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Ohne Hund? Geht gar nicht!
Ohne Hund? Geht gar nicht!
Ohne Hund? Geht gar nicht!
eBook279 Seiten2 Stunden

Ohne Hund? Geht gar nicht!

Von Ellen Sell, Ilse Barton, Petra Benkhardt und

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Über dieses E-Book

Dieses Buch ist eine Hommage an alle Hunde und deren Artgenossen, die Ellen Sells Leben von der Kindheit bis in die Gegenwart geprägt und bereichert haben.
SpracheDeutsch
Herausgebernet-Verlag
Erscheinungsdatum23. Okt. 2018
ISBN9783957202048
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    Buchvorschau

    Ohne Hund? Geht gar nicht! - Ellen Sell

    Schäferhündinnen.

    Senta I und Senta II

    Senta I hatte die Welpenzeit hinter sich und entwickelte sich zu einer süßen Junghündin.

    Ich weiß nicht, ob meine Mutter aus Unkenntnis oder aus finanziellen Gründen Senta nicht impfen ließ. Vielleicht auch, weil man in den fünfziger Jahren anders als heutzutage mit den Haustieren umging.

    Als sie an der Staupe erkrankte, konnte ihr der Tierarzt nicht mehr helfen.

    Die Trauer um diese kleine Hündin ist jetzt beim Schreiben wieder so gegenwärtig wie damals.

    Ein anderer Nachbar schenkte uns jedoch bald darauf wieder einen Schäferhund-Welpen, wieder eine Senta, wieder ohne Stammbaum.

    Solche Hunde gelten auch heutzutage als zweitklassig. Das hängt natürlich mit den strengen Vorschriften für die Zucht von Rassehunden zusammen.

    Für uns spielte das natürlich keine Rolle. Wir waren einfach nur glücklich, dass Senta II bei uns war.

    Sie wurde sofort geimpft und gedieh prächtig, wenngleich ihre Nahrung überwiegend aus Essensresten bestand.

    Unser Haus hatte nur eine Grundfläche von sechzig Quadratmetern: drei kleine Zimmer, eine etwas größere Wohnküche, WC und Speisekammer sowie einen Windfang. Meine Mutter hatte es noch vor dem Kriegsende im Frühjahr 1945 von ihren letzten Ersparnissen bauen wollen, weil Nachbarn, die ebenfalls auf ihren Wochenendgrundstücken Häuser bauten, ihre Hilfe anboten. Außerdem halfen Russen aus einem Gefangenenlager, das sich in der Nähe befand. Dieser Hausbau war eine mutige und beachtliche Leistung für eine Kriegswitwe, die nicht nur ihren Mann in Russland, sondern auch noch ihre Wohnung bei den verheerenden Angriffen im Juli 1943 verloren hatte und für zwei kleine Kinder und ihre recht betagten Eltern sorgen musste.

    Trotzdem nahm sie Senta I und nach deren Tod Senta II ins Haus, weil sie sich von einem Hund Schutz versprach. Die Hündinnen lebten nicht im Haus, sondern im Zwinger mit einer Hundehütte. Der Zwinger war so groß wie unsere Terrasse oder anders ausgedrückt: Unsere Terrasse wurde zum Zwinger umfunktioniert.

    Wenn ich im Garten lesen wollte, stellte ich den Liegestuhl zwischen Gemüsebeete und duftende Kräuter. Und den Sonntagskuchen aßen wir bei schönstem Sommerwetter nicht im Garten, sondern bei geöffnetem Fenster in der Küche.

    Meine praktisch veranlagte Mutter konnte die Reste vom Mittagessen zeitsparend aus dem Küchenfenster in den Fressnapf schütten. Aber sie kochte für Senta auch Pansen oder Euter mit Bruchreis. Ich erinnere mich an den gewöhnungsbedürftigen Geruch, den das Hundefutter beim Kochen verströmte und der bis zum nächsten Tag in den Gardinen haftete. Wenngleich Hundebesitzer hart im Nehmen sind (davon später mehr!), war ich froh, wenn das Futter nicht auf dem Holzkohleofen köchelte, während wir aßen.

    Schaffte meine berufstätige Mutter es nicht, das Futter zu kochen, mussten wir Kinder es übernehmen. Unsere Aufgabe war es auch, Sentas Fell zu bürsten und die Hütte zu säubern. So lernten wir, für unsere Hündin verantwortlich zu sein.

    Wir hielten zu der Zeit auch Hühner, Kaninchen und das Schaf Lieschen. Unsere Tiere wurden von meiner Mutter in aller Herrgottsfrühe gefüttert. Erst danach frühstückten wir.

    Das lehrten uns die Märchen, die unsere Mutter uns abends, wenn sie nicht zu müde war, vorlas.

    Für mich war Senta eine Vertraute, der ich von all meinen Geheimnissen, Kümmernissen und Freuden erzählte und an die ich mich kuschelte, wenn ich mich mit meiner Mutter oder meinem Bruder gestritten hatte.

    Als im Winter zwanzig Grad minus herrschten, holte meine Mutter Senta abends ins Haus. Doch unsere Hündin fühlte sich in der Wärme überhaupt nicht wohl. Immer wieder ging sie zur Küchentür. Als meine Mutter sie in den Windfang ließ, blieb sie vor der Haustür so lange sitzen, bis meine Mutter sie zum Zwinger brachte. Sibirische Kälte war also kein Problem für unsere abgehärtete Senta.

    Zum Tierarzt gingen wir mit ihr nur, wenn eine Impfung nötig war, denn sie strotzte vor Gesundheit.

    Sie war eine intelligente, gelehrige und absolut friedliche Schäferhündin. Nie kam es bei Spaziergängen mit ihr zu Zwischenfällen. Kindern gegenüber war sie freundlich, und wenn ich mit ihr mit der Hochbahn von der Station Trabrennbahn nach Meiendorf oder Ohlstedt-Wohldorf zum Wandern fuhr, benahm sie sich unauffällig, verhielt sich mitfahrenden Vierbeinern und natürlich auch Zweibeinern gegenüber stets vorbildlich.

    Als Senta schon elf Jahre alt war, überraschte sie uns mit einem Geschenk.

    Wie immer weckte mich meine Mutter an jenem Morgen, öffnete das Zimmerfenster, das sich auch auf der Seite des Zwingers befand, und fragte leise: »Hörst du es?«

    »Was?« Ich rekelte mich schlaftrunken hin und her.

    »Das Wimmern! Es kommt aus der Hundehütte.«

    Ich kroch aus dem Bett und horchte. Es gab keinen Zweifel. Das Wimmern kam tatsächlich daher.

    »Meinst du, das ist Senta? Aber weshalb kommt sie nicht raus?«, flüsterte ich, doch meine Mutter hörte mich schon nicht mehr, weil sie das Zimmer verlassen hatte. Ich schaute wieder aus dem Fenster und sah meine Mutter, die auf allen vieren in die Hundehütte kroch und mit einem kleinen Fellbündel in der Hand wieder herauskam.

    Mein Bruder stand plötzlich neben mir. »Was ist denn hier los?«, fragte er und verlor dann für Sekunden die Sprache, als meine Mutter uns das Fellbündel aus der Nähe zeigte. »Das ist ja ein kleiner Hund!«, rief er freudig. »Sind in der Hütte noch mehr?«

    »Nein, ich habe nur dieses Kleine gefunden. Senta hat alle Spuren der Geburt beseitigt, scheint sehr erschöpft zu sein.«

    »Vielleicht hat sie die anderen gefressen«, entgegnete mein Bruder.

    Ich schüttelte den Kopf. »Das ist nicht dein Ernst!«

    »Doch! Weil Senta womöglich spürte, dass sie für mehr Welpen viel zu alt sei. Das Säugen strengt bestimmt an.«

    »Es scheint wirklich nur ein Welpe gewesen zu sein«, mischte sich unsere Mutter ein, »sonst hätten wir sicherlich bemerkt, dass sie trächtig war.«

    Wir freuten uns alle sehr über Sentas Baby. Es war ein Rüde, den wir auf den Namen Cadeaux (Geschenk) tauften.

    Hinter unserem Grundstück gab es eine wundervolle Obstbaumwiese. Dort spielte ich oft mit Senta Ball, oder wir saßen unter einem Apfelbaum, wo ich die Bienen und Hummeln in den weiß-rosa Blüten beobachtete. Manchmal bekamen wir Besuch von Sentas Schäferhundfreundin und ihrem Herrchen. Oder Senta lag mit ihrem Sohn auf dem Hauptweg in unserem Garten, von dem links und rechts die Gemüsebeete von meiner Mutter angelegt waren.

    Es fiel uns sehr schwer, Cadeaux, als er acht Wochen alt war, von seiner Mama zu trennen. Ihr schien es jedoch weniger auszumachen, als ihm und uns. Vielleicht war sie froh, wieder allein zu sein, denn der kleine Racker hielt sie ganz schön auf Trab. Uns tröstete, dass Cadeaux es bei einer Familie in der Nachbarschaft wunderschön hatte und wir ihn öfter sehen konnten. Er wurde ein stattlicher Hund mit einem lieben Wesen und starb mit dreizehn Jahren.

    Bis heute frage ich mich, wie es einem Rüden gelingen konnte, unsere Senta zu decken. Der Zwinger war mit einem zwei Meter hohen Maschendrahtzaun gesichert, sodass Senta für Rüden eigentlich unerreichbar gewesen war. Und auszubüxen war ihr nie in den Sinn gekommen, weder aus dem Zwinger noch bei Spaziergängen.

    Arienne

    Ich wuchs also im zerbombten Hamburg in der Kriegs- und Nachkriegszeit mit meinem Bruder und ohne Vater auf, der in Russland gefallen war.

    Weil meine Mutter mir kein Studium ermöglichen konnte, wurde ich nicht Lehrerin, sondern Industriekauffrau. Ich hatte in dem Hamburger Stahlmöbelwerk Alfred Thomsen 1957 die Lehre zum Industriekaufmann erfolgreich mit dem Kaufmannsgehilfenbrief abgeschlossen und anschließend bis 1958 die Buchhaltung für das Zweigwerk in Winsen an der Luhe übernommen. Danach bewarb ich mich beim Atlantik-Film-Studio und Kopierwerk, weil ich mich beruflich weiterentwickeln wollte. Ich bekam eine positive Nachricht. Bei der persönlichen Vorstellung erfuhr ich, dass die Stelle nur noch frei sei, weil eine Buchhalterin, die eingestellt werden sollte, sich anderweitig entschieden hatte.

    Dieser unbekannten Frau verdankte ich also, dass ich am 1. Oktober 1958 beim Atlantik-Film als Buchhalterin beginnen konnte und dass es dadurch zu unvorhersehbaren Veränderungen in meinem Leben kommen sollte.

    Erst einmal folgten zweieinhalb wundervolle Berufsjahre, die plötzlich endeten, weil sich mein verheirateter Vorgesetzter, Vater zweier kleiner Kinder, in mich verliebte und ich mich in ihn. Unser Chef erfuhr davon und rief mich zu sich. Er sagte, dass er unser Verhältnis in seinem Betrieb nicht dulden könne und schlug mir vor, unverzüglich die Kündigung einzureichen.

    Ich wundere mich noch heute über meinen Mut, was ich ihm daraufhin erwiderte: »Unsere Beziehung haben wir inzwischen beendet, weil ich mit meinem Bruder ohne Vater aufwuchs und das den beiden Kindern ersparen möchte.«

    Doch das war noch nicht alles. Plötzlich sprudelte es aus mir heraus: »Ihr Verhalten mir gegenüber finde ich unbegreiflich! Ihnen ist doch Ähnliches passiert, erzählten mir Kollegen. Demnach sind Sie ohne Ihre erste Frau zum Skilaufen ins Allgäu gefahren und dort auf der Piste verunglückt, in ein Münchener Krankenhaus gekommen, wo sie sich in eine Krankenschwester verliebten. Mit ihr sind Sie jetzt verheiratet – und die Sekräterin in ihrem Vorzimmer ist Ihre erste Frau.«

    Er schwieg, und wir erhoben uns synchron von den Stühlen.

    Nur eine Kollegin aus unserer Abteilung, die von unserer Beziehung schon sehr früh wusste, stand uns verständnisvoll mit Rat und Tat zur Seite.

    So tolerant reagierten weder meine Mutter noch mein Bruder. Unser Familienleben veränderte sich schlagartig. Sie verurteilten mich. Täglich gab es heftige verletzende Diskussionen.

    Ich liebte schon zu der Zeit Lyrik und fand Trost bei Goethe. Ihm schienen Schicksalschläge nicht fremd zu sein. So schrieb er in einem Brief an die Gräfin Auguste Stolberg:

    Alles geben die Götter, die unendlichen,

    Ihren Lieblingen ganz,

    Alle Freuden, die unendlichen,

    Alle Schmerzen, die unendlichen, ganz.

    Nachdem ich über meine Kündigung mit meiner Mutter gesprochen hatte, meinte sie: »Am besten gehst du für einige Zeit ins Ausland. Vielleicht auch nach England, wie Julia, als Au-pair-Mädchen.«

    Sie war meine Cousine. Die Idee fand ich gut. Aber ich wollte lieber in die Schweiz, weil ich seit dem Kinderbuch Heidi Sehnsucht nach den Bergen hatte.

    Ich bewarb mich als Kindermädchen bei einer Familie Bucher, die in der Nordschweiz, in der Kleinstadt Flawil, in einem Einzelhaus auf dem Rosenhügel wohnte.

    Ausschlaggebend dafür war meine Liebe zu Kindern und das Eingebundensein in eine Familie.

    Die Buchers hatten drei Kinder: Urs (dreizehn Jahre) Yvonne (acht Jahre) und Jürg (drei Jahre). Ich sollte mit ihnen Schriftdeutsch sprechen, in der Küche helfen, plätten, stopfen, einkaufen und so weiter.

    Zur Familie gehörte außerdem die English Springer Spaniel-Hündin Arienne. Durch sie würde sich hoffentlich mein Heimweh nach Senta in Grenzen halten. Außerdem klang der Rosenhügel wunderschön und verlockend. Ich sah vor meinem geistigen Auge ein Haus, umrahmt von einem Rosengarten, wie es Adelbert Stifter im Roman Der Nachsommer beschrieb.

    Trotzdem hatte ich mich bei zwei weiteren Familien beworben.

    Die erste Zusage kam aus Bern, doch ich favorisierte Flawil. Weil danach eine Absage aus Zürich kam, rief ich bei Buchers an. Frau Bucher war am Apparat und sehr erfreut, mich zu hören. Sie hätte gerade mit ihrem Mann über mich gesprochen. »Wenn Sie möchten, können Sie Anfang Mai bei uns beginnen«, sagte sie. »Wir suchen allerdings ein Mädchen für mindestens ein Jahr.«

    Damit war ich einverstanden und bekam ein paar Tage später einen per Telefon schon angekündigten Brief. Ich musste mich noch ärztlich untersuchen lassen und ein Foto schicken, erfuhr die Höhe des Salärs und war danach fest eingestellt.

    Am 1. Mai 1961 war es so weit. Meine Mutter, mein Bruder und Senta sowie zwei Freundinnen begleiteten mich abends zum Hauptbahnhof. Nach einer unruhigen Nacht auf einer Liege und der Passkontrolle in Basel am nächsten Morgen kam ich nach der Weiterfahrt über Zürich in Flawil an.

    Es war Mittag und sehr warm, der Bahnhof fast menschenleer. Mir fiel sofort eine junge, große und schlanke Frau auf, die mit einem Gepäckwagen geradewegs auf mich zusteuerte und mich mit »Grüezi« begrüßte. »Sie sind bestimmt die Eelen. Ich habe mein Auto vor dem Bahnhof parkiert.«

    Das waren die ersten Wörter auf Schwyzerdütsch, die mir bewusst machten, dass ich mich nun wirklich in der Schweiz befand.

    Frau Bucher war mir auf Anhieb sympathisch, und das Schwyzerdütsch gefiel mir sehr. Ihr Auto war ein weißes amerikanisches Cabrio mit roten Ledersitzen. Auf dem Rücksitz lag Arienne.

    Welch ein Empfang! Ich kam mir vor wie in einem Hollywoodfilm und setzte mich zur Hündin. Sie wedelte mit dem Schwanz, als ich sie streichelte.

    Wenn es so atemberaubend schön beginnt, könnte es gern so weitergehen, dachte ich.

    Was ich zu dem Zeitpunkt jedoch nicht wusste, war, dass Yvonne von Kindermädchen die Nase voll hatte. Meine Vorgängerin hatte Yvonne, als sie sich danebenbenahm, in den Keller gesperrt.

    Wenn die Ellen nicht nett sei, würde sie ihr Stachelbeerzweige ins Bett legen, meinte sie daher. Yvonne besaß nämlich ein eigenes Stachelbeerbäumchen, weil es ihre Lieblingsfrüchte waren. »Ans Fußende natürlich«, hatte sie gebrummt, als die Eltern den Kindern erzählten, dass bald ein neues Kindermädchen, das Ellen hieß, ins Haus käme.

    Urs wollte erst einmal abwarten. »Vielleicht ist die Ellen viel netter als das vorige Mädchen.« Und Jürg freute sich auf die Gutenachtgeschichte, die sie ihnen bestimmt vorlesen würde.

    Doch nun hielt Frau Bucher vor einem großen, weiß getünchten Haus. Ein Rosenstock neben dem Eingang hatte schon viele rote Knospen, und davor spielten drei Kinder.

    Die Begrüßung fiel unterschiedlich aus. Yvonne quälte nur ein kaum verständliches »Grüerzi« heraus. Die Jungen waren freundlich und lächelten mich beim Begrüßen an. Im Haus verteilte ich meine Mitbringsel. Urs freute sich über ein »Spiele-Buch«, Arienne bekam eine Tüte Hundekekse, Yvonne

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