Kann sie gerettet werden?
Von Thomas West
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Kann sie gerettet werden?
Ärztin Alexandra Heinze
Arztroman von Thomas West
Der Umfang dieses Buchs entspricht 149 Taschenbuchseiten.
Das Ehepaar Baumann wird in das Marien-Krankenhaus eingeliefert. Wie es scheint, war in die Cremesuppe aus Nelkenschwindlingen ein giftiger Pilz gelangt. Der Mann kann das Krankenhaus nach kurzer Zeit wieder verlassen, aber seine herzkranke und nervlich angeschlagene Frau muss noch bleiben. Bei Dr. Alexandra Heinze meldet sich ihre innere Stimme, das hier etwas nicht stimmt, denn irgendwie erinnert sie das an den Kaiser Claudius, der von seiner Gattin vergiftet wurde …
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Kann sie gerettet werden? - Thomas West
Kann sie gerettet werden?
Ärztin Alexandra Heinze
Arztroman von Thomas West
Der Umfang dieses Buchs entspricht 149 Taschenbuchseiten.
Das Ehepaar Baumann wird in das Marien-Krankenhaus eingeliefert. Wie es scheint, war in die Cremesuppe aus Nelkenschwindlingen ein giftiger Pilz gelangt. Der Mann kann das Krankenhaus nach kurzer Zeit wieder verlassen, aber seine herzkranke und nervlich angeschlagene Frau muss noch bleiben. Bei Dr. Alexandra Heinze meldet sich ihre innere Stimme, das hier etwas nicht stimmt, denn irgendwie erinnert sie das an den Kaiser Claudius, der von seiner Gattin vergiftet wurde ...
Copyright
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker
© Roman by Author
© dieser Ausgabe 2019 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Alle Rechte vorbehalten.
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Zum Blog des Verlags geht es hier:
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1
Würziger Bratenduft schlug ihm entgegen, als er die Küche betrat. Im Herd sah er die Umrisse des Fasans. Darüber, auf der gläsernen Kochstelle dampfte der chromblitzende Topf mit der Suppe.
Normalerweise wäre nun ein heißer Strom durch seinen Bauch geschossen, und sein Mund hätte sich mit Speichel gefüllt. Heute jedoch spürte Jochen Baumann nichts dergleichen. Nur sein Herz klopfte hart und schnell. Und ihm war, als würde ein trockenes Tuch seine Mundhöhe ausfüllen.
Die Frau vor der Arbeitsplatte strich ihre weiße Schürze glatt und entnahm der offen stehenden Schublade einen Löffel. Sie hob den Deckel des Suppentopfes und tauchte den Löffel in die dampfende, cremige Flüssigkeit.
Halt, Gundi!
Schneller, als er wollte, stand er neben ihr am Herd. Die Pilzsuppe schmecke ich selbst ab!
Wie Sie wollen, Herr Baumann.
Der gekränkte Unterton war nicht zu überhören. Sie legte den Löffel auf die Spüle und band sich die Schürze auf. Den Fasan habe ich eben noch mal übergossen.
Sie warf einen Blick auf die Wanduhr. Viel zu kurz, um die Uhrzeit wahrnehmen zu können - es war Viertel vor acht - und Baumann verstand das Zeichen. In einer halben Stunde ist der Braten sicher soweit. Ich hab' den Wecker gestellt.
In Ordnung Gundi, ich brauch' Sie dann nicht mehr.
Baumann holte einige Gläschen aus dem Gewürzregal und stellte sie neben die Kochstelle. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Sonntagabend.
Danke, Herr Baumann.
Sie hängte die Schürze in einen schmalen Eckschrank und ging hinaus zur Garderobe. Vor dem Spiegel arrangierte sie ihre graue Dauerwelle und schlüpfte dann in eine grüne Trachtenjacke. Ich wünsche Ihnen auch einen schönen Abend. Das wird Ihrer Frau guttun, dass Sie sich einen ganzen Abend Zeit für sie nehmen.
Baumann überhörte die Spitze in diesem Satz einfach. Er wusste, dass sein Hausmädchen mit seiner Frau sympathisierte.
Ich begleite Sie zur Tür.
Ihr voraus ging er durch die geräumige Diele, deren Wände mit Rehbockstangen, Hirschgeweihen und ausgestopften Vögeln geschmückt waren. Also dann, Gundi.
Er reichte ihr die Hand.
Kaum hatte er die schwere Eichentür hinter Gundi Heller geschlossen, eilte er zurück in die Küche. Dort zog er ein Töpfchen auf den Herd und goss Milch hinein. Ein Blick auf die Wanduhr, dann würzte er die Pilzsuppe. Er nahm einen Löffel, bewegte die Flüssigkeit prüfend im Mund hin und her, nickte und spuckte sie in die Spüle. Die Milch kochte auf. Baumann riss eine Tüte auf und rührte ihren Inhalt, ein weißliches Pulver, in die Milch. Danach ging er zurück in die Diele.
Helga, der erste Gang kann aufgetragen werden!
, rief er die Treppe hinauf.
Noch drei Minuten!
Sie schien noch im Badezimmer zu sein. Gundi hatte sie zu einem Melissenbad überreden können. Das ist gut für die Nerven.
Auf Gundi, die seit fünf Jahren ihren Haushalt führte - seitdem Helga selbst dazu nicht mehr in der Lage war - auf Gundi hörte sie. Fast mehr, als auf ihren Neurologen.
Mit einem kurzen Blick in das Speisezimmer überzeugte sich Jochen Baumann vom ordnungsgemäßen Zustand der Tafel. Unnötig an sich, denn Gundi Heller machte keine Fehler - nie. Heute Abend dachte er nicht daran, sich darüber zu ärgern. Dann eilte er in den Keller. Mit dem Finger strich er an den einzelnen Fächern des Weinregals entlang. Er entschied sich für einen badischen Spätburgunder, Helgas Lieblingswein. Er zog ihn aus dem Regal und lachte trocken auf. Einer ihrer vielen Lieblingsweine
, korrigierte er sich selbst.
Wieder im Esszimmer öffnete er den Wein. Kurz darauf Helgas Schritte auf der Treppe. Er sah auf seine Armbanduhr. 19.51 Uhr. Sie trat ein.
Oh!
, rief er aus. Schön siehst du aus!
Helga Baumann trug ein schwarzes, eng geschnittenes Seidenkleid. Eine funkelnde Perlenkette umrahmte ihr Dekolleté. Das dunkelblonde Haar hatte sie hochgesteckt.
Und das neue Kleid ...!
Er strahlte sie an.
Um ihren Mund lag ein bitterer, fast beleidigter Zug, als hätte ihr gerade jemand etwas gestohlen. Die blasse Gesichtshaut wirkte pergamentartig, Krähenfüße umrahmten ihre grünen Augen. Helga Baumann war groß und schlank, fast dürr, und längst schätzte sie niemand mehr auf 46 Jahre. Sie wirkte sogar älter als ihr Mann, und Jochen Baumann war damals 52 Jahre alt.
Wo ist Gundi?
Suchend sah sie sich um.
Sie hat ihren freien Abend genommen.
Er schenkte ein. Habe ich dir das nicht gesagt?
Er reichte ihr das Glas mit dem Wein.
Trägst du auf?
Ungläubig sah sie ihren Mann an.
Ja, was dachtest du denn?
, lachte er. Da staunst du, was?
Sie stießen an. Auf die gute Bilanz der Firma
, sagte er betont heiter, deiner Firma.
Er beugte sich ein Stück vor und zog die Augenbrauen hoch. Sie tranken. Und auf den gestrigen Sieg des FC Koblenz, meines Vereins!
Wieder tranken sie. Er nur ganz kleine Schlucke. So, und nun nimm Platz, ich hole die Suppe.
In der Tür drehte er sich um. Du wirst staunen ...
Die Wanduhr in der Küche zeigte 19.56 Uhr. Schnell füllte er die erste Suppentasse. Die zweite schöpfte er nur halb voll und füllte sie mit der weißlichen Flüssigkeit aus dem Milchtopf auf. Den restlichen Inhalt des Topfes goss er in die Spüle. Den Topf stellte er in die Spülmaschine.
Kann ich dir helfen, Jochen?
Ich bin schon soweit!
Er griff in die Hosentasche, steckte eine kleine Tablette in den Mund und spülte sie mit Wasser aus einem bereitstehenden Glas herunter. Als er die Suppentassen auf die Tafel stellte, hielt sie den Atem an.
Ist das ...
Genau, Liebling, das ist eine Cremesuppe aus Nelkenschwindlingen, deinen Lieblingspilzen!
Sie sah ihn staunend an. Hab' ich gestern Morgen von der Jagd mitgebracht. Guten Appetit!
Sie konnte ihre Rührung kaum verbergen. Sie war es einfach nicht gewohnt, von ihrem Mann verwöhnt zu werden.
Während sie den ersten Löffel Suppe nahm, goss er ihr Wein nach. Er schielte auf seine Uhr: 20.00 Uhr. Langsam tauchte er seinen Löffel in die Suppe, langsam führte er ihn zum Mund. Das Telefon klingelte.
Iss nur weiter, Liebling, ich gehe schon.
Er telefonierte laut.
Tut mir leid, Sie rufen jetzt ganz ungünstig an ... ich kann jetzt wirklich nicht ... ist es denn so dringend? ... sagen wir in zwei Stunden ...
Wer war es denn?
, fragte Helga, als er nach fünf Minuten zurück ins Speisezimmer kam.
Ach, einer der Fußballer, wegen dem Spiel gegen die Aachener nächsten Samstag, ob ich seine Aufstellung beim Trainer durchsetzen könnte ...
Er schenkte ihr Wein nach. Willst du noch Suppe? Der Fasan braucht noch zehn Minuten.
Sie nickte.
2
R eichen Sie mir bitte noch mal die Pinzette, Schwester Julia!
Dr. Thorsten Roloff liebte es, diesen Namen auszusprechen. Und er liebte es, den braungebrannten, schlanken Arm zu betrachten und die schmalgliedrige Hand, die ihm jetzt die Pinzette reichte.
Autsch!
, schrie der alte Mann. Er lag mit entblößtem Bauch in seinem Bett und biss die Zähne zusammen.
Gleich vorbei.
Vorsichtig füllte Dr. Roloff die Abzesshöhle mit steriler Gaze. Er wusste selbst, wie schmerzhaft es sein konnte, wenn man mit der Pinzette in einer entzündeten Wunde herumstocherte. Schon vorbei, Herr Wegner.
Er wandte sich zu der Schwester um. Machen Sie den Verband, Schwester Julia?
Er trat vom Bett zurück.
Ist gut, Herr Dr. Roloff.
Sie beugte sich über den Patienten und begann die Bauchwunde zu verbinden.
Die Wunde sieht schon viel besser aus, Herr Wegner.
Der Mann brummte etwas Unverständliches und starrte auf seine Bauchwunde und auf die Hände, die ihm einen frischen Verband auflegten. Roloff betrachtete das hellblonde, zu einem Zopf geflochtene und hochgesteckte Haar der Schwester.
Anfang Mai, auf dem ersten Grillfest dieses Jahres, zu dem der Chef traditionell einlud, waren sie sich näher gekommen. Drei Wochen war das her. Und am Samstag vor einer Woche hatte er Julia zu seiner Geburtstagsfete eingeladen. Gemeinsam mit drei anderen Schwestern. Damit es nicht so auffiel.
So, fertig, Herr Wegner.
Schwester Julia richtete sich auf. Auch ihre Gesichtshaut hatte diesen bronzenen Ton. Und war von Sommersprossen übersät. Wie alt mochte sie sein? Roloff hatte es noch nicht herausfinden können. Acht Jahre jünger als er selbst, schätzte er, also etwa fünfundzwanzig.
Herr Doktor?
Roloff erschrak fast, so versunken war er in den Anblick der Schwester. Der Alte musste ihn schon ein Weilchen angestarrt haben. Wann darf ich nach Hause?
Wenn die Wunde ganz zugeheilt ist, Herr Wegner.
Hilflos schaute der alte Mann ihn an.
So in einer Woche, hoffe ich
, fügte der Chirurg hinzu.
Später im Stationszimmer wusch er sich die Hände, während Julia die Instrumente und den Verbandswagen reinigte.
Es ist schon nach acht Uhr, Sie verpassen noch Ihren Feierabend.
Oh, den habe ich gut im Auge
, lachte Julia. Es ging ihm durch und durch. Wenn ich heute ein bisschen später gehe, macht das auch nichts, ich hab' sowieso nichts mehr vor.
Nichts mehr vor? Am Sonntagabend?
Ja, morgen früh muss ich um sechs Uhr antreten, und in der vergangenen Nacht wurde es verdammt spät - wir mussten doch den Sieg unserer Mannschaft feiern.
Der FC Koblenz hat 3 : 1 gewonnen, stimmt's?
Julia sah den Arzt überrascht an.
Stimmt! Seit wann interessieren Sie sich für Fußball, Herr Dr. Roloff?
Er grinste.
Vielleicht seitdem Sie mir auf meinem Geburtstagsfest die letzten drei Spiele so plastisch geschildert haben, dass ich schwören könnte, sie selber gesehen zu haben.
Sie wandte sich ab und schob den Verbandswagen unter den Hängeschrank. Er hatte trotzdem gesehen, dass sie rot geworden war.
Ich fand das schön, Julia, wirklich.
Ich genier' mich aber.
Ihre Offenheit hatte ihn von Anfang an entwaffnet. Er selber hätte so etwas nie zugegeben. "Quatsch, das müssen Sie