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Astras Bewährungsprobe: Wearing the Cape 3
Astras Bewährungsprobe: Wearing the Cape 3
Astras Bewährungsprobe: Wearing the Cape 3
eBook506 Seiten6 Stunden

Astras Bewährungsprobe: Wearing the Cape 3

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Über dieses E-Book

Was ist die Belohnung für meisterhaft erledigte Arbeit? – Mehr Arbeit.

Nachdem die Sentinels auch die zweite Inkarnation der Superschurken-Organisation Villains Inc. in die Flucht schlagen konnten, laufen die Dinge in der Großmetropole Chicagos relativ entspannt. Astra aka Hope Corrigan kann ein wenig durchatmen, mit ihren Freunden abhängen und wieder Uni-Kurse besuchen (ihre Dozenten hatten bereits angefangen sie für ein Gerücht zu halten). Doch sie erhält immer mehr Training und Verantwortung aufgehalst, und als sich die Ereignisse zu überschlagen beginnen, gerät ihr Balanceakt zwischen Superheldenkarriere, Studentenleben und ihren Bemühungen, ihre Familie und Freunde zu schützen, gehörig ins Wanken. Schlimmer noch: ein neuer Superbösewicht treibt sein Unwesen in der Stadt und die "Capes" von Chicago werden es nur mit vereinten Kräften schaffen können, die Bedrohung des Green Man zu besiegen – falls er überhaupt besiegt werden kann. Als eine neue Gruppe von Superbösewichten beginnt, Anti-Superhelden-Gruppen ins Visier zu nehmen, wird deutlich, dass auch die Sentinels nicht ohne Hilfe auskommen werden. Denn eines ist sicher: Es wird ein grauer Tag für Chicago werden.
SpracheDeutsch
HerausgeberFeder & Schwert
Erscheinungsdatum19. Okt. 2018
ISBN9783867623001
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    Buchvorschau

    Astras Bewährungsprobe - Marion G. Harmon

    www.feder-und-schwert.com

    Widmung

    Für Stan Lee, L. Frank Baum und alle Erzähler moderner Mythen.

    Danksagung

    Es werden zu viele, um sie zu zählen, unter ihnen mittlerweile auch einige Fans, die nur zu gern auf Lektorats- und sogar Kontinuitätsfehler hinweisen (eines Tages werde ich online gehen und ein Wearing the Cape-Wiki vorfinden). Ich danke euch.

    Kapitel 1: Astra

    Nachdem wir Villains Inc. ausgeschaltet hatten, hatten wir fast so etwas wie eine ruhige Phase, oder zumindest eine Chance, in einen langsameren Rhythmus überzugehen. Ich vermisste Jacky, aber die neuen Mitglieder passten prima ins Team, auch wenn ich mir fast sicher war, dass Watchman versuchte, mich umzubringen. Es herrschte zwar nicht gerade Frieden in unserer großartigen Metropole, doch wenigstens erlebten wir keine Superschurkenkämpfe mehr, bei denen Zivilisten niedergemetzelt und Gebäude zerstört wurden. Außer dem Omega-Einsatz – und die Öffentlichkeit erfuhr nie, wie kurz wir da vor der Sprengung der ganzen Party gestanden hatten – störte nichts unsere entspannte Zeit.

    Aber Charlie würde bald den Foxtrott tanzen, und wir hatten nicht genug Tanzpartner.

    —Astra, Stationen eines Lebens

    Wir hatten einfach Glück, dass ich gerade auf Morgenpatrouille war und nicht im Seminarraum saß, als die Potawatomi-Wälder beschlossen, den Chicago Executive Airport zu zerstören.

    »Shelly? Siehst du das?«

    Meine Patrouillenroute hatte mich über den Grüngürtel geführt, der sich durch die Vorstädte und Gemeinden von Nordchicago erstreckte. Aus meiner Höhe sah die grüne Welle, die vom winzigen Potawatomi Lake her aufwallte, wie ein wogender Teppich aus Blättern aus – auf Bodenhöhe musste sich die Front schwankender Bäume schneller bewegen als die panischen Jogger, die am frühen Morgen auf den Laufwegen des Stadtwalds unterwegs waren, rennen konnten. Und sie rannten.

    »Da ist aber krass was im Busch!«, flüsterte mir Shelly ins Ohr. Jetzt, da sie Galatea war, konnte sie nicht mehr unsere alte Neuralverbindung nutzen, um mit meinen Augen zu sehen, aber sie blieb meine Flügelfrau in der Zentrale und hatte vollen Zugriff auf die Mikrokamera, die sie mir in die Maske gebaut hatten. Ich hätte ihr einen freundlichen Schlag auf den Hinterkopf versetzt, wenn sie bei mir gewesen wäre, aber ihr Witz beschrieb die Szene unter mir ziemlich gut.

    »Hol’ Unterstützung, Shell!«, rief ich. »Ich geh runter!«

    Ich ließ mich fallen und vertraute darauf, dass sie den Rest des Teams informierte, oder sogar die ganze Krisenhilfe- und Interventionsmannschaft. Hilfe konnte gar nicht früh genug kommen. Als ich sah, wie die Jogger auf den Wegen vor den Bäumen flohen, die plötzlich peitschten, als hätte sie ein Hurrikan im Griff, fragte ich mich, ob alle Helden in der Stadt ausreichen würden.

    Es wehte kein Windhauch, und die Bäume wuchsen.

    »Die Ausbreitung endet am Des Plaines River«, berichtete Shelly, als ich hart auf dem Laufweg aufkam und sofort wieder hoch sprang, um einen Eichenast zu zerschmettern, der sich gerade anschickte, nach einer Gruppe stolpernder Jogger zu schlagen.

    »Bleibt auf dem Weg! Über den Fluss!«, rief ich ihnen zu.

    »Danke!«, keuchte einer der Männer. Er und ein Kumpel zogen eine humpelnde Fitness-Omi im pinken Turnanzug gemeinsam auf die Schultern, und sie alle rannten Richtung Kurve und Brücke. Ich schoss wieder über die Bäume empor und hörte die panischen Schreie auf den Pfaden um mich herum. Ich wollte fluchen. Ich war nur eine Person! Ich sah, wie meine Jogger den breiteren Weg erreichten und verließ sie, um mich wieder fallen zu lassen und einen Jogger mittleren Alters unter einer Baumwurzel hervorzuziehen, die so aussah, als hätte sie sich auf ihn geworfen. Ich hob ihn auf die Schultern, als der Wald um uns herum ächzte.

    »Jede Hilfe wäre nett, Shell!«, rief ich schrill.

    »Hochgeschwindigkeitsevakuierung beginnt, keine Panik! Rush, Crash, Sprints und Sifu sind dran!« Weiter hinten auf dem Weg löste sich ein Jogger plötzlich in Luft auf. Endlich!

    Lei Zi schaltete sich ein. »Astra, ich will dich wieder in der Luft sehen. Bleib verfügbar für jede Unterstützung, die unsere Speedster bei der Extraktion brauchen können. Verstanden?«

    »Hoch gehen, Evakuierung unterstützen, wo es sein muss, verstanden.«

    Da Sprints von den South Side Guardians und Sifu unseren Jungs zu Hilfe kamen, hatte die Zentrale die vier schnellsten Speedster der Stadt im Einsatz. Ich setzte meinen verstörten, aber unverletzten Jogger auf der anderen Seite des Flusses ab und stieg wieder in die Luft – hoch genug, dass ich die vordere Kante der peitschenden grünen Flut sehen konnte. Als ob ich die mit meinem kleinen Hammer aufhalten könnte. Ajax’ Hammer. Was hätte er wohl jetzt gesagt? Benutz’ einen größeren Hammer? Es gab keinen Hammer, der groß genug war!

    »AstrabrauchehiereinbisschenHilfe!« Crashs zusammenlaufender Hilferuf erreichte mich über die Zentrale, und Shelly legte mir sofort einen roten Rahmen um seine Position auf mein neues Kontaktlinsen-Display. Ich ließ mich wieder fallen, brach durch die wogenden Äste und fand den schmalen Pfad darunter. Crash hatte Probleme, eine weitere verschlungene Wurzel von den Beinen eines gefangenen Wanderers zu ziehen. Um uns herum schrumpfte der Pfad, und plötzlich stand ich inmitten eines Kindheitsflashbacks von Abenteuer im Spielzeugland und dessen Wald ohne Wiederkehr.

    »Los!« Ich riss die bloße Wurzel aus dem Boden, mit mehr Gewalt, als nötig war. Ich hatte über Monate Angst vor den alten, knorrigen Bäumen in unserer Straße gehabt, nachdem ich diesen Film gesehen hatte. Crash zog den Wanderer hoch und verschwand als roter Schemen, und ich sprang hoch und durch das dichter werdende Dach der Zweige. Als ich wieder im offenen Himmel war, drehte ich mich langsam um meine eigene Achse und versuchte das, was ich sah, einzuordnen.

    Die Bäume wanderten nicht, sie wuchsen. Sie säten sich aus, schossen aus dem Boden, und die sich rasant ausbreitende Waldfront ließ es so aussehen, als würden sie marschieren. Aber das Wachstum fand nicht in einem sauberen Kreis statt – es hatte am Potawatomi Lake begonnen und bewegte sich nach Süden, füllte den ganzen Grüngürtel zwischen dem Des Plaines River und dem Tri-State Tollway aus. Warum

    Das scharfe Krachen einer berstenden Fahrbahn riss mich aus meinen Gedanken. Der Südrand hatte die Dundee Road erreicht, eine vierspurige Straße, die durch den breiten Grüngürtel führte und die Orte Wheeling und Northbrook verband.

    Sich wölbende Wurzeln brachen den Asphalt auf, während explosionsartig neue Schösslinge emporwuchsen und die morgendlichen Pendler festsetzten.

    »Ich evakuiere die Dundee Road! Kommt hier rüber! Sofort!« Ich unterdrückte meine wachsende Panik und schoss hinab, um einen Minivan mit einer kreischenden Fahrgemeinschaft darin zu packen und sie sanft auf der anderen Seite des Flusses abzusetzen. Danach flog ich wieder zurück. Wie viele Leute konnten wir retten, ehe das wuchernde Grün begann, sie zu zerquetschen?

    »Watchman und Variforce auf ihrem Posten!«, ertönte Lei Zis Stimme wieder, als Watchman mit Variforce im Schlepptau aus dem Himmel über mir herunterstieß.

    »Fahrzeugevakuierung fortsetzen!«

    Watchman schloss sich mir an, um Autos aufzuheben und durch die Luft zu transportieren, während Variforce seine goldene Aura aus variabel justierbaren Kraftfeldern in wirbelnde Klingen verwandelte, mit denen er emporschießende junge Bäume abhackte, ehe sie dicker werden und gefangene Autos zermalmen konnten.

    »Am schlimmsten ist es an den Rändern!«, rief Watchman. Da er von oben gekommen war, hatte er einen weiträumigeren Blick auf die Situation gehabt, und er hatte recht: Als die Front südlich der Dundee vorbeifegte, ließ das hektische, verdrehte Wachstum des zurückbleibenden Waldes nach. Watchman zerschmetterte einen Baum, der versuchte, sich über einem Sportcabrio zu verankern, und zog den verängstigten Fahrer heraus. Ich hob einen Lieferwagen hoch, brachte ihn aus der Gefahrenzone und kehrte sofort zurück, um nach mehr Notrufen zu lauschen.

    »Die nächste Straße südlich der Dundee – die Willow Road – ist ziemlich weit weg«, informierte uns Shelly. »Aber das Northbrook Hilton liegt auf der falschen Seite des Flusses, und südlich davon sind weitere Geschäfte. Die Northside Guardians unterstützen dort die Evakuierung, andere Teams sind auf dem Weg, und hier kommen wir, um den Tag zu retten!«

    Der Sentinels-Schweber tauchte aus der Morgensonne herab. Shelly-Galatea fuhr draußen auf dem Dach mit. Variforce räumte eine Landezone frei und Lei Zi, The Harlequin, Riptide und Seven stiegen aus. Rush tauchte als verschwommener roter Schatten auf.

    »Damm Nummer 1 ist immer noch wegen der Überflutung im Süden außer Betrieb«, berichtete er Lei Zi. »Also ist die Dam Woods Road frei, und es gibt kaum Zivilisten in den Wäldern südlich der Dundee. Wir bekommen das unter Kontrolle, Boss.«

    Galatea landete neben mir. Ihr neuester Körper aus silbernem und blauem Chrom war fast vollständig mit Waffen und Magazinen bedeckt, aber sie hatte viel bei seiner Gestaltung mitgewirkt. Unter all den Waffen sah er sogar noch mehr wie ihre alten Robotica-Skizzen aus als das erste Modell. Sie beugte sich so nahe zu mir, wie es ihre an den Schultern montierten Raketenwerfer zuließen.

    »Wow … genau wie bei Abenteuer im Spielzeugland, was?«

    Ich prustete los, ehe ich mich zusammenreißen und den Lacher in ein Niesen verwandeln konnte, das keinen meiner früheren Lehrer überzeugt hätte. Coach Gorski hätte mich aufgefordert, den Witz mit dem Team zu teilen und mich dann Runden ums Feld laufen lassen.

    Lei Zi betrachtete die verrückte Szenerie so ausdruckslos, als würde sie einen Verkehrsunfall in Augenschein nehmen, der aufgelöst werden musste. Ganz so als stünden wir nicht inmitten eines wandelnden Waldes. Ich versuchte das Knirschen der Wurzeln zu ignorieren, das Ächzen des Holzes, das Krachen von Ast gegen Ast, als die Bäume um Platz kämpften. Und ihren seltsamen Geruch – aufgeworfene Erde und Harz.

    Schließlich nickte Lei Zi. »In Ordnung. Wir gehen nach Süden, folgen dem Rand und sorgen dafür, dass niemand in der gefährlichen Zone bleibt. Watchman, räum weiter die Dundee Road, dann schließ zu uns auf. Astra, du bist mit den Speedstern Backup. Der Rest von uns folgt der Front. Alle verstanden?«

    Es wurde salutiert, genickt, »Alles klar, Boss« gesagt und auf andere Weise bestätigt, und wir machten uns an die Arbeit. Ich flog durch die gruseligen Bäume und reagierte auf Notrufe von der Zentrale, aber wie Rush gesagt hatte, waren nicht mehr viele Leute übrig, die gerettet werden mussten. Ich half einem älteren Ehepaar – sie war zwischen zwei neuen Eichen stecken geblieben und er wollte sie nicht zurücklassen, also brachte ich sie beide weg –, und dann war da noch der Vogelbeobachter, der angefangen hatte, Fotos zu machen, statt um sein Leben zu rennen. Er war von einem flüchtenden Weißwedelhirsch, der schlauer war als er, umgerannt worden und hatte eine Gehirnerschütterung erlitten.

    Alle wurden an den festgelegten Evakuierungsstationen auf der anderen Seite des Flusses abgesetzt, und Galateas Drohnenvideo zeigte, dass die Wachstumsrate kurz vor der Willow Road abnahm. Vielleicht …

    »Der Wald ist gerade über den Fluss gesprungen!«, trällerte Shelly-Galatea.

    »Er ist auf dem Weg zum Chicago Executive Airport!«

    Und das war einfach falsch. Klar, die Dundee Road hatte ihn nicht aufgehalten, kaum ausgebremst, aber dass ein Wald, auch wenn er so schnell wie ein Lauffeuer wuchs, einfach rechts abbog?

    Ein Flughafen – ein Ort, an dem alles mit hoher Geschwindigkeit abläuft und an dem viel brennbarer Treibstoff herumliegt, ein Ort, der praktisch dafür prädestiniert ist, dass schlimme Dinge passieren – ist für Notfälle ausgerüstet und kann alle auf dem Gelände im Handumdrehen wissen lassen, dass sie in Deckung gehen sollen. Sirenen begannen zu kreischen, als sich der Wald in einer Kakophonie aus geborstenem Asphalt und splitterndem Glas über die Straße und über den Parkplatz am Hauptterminalgebäude vorarbeitete. Explosiv hervorbrechende Bäume warfen Autos zur Seite und krachten in die aus Glas bestehenden Seiten der Gebäude, und die Schreie im Inneren sagten uns, dass nicht alle es rechtzeitig mitbekommen hatten.

    Auch wenn wir weiter weg waren, als der Alarm ertönte, erreichten Watchman und ich den Flughafen vor allen anderen außer den Speedstern.

    Watchman warf die Bäume einfach um oder riss sie aus der losen Erde und dem zersprengten Asphalt, während ich meinen kurzstieligen Hammer mit beiden Händen schwang und Bäume zerschmetterte, wenn sie versuchten, dicker zu werden und sich in die Gebäude zu graben.

    »Sie reißen das Terminal in Stücke!«, rief ich.

    Er riss einen weiteren Baum aus dem Boden. »Rushs Team ist dran! Wir müssen sie nur ausbremsen!«

    Donner ließ die Luft erzittern, als Lei Zi eintraf und loslegte: Blitze spalteten Bäume von der Krone bis zu den Wurzeln, wobei Stücke der Bäume und kochendes Harz bei jedem Einschlag herum­flogen. Riptide landete mit einem Platschen und verwandelte sich in Sekundenschnelle von einem fliegenden Sprühregen in einen zornigen Mann.

    Bäume wurden an der Basis abgeschnitten und fielen um, als er Wasser aus der Luft rief und es mit so hohem Druck und Geschwindigkeit abfeuerte, dass eine Wassersäge entstand, die durch Stein schneiden konnte. Variforce traf ein und unterstützte uns mit seinen wirbelnden Kraftfeldklingen, deren Schneiden nur Mikrometer dick waren. Rauchspuren am Himmel wurden zu Sprengkratern, als Galatea ihre Raketen in die Bäume an beiden Enden abfeuerte, als sie versuchten, unsere Zone der Zerstörung zu umgehen und zu den Gebäuden im Norden und Süden zu gelangen.

    »Hauptgebäudeleer!«, berichtete Rush über den allgemeinen Kanal. Seine Stimme klang erschöpft.

    Lei Zis Befehle folgten laut und schnell.

    »Lassen wir ihm das Gebäude! Hochgeschwindigkeitsevakuierung für die Nachbarn! Arbeitet von den Seiten her, lasst dem Wald das freie Feld!« Guter Plan – hinter dem Terminal kam eine weite, offene Fläche, viele Morgen Landebahn und geparkte private und kleine kommerzielle Flugzeuge, in die wir das Wachstum lenken konnten. Aber wie lange würden wir das durchhalten?

    Nur noch zwanzig Minuten, wie sich herausstellte, sogar mit der Hilfe eines weiteren Dutzends harter Typen aus den Guardian-Teams. Der neue Ausläufer des Waldes schaffte es mehr als zur Hälfte über das Flugfeld, wobei er hunderte von Millionen Dollar privater und kommerzieller Flugzeuge unter sich zermalmte, und dann ging ihm einfach die Kraft aus. Das Wachstum ließ nach, die Bäume erbebten, die greifenden Äste streckten sich in den Himmel, und es gab nichts mehr, was wir bekämpfen konnten, nur eine dichte Wildnis urtümlicher Bäume, wo eben noch ein Flugfeld gewesen war.

    Was gut war, denn meine Arme brannten von den Handgelenken bis zu den Schultern, und ich keuchte, um Luft zu bekommen. Ich konnte meine Hände kaum spüren, und ich musste sie zwingen, Ajax’ Hammer loszulassen. Alle glauben, dass man nicht müde wird, nur weil man übermenschliche Stärke hat. Das könnte mir so gefallen.

    Alles war von Stücken aus Eiche, Hickory und anderen Baum­arten bedeckt, die es besser hätten wissen sollen, als sich mit uns anzulegen. Mein Haar war ganz klebrig vor Ahornsirup, und die winzigen Holzsplitter, die unter meine Maske geraten waren, juckten auf meinem Gesicht.

    »War … war es das?«, keuchte ich.

    »Der Grüngürtel steht still«, bestätigte Shelly. »Der Südrand hat aufgehört zu wachsen, als der Wald die Kurve gemacht hat.«

    »Beeilung, Leute.« Lei Zi landete. Das Schimmern der Luft rund um ihr elektrostatisches Feld war kaum sichtbar. »Sie evakuieren die Nachbarschaft, und das DSA schickt ein Umweltteam. Wir wissen nicht, wer das losgetreten hat, und bis wir wissen, dass es nicht wieder anfangen wird, bleiben wir auf unserem Posten.«

    Seven reichte mir eine Wasserflasche. Er sah unverschämt frisch aus. Er und The Harlequin waren diesmal beim Schweber geblieben, um Galatea mit Munition zu versorgen oder eine schnelle Evakuierung durchführen zu können.

    »Danke.« Ich versuchte, die Schmetterlinge im Bauch zu ignorieren, die er seit unserem »Kuss« in der Nacht des Omega-Einsatzes bei mir hervorrief. Ich atmete tief durch, meine Hand zitterte, und dann hielt ich inne. »Hörst du das?«

    »Was?«

    Meine Super-Duper-Sinne würden mich überwältigen, wenn ich uninteressante Geräusche nicht ausblenden könnte, und Seven war eine Ablenkung, aber ich konnte Explosionen in meiner Reichweite immer hören. Ich schaute nach Westen, als sich der weit entfernte Knall in ein Brüllen verwandelte, und deutete.

    Seven kniff die Augen zusammen. »Ist das, was ich glaube, das es ist?«

    »Jepp.« Ich konnte Details sehen, die er nicht sehen konnte, und der Junge, der auf einer leuchtenden Säule explosiver Entladungen in den Himmel stieg, trug eine rote Schulmannschaftsjacke.

    »Durchbruch?«

    »Wahrscheinlich.«

    »Weiß er, was er tut?«

    Ich seufzte und reichte ihm die Flasche. »Wahrscheinlich nicht. Er brüllt. Sag Lei Zi, dass ich mich darum kümmere.«

    Kapitel 2: Megaton

    Jeder will ein Superheld sein, weil niemand weiß, was für ein Scheißjob das eigentlich ist.

    —Malcolm Scott, auch bekannt als Megaton

    »Mal! Alter! Schau dir das an!« Tony stieß mich zum dritten Mal hart in die Seite. Seine Augen klebten an seinem Epad.

    »Malcolm Scott!«, rief Mr Winfield, während er seine Liste abarbeitete.

    Ich ignorierte Tony und hob die Hand. »Hier.« Winfield hob nicht mal die Augen, um mich anzusehen. Er hatte vor Jahren aufgehört zu schauen, was es leicht machte, seinen Kurs zu schwänzen. Du brauchtest nur einen »Freund«, der auf deinen Namen reagierte, und er musste noch nicht mal die Stimme verstellen. In der zehnten Klasse war ich in seinem Kurs bis zu drei Jungs pro Tag gewesen; bis ich ins Ringkampfteam kam und die Art von Freunden nicht mehr nötig hatte.

    »Tina Halls! Rachel Kerry!«

    Selbst hier draußen, mitten auf dem Fußballfeld an unserer zugewiesenen »Klassen-Sammelstelle«, bei unserer mindestens dritten Notfall-Evakuierungsübung seit Schulbeginn, benahm sich Winfield, als würde er mit körperlosen Stimmen sprechen. Wenigstens überprüften hier die Notfall-Beauftragten – in diesem Herbst Doug Lee und Tiffany Bright, die armen Schweine – die gleichen Listen. Tiffany umklammerte mit eisernem Griff eines der beiden Klassen-­Notfalltelefone, auf denen sie uns anrufen würden, um uns zu sagen, wohin wir gehen sollten oder ob die Übung vorbei war. Ich hätte ihr gerne gesagt, sie solle sich entspannen.

    »Bradley Card!«

    Ich stieß die Fäuste tiefer in die Taschen. Die Jacke einer Schulmannschaft war für zwei Dinge gut: Man blieb außerhalb der Reichweite der Schulhofschläger und sie hielt einen warm. Und der Herbst kam früh dieses Jahr. Auf dem Feld war die Luft heute noch kalt und ich fragte mich, wie lange sie uns wohl hier frieren lassen wollten, bis sie entschieden, dass die Übung vorüber war.

    »Tiffany Bright!«

    Alter, sie steht direkt neben dir.

    »Mal, schaust du dir das jetzt verdammt noch mal an?« Tony schob mir das Epad ins Gesicht. Er tanzte fast. »Keine! Übung!« Ich zog meine Hände aus den Taschen und bekam das Pad zu fassen, ehe er es fallen ließ. Es wäre bei einer Landung im Gras nicht kaputt gegangen, aber Trottel, der er war, wäre er wahrscheinlich draufgetreten.

    Er hatte Powernet offen. Das war keine Überraschung. Er war kein Supernerd, aber auch nur deshalb, weil sie die schlimmste Art von Nerd waren, und er keine Lust hatte, jeden zweiten Schultag verprügelt oder drangsaliert zu werden. Das Pad streamte ein Video, das Aufnahmen eines Nachrichtenhelikopters zeigte.

    Die Sentinels und alle Guardian-Teams aus dem Umland von Chicago kämpften gegen einen Haufen Bäume.

    Heilige Scheiße.

    In der Informationsleiste am unteren Bildrand liefen Statistiken und Infos über die Teams, und das meiste drehte sich darum, dass Riptide offenbar eine Stufe aufgestiegen war – er hatte zuvor noch nie die Fähigkeit demonstriert, mit seinen Wasserstrahlen zu schneiden.

    »Alter, das ist am städtischen Flughafen! Kein Wunder, dass sie uns hier draußen stehen lassen!« Tony nahm das Pad zurück und hielt es so, dass ich es auch sehen konnte. Wir schauten zu, wie mutierte Bäume eine Reihe miteinander verbundener Gebäude zerstörte, die laut Informationsleiste der Terminal des Chicago Executive Airport waren, wo die Reichen ihre Jets abstellten. Die Capes bearbeiteten die Ränder, als würden sie versuchen, eine Hecke zu trimmen, die schneller wuchs, als man sie schneiden konnte. Sie sprengten die Bäume, zerschmetterten sie, zerschnitten sie, und die Infoleiste kam immer wieder auf Riptides neue Angriffstechnik zurück. Bäume fressen den Flughafen, und das ist ihnen am wichtigsten?

    »Das ist wirklich ein knallharter Typ«, sagte Tony bewundernd. Er hatte jetzt mehr als nur meine Aufmerksamkeit, und wir wurden der Mittelpunkt einer Menge, als die halbe Klasse versuchte, mitzugucken oder fragte, was wir schauten. Sowas passierte hier draußen in den Vororten einfach nicht. Ich roch Lavendel, drehte mich um und konnte Tiffany gerade noch packen, bevor sie ins Gras fiel.

    »Tut mir leid!«, sagte sie, als sei es ihre Schuld, dass ich sie angerempelt hatte. Sie richtete sich auf und lächelte mich an, als ich ihren Arm losließ.

    »Was ist los?«

    Ich zuckte mit den Schultern, weil ich nicht wusste, was ich mit meinen Händen tun sollte. »Es ist keine Übung.«

    »Oh, nein!« Sie ließ ihr Klemmbrett fallen, wirbelte herum und blickte nach oben, als würde sie erwarten, dass die Capes jeden Moment direkt auf dem Fußballfeld landen würden.

    Ich bückte mich, hob das Klemmbrett vom feuchten Gras und befestigte das Notfalltelefon wieder, das sie daran fixiert hatte. Zur Sicherheit hielt ich alles weiter fest, denn einige der Jungs lachten. Sie wurde rot. Tiff war dünn und ungeschickt. Sie war das Mädchen, das sich nach dem Abschluss vermutlich in ein Supermodel verwandeln würde, aber Jungs sind Arschlöcher, und im Augenblick war es wahrscheinlich kein Spaß, sie zu sein.

    »Ich muss das zum Flaggenmast bringen«, erklärte sie und ignorierte die Jungs. »Jetzt, wo alle gezählt sind.«

    »Gehen wir.« Ich ging los, und sie hüpfte, um aufzuschließen.

    »Du musst nicht … Danke. Wegen eben.«

    Ich zuckte mit den Schultern und ging weiter. »Kein Problem.«

    »Glaubst du, sie werden die Schule evakuieren?«

    Als wir um die Ecke des Gebäudes kamen, sahen wir, wie Schulbusse in die halbkreisförmige Auffahrt einbogen, die den vorderen Parkplatz und die Wiese mit dem Flaggenmast vom Haupteingang trennte.

    »Ich denke, das ist ein starkes Vielleicht.« Wir überquerten die Straße zwischen zwei Bussen, die bereits aufgereiht und mit laufendem Motor dastanden und darauf warteten, Schüler einzuladen und loszufahren. Wir gingen zu der Gruppe von Schülern und Erwachsenen, die schon um den Flaggenmast standen.

    Vizedirektor Blevins stand in der Mitte der Gruppe, schaute auf sein eigenes Klemmbrett und sprach in sein Telefon. Er nickte und sagte etwas, als ein voller Bus losfuhr. Das Motorengeräusch machte es unmöglich, ihn zu verstehen, aber nach all den Übungen war er wahrscheinlich total begeistert, es endlich mal wirklich durchziehen zu können. Tiffany stellte sich aufrechter hin und griff nach dem Klemmbrett.

    »Danke, Mal. Ich … Warte! Das Telefon!«

    Scheiße. Es war irgendwo abgefallen. Ich schaute nach hinten und sah es auf der Auffahrt liegen. Einer der Busse, an denen wir vorbeigekommen waren, war vorgefahren, aber der andere stand einfach da, und natürlich lag das Telefon direkt vor ihm auf der Straße.

    »Ich hole es!« Ich schoss zurück über die Auffahrt.

    »Nein, warte!«, rief Tiffany, aber ich duckte mich und schnappte es mir. Ich drehte mich um, hörte wie der Motor ansprang, und der anfahrende Bus warf mich auf den Boden.

    Scheiße. Als mein Kopf auf der Auffahrt aufschlug, wurde mir einen Moment schwarz vor Augen, aber dann spürte ich das Kratzen des Asphalts, als sich der Kotflügel des Busses in meiner Jacke verfing.

    Ich blinzelte, als der rollende Bus meinen Körper verdrehte und konnte sehen, wie das rechte Rad auf meine Beine zufuhr. Ich wusste, dass er mich überrollen würde. Panisch trat ich um mich, aber der Reifen erwischte meinen Schuh und verdrehte mir den Fuß. Mein Schrei wurde schriller als der von Tiffany, als ich die reißenden Schmerzen spürte, heftiger als jeder Ringergriff. Heißer Druck breitete sich unter meiner Haut aus und loderte auf, als ich mich wegdrückte.

    Die erschütternde Explosion hämmerte mir in den Ohren, sodass ich das Kreischen des zerreißenden Metalls kaum hören und durch die blendende Entladung auch nichts sehen konnte. Ich blinzelte, blinzelte wieder, rieb mir verzweifelt die Augen und versuchte, durch das Klingeln hindurch etwas zu hören. Was war …

    Der Bus, oder das, was von ihm übrig war, lag sechs Meter von mir entfernt verdreht auf der Seite. Die ganze Windschutzscheibe war eingedrückt und von Rissen überzogen. Sie war, mit der gesamten Front des Busses, weit ins Innere gedrückt worden. Blut bedeckte das spinnwebartige Glas und tropfte auf die Auffahrt. Tiffany hörte nicht auf zu schreien.

    Die Menge um Blevins fügte ihre eigenen Geräusche hinzu, die in meinen klingelnden Ohren dumpf klangen, und in meinem Magen spürte ich die viel zu vertraute übelkeiterregende Panik. Ich versuchte aufzustehen, aber meine Beine wollten nicht funktionieren. Blevins rief etwas, deutete, und zwei der Campuscops setzten sich in meine Richtung in Bewegung. Sie zogen die Waffen, für die wir sie immer verspottet hatten – als würden sie je auf Kinder schießen. Ich kroch nutzlos rückwärts, als Hitze und Druck mir wieder durch den Körper fuhren. Ich explodierte erneut, und explodierte immer weiter.

    »Aaaaaaaaaaaah!«

    Ich schoss steil nach oben und die Beschleunigung presste mich zusammen wie in einer Achterbahn. Hersey High verschwand unter meinen Füßen, und in meinen Ohren ploppte es laut, als die Gebäude schrumpften und die Wolken näherkamen.

    »Aaaaaah, aufhören!«

    Es hörte auf. Der brennende Schub aus meinen Knochen verschwand, und mit ihm die brüllende Flammensäule, die mich nach oben trug. Jetzt entschied mein Magen, dass wir fielen. Nein, sagte der tief in mir begrabene Wissenschaftsnerd. Wir bremsen nur auf dem Weg zum Gipfelpunkt. Fallen werden wir erst in ein paar Sekunden.

    Toll. Ich hatte mein ganzes Adrenalin verbrannt, und mein Gehirn hatte entschieden, dass sechzig Sekunden ununterbrochene Panik genug waren und ich nun ruhig und sarkastisch sterben würde. Ich hätte netter zu Tiff sein sollen …

    »Bist du fertig?« Ein winziges, blondes, klebriges Wirrwarr, das ohne jede Mühe ein hantelförmiges Stück Metall schwang, das wahrscheinlich mehr wog als ich, hing in der Luft neben mir.

    »Ich kann dich nämlich mitnehmen.«

    Kapitel 3: Astra

    Das Leben ist ungerecht. Ich weiß das. Ich wurde vielleicht mit einem Silberlöffel im Mund geboren, aber ich habe eine tote große Schwester, an die ich mich nicht erinnern kann, weil ich zu jung war, Krebs in der Kindheit, an den ich mich allzu gut erinnere – die siebte Klasse war kein Spaß – und ich habe meine beste Freundin an tödliche Dummheit verloren … Aber mein Erwachen war eine gute Sache. Ich konnte dadurch Menschen retten. Ich habe coole, hilfreiche Superkräfte bekommen. Die Öffentlichkeit liebte mich, zumindest im Großen und Ganzen. Viele Erwachte haben nicht so viel Glück.

    —Astra, Stationen eines Lebens

    »Es passiert öfter, als du glaubst.«

    Blackstone sah alt aus … nun ja, älter. Dank eiserner Disziplin und Chakras Unterstützung (eine Kombination aus Gymnastik und tantrischer Magie, fragt lieber nicht) konnte der weißhaarige Magier und ehemalige Marine einen Marathon laufen und sich in einem Mixed-Martial-Arts-Wettkampf behaupten, aber sein Alter wurde sichtbar, wenn er müde war. Oder traurig. Wie in der Nacht in der Kapelle, als er mich festhielt, als ich weinte wie ein kleines Kind.

    Ich hatte Malcolm Scott im Spital abgesetzt, wo er die Dr.-Beth-Behandlung durchlaufen würde. Nur einen Blick auf seinen Kopf und Fuß und eine Ganzkörperuntersuchung, seine Superkräfte würde unser Teamarzt ein anderes Mal unter die Lupe nehmen. Jetzt saßen Blackstone, Chakra und ich in Blackstones Büro und schauten Dr. Beth und Mal bei den Tests zu. Die ersten Nachrichtenberichte über den Unfallschauplatz – der zerstörte Bus und ein Ring aus Rettungsfahrzeugen – füllten einen zweiten Bildschirm und zeigten auch kurze Aufnahmen von Watchman und Seven, die Lei Zi zur Schule geschickt hatte. Hersey High. Der Rest des Einsatzteams war noch draußen auf dem Flughafen.

    Auf Dr. Beths Tisch hatte der Junge seine dreckige, zerrissene Teamjacke ausgezogen. Durchschnittliches Aussehen, braunes Haar, braune Augen. Er war ziemlich groß, übergewichtig auf eine fitte Art, ordentliche Muskeln unter einer Schicht Fett. Ich vermutete, er war ein Linebacker oder Ringer.

    Chakra blickte mit gerunzelter Stirn vom Bildschirm auf. »Was passiert öfter?«

    »Tödliches Erwachen.« Blackstone lehnte sich zurück, schloss die Augen und rieb sich den Nasenrücken. »Viele Erwachte entstehen durch ein Trauma, das andere Leute verursacht haben, und die Reaktion ist oft extrem. Schau dir Safire an – eine eigentlich ganz nette Stripperin, die die Handelsschule besuchte, bis ihr gewalttätiger Freund sie fast zu Tode geprügelt hätte und sie ihr Erwachen als Atlas-Typ der B-Klasse hatte. Sie hat ihn mit einem Schlag umgebracht, ehe sie wusste, wozu sie imstande war.«

    »Jamal …«, sagte ich, ehe ich mich selbst aufhalten konnte. Ich hatte meine schmutzige Maske und Perücke abgenommen und mein Gesicht gewaschen, aber ich hatte mich nicht umgezogen, ehe ich mich ihnen leise angeschlossen hatte.

    Er nickte. »Crash, ja. Glücklicherweise haben du und Rush verhindert, dass er den jungen Gangstern, die ihn angegriffen haben, etwas unverzeihlich Dauerhaftes angetan hat.«

    Chakra schaute zu, wie Dr. Beth unser neues Problem genauestens untersuchte.

    »Armer Junge«, sagte sie und wiederholte, was meine eigene unglückliche innere Stimme sagte. »Was passiert jetzt mit ihm?«

    »Rechtlich? Nichts. Manchmal ist es schwer zu beweisen, ob ein Erwachen mit Todesfolge Absicht war oder nicht, aber in diesem Fall war der Tod des Busfahrers eindeutig ein Unfall.« Er seufzte. »Aber psychisch?

    Oh, ja. Das würde den Kopf des Jungen in vielerlei Hinsicht durcheinanderbringen. Mein Gesichtsausdruck musste mich verraten haben. Der stets aufmerksame Blackstone sah mich an. Er hatte ein leichtes Funkeln in den Augen.

    »Könntest du das übernehmen, meine Liebe? Die Eltern des jungen Mr Scott sind auf dem Weg, aber Dr. Beth wird bald mit seiner Untersuchung fertig sein, und wir wollen den Jungen nicht zu lange allein lassen. Wir wissen nicht, ob er sich wieder aufregt und anfängt, Löcher in die Kuppel zu sprengen. Und Chakra und ich sind eher … zerbrechlich.«

    Ich öffnete den Mund, um zu protestieren und schloss ihn wieder, als Blackstones Argument bei mir ankam. Wie schnell würden die Superkräfte des Jungen anspringen? Würde eine normale Person, die ihn aufregte, ab jetzt als schmierige Paste an der Wand enden? Dr. Beth war wahnsinnig, sich auch nur im gleichen Raum mit dem Jungen aufzuhalten, ohne zu wissen, was die nächste Explosion auslösen könnte.

    Meine Güte, reg dich ab, er hat ja sonst noch niemanden gesprengt. Shelly war zwar nicht mehr in meinem Kopf, aber ich konnte immer noch ihre sarkastischen Bemerkungen hören.

    Ich nickte und wünschte mir, Seven wäre hier. »Okay. Wie lange habe ich?«

    Blackstone konzentrierte sich auf den Bildschirm, wo Dr. Beth den Jungen gerade sein Hemd ausziehen ließ. »Ich würde sagen, du hast vielleicht zehn Minuten, bis der gute Doktor fertig ist.«

    Und Dr. Beths freundlicher Smalltalk konnte jeden beruhigen, sodass ich genug Zeit hatte, mich umzuziehen. Ich rannte los.

    »Willst du alles über ihn wissen?«, flüsterte mir Shelly ins Ohr, als ich die Tür hinter mir schloss. Ich antwortete erst, als ich sicher im Aufzug war.

    »Sag mir, dass du nicht die Akten der Schule gehackt hast!«

    »Hey, es ist für eine gute Sache.«

    »Nein, ist es nicht. Es ist Neugier, und wir wissen es ohnehin bald auf die legale Art. Wir haben doch darüber gesprochen!« Oh Mann, und wie wir das hatten, aber sie hörte mir nicht zu, und es würde nicht lange dauern bis …

    Ich wollte mit dem Kopf gegen die Wand schlagen, aber selbst die Aufzüge der Kuppel konnten zerbrechlich sein. Im Nachhinein war man immer schlauer; man hatte Zeit, über die Entscheidungen nachzudenken, die man getroffen hatte, vielleicht mehr Informationen, als man damals hatte, und genug Zeit für schreckliche Erkenntnisse.

    In der Nacht des Omega-Einsatzes hatte ich Shell gebeten, ein militärisches System zu hacken, um eine Rakete umzulenken, und jetzt wusste das US-Militär, dass jemand durch ihre wichtigsten Systeme tanzen und mit ihrer Hardware spielen konnte. Und das machte sie zu einer Bedrohung für die nationale Sicherheit. Um die Sache noch schlimmer zu machen, war sie keine Person, nicht rechtlich gesehen. Wenn sie sich weiter in solche Gefahr brachte, wenn sie den Hack auf sie zurückverfolgen würden …

    Obwohl die ACLU drei Fälle von mit Verne-Wissenschaft aufgerüsteten Tieren und einem einzigartigen Auto gehabt hatten, die aktuell durch die Instanzen gingen, hatte Shell keine Rechte.

    In manchen Nächten wachte ich schweißbedeckt aus Albträumen auf, in denen sie gekommen waren, um sie mitzunehmen, und es gab nichts,

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