens oder böse Aliens?"

    „Im Moment wissen wir nicht mal, ob es überhaupt welche im Schiffs gibt, antwortete er und schaute an mir vorbei aus dem Fenster. „Es könnte ebenso gut unbemannt sein.

    „Wenn Hollywood uns eins gelehrt hat, dann, dass es nur zwei Arten von Außerirdischen gibt. Nämlich solche, die uns erobern und töten wollen, und solche, die uns mit ihrem Wissen erleuchten wollen. Und egal, welche es sind, die Menschen kommen mit keiner der beiden Arten zurecht."

    „Glaubst du, wir würden eine Mischung aus E.T. und dem Dalai Lama freundlich willkommen heißen, die versehentlich den halben Staat platt gewalzt hat?"

    „Eigentlich zwei Staaten. Und ich glaube eher, dass E.T. Lama einen Kampfanzug tragen wird."

    „Es gibt auch andere Sorten Aliens", sagte er. „Hast du noch nie Star Trek geguckt? Vielleicht sind es auch die Ferengi, die hier einen Haufen Kohle verdienen wollen."

    „Vielleicht sind es auch die Klingonen, die für Ruhm und Ehre kämpfen wollen."

    „Quatsch, die Klingonen sind doch Mitglieder der Vereinigten Föderation der Planeten, Aly, erwiderte er und lehnte sich zurück. „Also ehrlich, hörst du mir überhaupt zu, wenn ich von meiner Arbeit rede?

    „Was ich sagen will, sagte ich mit aller Entrüstung, die ich aufbringen konnte. „Das kann verdammt übel enden. Es sind bestimmt schon achtzehntausend Menschen durch diesen Vorfall gestorben! Ich glaube, inzwischen wetzt jeder hier die Messer.

    „Also machst du dir mehr Sorgen über einen wütenden Mob als über bösartige Aliens?"

    „Ich meine ja nur, das wird übel ausgehen, was auch immer die hier wollen."

    Er tätschelte mein Bein und wendete sich wieder seinen Tabellen zu. „Die Nationalgarde ist schon vor Ort. Die halten ihre Waffen in beide Richtungen."

    „Nicht gerade beruhigend."

    Ein paar Stunden später kündigte der Pilot den Landeanflug an. Ich steckte mein iPhone weg und schaute aus dem Fenster.

    Das Raumschiff selbst war vom Flugzeug aus nicht zu sehen. Die gewaltige Schneise, die es in der Erde hinterlassen hatte, dagegen umso besser.

    Ich fragte mich, wie kalt es draußen wohl sein würde. In Miami waren es angenehme zwanzig Grad gewesen, als wir aufbrachen. Ich brauchte die Hitze zwar nicht um jeden Preis, aber ich kannte die Horrorgeschichten über die Winter in Minnesota. Und ganz ehrlich, ich komme mit Kälte nicht klar. Und wenn ich schon nicht in Miami bleiben könnte, dann wären die einzigen Winter, die ich noch ertragen könnte, die mit meiner Großmutter im Reservat. Solche, während derer am Morgen ein Zentimeter Schnee liegt, der noch vor dem Nachmittag wieder geschmolzen ist. Aber ich wusste, dass das Wunschdenken war.

    Minnesota war nun mal nicht New Mexico.

    Wir hatten jetzt Oktober, und obwohl keinerlei Anzeichen vom Winter zu sehen waren, ahnte ich, dass ich eine arktische Gefriertruhe betreten würde.

    Der Job meines Dads stellte mein gesamtes Leben auf den Kopf. Und da der Absturz eines UFOs so ziemlich das Größte in der Geschichte der Geschichte überhaupt war, hatte ich schon lange den Verdacht, dass wir früher oder später für eine längere Zeit nach Minnesota gehen würden.

    Aber würde ich den ganzen Rest meiner Highschoolzeit hier verbringen müssen? Auf einem Internat?

    Ich wusste, dass mein Vater mich nur deshalb in der Minnetonka-Schule eingeschrieben hatte, weil er vierundzwanzig Stunden am Tag arbeiten musste.

    Aber ich wünschte, er würde mir etwas Selbstständigkeit zutrauen. Ich hatte Bluebell, eine Kreditkarte, und irgendwo in Minnesota würde es ja wohl einen Lieferservice mit chinesischem Essen geben. Es war nicht nötig, mich in irgendein piekfeines Internat zu verfrachten.

    Je näher das Flugzeug dem Boden kam, desto größer wurde meine Wut.

    „Du weißt, dass ich inzwischen siebzehn Jahre alt bin, oder? Ich sollte auch was in meinem Leben mitbestimmen dürfen."

    „Ich nehme dich mit zum interessantesten Ort, an dem man im Moment sein kann, und du besuchst eine Schule, deren Absolventen zu den besten und klügsten Köpfen des Landes zählen. Wusstest du, dass John F. Kennedy auf dieselbe Schule gegangen ist? Margaret Thatcher genauso. Martin Luther hat seine fünfundneunzig Thesen an die Tür dieser Schule genagelt."

    „Das hast du dir doch ausgedacht."

    „Vielleicht, sagte er und klappte seinen Laptop zu, als das Flugzeug den Boden berührte. „Aber vielleicht auch nicht. Das wirst du niemals erfahren.

    „Ich werd’s herausfinden, sobald ich mein Handy wieder anschalten kann."

    „Bis dahin bin ich längst zum Auto geflüchtet."

    „Wenn ich schon auf diese Schule gehen muss, damit ich in deiner Nähe sein kann, dann zeig mir vorher wenigstens das Raumschiff!"

    „Im Moment ist es umzingelt von Soldaten mit scharfen Waffen. Also eher nicht heute, aber ganz bald. Keine Sorge, das Schiff ist rund achthundert Meter hoch und fast fünf Kilometer lang. Du wirst es gut sehen können, egal, wo du bist."

    Als wir den vollkommen ausgestorbenen Flughafen betraten, führte ich meinen Dad zu Starbucks, um mir einen Karamell Latte zu kaufen – in weiser Voraussicht, ihn angesichts der frostigen Temperaturen draußen zu brauchen.

    Starbucks war das einzig offene Geschäft im ganzen Flughafen. Nicht mal die Rolltreppen waren eingeschaltet.

    Wir hielten auf den Schalter für Mietwagen zu. Dad wurde ein neuer Sedan zugewiesen – ein Toyota irgendwas, und er gab mir die Schlüssel für den Wagen. Das war eigentlich gegen die Regeln. Man muss mindestens einundzwanzig Jahre alt sein, um einen Mietwagen fahren zu dürfen. Aber ihn erwartete schon ein Fahrer, der ihn direkt zur Absturzstelle bringen sollte, während ich irgendwie zur Schule kommen musste.

    Am Flughafen hat es mich erstaunt, wie wenig sich das Leben der Menschen geändert hatte, in deren Vorgärten gerade ein UFO gelandet war. Die Typen vom Mietwagenverleih wollten uns nach wie vor Extraversicherungen andrehen, und die Mitarbeiter von Starbucks lächelten ihre Kunden immer noch freundlich an. Als ich das Auto gefunden hatte, stellte ich das Navigationssystem auf die Adresse meiner Schule ein, änderte meine Meinung aber noch im selben Moment. Warum sollte ich nicht einfach allein zum abgestützten Schiff fahren und einen Blick riskieren? Also programmierte ich das Navi so, dass es mich nach Lakeville führte, und steuerte auf die Interstate 35 zu.

    Die Straße ins Innere der Stadt war zwar komplett versperrt, aber genau wie Dad gesagt hatte, war das Schiff nicht zu übersehen.

    Ich hatte schon einige Aufnahmen davon gesehen in den letzten fünf Tagen, aber der Anblick aus der Nähe war atemberaubend. Es wirkte unglaublich riesig, besonders vor dem Hintergrund der Felder. In den Nachrichten hieß es, das Schiff sei achthundert Meter hoch. Das war doppelt so hoch wie das Empire State Building. Und es in echt zu sehen war ein komisches Gefühl.

    In den Nachrichten haben sie immer wieder neue Leute von ihren Erlebnissen am Tag des Absturzes berichten lassen. Wie sie zu Hause waren und dann beschlossen hatten, noch mal ein paar Meter rüber zum Gemüseladen zu laufen – sie waren in Sicherheit, doch der Rest der Familie war beim Absturz gestorben.

    Und dieses Schiff war es, das ihren Tod verursacht, ihre Lieben getötet hatte. Ich holte mein Handy raus und machte einen Haufen Fotos, um sie meinen Freunden zu Hause schicken zu können. Sie könnten sich zwar bessere Fotos im Internet oder im Fernsehen anschauen, schließlich trieben sich hier überall

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