Atme dich frei: Die zentrale Kraft für Körper, Geist, Seele
Von Bernd Trusheim
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Über dieses E-Book
Bernd Trusheim
Bernd Trusheim, Jahrg. 1952, Changebegleiter, Coach, Atempädagoge, Atemtrainer, Diplomsozialpädagoge, Fachbuchautor. Seit 1983 als Weiterbildner, Referent, Dozent, Therapeut, Speaker tätig zu Themen der Körpererfahrung, Körpertherapie, Körpersprache, Körper-Geist-Zusammenhang, Meditation, Ressourcenverbesserung, WorkLifeBalance, Sinnfindung, Sinntraining. Seiner Meinung nach ist der Körper und die darin entwickelten Sinne und die Sinneswahrnehmung der Anker zur Gegenwartserfahrung und Gegenwartskompetenz. Seine Kernaussage: Nur wer seine Sinne gebraucht, findet Sinn. Weitere Bücher: Richtig atmen, gesünder leben (1996), Dein Erkenntnis- und Entwicklungstagebuch (2018), Atme dich frei 2019) Atme dich frei - 10 Minuten, die verändern (2020), The Way - dein Tag dein Leben dein Buch (2021) The Way - Trainingsbuch (2021)
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Buchvorschau
Atme dich frei - Bernd Trusheim
Inhaltsverzeichnis „Atme dich frei"
Teil 1 Einführung
Am Anfang war der Atem
Zitate und Weisheiten über den Atem
Atmen heißt Leben
Erfolgsfaktor Atmung
Atme dich frei
Bewustes Atmen Grunderfahrung der Polarität
Drei wichtige Grundprinzipien, deinen Atem zu trainieren und zu erfahren
Unser Körper und unsere Atmung stecken in einer Zwickmühle
Teil 2 Die Grundlagen zur Befreiung der Atmung
Dehn dich aus
Wirkungen des Dehnens und Sich-Streckens
Hintergrundinformationen
Der Atem-/Bodyscan
Spüre in deinen Körper hinein! Der wichtigste Schritt zur Körperbewusstheit
Die Wirkungen des Atem- und Bodyscan
Was und wie kannst und sollst du etwas erspüren
Atem-/Bodyscan im Sitzen
Atem-/Bodyscan im Liegen
Hintergrundinformationen
Finde zu deiner Größe! Richte dich auf und nicht ab!
Die Wirkungen der Aufrichtung
Bewegung - Schlüssel für die Atemkondition
Lebenslauf oder Lebenssitzen
Saubere Luft
Gesunde Lebensmittel für eine gesunde Atmung
Teil 3 Die Praxis der Atemarbeit / Breathwork
6 Lehrstunden zu der Grundstruktur der Atemarbeit
mit praktischen Übungen. Einführung in die Atemarbeit für Beginnende und Fortgeschrittene
Lehrstunde 1: Basisatmung
Lehrstunde 2: Die Atem- und Körperräume – unterer, mittlerer, oberer Raum
Die Atmung verursacht die größten inneren Bewegungen
Der Basisraum – unterer Raum
Der mittlere Raum
Der obere Raum
Dein Hals – die Verbindung zwischen Kopf und Bauch
Lehrstunde 3: Atem und Meditation – der Schlüssel zu Achtsamkeit und Gegenwart
Lehrstunde 4: Atem und Bewegung
Lehrstunde 5: Atem und Background
Lehrstunde 6: Atem und Raum
Die Atembehandlung / das Atemcoaching
Heilende Berührung
Die Berührung und Tiefenwirkungen in der Atembehandlung/Atemmassage
Ergänzende Methoden in der Atembehandlung/Atemmassage von Vorteil
Angstfrei atmen – angstfrei leben
Sechs weitere Atemübungen für den Alltag
Mundhöhle öffnen - das Gähnen üben
Hecheln
Flanken dehnen
Schultern bewegen
Dampf ablassen, wenn der Kessel voll ist
Stress abschütteln
Atem und Stimme
Stimmig sein
Fang an zu singen und dir eröffnet sich eine neue Welt
Vokale und Konsonanten
Wirkungen des Singens
Übungen
AtemApps
AtemApps für Smartphones
Drei schnell wirkende Atemtechniken für den Alltag
Die „4-8"-Technik
Die „4-2-4"-Technik
Zitrus- und Kräuterdüfte riechen
Aromata-Therapie. Düfte, die verzaubern
BEAP – der bewusstseinserweiternde Atemprozess
Was ist der BEAP
Den Kopf freischalten
Was ist eigentlich unser Bewusstsein
Das Unterbewusstsein oder das Unbewusste
Das Unbewusste anzapfen – der Kreativtank für neue Kräfte
Was erlebst du in diesem Prozess
BEAP in einer Gruppe erleben / BEAP alleine durchführen
Entdecke und kontrolliere deine Fortschritte!
BEAP Wirkungen
Teil 4 Warum besser atmen? Und wie funkitoniert das?
Erfolgsfaktor Atmung
Die acht Wirkungen guter Atmung nach Trusheim
1. Verbesserung der Zellstofftätigkeit
2. Dynamisierung des Kreislaufs
3. Aktivierende Massage aller inneren Organe
4. Verbesserung emotionaler Impulswahrnehmung und Prozesse
5. Verbesserung von Stimme und Sprache
6. Bewusstes Atmen- Brücke zwischen Bewusstsein und Unterbewusstsein
7. Verbesserung der mentalen Fähigkeiten
8. Verbesserung der Kommunikation mit Mensch und Erde
Die physiologischen Grundlagen
Atemwege und Atemorgane
Die Atemmuskeln
Das Atemzentrum- Regulation der Atmung
Atemfakten Faktencheck
Im Rhythmus bleiben - der Atemrhythmus
Jeder Mensch hat einen individuellen Rhythmus
Bedeutung der Atemphasen
Atemgewohnheiten
Einen guten Riecher haben – 7 Gründe für Nasenatmung
Atemweisen, die du ändern solltest
Hyperventilation – Gefahren und Möglichkeiten
Etwas zur Geschichte der Atemlehre und der Körperkultur
Das Wissen um die Heilkraft des Atems
Die Leibfeindlichkeit der Kirche
Aufbruch und Durchbruch Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts
Atem(physio)therapie wird schulmedizinisch erforscht und begründet
Der Körper erhält eine besondere Bedeutung in der Psychotherapie
Neue Atemtechniken zur Bewusstseinserweiterung
Das neue Tanztheater
Teil 5 Hintergründe und Zusammenhänge für die Atemarbeit
Zurück auf die Erde – in sich ruhen statt außer sich zu sein
Bauch und Basisatmung
Unser Körper: Ein Stück Erde auf zwei Beinen
Die Erde trägt uns
Lust und Sehnsucht, die körperliche Schwerkraft zu überwinden
Vom Wahnsinn der Beschleunigung
Wenn wir nicht mehr auf dem Teppich bleiben
Folgen gestörter Erdbeziehung
Wirkungen einer intakten Erdbeziehung
Der Erdzentrierungspunkt – die eigene Mitte finden / messen
Übungen: Atem-Erdungsübungen
Basisatmung – die Mitte ist unser Bauch
Auf den Bauch hören
Kopf- oder Bauchentscheidung?
Kann unser Bauch denken?
Alle Erfahrungen werden auch körperlich abgebildet
Der Bauch als Quelle der Kreativität
Der Bauch ist voller Leben
Das Leben im Darm beeinflusst Denken und Persönlichkeit
Der Bauchnabel – Mittelpunkt unseres Seins
Wie steht es mit der Bedeutung des Bauches in unserer Kultur?
Östliche Weisheit – Zentrum der Lebensmitte
Neue Bewusstheit für den Bauch
Übungsteil: Basisatmung
Atem und Background – der Grat auf dem wir wandern
Der Grat, auf dem wir wandern
Das Stiefkind unserer Kultur
Anatomische Fakten
Stützfunktion mit Stoßdämpfer
Die Schutzfunktion
Die Bewegungsfunktion
Was hat der Rücken mit Atmung zu tun? Der Background des Menschen
Die Körpersprache des Rückens
Was lauert da im Hintergrund
Gebrochener Rücken
Hartnäckigkeit
Verrückt
sein
Bitte um Rückmeldung
Rück das wieder zurecht
Wie steht es mit Ihrer Rücksicht
Rücken als Lust und Befreiung / u.a.
Sich den Rücken stärken
Hast du einen Kratz- und Scheuerbaum?
Fazit: Eine neue Bewusstheit für den Rücken
Weitere atemenergetische Rückenübungen
Im Hier und Jetzt sein – Atem und Meditation
Die Atmung als Schlüssel zu Gegenwartserfahrung und Meditation
Achtsamkeit und Gegenwart
Positive Auswirkungen wissenschaftlich bestätigt
Welche Meditationsweise ist empfehlenswert?
Atmen in Stille
Atem – Bewusstein – Entwicklung
Atem ist Bewegung
Bewegung ist Leben
In Gang kommen
Die Bewegung der Organe – innere Bewegung
Die Bewegungsmotoren: Muskeln – ein Drittel unseres Körpergewichts
Gelenke sind dein Handlungsspielraum
Bewusste Bewegungsübung schafft neuen Handlungsspielraum
Emotionen – Gefühle sind innere Bewegungen und Atemmuster
Das Gehirn denkt von der Bewegung her
Die Balance von Atem und Bewegung: der Schlüssel zu Kraft und Ausdauer
Teil 6 Erfolgreich üben
Übungen Kontrolle Auswertung
Drei Übungen zur Auswahl
Auswertung Tageskontrollbögen und Wochen-/Monatskontrollbögen
Anhang
Über den Autor
Mein Anliegen, dieses Buch zu schreiben
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Weiterbildungen
Adressen Weiterbildungsinstitute
Literaturverzeichnis
Bildnachweise
Hinweis- Eigenverantwortung Haftungsausschluss Übungen
Atme dich frei
TEIL 1
EINFÜHRUNG
AM ANFANG WAR DER ATEM
Fühle dich in das Bild hinein:
Du wanderst an einem sonnigen warmen Tag barfuß auf hellem Sand an einem wunderbaren Strand entlang. Du hörst das Rauschen der Wellen. Deine Augen erholen sich in der Weite der traumhaften Landschaft. Du atmest die frische heilende Meeresluft tief ein und aus. Wie atmest du dann? Wie fühlst du dann? Wie denkst du dann?
Es genügt nicht zu denken,
man muss atmen.
Gefährlich die Denker,
die nicht genug geatmet haben.
Elias Canetti
Wie man die Zeit anhält: Küssen.
Wie man in der Zeit reist: Lesen.
Wie man der Zeit entkommt: Musik.
Wie man die Zeit spürt: Schreiben.
Wie man die Zeit loslässt: Atmen.
Mat Haig
Das, was wir Zeit nennen,
darf seinen eigenen zarten Hauch
in die Ewigkeit atmen.
Christa Schybol
Im Atemholen sind zweierlei Gnaden:
Die Luft einziehen, sich ihrer entladen.
Jenes bedrängt, dieses erfrischt,
so wunderbar ist das Leben gemischt.
Du danke Gott, wenn er dich presst,
und dank’ ihm, wenn er dich wieder entlässt.
Johann Wolfgang Goethe
Die Freiheit ist der Atem des Lebens.
Delp Alfred
Je freier man atmet,
je mehr lebt man.
Theodor Fontane
Nur der Geist,
der den Lehm behaucht,
kann den Menschen erschaffen.
Antoine de Saint-Exupery
Das ganze Geheimnis des Lebens steckt in der Atmung.
Aivanhov O.M
Das Erste, was zu lernen ist, ist der Atem.
Buddha Siddhârta Gautama
Gut atmen heißt,
den Grund der Kehle öffnen.
Italienisches Sprichwort
Der Atem ist uns ohnehin überlegen,
und wir tun gut daran,
ihm die Führung zu übergeben.
Fritsche Herbert
Der Atem lenkt dein Lebensziel,
beschreibt führend den Weg,
gleich der Hände Federkiel.
Atem, Odem, Prana, Ying und Yang.
Atme Leichtigkeit bei Ton und Gesang.
Atme das Leben ganz langsam ein,
werde beflügelt in deinem Sein!
Atme Vergangenes ganz kräftig aus,
baue mit Zuversicht dein neues Haus.
Spüre die Kraft des Atems Lebensquell,
durch Geist und Sprache dein Leben erhell.
Coer Schmitt Petra
Mein Geist dürstet nach Taten,
mein Atem nach Freiheit!
Friedrich von Schiller
Der erste Atemzug schließet, gleich dem letzten,
eine alte Welt mit einer neuen zu.
Jean Paul
Erfrische Deine Seele
mit dem Atem der Morgenröte.
Honorè de Balzac
Der Atem ist das Tor zur Wirklichkeit.
Indische Weisheit
Sprich, damit ich dich sehe,
atme damit ich dich erkenne.
Sokrates
ATMEN HEISST LEBEN
Mit Eintritt in diese Erdatmosphäre – mit der Geburt – nehmen wir selbständig unseren ersten Atemzug. Mit Austritt aus diesem Leben hauchen wir unseren letzten Atemzug aus.
Der Ursprung des Atmens ist nicht, dass wir es aktiv herbeiführen, sondern dass es ohne unser Zutun von selbst geschieht. „ES" beginnt zu atmen.
Das Wissen über den Atem und die Atemprkatiken ist bereits Jahrtausende alt.
Nirgendwo sind körperliche, seelische und mentale Prozesse so eng verknüpft wie beim bewussten Atmen. Hinweise findet man bereits in der Schöpfungsgeschichte und in der Begriffsentstehung des Wortes „Atem. Gott habe eine aus einem Erdenkloß geformte Menschengestalt erst dadurch erweckt, indem er ihr seinen Odem – Atem – durch die Nase einblies. Im indischen Begriff „atman
= Seele, Weltenseele steckt das Wort Atem. „Pneuma im Griechischen bedeutet Atem und Geist. „Pneuma hagion
, der Heilige Geist, ist somit der heilige Atem. Ebenso bezeichneten die Griechen den wichtigsten Atemmuskel, das Zwerchfell („diaphragma) als den „Sitz der Seele
. Im Althebräischen steht das Wort „ruach gleichzeitig für Atem, Wind, Hauch, Geist und Gott. In der hinduistischen Lehre steht der Begriff „prana
für Leben, Lebenskraft und universelle Lebensenergie, in China das „Chi" für Lebensenergie und Atem. Schon hier zeigt sich: Seelische und spirituelle Entwicklung haben immer eine Verankerung im Körperlichen, speziell im bewussten Atmen. Hier macht der Mensch die Grunderfahrung mit dem Lebensgesetz der Polarität, und zwar durch Einatmung und Ausatmung. Gleichzeitig kann er diese Polarität als Rhythmus und als ein Ganzes erleben – und damit Dualität zeitweise überwinden. Dies ist ein zentraler Schlüssel spiritueller Entwicklung. Und in der Spiritualität steckt das Wort „spirare" = atmen. Es sind die Inspirationen, die unsere Atmung beflügeln und unserem Leben Sinn geben.
Erfolgsfaktor
Atmung
Ausführliche Hintergrundinformationen
zu den 8 Wirkungen guter Atmung in Buchteil 4 Seite → ff.
www.atemtrainer.de
ATME DICH FREI
Erinnere dich: Wann hast du das letzte Mal befreit „aufgeatmet, dir dem „Herzen Luft gemacht
und tief durchgeatmet? Was ist das für ein Gefühl, frei zu atmen? Kannst du es beschreiben? Wie erlebst du deinen Atem und deine Atemweise zur Zeit? Hast du „einen langen Atem oder fühlst du dich „in Atem gehalten
oder atmest du oft ganz flach? Fühlst du dich manchmal wie benebelt oder kommst du oft „außer Atem? Wie würdest du deine derzeitige Atemweise beschreiben? Das ist meist gar nicht so einfach, weil wir uns mit der Atmung und Atemweise gar nicht bewusst beschäftigen, es sei denn, wir geraten in „Atemnot
.
Atmen ist Leben! Atmen ist deine wichtigste Lebensfunktion. Je flacher deine Atemweise ist, desto flacher ist auch dein Lebensgefühl und deine Lebenskraft. Die Atemweise ist Spiegelbild deines körperlichen Befindens, ebenso deiner Emotionen und Gedanken. Alle hängen unmittelbar miteinander zusammen. Siehe auch in „Buchteil 4" S. → „Die acht Wirkungen einer guten Atmung". Wenn du deine Atmung veränderst, veränderst du auch deine Gedanken und Gefühle. Darin liegt eine ungeheure Kraft!
Frei fließende Atmung – das Leben atmet dich!
Mit Eintritt in diese Erdatmosphäre, mit der Geburt, beginnst du, ja, jeder Mensch selbständig Luft zu atmen. Du atmest zum ersten Male diese Erdatmosphäre
ein und aus. Du tust nichts. Das Leben atmet dich, atmet dich von diesem Augenblick an. Es funktioniert von selbst. „ES atmet. Denn die Atmung funktioniert automatisch – vorwiegend gesteuert über das Autonome, auch Vegetatives Nervensystem genannt. Die Funktion ist, soweit kein genetischer Schaden oder eine andere vorgeburtliche Schädigung vorliegen, von Anfang an perfekt! Du atmest frei! Unbewusst weißt du später im Leben schon lange, wie sich eine „frei fließende Atmung
anfühlt. Und unbewusst hast du vielleicht genau dieses Thema, dieses Buch gewählt.
Freies Atmen ist der Lebensstrom
Das Leben ist ein Fluss, ist ein Fließen, ist stetig fließende Veränderung. Die Fließbewegung schafft die Freiheit. Gesunde Kleinkinder „fließen" noch in diesem Strom. Sie faszinieren uns in ihrer Neugier, Ehrlichkeit, Spontanität, in ihrem Urvertrauen. Dort, wo dieser Fluss unterbrochen wird, wird auch der freie Lebensstrom unterbrochen. Als Kind hast du sicherlich auch am Bach gespielt oder als Vater oder Mutter mit deinen eigenen Kindern. Wir haben Staumauern mit Steinen oder Matsch gebaut, kleine Seen, und dann später die Staumauer eingerissen und mit Spannung verfolgt, wie sich die Energie des Wassers Bahn bricht. Oder am Badestrand Gruben und Gräben gegraben und verfolgt, wie das Wasser dort hineinfloss.
Wie ist es mit deinem „Lebensfluss", deinem freien Atmen? Optimal wäre es, wenn dein Atemstrom gar nicht oder nur wenig unterbrochen wird, d.h. deine Atemweise in einer harmonischen großen Sinuskurve schwingt. Ausführliche Informationen dazu im Kapitel „Im Rhythmus bleiben – der Atemryhtmus" S. →. Wenn du tiefer in die Atemlehre und Atemweise eindringst, geht es immer um den Fluss der Atembewegung von Einatmung zu Ausatmung und umgekehrt. Traumatische Ereignisse, körperliche und seelische Leiden, beruflicher und privater Stress sowie mentale Auseinandersetzungen und Lebensentscheidungen können diesen Atemfluss erheblich behindern. Die Sehnsucht bleibt: frei zu fliessen, frei zu atmen – nicht aufgestaut, kanalisiert oder begradigt.
Das Leben strömt, steht nicht still. Seit den Neunzigerjahren machte und macht das Modewort „Flow" bis heute die Runde. Flow im Management, Flow im Leben, Flow in der Arbeit, Flow in der Liebe. Wer im „Flow" ist, dem geht es bestens. Oft beneiden wir diese Menschen. Der griechische Philosoph Heraklit beschrieb diese Lebensweisheit in seinem Ausspruch „panta rhei" = alles fließt. Die Atmung ist ein Fluss, nicht aus Wasser, sondern aus Gas – eine ununterbrochene „fließende Bewegung" von Einatmung zu Ausatmung, von Ausatmung zu Einatmung. 26.000 bis 28.000 mal am Tag, 16 - 20 mal in der Minute, „strömt" automatisch äußere Atmosphäre in dich hinein und innere Atmosphäre aus dich hinaus. Die Erde, hier die Erdatmosphäre, ist deine Mutter. Sie ernährt dich ununterbrochen mit notwendigen Sauerstoff – dem wichtigsten Stoff des Lebens. Bei guter Atemweise strömen jährlich 4 - 5 Millionen Liter Luft durch deine Lungen – das Volumen eines Heißluftballons von 4000 Kubikmeter Inhalt.
Bewusst atmen – die Grunderfahrung der Polarität
Leben erschließt sich uns auf dieser Welt zunächst einmal in der Erfahrung der Polarität bzw. in der Dualität. Nordpol–Südpol, Frau–Mann, Licht–Dunkelheit, Geborenwerden–Sterben, Wachen–Schlafen, Heiß–Kalt, Plus–Minus. Bewusstes Atmen ermöglicht die tiefste Grunderfahrung der Polarität. Du kannst es intensiv in dir ganz einfach erspüren. Du bist in jedem Augenblick eingebunden in den Prozess von Einatmung und Ausatmung. Du kannst nicht nur einatmen. Du musst auch ausatmen. Das ist Gesetz. Diese Polarität bringt die Spannung ins Leben – sie macht dir Lebensprozesse und Lebensrhythmen grundlegend begreifbar.
Das Festhalten an einem Pol bringt dich aus der Balance
In unserem Leben klammern wir uns immer wieder an eine Sache, an einen Pol, versuchen diesen festzuhalten, z. B. Überbewertung von Karriere, Geld, äußerlicher Status. Je einseitiger wir jedoch an einem Pol des Lebens festhalten, desto mehr verkrampfen wir in Gedanken, Körper und Gefühlen. Das bedeutet auf Dauer den puren Stress. Somit fallen wir aus der Polarität, aus dem Lebensfluss. Alle Probleme und auch die meisten Krankheiten beruhen auf diesen Dysbalancen. Wir werden einseitig statt beidseitig. Aus den östlichen Weisheitslehren sind uns „Yin und „Yang
bekannt. Yin und Yang bezeichnen Gegensätze in ihrer wechselseitigen Bezogenheit als eine Gesamtheit, einen ewigen Kreislauf. Sie sind ein Erklärungsversuch von Wandlungsvorgängen und Prozessen und zur Darstellung der gegenseitigen Begrenzung und Wiederkehr von Dingen.
Mit dem bewussten Atmen findest du in eine Balance. Im tieferen Sinne und mit Fortschreiten der Atemerfahrungen wirst du in außergewöhnlichen Momenten vollkommen im Fluss, im Flow, sein – die Dualität als Ganzes erleben und überwinden. Dies sind Momente tiefster Erkenntnisse und Weisheit.
Die Begriffe „Atmung und „Atem
Ich spreche sehr oft von dem „Atem statt der „Atmung
bzw. des Atmens. Der Begriff „Atmung stellt für mich dabei die technische bzw. physiologische Funktion dar. Der Atemablauf ist jedoch tief erfahrbar. Es ist der „Atemstrom
– der Fluss des Atems – der alles durchwirkt, durchdringt. Diesen zu erspüren ist das Geheimnis und die Kunst des bewussten freien Atmens.
Zwei Nervensysteme sind an der Atmung beteiligt!
Die Atmung wird von zwei verschiedenen Nervensystemen gesteuert. Vorwiegend wird sie über das Vegetative Nervensystem (VNS), auch als Autonomes Nervensystem bezeichnet, gesteuert. Dies ist für die gesamte Tätigkeit der Organe verantwortlich. Das bedeutet: es atmet von selbst, ob du nun daran denkst oder nicht. Aber gleichzeitig kann die Atmung auch von dem Zentralen Nervensystem (ZNS) teilweise geleitet werden, welches für deine bewusste Motorik zuständig ist. So kannst du z. B. willentlich für eine bestimmte Zeit die Luft anhalten oder den Atemrhythmus steuern. Das ist einzigartig bei allen Organfunktionen! Du kannst also bewusst erleben, wie „es atmet". Damit bildet die bewusste Atmung – die Erfahrung des Atems – die Brücke und den Zugang zu dem großen Potenzial unbewusster Ressourcen.
Siehe auch „Atemzentrum und Regulation der Atmung" S. →.
Bewusstes Atmen heißt im Hier und Jetzt – in der Gegenwart zu sein
Bewusstes Atmen ist der gemeinsame Nenner aller Achtsamkeits-, Meditations- und Präsenzübungen, ebenso vieler Entspannungsverfahren. Es beamt dich in diesen Augenblick hinein. Du kannst nicht morgen leben und auch nicht mehr gestern. In der Vorstellung, in den Gedanken geht das jedoch. Denn die Gedanken bewegen sich meistens in der Vergangenheit oder