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Über die Linie hinaus: Band 1
Über die Linie hinaus: Band 1
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eBook565 Seiten8 Stunden

Über die Linie hinaus: Band 1

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Über dieses E-Book

Jasper Kühne bricht aus seinem angepassten Erfolgsstreben aus,
um Macht und Abhängigkeit zu überwinden und um das Leben in all
seinen Farben und Abgründen zu erkunden. Er entdeckt die Welt der Freiheit. In Beziehungen, im Sex, in geheimnisvollen Kunstwerken, revolutionären Ideen, der Sehnsuchts-Natur des Südens - und in der Geschäftswelt.
Was aber hemmt den weiteren Siegeszug? Die alten Dämonen sind noch nicht besiegt. Kurz vor dem Ruin erkennt Jasper den kolossalen Irrtum: Er war einer Ideologie gefolgt und hatte praktiziert, was er zu überwinden angetreten war. Waren Jaspers Anstrengungen letztendlich umsonst? Als auch noch unerledigte Geschäfte ihren Tribut fordern, droht Jasper die Vernichtung...

Ein Roman über die zentralen Konflikte menschlicher Identität und der Verortung in der Welt. Ein epochales Werk zwischen feinsinniger Sinnsuche und Getriebenheit. Kann es ein Leben ohne Kampf gegen sich und andere geben? Kann es reuelose Belohnung und bedingungslose Liebe geben? Sind wir Meister unseres Lebens, zu fundamentalem Wandel fähig? Werden wir uns je zum Besseren verändern?
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum30. Aug. 2019
ISBN9783948373078
Über die Linie hinaus: Band 1
Autor

Dominik Petersen

Dominik Petersen, Psychologe, Unternehmensberater für Organisationsentwicklung und Führungskräfte-Coach, ist Autor zweier Fachbücher über Change-Management. Dominik Petersen war außerdem als Therapeut tätig, als Vertriebsgeschäftsführer und als Verhaltenstrainer. Seit über zwanzig Jahren lebt er mit seiner Frau in Italien. Seine Beratertätigkeit führte ihn u.a. in die USA und nach Brasilien. Sein Roman ist von diesen praktischen Erfahrungen aber auch von den damit verbundenen geistes- und kulturgeschichtlichen Impulsen geprägt.

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    Buchvorschau

    Über die Linie hinaus - Dominik Petersen

    Für's „Schputz'l"

    Inhaltsverzeichnis

    Prolog: Ode an den Truck Driver

    Teil I: Vor der Wende

    Kapitel 1: Das Schloss

    Kapitel 2: Menschsein-Training

    Kapitel3: Abendessenzeit

    Kapitel 4: Lazarus

    Kapitel 5: Vollkaufmannschaft

    Kapitel 6: Schauen

    Kapitel 7: Rettung

    Kapitel 8: Schlossschluss & Havannaaroma

    Kapitel 9: Wo geht die Reise hin?

    Kapitel 10: Kapiert?

    Kapitel 11: Doppelspiel

    Teil II: Der Sprung

    Kapitel 12: Klügler

    Kapitel 13: Café Uno

    Kapitel 14: Ledersofa

    Kapitel 15: Verkaufstraining

    Kapitel 16: Nochmal auf dem Sofa

    Kapitel 17: Workshop und Telefonat

    Kapitel 18: Milchhütte

    Kapitel 19: Durchhalten

    Kapitel 20: Entdeckung der Weltmeere

    Kapitel 21: Abschied

    Kapitel 22: Aha-Erlebnisse

    Kapitel 23: Papstspiel

    Kapitel 24: Dann geh doch!

    Kapitel 25: Gesamtkunstwerk

    Kapitel 26: Waldatelier

    Kapitel 27: Reiche Ernte

    Kapitel 28: Ende der Durchsage

    PROLOG

    ODE AN DEN TRUCK DRIVER

    Das Erste, was er in seinem Übermüdungstaumel von der neuen Welt aufnahm, war hellwarme Verschwommenheit. Etwa drei Uhr Ortszeit musste es sein, wenn er seiner Sinne noch Herr war. Hinter ihm ragte die verglaste Riesenfassade des JFK-Terminals gen Himmel; vor ihm, fremd und schwül, türmte sich die Nacht und beschlug seine Brille mit einem schmierigen Kondensfilm. Die kerosinschwangere Luft dämpfte das dunkle Megalopolisdröhnen zu einem undurchdringlichen, feuchtwarmen Geräuschbrei und umfing ihn wie eine schweißtreibende Schwimmweste, die ihn in einen Strom aus Wegweisern, Lichtzeichen, Rufen und Hupen hinübertrug. Er sah das Weiß in den Augen der schwarzen Taxifahrer, ihr Winken, die gelben Cabs, hörte raue Stimmen, breit gezogene Vokale, gekaute Worte, das Ploppen zufallender Limousinentüren, das Brummen anfahrender Autos. Ein Wirbel von grellen Scheinwerfern, glühenden Bremsleuchten, pulsierenden Lichtschriften zerrte an ihm. Tinas Hand in seiner Linken war die Nabelschnur zu Vertrautem.

    Sie hatte ihn hierhergebracht: USA musst du sehen! Wie oft hatte er gebannt den Erzählungen aus ihrer College-Zeit in Ohio und von ihren Greyhound-Reisen gelauscht. Irgendwann hatte er Ja gesagt, seine Frankfurter-Schule-Attitüde abgestreift, das Anti-US-Vorurteil auf Eis gelegt und sich der Herausforderung gestellt, mit abgestandenen Schulenglischresten und einer seit seiner Bundeswehrzeit ruhenden Fahrpraxis den Kontinent zu erkunden.

    Das Zweite, was er sah: We try harder! Der Wahlspruch stand auf einem Button über irgendeinem Angestelltenbusen. Unterschrift: Avis-Car-Rental. Tina hatte die Hinweise entziffert, und so waren sie mit einem der unzähligen Shuttles in das richtige Büro gelangt. Eine neonhelle, schneidende Kunstkälte empfing sie. Von den standardgeschönten Frauengesichtern strömte ununterbrochen lächelnde Zuckerguss-Freundlichkeit, die auf keine Frage wirkliche Antworten erwartete. Die Dame forderte Dokumente, lieferte Formulare, kreuzte Unterschriftzeilen an und förderte unvermittelt – einen Autoschlüssel zutage. Der lag einfach da, um mitgenommen zu werden. Ja, was denn sonst, rüttelte sich Jasper wach. Kann ja keiner wissen, dass du vor einer Woche noch zur Sicherheit ein paar Runden mit Onkels altem Käfer gedreht hast, um dich wieder an Lenkrad, Gaspedal, Bremse und besonders an die Schaltung zu gewöhnen.

    Sie schauten sich kurz an: Ja, wir müssen nur noch raus auf den Parkplatz und losfahren. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten – erste Lektion.

    Jasper lief um das Vehikel herum. Ein riesiges Ding. Gelblich lackiert, Fahrerkabine und Dach gebrochen weiß. Das ist ja irre, fühlte er Begeisterung in sich hochkochen: So eine tolle Karre! Dodge, entzifferte er.

    Ich kenne die Autotypen hier nicht, sagte er zu Tina, aber das muss eine Art Coupé sein, so langgezogen, wie der ist. Die Fahrerkabine relativ klein, aber genau richtig für uns.

    Der Schlüssel funktionierte, und er hievte das Gepäck in den Kofferraum. Du, Tina, das ist ja fantastisch, unglaublich ... Ich muss mit dem gleich los!

    Jasper, mach mal langsam! Kannst du das denn? Dreh erst ein paar Runden hier auf dem Gelände!

    Ob ich was? Ob ich das kann? Sag mal, hast du sie noch alle? Eine Proberunde ist in Ordnung, komm rein. Jaspers Stimme zitterte vor Ungeduld.

    Drinnen roch es ein bisschen abgestanden. Meine Güte!, rief er aus, so viel Platz, der pure Luxus! Und schau mal, der hat Automatik! Er fand das Zündschloss, und schon brummte der Dodge auf, mit einem beinahe väterlichen Basston wie aus der breiten Brust eines Zigarrenrauchers. Der Wagen war gut zu manövrieren: Bremse, Gas, Licht, Lenkung, Rückspiegel – alles da. Was will der Mensch mehr? Herrlich!

    Das Land steht uns offen. Ab nach – wohin wollten wir? Boston, richtig? Du hast doch drin gefragt, wie wir aus dem Flughafen rauskommen?

    Ja, wir sollen unbedingt darauf achten, die 678 North zu erwischen. Die sei angezeigt, hieß es. Vorher müssen wir erst, ich glaube links, dann geradeaus, dann nochmal links – so ungefähr. Aber der Highway sei angezeigt, meinte die Frau.

    Jasper gab Gas. Der Dodge ging ab, gar kein Vergleich mit dem Käfer.

    Das Links-geradeaus-links-Thema war bald passé. Völlig unklar, was die gemeint haben könnte, kommentierte Jasper. Sie kurvten in der Gegend herum. Boston-Wegweiser konnten sie hier nicht erwarten.

    Nach Norden geht es, richtig?

    Ja, die 678 Richtung Norden. Aber jetzt sind wir wenigstens schon mal aus dem Flughafengelände heraus.

    Sie waren bestimmt schon eine halbe Stunde unterwegs. Es sah nicht so aus, als ob es hier eine große Ausfallstraße gäbe. Jasper blickte umher. Hohe, gelblich gleißende Halogenleuchten pflasterten verlassene, von Maschendraht gesäumte Asphaltbahnen mit spärlichen Lichtinseln. Dazwischen tiefschwarze Leere. Weit hinter ihnen rotierten rote Flugblinkzeichen, Stroboskopblitze zuckten regelmäßig auf. Wegweiser waren keine zu erkennen.

    Tina, ich glaube, wir müssen fragen.

    Tja, Jasper, meinte sie, wenn du mir sagst, wen. Kein Schwein ist hier auf der Straße. Ah, da hinten sind Leute!

    Sie näherten sich einer Gruppe von jungen Schwarzen mit einem Schäferhund. Sie kauerten auf dem Randstein.

    Die müssen wir fragen.

    Bist du verrückt? Ich kann doch hier nicht aussteigen, mutterseelenalleine mit fünf Schwarzen und diesem Hund!

    Du hast bloß Schiss vor dem Hund, Tina, ich kenne dich doch.

    Nein, ich kann da nicht raus!

    Ich gehe mit, sagte Jasper beschwichtigend, aber du musst mit rauskommen, weil ich mit denen nicht reden kann. Du bist schließlich die Amerikanerin.

    Die fünf lachten und rissen den zähnebleckenden Hund mit der Leine zurück. Viele Gesten, viele Worte, weiße Zähne und weiße Augäpfel in wabernder Nachtschwärze, irgendwo bei New York. Das half ihnen nicht weiter. Sie fuhren und fuhren.

    Haben die Englisch gesprochen?, fragte Jasper.

    Du hast ja keine Ahnung, wovon du redest, erwiderte Tina angesäuert. Die reden hier kein Englisch, die reden auch kein Amerikanisch, die reden Unterschichten-Slang.

    Ich habe von vornherein gesagt, dass mein Englisch jämmerlich ist, wehrte Jasper ab. Kommunikation ist dein Job, Tina.

    Ja, ja, ja. Sie schaute weg, aus dem Seitenfenster, ins Schwarze.

    Die Schwüle wurde unerträglich. Jasper erkundete die Temperaturregelung. Das sah ja gar nach Klimaanlage aus, unglaublich! Er fingerte an diversen Schaltern herum, misstrauisch von Tina beäugt. Einmal blies es stark, aber warm. Dann wieder passierte gar nichts. Kaltluft wollten die Düsen partout nicht auspusten.

    Ich mache das später, sagte Jasper, wenn wir wissen, wo wir hinmüssen.

    Vielleicht sollten wir erst mal herauskriegen, wo wir überhaupt sind, gab Tina zu bedenken.

    Sie hielten erneut an. Jasper mochte es nicht glauben, hatte er doch vor der Abreise voller Stolz einen echten Rand-McNally-Amerika-Straßenatlas erstanden und studiert. Und jetzt war er nicht in der Lage, irgendetwas Hilfreiches zu erkennen. Vollkommen unmöglich. Den Atlas konnten sie zur Seite legen.

    Wir kommen hier nie raus, stöhnte Tina. Jetzt sind wir schon zwei Stunden unterwegs.

    Dann war es so weit: endlich ein Highway, eine nummerierte Straße. Der Verkehr nahm zu, sie näherten sich der Zivilisation, wenigstens das. Jetzt hieß es herausfinden, auf welcher Nummer sie fahren sollten.

    Das ist ja hier eine Zumutung!, fluchte Jasper, während er versuchte, das Schiff auf Spur zu halten. Der Dodge verhielt sich seltsam. Weich war er wie ein Sofa, und wenn man das Lenkrad bewegte, wusste man nie genau, ob der Kerl das auch kapierte, so spielzeughaft leicht ging es. So fühlte sich also eine Servolenkung an.

    Pass auf, pass auf, Jasper, pass doch auf! Tina stemmte ihre Hände vor Anspannung neben sich in den Sitz.

    Was ist denn schon wieder?, brummte er und zog das Auto vom Streifen weg. Der Fahrer auf der Nebenspur schüttelte den Kopf.

    Verflucht! Das ist die Servolenkung, Tina. Muss ich mich noch dran gewöhnen.

    Dann fahr halt nicht so schnell, Mensch!

    Ein steter Strom, ein stetes traumwandlerisches Zu- und Abfließen auf den vielen Spuren, wie von Geisterhand gesteuert. North, South, East, West – konnten denn die Amis keine vernünftigen Hinweisschilder anbringen?

    Woher soll ich denn die Himmelsrichtung in diesem Chaos wissen?, jammerte Jasper.

    Tina konnte er als Navigatorin vergessen: Sie war schon längst beim Existenziellen angelangt und nur darauf aus, beide vor dem drohenden Unfalltod zu retten. Wir fahren South, wir müssen aber North, Jasper!, rief sie dann doch. Wir müssen die N95 North erwischen. Wir sind falsch!

    Gut, dann muss ich eben runter. Er schaffte es, nach rechts zu manövrieren, musste jedoch im selben Augenblick erkennen, dass es auch links Abfahrmöglichkeiten gab. Endlich kamen sie runter – um sofort auf einen anderen Highway geschleust zu werden.

    Aber dann, was war denn das ...? Sah er richtig? Der Tag schien sich anzukündigen, langsam wich das tiefe Dunkel einem verheißungsvollen Ankunftsgrau, und es lichtete sich weiter. Ein blasser Schein ließ sogar irgendwo die Sonne vermuten. Glücklicherweise. So würden sie schließlich aus diesem geordneten Chaos herausfinden.

    Aber das da vorne? Jasper, Jasper!, rief Tina neben ihm. Vor ihnen mündete der riesige Fahrstrom in eine pylonenbewehrte Schleuse ein – eine Brücke. Ja, das waren die verstrebten Eisenpylonen einer Hängebrücke, gehalten von Titanenkabeln. Gott im Himmel, wie groß, wie überwirklich hoch. Auch Tina staunte: Hinter ihnen schob sich eine überdimensionale Sonne in Aprikosentönen über den Horizont, stumm und mächtig. An was konnte er sich jetzt halten? Im Hintergrund, auf der gegenüberliegenden Seite der Brücke, zeichnete sich ein Gebirge ab, von der Morgenröte in sachtes Glühen versetzt – ein Gebäudegebirge, ein Wolkenkratzerhöhenzug, eine Skyline.

    Jetzt hörte er Tina: Jasper, Jasper, das ist falsch, das ist Manhattan, das muss die Triborough oder Brooklynbridge sein, um Gottes willen, da dürfen wir nicht rein, da kommen wir nie mehr raus ...

    Manhattan, Man-ha-tttaan! Dieser ferne poetische Klang gewann unermessliche Dimensionen. Vor seinen Augen materialisierte er sich zu einer bedrohlichen, graupastelligen Burglandschaft, die sich sanft mit der Strömung gegen die gewaltigen Eisenverstrebungen verschob, wie vom Jenseits grüßend und doch greifbar nah. Das war überwältigend. Der Krampf war ihm aus den Armen gewichen, der kleine Jasper hing am Steuer und war ganz Schauen, Aufnehmen, Erfassen. Gewaltig, erhaben!

    Jasper, Jasper!

    Seine Reflexe meldeten sich zurück. Tina hatte recht: New York war später dran. Der magische Sog verlor seine Kraft. Eine Abzweigung zog sie in einen Nebenstrom, der rechte Pylon wuchs über ihnen, um schemenhaft nach links zu gleiten, zu schrumpfen und schließlich zu verschwinden. Der Fluss verzweigte sich in Rinnsale.

    Ein Straßengewirr nahm sie auf, endlose, feuerleiterbewehrte Häuserzeilen begleiteten sie, wie zusammengebunden von abertausend Elektrodrähten. Der große Strom hatte sie entlassen, dem Jenseits hatten sie widerstanden. Jetzt fuhren sie wieder im kleinteiligen, unübersichtlichen, schmuddeligen Diesseits irgendwelche Straßen entlang. Dann erhaschten sie Queens. Wieder versuchten sie während eines Stopps, dem Autoatlas Geheimnisse zu entreißen, bis Jasper klarwurde, dass der sich nicht auf einzelne Straßennamen in Queens eingelassen hatte. Sie waren auf sich selbst gestellt.

    Links an der Ecke näherte sich ein Drugstore. Ein Truckfahrer hatte dort sein Riesengefährt geparkt. Er turnte aus dem Fahrerhaus, überquerte vor ihnen die Straße und verschwand in der Eckkneipe.

    Ein Mensch, endlich ein Mensch wie du und ich – ein Weißer zudem. Jasper hatte abbremsen müssen. Flehentlich wandte er sich zu Tina: Tina, bitte, Tina, hör mich noch einmal an. Hier wäre eine Möglichkeit, einen Menschen zu fragen. Vielleicht kann der uns helfen. Bitte, Tina, sonst kommen wir nicht weiter. Wir wollten heute nach Boston. Cambridge war eingeplant... Das wird doch sonst alles nichts. Bitte.

    Was glaubst du denn, was ich fragen soll?, gab sie finster zurück.

    Sag, was Sache ist. Sag einfach, dass wir die 95 North suchen, dass wir rettungslos verloren sind. Tina, bitte.

    Sie tat es. Er wartete. Minuten vergingen, während derer er den Drugstore beobachtete. Vertrauenerweckend wirkte die Gegend hier nicht. Weitere Minuten vergingen. Da kam sie. Mit ihr der Truckfahrer. Als sie den Schlag öffnete, hatte der Trucker sich schon in seine Fahrerkanzel geschwungen und die Tür zugezogen.

    Und? Jasper war sprachlos.

    Sie sah ihn an: Er fährt uns voraus!

    Der fährt uns voraus?

    Ja, nickte sie und berichtete. Da waren viele Truckfahrer und haben mich wortlos angeschaut. Dann haben sie gesagt, dass wir den Weg nie finden würden. Und dann haben sie diskutiert. Ich habe nicht alles verstanden. Sie waren aber freundlich, nette Leute. Schließlich hat der da vorne gemeint, dass wir ihm folgen sollen, er müsse in die gleiche Richtung.

    Jasper unterbrach sie. Aber der wird uns doch nicht bis Boston vorausfahren?

    Nein, Idiot, nicht bis Boston. Aber er hat gesagt, er würde uns ein Zeichen geben, wenn wir nichts mehr falsch machen könnten.

    Jasper setzte sich ans Steuer und war nur noch von einem Gedanken beherrscht: Bitte, bitte häng mich nicht ab! Er klammerte sich ans Lenkrad und hielt sich hinter dem Truck. Und der gab acht. Wenn die Distanz größer wurde, verlangsamte er. Wenn Jasper vor einer Ampel haltmachen musste, wartete er. Sie durchquerten das Viertel, erreichten eine Avenue, sie reihten sich in Fahrströme ein, verließen sie wieder, um sich anderen anzuschließen. Sie fuhren über Hochbrücken, glitten hinunter, fanden den nächsten Highway-Anschluss, fuhren wieder hoch. Harlem, Bronx, Parklanes, Turnpikes, Highways ... unwirklich schien ihm die Nähe der so fern klingenden Namen. Plötzlich, mit dem hellen Tageslicht, hatten sich Ideen, Bilder, Vorstellungen in Realität verwandelt. Dranbleiben, dranbleiben! Bloß keinen Fehler machen, sich nur nicht falsch einreihen! Du Tina, das nimmt ja kein Ende. Das geht ja schon über eine Stunde. Der Verkehr wurde dichter, die Ströme schwollen an. Rushhour.

    Und dann Toll. Was heißt Toll? Toll station! Money ready!

    Ach du liebe Zeit! Wir haben doch Geld gewechselt, Tina?

    Ja, ja! Sie war schon dabei, diverse Taschen zu durchwühlen, zerrte an Reißverschlüssen.

    Wo, verdammt, ist das Geld? Du hast es doch in die Brusttasche gesteckt, wenn ich mich richtig entsinne.

    Ja, aber da sind nur die Banknoten und Traveler's Cheques drin.

    Das Kleingeld! Wir brauchen Kleingeld! Du siehst ja die Barriere da vorne, eine Kabine neben der anderen, wo du wahrscheinlich Münzen hineinwerfen musst.

    Je näher die Durchgangsschleusen rückten, desto zäher floss der Fahrzeugstrom, und Tinas Suche wurde immer hektischer.

    Habe doch gewusst, dass ich auf Münzen geachtet habe. Hier! Wie viel eigentlich? Ah, da! Ich zähle ab.

    Jasper machte sich mit dem Fensterheber vertraut. Einen Knopf musste er drücken. Gott sei Dank! Die Barriere näherte sich, ihr guter Engel war schon durch, eine Reihe weiter rechts.

    Jetzt kamen sie dran. Was war denn das? Wo war denn der Einsteckschlitz? Kaum zu sehen. Weiter unten waren eigenartige Körbe angebracht, trichterförmig, wohl für alte Tickets. Jasper wurde nervös. Wie den Automaten füttern? Er suchte nach dem verfluchten Schlitz. Hörte einen Schwarzen in Uniform rufen. War er gemeint? Hinter ihnen hupte es.

    Jasper, jetzt mach doch endlich! Die fluchen ja schon alle!, hörte er Tina. Leicht gesagt. Jetzt, da hinein. Aber er langte nicht hin. Sein ausgestreckter Arm war zu kurz, die Distanz zu groß.

    Ach, du liebe Güte! Mach doch einfach die Tür auf!

    Ja, sicher. Es hupte. Der Uniformierte rief etwas. Jasper hatte einen Fuß nach draußen gesetzt. Das Hupen schwoll an, der Uniformierte schrie lauter. Eindeutig meinte er ihn. Er setzte sich in Bewegung und kam auf sie zu.

    Endlich hatte Jasper dem Automaten das Maul gestopft. Er sank zurück in den Fahrersitz. Der Schwarze gestikulierte wild und brüllte, dass seine Bluesstimme das Hupkonzert übertönte. Was war denn nun?

    Du, Jasper, irgendetwas ist falsch.

    Der Uniformierte war nun herangekommen, weiter heftig gestikulierend. Plötzlich kapierte Tina, was los war: Jasper hätte das Geld in den Trichter werfen müssen, nicht in den Schlitz. Da war der Schwarze gnädig, öffnete einen Lederbeutel, der ihm über die Schulter hing, und wechselte die Banknote, die Tina ihm hinhielt, in Kleingeld. Er zählte den Betrag auf seiner Handfläche ab, hielt Tina das Geld unter die Augen und wartete ihr Nicken ab, um schließlich die Münzen demonstrativ und in hohem Bogen in den Trichter zu werfen. Dann zog er ab.

    Weiterfahren war angesagt, einfach weiter. Keine Ahnung, wo sie waren. So ziemlich das Einzige, worauf Jasper geachtet hatte, war der Hintern des Lasters gewesen. Und der war weg. Alles war schließlich so gut gelaufen – und jetzt? Geld weg, und Schutzengel weg. Der konnte schließlich ihretwegen keinen Stau verursachen, selbst wenn er gewollt hätte. Die Nummer, die Jasper hier abgeliefert hatte, war ja tatsächlich eine Zumutung, in jeder Hinsicht, vor allem für ihren Schutzengel. So blöd konnte man ja gar nicht sein! Da half tatsächlich nur eine dicke Decke des Schweigens. Die Müdigkeit traf ihn plötzlich wie ein Vorschlaghammer.

    Und nun ...? Nein, konnte das sein? Galt das ihnen? Jasper rieb sich die Augen, und seine Schläfrigkeit wich einer überreizten Aufmerksamkeit. Da vorn blinkte es! Aber hier blinkte es von überall her. Der Wagenstrom hatte sich im Barrierebereich beim Brückenausgang gestaut. Stockend ging es voran, Bremslichter leuchteten auf und verloschen wieder. Aber da vorne rechts – ja, das waren Blinker eines Lastwagens, ihres Lastwagens, ihres Schutzengeltrucks, der sich in die Fahrspur vor ihnen drängte.

    Tina, schau, Tina, schau doch! Ein Wunder!

    Tatsächlich, ein Wunder! Der Trucker hatte gewartet, hatte sich ganz nach rechts abgesetzt, über alle die Fahrspuren hinweg, und hatte für diesen Dinosaurier von LKW tatsächlich einen Standplatz gefunden. Kein einfaches Manöver. Das war die Rettung.

    Und die Reise ging tatsächlich weiter. Dieser Mann nutzte die Autorität der puren Masse seines Trucks und bahnte sich einen Weg zurück über die Fahrspuren; unbeeindruckt von Hupkonzerten und Scheinwerferblinken, setzte er sich unbeirrt direkt vor sie.

    Und dann sah Jasper einen Arm, der sich aus dem Fenster reckte. Das galt ihnen, ein Zeichen. Der Arm vollführte tatsächlich eine winkende Geste, als wolle er sie nach vorne schaufeln, und machte das immer öfter. Geht jetzt! Fahrt zu! Einfach weiter! Fahrt, fahrt, fahrt! Weiter, weiter, geradeaus! New Haven, Boston, Cambridge – wohin immer ihr wollt. Ihr seid jetzt auf dem richtigen Weg. Und gute Reise auch, gute Reise!

    Jetzt waren sie tatsächlich in der Neuen Welt angekommen. Sie sahen sich an und mussten lachen. Dvořáks sehnsuchtsvolle Indianerweise klang Jasper lockend in den Ohren, und dann schallte der mächtige Bläserchor auf und trug sie weiter. Die Entdeckungsreise hatte begonnen.

    TEIL I: VOR DER WENDE

    Bloßes Bewusstsein muss immer zum Hass neigen, nicht nur, weil es

    guter Commonsense ist, den anderen auszumerzen, sondern auch aus

    dem tieferen Grund, dass das Individuum, welches nur

    Kreisausschnitte sieht, ständig überrascht und notwendig verärgert

    ist, wenn seine sturen Maßnahmen zurückwirken und den Erfinder

    peinigen.

    Gregory Bateson

    KAPITEL 1: DAS SCHLOSS

    Helmut Kohl war gerade Kanzler geworden, und der deutsche Anleger kroch nach der sozialdemokratischen Nacht aus dem Bett, machte die Läden auf, ließ die Sonne herein und inspizierte die aufblühende Landschaft. Und was entdeckte er? Ein Schloss.

    Schloss Weyring, quadratisch um einen kleinen Innenhof angelegt, wird von einem mächtigen Walmdach überwölbt und von zwei langgezogenen Flanken vorgelagerter Wirtschaftsgebäude angekündigt. Der Ankömmling, aus der dunkel ruhenden Kastanienallee tretend, fühlt sich von ihnen großzügig begrüßt und um das Rondell herum zum rundbogigen Eingangsportal geleitet. Sein Gang weitet sich zu einem Schreiten, und er hält kurz inne, um den Blick zu den Fensterreihen zu erheben: Die höheren Fenster verraten die klassische Beletage. Die gesamte Anlage erinnert an eine Florentiner Medici-Villa in barockem Gewand, so wohlproportioniert und unprätentiös-selbstsicher ruht sie in dieser hügeligen Weide- und Waldlandschaft des bayerischen Schwabens.

    Als wolle er den Einbruch der Gegenwart in diese zeitlose Idylle möglichst sanft gestalten, glitt der bordeauxrote Rolls-Royce in den Vorhof, den chromblitzenden Kühlergrill wie eine griechische Tempelfront vor sich herschiebend. Von der Seite wurde der Fahrer sichtbar. Herr Professor Schalk, von hoher Gestalt, chauffierte selbst und musste seinen Kopf neigen, um den Wartenden einen Willkommensblick zuwerfen zu können. Die Scheibe des Seitenfensters war herunterkurbelt, und der Professor ließ mit lässiger Geste seinen Unterarm all'italiana heraushängen. Dabei fiel ihm eine Strähne seiner silbergrauen, bis über den Kragen reichenden Mähne ins Gesicht und zwang ihn zu einem unwillkürlichen Zwinkern. Nimmt er das Auto nicht ganz ernst, oder das Auto ihn nicht?, fragte sich Jasper.

    Schöner Tag ... heute ... die Herren, äähh, nicht wahr, grüßte der Professor Bert und Jasper, die vor dem Portal standen, während er das Auto abschloss.

    Ja, guten Tag, Herr Professor Schalk.

    Bert, vom Äußeren her eine Art gedrungene Thomas-Gottschalk-Version, verfügte über einen siebten Sinn für anderer Leute Unstimmigkeiten, die ihn immer mehr oder weniger verhohlen amüsierten. Wenn aber jemand sich derart unbeirrt inszenierte, wie Schalk es tat, legte sogar Bert den ironischen Habitus ab und verlieh seiner Begrüßung den Anschein respektvoller Verehrung.

    Die schlanke Gestalt, in perfekt sitzendem Seidenanzug, geziert mit weißem Einstecktuch, die Krawatte von einer brillantbesetzten Spange gehalten, trat ein wenig gebeugt auf sie zu, als wäre Schalk dauernd auf der Hut, sich den Kopf nicht anzustoßen. Er reichte beiden freundlich die Hand.

    Und, äähh, wo bleibt ... unser Freund und Partner ... Drücking?

    Immer wieder verblüffte Jasper Schalks bizarrer Sprachtick. Schalk selbst sah das aber vermutlich ganz anders. Er hatte sich die Pausen angewöhnt, um seinen Redefluss zu dehnen und damit seinen Professorenstatus von ecuadorianischen Gnaden mit einem Hauch von Verschrobenheit zu adeln. Von Nahem überraschte sein jugendliches Gesicht. Vermutlich war er nur knapp zehn Jahre älter als Bert und Jasper, also erst Anfang vierzig.

    Er hatte dieses Projekt aufgetan und es in ein „Bauherrenmodell" verwandelt. Das Schloss sollte restauriert, in Appartements aufgeteilt und als Steuersparmodell einzeln an sogenannte Bauherren verkauft werden. Den frisch erwachten deutschen Anleger würde es freuen.

    Die vier Männer hatten sich hier verabredet, um Details zum Schloss zu erfahren und um mit Schalks Unterschrift die Zusammenarbeit endgültig zu besiegeln: Bert und Jasper, ihres Zeichens frischgebackene Geschäftsführer der Wirtschaftsberatungsgesellschaft mbH und als solche auch gleich von Psychologen zu Vollkaufleuten befördert, außerdem Herr Heinz Drücking und Professor Franz Schalk. Nachdem sie den Alleinvertrieb für dieses Projekt gewonnen hatten, hatten sie den GmbH-Mantel erworben und firmierten nun also unter WBGmbH.

    Die Linden dufteten betörend, hellgelbe Blütenblätter tanzten durch den blauen Vormittagshimmel, eine Brise blies Schalk eine Strähne ins Gesicht und von überall her zirpte und trillerte und flötete es. Allem Anfang liegt ein Zauber inne, ging es Jasper durch den Kopf.

    Nach der Führung durch Professor Schalk konnte es losgehen. In einem knappen Jahr mussten die Anteile unters Volk gebracht sein. Bei vierzehn Einheiten und zwölf Millionen DM Gesamtvolumen würden, wenn man Verkäufer- und Käuferprovision zusammenrechnete, circa siebenhunderttausend Mark hängenbleiben. Als Zubrot zum laufenden Trainingsgeschäft, rechnete Jasper immer wieder ungläubig nach, hieße das allein für ihn dreihundertfünfzigtausend, gar nicht zu sprechen von den Provisionen – er musste sich bei diesem Gedanken die Lippen benetzen –, die bei ihnen durch Vermittlung von Finanzierungen mittels Lebensversicherungen anfallen würden.

    Die konnten sie anbieten, weil sich ihr junger Versicherungsfreund und williger Lehrling in allgemeiner und praktischer Lebensphilosophie, Ulli Goldmann, gerade selbständig machte und sie als Partner in die Agentur hineinnehmen wollte. Absolute Ahnungslosigkeit in Versicherungsfragen würde x-fach durch psychologisch fundierte Vertriebsstärke kompensiert werden. Man stelle sich nur vor: klinisch erfahrene Verhaltenstherapeuten im Verkauf! Etwaige Widerstände würden wie Butter in der Sonne schmelzen. Alles wasserdicht. Das würde funktionieren, war Jasper überzeugt. Freilich ging von der Summe noch ein bisschen was ab – für den außerordentlich gelungenen Prospekt und für die Bautafel. Und dann, richtig, würden sie natürlich noch Anzeigen schalten müssen. Das ergab auch noch Kosten. Die Garantie, die sie gegeben hatten, galt nur für den Fall eines Misserfolgs. Kurz und gut – ein brillantes Geschäftsmodell in Anbetracht der Tatsache, dass sie absolute Nobodys waren. Klar, die Rechtsanwaltskosten kamen auch noch auf sie zu, aber ihr Freund und Turnschuhadvokat Dr. Haberkorn hatte sie bis auf Weiteres gestundet. Und er hatte ihnen den Firmenmantel günstig vermittelt. Schließlich fallen immer noch Kleinigkeiten an ...

    Röchelndes Motorengeräusch riss Jasper aus seinen euphorischen Gedanken. Ein kastanienbeschattetes Porscherot pirschte sich heran, um schließlich im Hof, von der Maisonne getroffen, aufzuflammen und dem Rosenrondell vor dem Portal einen vorsommerlichen Glanz aufzusetzen. Fürstentum Monaco, verriet das Nummernschild.

    Drücking, mittelgroß, leicht angegraute Haare, kräftige Figur, kurz gehaltener Schnauzer, rheinischer Charakter, ganz Durchmarschierer, steuerte mit einem Aktenpaket unter dem Arm auf sie zu. Tag, Tag, Tag. Kräftiger Händedruck. Wo können wir hingehen?

    Gemeinsam betraten sie das Gebäude. Ein mit blankgetretenen Steinplatten ausgelegter Eingangsbereich nahm sie auf, um sich zugleich zu einem Innenhof hin zu öffnen. Rechts und links führten breite herrschaftliche Treppenaufgänge empor, sie nahmen den rechten. Im ersten Stock erstreckte sich ein riesiger Salon, die Beletage, in die durch die hohen Fassadenfenster helles Tageslicht einfiel. Der Salon war mit Groteskenmalereien geschmückt, und an der Decke waren noch Reste von Deckengemälden zu erkennen. Die leeren Flächen an den Saalwänden hatten wohl ehemals Gemälde geziert. An den Stirnseiten thronte jeweils ein moosgrüner, deckenhoher Kachelofen. Inmitten des Raumes stand ein großer Tapeziertisch. Hier sollte wohl bald das Baubüro installiert werden.

    Sie hatten sich hier vor Ort eingefunden, weil Schalk ihnen noch Einzelheiten der Architektur und Ausstattung zeigen wollte. Vor allem konnten sie diesmal den gesamten Dachstuhl besichtigen, eine über dreihundert Jahre alte Konstruktion aus mächtigen Eichenbalken.

    Die Unterschriftenprozedur war schnell erledigt. Ganz anders als die erste Runde ein paar Tage zuvor. Den dicken Füllfederhalter in der Hand, sah Jasper die Szene von vergangener Woche wieder vor sich.

    Sie hatten sich mit Drücking bei der Werbeagentur getroffen, die den Prospekt gestaltet hatte. Es sollte um die Vertriebsvereinbarung gehen. Gegen sechs Uhr abends, mit über einer Stunde Verspätung, war dann endlich von der Einfahrt her ein röchelndes Brummen zu hören gewesen, der Motor drehte kurz hoch, verstummte, und dann stand Drücking endlich im Büro. N'Abend, n'Abend, die Herren Psychologen. Wissen Sie, ich fahre immer bis zum letzten Dröppelchen, ich kann nicht anders, das gibt mir 'nen Kick. Total verrückt, aber so halte ich mich wach. Wenn ich sehe, dass es noch zwanzig Kilometer zur nächsten Tankstelle sind und die Tankanzeige ist im roten Bereich, dann denke ich mir: Jetzt lass uns mal sehen, ob ich das nicht noch hinkriege. Und heute, von Würzburg kommend, schon am Steigerwald vorbei, hat's nicht gereicht. Versteh ich nicht. Wenn der Zeiger im roten Bereich ist, reicht's für achtzig Kilometer. Heute hat er den Geist nach sechzig aufgegeben, meiner Schätzung nach. Dann kam der ADAC nicht. Sie können sich's ja vorstellen.

    Bert merkte an, dass sein Mercedes über die gleiche Reserve verfüge, etwa achtzig Kilometer.

    Ah, Herr Protzler, dann ist das blaue Coupé draußen Ihres?

    Treffer, dachte Jasper und hielt sich als Audi-Gebrauchtwagenfahrer lieber heraus. Auf langen Strecken war so ein Auto ja viel vernünftiger.

    Weiß auch nicht, warum ich mir diese Bandscheibenquälerei antue. Bert gab ein sonores Lachen zum Besten und meinte, dass er sich aus diesem Grund die Sportlichkeit für die Luft aufgehoben habe.

    Was das heiße, für die Luft, wollte Drücking wissen.

    Flugzeug! Hobbyfliegerei!

    Ah, Sie haben einen Flugschein?

    Ich hatte einen, aber ich kann die Zeit dafür nicht mehr aufbringen. Man muss ja die Flugstunden zusammenbringen. Wenn man viel zu tun hat, geht das irgendwann nicht mehr. Eigentlich schade. Aber vielleicht später. Und mit volltönendem Lachen fügte er hinzu: Wenn wir keine Schlösser mehr verkaufen müssen!

    Jasper war immer wieder von der Ungeniertheit überrascht, mit der Bert sein Revier markierte: Mercedes, Flugschein, viel Arbeit. Der Stil passte aber zur Branche. Und er konnte froh sein, dass wenigstens einer in ihrem Gespann das Repertoire beherrschte und auch über ein paar nützliche Requisiten verfügte. Klar, Bert stammte aus einer Bauunternehmerfamilie. Früher, an der Uni, und später, am Institut, waren eher Jaspers Fähigkeiten gefragt: Systematik, Tiefgang, Vertrauenswürdigkeit. Aber was soll's.

    Was Ihnen die Fliegerei bedeutet, spann Drücking unbeirrt den Faden weiter, bedeutet mir das Wasser. Bert drehte den Stuhl vom Konferenztisch in Richtung Drücking, schlug die Beine übereinander und lehnte sich zurück. Jasper musste den Oberkörper nach vorne beugen, um nicht ganz außen vor zu bleiben. Wasserski! Das ist mein Hobby zur Entspannung. Sie haben ja meine italienische Adresse auf dem Briefbogen gesehen.

    Bert reagierte ganz lässig. Oh, ja, ist mir schon aufgefallen - Melide, wenn ich nicht irre.

    Ja, ganz richtig! Das ist eine interessante Gegend da unten. Drücking beschrieb nun die Lage am südlichen Teil des Luganer Sees, wo der Damm den See überquert. Auf der anderen Seite ist man dann gleich in Italien. Ein Stückchen weiter östlich kommt dann Campione d'Italia.

    Natürlich, lächelte Bert kennerisch, die Enklave mit dem Spielcasino ... Interessantes Gebiet, durchaus, lachte er wieder über das Drücking'sche Bonmot.

    Man kennt sich aus, dachte Jasper ein wenig neidvoll. Der liebe Bert spielt doch wirklich in jeder Liga mit.

    Ich habe da unten mein Boot liegen. Und, wissen Sie, wenn man dann mit seinen Freunden und Geschäftspartnern in einer völlig anderen Gegend ausspannen kann – das bringt eine ganz neue Qualität in die Beziehungen.

    Beim Thema Wasser konnte Jasper endlich mitspielen. Wie ist das mit dem Segeln da unten? Jetzt konnte er seine Ammersee-Jugend ein bisschen einbringen, über Winde und Flauten sprechen, auch damals Wasserski ... Ein stilvolles Herrengespräch kam in Gang. Der Typ Konversation will beherrscht werden, dachte Jasper.

    Vom Luganer See kam Drücking zum Lago Maggiore. Ach, das muss ich Ihnen zeigen. Und er nestelte in dem Aktenstoß, den er mitgebracht hatte. Sehen Sie mal, wie finden Sie das?

    Bert und Jasper schauten ihm über die Schulter: Paradieslandschaft mit Wasser- und Himmelbläue, Bergen, Palmen, Schnee und lächelnden Frauen. In der Mitte, entlang des Seeufers, erstreckte sich ein Hotel, auf das Drücking mit dem Finger zeigte.

    Tolles Hotel, kommentierte Bert.

    Nein, das ist kein Hotel, sondern ein Time-Sharing-Modell, bei dem jede Einheit über einen eigenen Seezugang mit Liegeplatz verfügt. Er blätterte im Prospekt weiter: Grundrisse, Quadratmeterzahlen, amtliche Bescheinigungen, Renditeberechnungen, siebenstellige Ziffern. Da bin ich im Moment dran. Deswegen brauche ich ja Sie. Dazu kommen wir gleich. Jasper atmete auf. Endlich.

    Das ist eins meiner Geschäfte, meine Herren – unter anderem. Und er klappte den Prospekt zu.

    Jasper erinnerte sich: Drücking wurde von allen stets unter dem Titel Investor geführt. Auch am Projekt Schloss Weyring war er finanziell beteiligt. Die Einzelheiten seiner Vereinbarung mit Professor Schalk kannten sie nicht. Der Eigenkapitalanteil war zu einem großen Teil wohl von ihm gestellt worden.

    Sonst interessieren mich industrielle Investments, wissen Sie. Er legte den Prospekt ordentlich in den Stapel zurück. Der Mensch muss aktiv sein. Ohne ein Ziel, ohne eine Aufgabe werde ich verrückt. Angefangen habe ich als Autoverkäufer. Ich hatte mir vorgenommen: Mit dreißig musst du deine erste Million gemacht haben. Das habe ich hingekriegt. Zehn Jahre später, nachdem ich meine Frau kennengelernt hatte, habe ich mich zur Ruhe gesetzt. Ich sage Ihnen: Unmöglich, einfach unmöglich! Ich bin im Haus herumgerannt wie ein Löwe im Käfig. Und irgendwann habe ich meiner Frau gesagt: Entweder ich drehe durch, oder ich steige wieder ein. Da hat sie gemerkt, dass ich es ernst meine, und hat nachgegeben.

    Sie hörten Geräusche in den nebenliegenden Büros. Jemand schien aufzuräumen. Lichter wurden ausgeknipst, Schlüsselbunde klimperten. Mit einem Satz sprang Drücking auf und schoss aus dem Raum. Bert und Jasper sahen sich an wie Kinogänger in der Pause, die sich erst sortieren müssen, bevor sie in die Realität zurückkehren. Sie hörten Stimmen, Begrüßungen, Schritte, Türenschlagen, dann kam Drücking zurück. Danke, wusste ich doch, dass Sie mich nicht im Stich lassen! Im Schlepptau hatte er eine junge Dame, die freundlich ein Tablett mit Gläsern und belegten Brötchen abstellte, um sich, charmant lächelnd und guten Abend wünschend, in den verdienten Feierabend zu verabschieden.

    Draußen war es mittlerweile stockdunkel geworden. Jaspers Uhr zeigte neun. Erneut verschwand Drücking. Sie hörten, wie vor dem Haus eine Wagentür ins Schloss fiel. Dann erschien er wieder mit einer Flasche Rotwein in der Hand. Bei dem Gequatsche kriegt man ja einen ganz trockenen Mund, finden Sie nicht auch? Also hier eine Kleinigkeit zum Befeuchten. Damit schenkte er die Gläser voll. Der Wein mundete, ein voller Merlot. Bert inspizierte das Etikett. Der ist aus dem Ticino. Tessiner Weine sind bei uns eine Rarität. Die Mengen sind zu klein, nickte Drücking bestätigend. Sie rollten alle den Roten auf der Zunge. Greifen Sie zu, greifen Sie zu! Jasper war froh, mittlerweile hatte er einen Bärenhunger und auch das typische Kopfweh, wenn er lang nichts gegessen hatte. Ja, ja, der Süden ist schön. Und gar nicht weit weg. Bald kommt der Sommer, dann können Sie gerne mal runterkommen. Für ein Wochenende. Gefällt Ihnen sicher!

    Mit Drücking ließ sich umgehen, dachte Jasper. Der gab sich kumpelhaft, aber nicht plump, prahlte nicht mit seinem Reichtum und machte den Eindruck, dass er ihnen fraglos den Vertrieb anvertraute. Fühlt sich so an wie unter alten Bekannten, und dass sie auf das richtige Projekt gestoßen waren, dachte er.

    Letztes Jahr waren sie auf die Idee mit den Immobilien gekommen, und Jasper war es gelungen, dem Verlobten von einer von Tinas engsten Freundinnen ein Appartement – auch ein Bauherrenmodell – am Englischen Garten in München, in teuerster Lage, zu verkaufen. Das Paar hatte danach geheiratet, mit Jasper und Tina als Trauzeugen. Mit der Provision wollten sie sich hier einkaufen und sich den Gesamtvertrieb sichern. Aber dann dauerte es ...

    Vier Monate waren vergangen, bis sie auf Schloss Weyring und Professor Schalk gestoßen waren. Zwischendurch waren ein paar bezahlte Psycho-Trainings gelaufen. Doch das reichte gerade zum Leben. Jetzt aber war ihnen möglicherweise der große Wurf gelungen. Damit würden sie das laufende Jahr finanziell noch retten können, von den weiteren großartigen Perspektiven ganz zu schweigen. Die Drücking-Messlatte – die erste Million mit dreißig Jahren – würden sie zwar noch reißen. Zu ihrer Ehrenrettung musste man aber anführen, dass sie immerhin schon in anderen – und in aller Bescheidenheit angemerkt: intellektuell etwas höher gelegenen – Gefilden gewildert hatten. Studium, Therapie, Training. Das ist ja schließlich auch ein Pfund, mit dem ich wuchern kann, sagte sich Jasper, Drückings Autoverkäufervergangenheit vor Augen. In die Niederungen des Raubtierkapitalismus stiegen sie ja erst jetzt richtig hinab. Mit einer gewissen inneren Distanz, die sie beide den anderen Mitspielern wohl voraushatten, würde dieser Ausflug ins reale Geschäftsleben einen ganz besonderen Charme haben, wenn auch leicht zynisch eingefärbt, dachte Jasper mit einem lustvollen Schaudern.

    Drücking hatte inzwischen die Weyring-Unterlagen hervorgeholt. Der Prospekt ist hübsch geworden, meinte er. Fällt auf! Allein schon die Ornamente auf der Titelseite! Machen einen edlen, antikisierenden Eindruck, die Fresken vom ersten Stock. Das zeigt, dass wir etwas Besonderes bieten. Die Herren Psychologen müssen sich immer vor Augen halten, welches Juwel wir hier anbieten. Und die herrliche Landschaft, unweit von Augsburg und München! Überlegen Sie mal: Die Leute können da wohnen, wenn sie in der Stadt arbeiten. Und das Gebäude selbst findet man nur einmal auf der Welt. Das ist nicht übertrieben. Ganz klar: ein Liebhaberprojekt! Sie müssen also Leute mit Niveau ansprechen, obere Mittelschicht, Freischaffende, Ärzte, Architekten. Das ist doch Ihre Klientel, wenn ich Sie recht verstanden habe? So haben wir das konzipiert, und das kostet in der Vorbereitung natürlich ein Vermögen. Aber wenn man ein solches Projekt auf die Beine stellen will, dann richtig! Herr Professor Schalk bringt dafür das richtige Gespür mit. Dass man dabei trotzdem rechnen muss, das muss ich ihm immer wieder beibringen.

    Bert erhob sich und lobte, dass die Werbung Stil habe, dass die in Frage kommenden Interessenten aber ebenso stilgerecht angesprochen werden müssten. Das können Sie nicht Leuten überlassen, die Achtzig-Quadratmeter-Studentenwohnungen in Giesing vertreiben.

    Drücking nickte und kam auf den Architekten zu sprechen: Da ist uns ein Coup gelungen, der Herr von Brankow ist nicht irgendwer! Der ist durch öffentliche Bauten bekannt geworden, Kirchen, Museen ... Über den Stil kann man sich streiten. Hat wohl als Kind zu viele Burgen angeschaut. Aber egal: Hier geht es um Restaurierung. Dafür sind gute Beziehungen zur Denkmalschutzbehörde lebenswichtig, und die er hat.

    Jasper wurde müde. Drücking redete und redete immer weiter. Das alles macht den Vertrieb zum Kinderspiel, meine Herren. Eigentlich tut es mir leid, dass ich es nicht selber machen kann. Würde mir Spaß machen. Mit interessanten Leuten nach Weyring rausfahren, ihnen das Schloss zeigen und zu Abschlüssen kommen.

    Bert gluckste provozierend, und Drücking schaute auf. Bert gluckste lauter und steigerte sich in ein lautes Lachen hinein. Drücking starrte ihn an: Glauben Sie, ich erzähle Märchen? Diese Lage, die Denkmalabschreibung, die Architektur! Er fuchtelte mit dem Prospekt herum und wurde lauter, um Berts Lachen zu übertönen. Lachen Sie mich aus? Sehen Sie mir in die Augen! Herr Protzler, sehen Sie mir in die Augen! Ich sage Ihnen, das mache ich selber. Das habe ich bis zum Herbst verkauft! Bert kämpfte um letzte Reste von Ironie, als Drücking ihn grimmig fixierte.

    Jasper schreckte hoch: Er hatte eigentlich nur zur Sache kommen und dann heimgehen wollen. Mittlerweile war es elf Uhr nachts. Und jetzt tat diese nimmermüde Palavermaschine Drücking so, als wolle er die Zusammenarbeit in Frage stellen. Und drehte jetzt richtig auf. Er hielt Tonhöhe und Volumen und meinte, dass jeder Hobbyvertrieb in der Lage sei... Jasper wurde sich der drohenden Gefahr bewusst. Ihr großzügiger Gastgeber aus dem sonnigen Süden, der Herr Investor – nur er bereitete das Terrain. Bert hatte das ein bisschen früher kapiert.

    Es war Mitternacht, als ein Papier auf dem Tisch lag. Bisher waren deutlich mehr als drei Prozent für den Vertrieb einkalkuliert worden. Aber schließlich musste Herr Drücking, der eigentlich alles viel lieber selbst in die Hand genommen hätte, auch etwas verdienen. Außerdem hatte er unmissverständlich klargemacht, welche Leistungen er vorher schon in die Sache reingesteckt hatte. Und als Bert einen schwachen Versuch unternahm, über acht Prozent zu reden und dann über fünf, fuhr Drücking wie von der Tarantel gestochen hoch: Herr Protzler, schauen Sie mir in die Augen! Hören Sie, blicken Sie mir in die Augen! So ein Projekt ist ein Geschenk! Das finden Sie nie mehr! Und trotzdem biete ich Ihnen die marktüblichen Konditionen! Und angesichts all dieser Vorteile wollen Sie mehr als das! Das rechnet sich für mich dann nicht mehr, überlegen Sie doch nur. Dann kann ich es doch wirklich selber machen, oder zu einem renommierten Vertrieb gehen. Meine Herren, wir sprechen über Verteilen, nicht über Verkaufen!

    Jasper schaute Bert beschwörend an. Sie waren doch tatsächlich gut bedient, wenn sie das Ding überhaupt bekamen. Sie konnten schließlich keinerlei Referenzen vorweisen. Und ihre Kundenkartei, von der Drücking immer sprach, existierte gar nicht. Jetzt war es Mai, und bis zum Ende des Jahres mussten mögliche Käufer ihre Steuersituation geregelt haben. Anfang des kommenden Jahres, das ganze erste Vierteljahr, war steuerlich Saure-Gurken-Zeit. Es blieben ihnen daher noch knapp neun Monate.

    Schließlich landeten sie bei drei Prozent. Dann ging es um die Garantie. Drücking bestand auf gesamtschuldnerischer Haftung, rückte die Schreibmaschine heran und tippte den Zusatz auf ein eingespanntes Blatt. Dann, den dicken Füllfederhalter bereithaltend, forderte er Bert und Jasper auf, zu unterschreiben. Die Tinte war noch nicht trocken, als sie alle drei wortlos in die Nacht abtauchten, die bereits in ihren letzten Zügen lag.

    Schalks Schreibgerät war ebenso gewichtig wie dasjenige Drückings. Jasper riss sich aus seinen Gedanken und reichte es dem Professor zurück. Die Sache war nun endgültig besiegelt. Schalk konnte sie in die Details der gesamten Anlage von Schloss Weyring einführen.

    Eine mit Dehnungen und Pausen durchsetzte Historienmalerei Bayerns entfaltete sich vor ihren Augen, von Zimmer zu Zimmer, von Saal zu Saal. Die Wittelsbacher spielten mit, die altbayerische und die pfälzische Linie. Sie hörten von den diversen Erbfällen bis ins 19. Jahrhundert, als das Schloss seine heutige Form bekommen hatte, umgebaut von Jean-Baptiste Metivier. Die Ruffini, die Buck hatten hier gehaust, bis der Besitz in die Hände des Freiherrn Ludwig Max von Lutzberg übergegangen war, der hier eine Gemäldesammlung angelegt hatte und eine große Bibliothek einrichtete. Hier sind noch ... Gemäldereste ... von Joseph ... Schwarzmann sichtbar. Professor Schalk wies auf die Wand gegenüber. Sie stiegen die Treppen hinauf. Und hier ... überall an den Pilastern, an den Laibungen der Fenster ... sehen Sie im Stil der Groteskenmalereien die Dekorationen ... von Friedrich ... Bürklein. Sie erinnern sich an die Maximilianstraße Richtung Landtag. Die Gebäude im neugotischen Stil sind von diesem Architekten errichtet worden.

    Jasper und Bert bewunderten die gut erhaltenen Kachelöfen, bis sie tatsächlich mit angehaltenem Atem von dem riesigen, jahrhundertealten Dachstuhl aufgenommen wurden. Und ... stellen Sie sich nur vor ... diese Fläche für Maisonettes genutzt, viermal, meine Herren – eine Sensation! Sie sollten die Tour ... mit Ihren Kunden in dieser Reihenfolge machen. Das hier ist ... nach ... der Beletage der absolute Höhepunkt!

    Wieder auf dem Vorhof angelangt, wurden sie von sanfter Maiwärme, Lindenduft und Vogelgezwitscher umhüllt. Das ist ein herrliches Objekt, meinte Jasper und ließ den Blick über die Fassade schweifen. Er suchte den Blick seines Partners – und gewahrte Berts stolzes Lächeln. Wie genial, dass das Vorhaben dieses edle künstlerische Flair ausstrahlte.

    Schalk wandte sich Bert zu, reichte ihm die Hand und sagte: Dann auf gute Zusammenarbeit – Partner! Und dasselbe wünschte er Jasper. Das war der geschäftliche Ritterschlag!

    Die ersten Anzeigen, am Wochenende im Immobilienteil der Frankfurter geschaltet, klein gehalten und nicht zu oft, brachten eine gute Resonanz. Jeden Tag klingelte das Telefon in ihrem Büro, draußen auf der anderen Seite der Stadt. Und sie wussten schon, wenn es zu unmöglichen Zeiten klingelte – wer konnte es anderes sein als Drücking! Und er war es tatsächlich: Passen Sie auf, nicht zu oft schalten! Und gehen Sie klein rein. Sie müssen das wie nebenbei anlegen. Das ist ein Liebhaberprojekt, und so muss es auch beworben werden. Gestern bin ich schon mit einer Kundin aus Frankfurt zusammengesessen. Hat ihr sehr gut gefallen.

    Jasper hielt das Telefon vom Ohr weg. Der Drücking ließ ohne Unterbrechung seine Wortsalven los. Unter einer Stunde ging nichts, egal ob er von Marbella, von Monaco, aus der Schweiz oder von Schalks Stadtbüro aus anrief. Sie dürfen die Leute nicht loslassen. Halt mal! Das kostet ja ein Vermögen. Schreiben Sie

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