Horribile Dictu: Ein Gabenkorb der Wahrheit - Caput
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Über dieses E-Book
Heiligabend unter dem noblen Dach einer Bankiersfamilie.
Es wird allmählich Zeit für die Geschenke! Der Weihnachtsmann hat sich mächtig ins Zeug gelegt, um den Festgästen die Bescherung zu bereiten - eine unvergesslich grausige Bescherung.
Alle Gäste müssen sich diesem Ex-Abteilungsleiter einer renommierten Sicherheitsfirma unterordnen und am "Spiel der Wahrheit" teilnehmen. Zumal er außergewöhnliche Drohmittel nutzt, um seinen Willen durchzusetzen.
Jedem am Festtisch soll in dieser Weihnachtsnacht eine Lebenslektion erteilt werden. Selbst die Sprösslinge der Familie bleiben nicht verschont...
Vincent Kleemayer
Vincent Kleemayers Künstlermotto lautet ~ Stift & Blatt machen mich satt ~ Ich wünsche bestes Lese-Vergnügen mit den Geschichten aus meiner ambitionierten Feder :D
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Buchvorschau
Horribile Dictu - Vincent Kleemayer
wohlsten.«
Kapitel 4 Part A
Der Catering-Chef hantiert pfeifend im geräumigen Kofferraum herum. Ein lukrativer Auftrag wartet auf das Geschäftspaar Ringo und Gisela Würzemühl. Ringos weinrot lackierter Audi Q5 zeigt auf der Fahrer- wie Beifahrertür glänzende Werbeaufschriften, zudem grinsen auf der Motorhaube zwei tanzende Wildschweine, die ein Banner hochhalten über das die Kontaktdaten des Feinkost-Service mitgeteilt werden.
Der Chef angelt die ersten zwei von vier voluminösen Geschenkpaketen aus dem Laderaum des Audi und hält sie seiner Frau drängelnd vor die Brust. »Auf, jetzt mal tapfer halten. Bin gleich so weit, Schätzchen.«
»Du hoscht Nerven, jooh-meih«, verzieht die Konditormeisterin das Gesicht, passend zum südbairischen Mutterdialekt.
»Mach langsam, Bärchen, biddeh.«
»Zappel ned rum, des ged scho«, meint Ringo und frachtet die restlichen Pakete auf Giselas Arme. Da noch zwei Tragekörbe im Spiel sind, ist Frau Würzemühl gezwungen, das oberste Festpaket mit der Kinnspitze schraubstockmäßig festzuklemmen, wobei es ─ ähnlich der heutigen Wählerschaft ─ riskant nach rechts zu kippen droht.
Endlich hat Ringo im Kofferraum alles erledigt. Er verriegelt alle Türen des Kompakt-SUV per Funk und nimmt seiner Frau drei der Weihnachtsgeschenke wieder ab.
»Bärchen, schau mal auf die Uhr. Kommen wir nicht über-überpünktlich??«, fragt Gisela stutzig und deutet mit dem Kinn auf die vakanten Parkmöglichkeiten vor dem Gartentor der neureichen Notenhagels.
Der Meisterkoch zuckt die Achseln. »Und wenn schon, ist mir doch wurscht.« Er hebt zur Gewichtung seiner Attitüde bärbeißig die Stimme: »Ich bin ein alter Fürst vom Staate, und als solcher wünsche ich vor Mitternacht zu tafeln. Klar, Madam?«
Die Catering-Chefin verdreht die Augen, sieht der Gorillagestalt ihres Gatten nach, der in seinem norwegischen Schneideranzug den Gartenweg hinaufgeht. Die Sumoringer-Arme sind weit gespreizt und seine O-Beine belustigend um natürliche Agilität bemüht; dabei setzt er seine Lackschuhe gleich einem Mafiaboss schräg nach oben auf den Kies, als wolle er jegliche Erkennungsgeräusche vermeiden. Er möchte schon auf die moderne Klingel drücken, quasi Mr. Lennon zum Musizieren anstoßen, als das Gebrumme eines Hochleistungsmotors seine Aufmerksamkeit erhascht.
Eine Honda SP2 brettert an Giselas Mantelsaum und dem Q5 vorbei. Neben dem Metalltor kommt das Monstrum auf zwei Gummischläuchen zum Stehen. Der junge Biker nimmt die Hand vom Gashebel und lüftet in der wieder eingetretenen Stille seinen Integralhelm.
»Ein Wunder ist geschehen!«, tratzt Seniorchef Würzemühl, staunt immerhin ansatzweise.
»Mein Bub ist pünktlich. Na, Gott sei Dank!«
Der Sohnemann steigt von seiner Rennmaschine und lächelt dem Vater dünkelhaft zu. Er möchte cool wie James Dean eine Begrüßungsfloskel bringen, hält jedoch die Klappe, da er eine große rote Masse im Rücken seines Erzeugers registriert. Herr Würzemühl dreht sich um und erblickt eine Männergestalt im Weihnachtsmantel auf der Türschwelle.
»Herzlich willkommen«, grüßt der großgewachsene Mann. »Treten Sie ruhig ein. Frau Notenhagel verfügt sich in ihrer schönen Küche und der Hausherr richtet sich soeben fürs Festmahl.«
»Na, so 'ne tolle Überraschung«, sagt Gisela Würzemühl, die nun auch unter dem gläsernen Vordach angelangt ist, »ein Weihnachtsmann!«
»Also bitte! Vor euch steht nicht ein Weihnachtsmann«, entgegnet der Verkleidungskünstler in herzlichem Ton, »sondern der Weihnachtsmann!«
Er tritt beiseite, um sie einzulassen.
»Es gibt im ganzen Universum nur einen, und der bin ich. Nicht wahr, Kinder?«
»Jaaa! Donner, Blitz und Teufelsrochen, das ist unser Santa Claus, der ist ein cooler Knochen!«, skandieren die Zwillinge. »Juhuuu! Er ist mega hässlich, unser Santa der ist grässlich!«
Der Gourmetkoch, seine Gattin und ihr erwachsener Filius beäugen die überdrehten Kiddies, die im Wohnzimmer unermüdlich im Viereck springen. Tatjana ringt sich dazu durch, ihre Stupsnase aus dem Guinness-Buch zu nehmen.
»Ihr Nervensägen! Ihr bringt mich noch zum Implodieren!«, brüllt sie wie Amy bei The Big Bang Theory und hüpft von dem Stressless-Sessel, um die ersten Gäste zu begrüßen.
»Frau Notenhagel hat mich für den Abend engagiert. Die Kleinen, man weiß ja...«, bekundet der Weihnachtsmann.
Während seine schönere Hälfte die Kinder zur Begrüßung herzt, legt Ringo die Pakete unter den Weihnachtsbaum. Sodann runzelt er theatralisch die Stirn über seinen buschigen Augenbrauen, den Festtagsanimateur föppelnd, und stampft zu den Zwillingen hin, die von so viel wandelnder Dickleibigkeit visuell überfordert wirken.
»Kids, anfassen verboten! Alles klar?«, ermahnt der mit einem Zeigefinger Richtung Festbaum. »Seid ja artig, sonst muss ich euch in mein eisiges Kühlhaus schleppen und mit den spitzen Haken für die Wildschweinchen bekanntmachen! Kapiert?«
»Wenn du uns angreifst, dann beschützt uns der Weihnachtsmann«, kontert Saskia. »Er hat sogar eine Pistole!«, geht Jonas mutig ins Detail. »Oh yes, na los, Onkel Weihnachtsmann, hol deine Pistole raus!«
Lauthals spornen die Zwillinge den lachenden Mantelträger an.
»Yabba dabba doo ─ na los! Hol das Schießeisen raus, mach dem Koch Feuer unterm Hintern! Los jetzt!«
Ringo Würzemühl hat bei diesen letzten Äußerungen nimmer hingehört, seine Aufmerksamkeit ist sprunghaft weitergezogen. Pamela Notenhagel kommt von einer Küchenschürze umhüllt herein. Je eine Hand auf einem Köpflein verstrubbelt der Meisterkoch die Haare der Jüngsten, dann bewegt er sich zur Raummitte hin, wo die Erwachsenen sich versammelt haben.
»Verzeihung, Pam«, sagt Gisela zur Dame des Hauses, »wir kommen zu früh, aber du kennst ja Ringo, er nimmt es schrecklich genau mit seinen Essenszeiten... Soll ich das in die Küche bringen?«, fragt sie und weist auf die Vorratskörbe, die sie auf den provenzalischen Fliesen abgestellt hat.
»Quatsch, Ihr kommt nicht zu früh«, beteuert Pamela und schenkt Gisela eine innige Umarmung. »Oh, aber das wäre doch nicht nötig gewesen... Stell die Körbe auf die Arbeitsplatte beim Kühlschrank, wir kümmern uns nachher darum.«
»Du bist so blass. Alles im Lot?«, erkundigt Gisela sich mit gedämpfter Stimme. »Wir machen dir 'ne Menge Arbeit, das wird's sein, oder?«
»Nein, alles bestens, nur etwas schlecht geschlafen letzte Nacht«, entgegnet Pamela mit einem knappen Lächeln. »Außerdem habe ich ja Hilfe, wie man sieht«, fügt sie Richtung Huckesteyn nickend hinzu, der sich mit gut dosierter Diskretion nahe der rollenden Bar aus Mahagoni aufhält.
»Stimmt ja, eine echt gute Idee. Das ist... wie soll man sagen... das ist originell, ja, das ist schon originell, ein Nikolaus am... hm, am Weihnachtsabend, ja, das ist... einfach originell«, wiederholt sie zum dritten Mal, ehe sie endlich vom Portal zur Küche verschluckt wird.
Hausherrin Pamela macht eifrig mit der Begrüßung weiter. In der Zwischenzeit hat Boris die mobile Bar herangerollt.
»Madam wünschen?«, fragt er Gisela, die ohne Essenskörbe zurückgekehrt ist.
»Oh, wie aufmerksam , Herr Weihnachtsmann. Ich wünsche... hm, ja, ich nehme Secco mit O-Saft, bitte.«
»Und für die Herrschaften?«
Die männlichen Vertreter der Familie Würzemühl wählen für den Anfang ─ ganz bescheiden ─ Champagner.
»Warten wir mit dem Anstoßen nicht auf Pascal?«, wundert sich Ringo direkt.
»Leider nein«, erklärt die Dame des Hauses, »Pascal passierte ein kleines Missgeschick, als er aus der Dusche gestiegen ist. Wirklich ein peinlicher Unfall: er ist ausgerutscht und hat sich den Kiefer am Waschtisch gestoßen. Sorry, Freunde…«
Bestürzte Ahs und noch mehr mitfühlende Ohs.
»Nein, nein, keine Sorge«, versichert Frau Notenhagel. »Nur eine klitzekleine Blessur. Gerade ist er dabei, sich eine Krawatte auszusuchen. Eine heikle Angelegenheit, dabei sollten wir ihn nicht stören!«
»Aber ja, die Krawatte, das entscheidende Ausstattungsstück für das