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Magische Novembertage: Ein märchenhafter Aufstand auf Sylt
Magische Novembertage: Ein märchenhafter Aufstand auf Sylt
Magische Novembertage: Ein märchenhafter Aufstand auf Sylt
eBook222 Seiten2 Stunden

Magische Novembertage: Ein märchenhafter Aufstand auf Sylt

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Über dieses E-Book

Marie hasst Sylt im November. Sie lebt nach der Trennung ihrer Eltern bei ihrer Großmutter, hat keine Freunde auf der Insel – und es ist auch noch Mistwetter.
Da begegnet ihr am Strand der geheimnisvolle Nis, und Marie steckt plötzlich mittendrin in einem Märchen: Die Sylter Sagen von Puken, Zwergen und Meermenschen sind wahr!
Doch wer an eine heile Märchenwelt denkt, irrt: Der Zwergenkönig und seine Krieger wollen die Insel von den Menschen zurückerobern. Marie gründet mit ihren neuen Freunden, Nis, dem Puk, der Sylterin Imken und Zwerg Finn dem Dritten eine Widerstandsgruppe. Sie wagen sich in die Tiefen des Zwergenreichs –
Wird Marie der Zauber zur Rettung Sylts gelingen? 
SpracheDeutsch
Herausgeberp.machinery
Erscheinungsdatum20. Okt. 2017
ISBN9783957659798
Magische Novembertage: Ein märchenhafter Aufstand auf Sylt
Autor

Anke Höhl-Kayser

Anke Höhl-Kayser (Jahrgang 1962) studierte Literaturwissenschaft mit Abschluss M.A. und arbeitet hauptberuflich als Lektorin. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in Wuppertal. Sie schreibt seit 2009 in unterschiedlichen Genres (Fantasy, Jugendbuch, Science-Fiction, Lyrik, heitere Literatur). Einige ihrer Kurzgeschichten wurden mit Preisen ausgezeichnet.

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    Buchvorschau

    Magische Novembertage - Anke Höhl-Kayser

    bin.

    »Sylt, ich hasse dich!«

    Marie warf ihre Schultasche in hohem Bogen die Treppe hinunter. Sie überschlug sich ein paar Mal, rutschte ein Stück weg und blieb schließlich unten an der Mülltonne hängen. Mülltonne war eigentlich zu viel gesagt, denn es handelte sich um ein Metallgestell mit einem Deckel, in das ein großer Müllsack eingehängt worden war, der wild im Wind flatterte.

    Eben dieser Wind blies sich mächtig auf und knallte Marie so ins Gesicht, als habe er ihr eine runtergehauen. Wütend stampfte sie mit dem Fuß auf und streckte ihm die Zunge heraus.

    Sie hasste den blöden Wind. Sie hasste den Monat November, und sie hasste überhaupt diese ganze dämliche Insel, nicht nur, weil es hier immer diesen heftigen Wind gab, weil es so kalt und trübe war, weil das Meer den Eindruck erweckte, als wolle es alles und jeden und Marie im Speziellen verschlingen – nein, vor allem, weil diese Insel nicht ihr Zuhause war.

    Zuhause war Marie in Bochum, im Ruhrgebiet. Da war sie vor elf Jahren geboren worden, da war sie in den Kindergarten und zur Grundschule gegangen. Da wohnten ihre Freunde. Da lebten ihre Papaoma und der Papaopa. Und ihr Papa.

    Nur sie wohnte jetzt nicht mehr in Bochum. Sie musste auf Sylt sein, aus Gründen, die sie selber nicht ganz verstand und die ihr auch niemand richtig erklären wollte.

    Papa hatte irgendetwas getan, womit er Mama fürchterlich verletzt hatte. Es hatte einen entsetzlichen Streit mit Geschrei und vielen Tränen gegeben. Anschließend waren Mama und Papa ganz still gewesen und hatten gar nicht mehr miteinander gesprochen. Schließlich hatte Maries Mama mit der Mamaoma telefoniert, und dann war es entschieden: Marie würde mit Mama nach Sylt ziehen. Dort lebte die Mamaoma in einem wunderschönen großen Reetdachhaus. Obwohl sie schon 72 war, arbeitete sie immer noch als Tierärztin in ihrer Praxis, weil der Mamaopa gestorben war und sie sich beschäftigen wollte.

    »Ich bin so froh, dass ihr hier seid«, hatte die Mamaoma gesagt, als sie angekommen waren. »Das Haus ist inzwischen viel zu groß für mich allein. Ich kann es nachts schon mit mir sprechen hören. Auch wenn es nette Dinge sind, die es zu mir sagt: Es wird Zeit, dass es wieder mit Leben erfüllt wird.«

    Marie war in ihrem Leben schon oft auf Sylt gewesen, in den letzten Jahren aber immer nur in den Sommerferien.

    Sie kannte die Insel in freundlichem Sonnenlicht, bei heißen Temperaturen, wo sein erfrischendes Meer zum Baden und Spielen am Strand einlud.

    Jetzt, im November, regnete es fast ununterbrochen und es war immer kalt und grau. Sie waren Anfang September angekommen, und Marie schien es, als ob sich die Insel so wie Maries eigene Stimmung immer weiter verdüsterte.

    Sie wollte nicht hier sein.

    Im Urlaub war es schön hier, da hatte sie sich oft gewünscht, für immer hierbleiben zu können.

    Aber wie sagte die Papaoma so oft: »Sei vorsichtig mit deinen Wünschen, manchmal gehen sie in Erfüllung.«

    Und jetzt war sie hier und saß fest, allein mit Mamaoma und Mama, ohne Freunde, ohne Papa.

    Nun gut, ganz ohne Freunde war sie nicht. Mamaoma war ihre Freundin, sie war immer für sie da, spielte mit ihr Brettspiele und zeigte ihr die geheimsten Orte auf der Insel. Aber die richtigen Freunde fehlten Marie, und Mama fehlte Marie auch, denn mit Mama konnte man im Moment überhaupt nicht mehr reden. Mama lebte ganz in ihrer eigenen Welt. Wenn man das Wort an sie richtete, reagierte sie oft gar nicht, und dann zuckte sie zusammen, als müsse sie sich erst mühsam wieder in der Realität zurechtfinden. Oder sie war sauer.

    Marie vermied es inzwischen, sie anzusprechen.

    Sie hatte ihr auch nichts zu sagen.

    Denn eigentlich war Mama schuld, dass sie nun hier auf Sylt waren. Warum konnte sie Papa nicht verzeihen? Er gab sich doch solche Mühe und rief immer wieder an! Und dann knallte Mama den Hörer meist einfach auf die Gabel, ohne Marie zu fragen, ob sie mit Papa sprechen wollte.

    Marie hätte gern mit Papa gesprochen.

    Sie hätte ihm gern erzählt, dass die Schule hier schrecklich war. Alles war so langweilig, und die Lehrerin ermahnte sie ständig, nicht aus dem Fenster zu gucken.

    Die anderen Kinder lachten sie dann immer aus. Auf dem Schulhof spotteten sie über sie, kicherten hinter ihrem Rücken, und keiner wollte mit ihr spielen.

    Sie ließen sie merken, dass sie eine Fremde war und nicht zu ihnen gehörte.

    »Aber das will ich auch gar nicht«, brüllte Marie in den Wind und stampfte wieder mit dem Fuß auf. »Zu den Doofen will ich gar nicht gehören! Ich bin schließlich keine Sylterin und das will ich auch überhaupt nicht werden! Sylt ist blöde! Sylt, ich hasse dich!«

    Es machte gar nichts, dass sie so brüllte, denn der Strand war menschenleer. Zu dieser Jahreszeit kamen kaum Gäste auf die Insel – kein Wunder, dachte Marie.

    Sie packte ihren Ranzen und schleuderte ihn noch einmal über den Strand. Dabei öffnete sich der Druckverschluss und Bücher, Federmappe und Hefte kullerten bunt gemischt hervor.

    Marie fing vor Wut an, zu weinen. Sie gab dem Tornister noch einen Tritt, bevor sie sich bückte, um ihr Zeug wieder aufzusammeln. Als sie den Spiegel aufhob, den sie heute für Kunst hatte mitbringen sollen, sah sie sich selbst: ein elfjähriges Mädchen mit schmalem, blassem Gesicht, umrahmt von dunkelbraunen Haaren, mit leuchtend braunen Augen hinter Brillengläsern und einer roten Rotznase. Eigentlich war alles gut, was sie sah, bis auf die Rotznase. Gleich fing sie wieder an zu weinen, obwohl sie wusste, dass es dadurch schlimmer wurde.

    Als sie fast alles wieder verstaut hatte, merkte sie, dass der Wind sich ihr Matheheft gegriffen hatte und es über den Strand Richtung Flutkante vor sich hertrieb.

    Marie kreischte entsetzt auf. Nicht Mathe! Nur nicht Mathe! Sie hatte so viel Mühe gehabt, die Aufgaben zu lösen und war so froh gewesen, dass sie sie in der Schule schon geschafft hatte!

    Sie rannte wie wild hinter dem Heft her, aber der Wind spielte ein Spiel mit ihr. Jedes Mal, wenn sie sich nach dem Heft bückte, verfing er sich wieder in dessen Seiten und trieb es weiter.

    Maries Tränen kullerten inzwischen so, dass sie kaum noch etwas sehen konnte. Noch ein Windstoß, und das Heft würde im Wasser landen. Das Meer rollte mit einer großen Brandungswoge gegen den Strand an und –

    Ein Junge, schlaksig und groß mit einer grellroten Baseballmütze auf dem Kopf, bückte sich nach dem Heft und hob es mit einer lässigen Bewegung auf.

    »Das ist wohl deins«, sagte er trocken und hielt es der schluchzenden Marie hin, die verzweifelt versuchte, wieder Luft zu holen.

    »Da-da-danke«, brachte sie mühsam heraus.

    »Keine Ursache«, antwortete der Junge. »Sag mal, was machst du hier eigentlich mit deinem Rucksack und dem ganzen Geschrei?«

    Marie spürte, dass sie flammend rot im Gesicht wurde. Sie hatte gedacht, niemand würde sie hören …

    »Ich – äh«, war das Einzige, was sie sagen konnte.

    »Na, ist ja auch egal«, meinte der Junge. »Ist manchmal ganz gut, was in den Wind zu schreien, weißt du. Er behält es für sich. Der Wind ist okay, auch wenn er einem schon mal eine scheuert. Sind so seine Erziehungsmethoden.«

    Marie wurde schon wieder wütend.

    Was bildete der sich ein, von ihren Sorgen zu wissen?

    »Du hast da eine ziemlich uncoole Mütze auf«, antwortete sie spitz. »Was bedeutet das, was da draufsteht? Sylt 11 –, dass du ein elfjähriger Sylter bist? Du siehst aber aus wie mindestens dreizehn.«

    Der Junge schaute sie an. Erst jetzt sah Marie, dass er meergraue Augen und strohgelbe Haare hatte. Er war vielleicht nicht ausgesprochen hübsch – nicht Robert-Pattinson-mäßig (den ihre beste Freundin zu Hause so toll fand) –, aber sie fand ihn gut aussehend. Er hatte ein freundliches, offenes Gesicht. Seinem Gesichtsausdruck nach zu schließen, konnte man ihm blind vertrauen. Außerdem bildeten sich lustige Grübchen in seinen Wangen, wenn er lachte, und das tat er ziemlich oft.

    »Schon klar«, sagte er mit breitem Grinsen. »Das musste ja jetzt kommen. – Sag mir lieber deinen Namen, In-den-Wind-Schreierin.«

    Maries Gesicht war ganz heiß vor Scham. Warum hatte sie das mit der Mütze gesagt? Der Junge war doch so freundlich zu ihr gewesen, und diese Freundlichkeit hatte ihr gut getan. Sie wusste selbst nicht, weshalb sie sich so benahm.

    »Ich heiße Marie«, murmelte sie und nahm die Hand, die der Junge ihr entgegenstreckte. »Und du?«

    »Ich bin der Nis«, antwortete der Junge.

    »Echter Sylter?«, vermutete Marie mit gesenktem Blick.

    Nis lachte laut auf. Es klang so lustig, dass Marie unwillkürlich mitlachen musste.

    »Waschechter Sylter«, bestätigte er. »Schlimm?«

    Zum ersten Mal seit neun Wochen kam Maries Lachen tief aus dem Herzen.

    »Nein«, sagte sie. »Überhaupt nicht schlimm.«

    »Komm«, sagte Nis. »Ich bring dich nach Hause.«

    »Das ist aber noch ein Stück«, erwiderte Marie zweifelnd.

    »Wo wohnst du denn?«, wollte Nis wissen.

    »In Braderup, am Weißen Kliff«, sagte Marie. »Im Skaarwai. Ich bin hier in Wenningstedt ausgestiegen, weil ich an den Strand wollte.«

    »Die Schule ist doch schon seit anderthalb Stunden aus«, wunderte sich Nis. »Macht sich denn niemand Sorgen um dich?«

    Marie wurde wieder traurig. Sie zuckte die Achseln.

    »Meine Oma hat Sprechstunde, die ist noch gar nicht zu Hause«, antwortete sie. »Und meine Mama – nein, ich glaube nicht, dass meine Mama merkt, wenn ich zu spät komme.«

    »Ich denke, das erzählst du mir auf dem Nachhauseweg«, entschied Nis. »Ich bin da nämlich nicht so sicher. Die allermeisten Mamas merken viel, viel mehr, als man denkt.«

    Unterwegs zur Bushaltestelle und später im Bus ließ sich Nis alles haarklein erzählen. Marie zögerte erst, aber dann fand sie es einfach wunderbar, sich endlich jemandem anvertrauen zu können.

    Nis konnte zwar nicht viel älter sein als sie – höchstens dreizehn – aber er war sehr einfühlsam und ganz anders als die anderen Sylter Kinder, die Marie bisher erlebt hatte.

    Er verstand, was Marie sagte.

    »Mit meinen Eltern ist es ähnlich«, berichtete er. »Mein Papa fand auf einmal, meine Mama sei zu alt für ihn und hat sich eine neue Freundin gesucht. Na, nicht nur eine, gleich mehrere. Das hat meine Mama schrecklich übel genommen, und es gab schlimme Zeiten.«

    »Und jetzt?«, fragte Marie atemlos.

    »Ach, das ist schon lange her«, antwortete Nis und winkte ab. »Jetzt streiten sie wenigstens nicht mehr. Meine Mama sagt immer: Irgendwann hört alles auf, und alles wird wieder gut. Ich glaube daran.«

    Marie war nicht ganz sicher, ob das stimmte, aber Nis wirkte sehr überzeugend. Deshalb widersprach sie ihm auch nicht. Wärme machte sich in ihrem Inneren breit. Sie wusste zuerst nicht, was das war, aber es fühlte sich gut an. Dann wurde ihr klar, dass sie sich freute.

    Sie freute sich über zwei Dinge: Nis kennengelernt zu haben. Und in diesem Moment hier an diesem Ort zu sein.

    Anders als erwartet

    Nis hatte mit seiner Vermutung recht gehabt. Maries Mama stand völlig aufgelöst vor dem Friesenwall des großen weißen Hauses mit der Jahreszahl 1789 über der Tür, das Mobiltelefon in der Hand, das sie energisch ausschaltete und in die Hosentasche steckte, als sie Marie und Nis kommen sah.

    Ihr Gesichtsausdruck war gleichzeitig wütend und erleichtert.

    »Verdammt noch mal«, brüllte sie, und im gleichen Atemzug riss sie Marie in die Arme: »Gott sei Dank, Gott sei Dank, du bist wieder da! – Was fällt dir eigentlich ein, mir einen solchen Schrecken einzujagen?«

    Marie hatte einen Kloß im Hals, einerseits, weil sie nun wusste, dass sie ihrer Mama nicht gleichgültig geworden war. Andererseits fürchtete sie sich vor Mamas Zorn, den sie in der letzten Zeit sehr oft erlebt hatte.

    »Entschuldigung«, mischte Nis sich ein.

    Mama fuhr herum und funkelte ihn an.

    »Und wer bist du?«, fauchte sie. »Bist du der Grund, weshalb sie erst jetzt nach Hause kommt?«

    Nis sah Mama an und zwinkerte mit einem Auge. Einen Moment lang meinte Marie, einen goldenen Funken gesehen zu haben, aber das war ja wohl eindeutig unmöglich.

    »Ich bin Nis«, sagte er. »Marie hat sich verlaufen. Sie wollte ein Stück am Meer spazieren gehen und hat den Weg nach Hause nicht mehr gefunden.«

    Wow, dachte Marie, das ist aber dreist, das kauft Mama ihm garantiert nicht ab, die weiß doch, dass ich mich hier auskenne.

    Aber ihre Mama lächelte auf einmal freundlich und sagte: »Dann ist es ja gut, dass du gekommen bist und sie nach Hause gebracht hast. Kommt rein, ihr zwei, ich habe Grünkohl gekocht. Ihr müsst doch hungrig sein.«

    Marie starrte Nis an.

    Was hatte der mit Mama gemacht?

    Aber Nis grinste nur breit und hielt ihr das Gartentor auf.

    Im Sommer blühten wilde Heckenrosen überall im Garten, auf dem Friesenwall und vor dem Haus. Sie verströmten in der Sommerhitze einen wunderbaren, fast betäubenden Duft. Jetzt im Spätherbst waren die Sträucher dunkelbraun und voll leuchtend orangefarbener Hagebutten, die sich die Vögel im Winter holen würden.

    Marie fand auf einmal, das sehe wunderschön aus. Vorher hatte sie doch immer gedacht, im November sei auf Sylt alles trostlos?

    »Und es hat aufgehört zu regnen«, sagte Nis und zwinkerte ihr zu.

    Marie klappte der Unterkiefer herunter.

    Konnte er Gedanken lesen?

    Gerade als sie ihn das fragen wollte, hielt der Wagen von Mamaoma vor dem Haus.

    »Gott sei Dank, das Kind ist wieder da«, rief sie, während sie ausstieg und Marie ganz fest in die Arme nahm. »Deine Mama hatte fürchterliche Angst um dich, meine Süße.«

    »Nis hat mich nach Hause gebracht«, antwortete Marie wahrheitsgemäß. Die andere Geschichte wollte sie der Oma dann doch nicht auftischen.

    Mamaoma sah Nis an, und einen Moment lang wurden ihre Augen ganz groß vor Verwunderung, so als ob sie sich an etwas erinnere. Aber dann zwinkerte Nis wieder, und Marie glaubte erneut einen goldenen Funken zu sehen. War sie verrückt geworden oder musste sie mal zum Augenarzt?

    Mamaoma lächelte und streckte beide Hände aus.

    »So ein netter Junge«, rief sie. »Dann komm mal, Nis, ich rieche schon den Grünkohl, den wir uns jetzt schmecken lassen wollen!«

    Sie eilte hinter Maries Mama ins Haus. Marie hielt Nis am Arm fest. Jetzt wollte sie es wissen.

    »Sag mal, was machst du da eigentlich?«, fragte sie energisch. »Das mit diesem Blinzeln und diesem goldenen Funken? So was gibt es doch gar nicht – oder?«

    Nis schaute sie an, und Marie dachte einen Augenblick lang, jetzt werde er wieder zwinkern. Sie kniff die Augen zusammen und versuchte sich zu wappnen.

    Dann breitete sich ein Lachen auf Nis’ Gesicht aus.

    »Na, du bist mir ja eine«, sagte er. »Und du willst keine waschechte Sylterin sein?«

    Als er vor ihr ins Haus ging, hörte sie ihn murmeln: »Brüllt in den Wind und ruft mich. Erkennt einen Puk am Blinzeln, und sagt, sie käme nicht von hier.«

    »Was ist ein Puk?«, zischte Marie hinter ihm her, aber er antwortete nicht.

    Mama hatte den Esszimmertisch in der guten Stube mit dem alten friesischen

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