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Jagd auf Finlay und die Fellnasen
Jagd auf Finlay und die Fellnasen
Jagd auf Finlay und die Fellnasen
eBook252 Seiten3 Stunden

Jagd auf Finlay und die Fellnasen

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Über dieses E-Book

Neun Streuner bilden das Rudel der Fellnasen. Die Hunde könnten nicht unterschiedlicher sein. So bunt wie das Leben, so verschieden ihre Charaktere. Von klug bis listig, von aufbrausend bis zurückhaltend, von witzig bis nervig, dass es hier hoch hergeht, das ist doch klar. Aber gerade ihre unterschiedlichen Fähigkeiten vereinen sie bedingungslos. Wer schon immer wissen wollte, was Vierbeiner so denken, erhält einen wunderbaren Einblick in das Gefühlsleben. Mal sitzen ihnen Tierfänger im Nacken, dann geraten sie in ein Tierversuchslabor, und zum Schluss sucht sie eine ganze Stadt. Mit diplomatischem Geschick führt Rudelführer Finlay die Meute durch die bewegenden Abenteuer. Da bleibt kaum Zeit, um einmal durchzuschnaufen. Eine packende Tiergeschichte mit Witz und Charme für Jung und Alt.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum23. Okt. 2015
ISBN9783732329809
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    Buchvorschau

    Jagd auf Finlay und die Fellnasen - Rainer L. Fülling

    Steckbrief:

    Finlay ist der Rudelführer. Eigentlich ungewöhnlich, denn seine Talente sind zwar vielfältig, aber nicht außergewöhnlich. Trotzdem vertrauen ihm seine Kameraden ihr Leben an. Mehr als sechs Jahre schlägt sich der Rüde jetzt auf den Straßen der Stadt erfolgreich durch. Was ihn aber für seine Freunde als Leithund auszeichnet, ist das Geschick, seine Gefährten zu verstehen. Schnell erkennt er eine gute Idee, und vor allem weiß er, was für die Gruppe gut ist. Sein Motto lautet: „Alle oder Keiner!" So lässt er auch in brenzligen Situationen keinen aus seiner Meute zurück. Er musste erst in die schwierige Rolle des Rudelführers hineinwachsen. Aber dank der Unterstützung seines Freundes Rolf gelang ihm das recht schnell. Auch, wenn Lucie ihm die Rolle ständig streitig machen will, am Ende zahlt sich seine geduldige und freundliche Aufmerksamkeit aus. Es ist Finlays Naturell, dass er jedem gefallen will. Er ist eben ein echter Diplomat. Und wenn es hart auf hart kommt, kann sich der Highlander auf seine gute Nase verlassen. Denn Ärger riecht der Goldie schon von Weitem. Und überhaupt, sein Rudel hält natürlich zu ihm.

    Steckbrief:

    „Wer aufgibt, der hat verloren!, so lautet die Regel Nr. 5 des Deutschen Schäferhundes und die ist auch zugleich sein Lebensmotto. Überhaupt sind Regeln im Leben von Rolf wichtig. Der betagte Deutsche verfügt über eine Menge Lebenserfahrung. Mit seinen neun Jahren ist er der Älteste im Rudel. Es scheint so, dass er für jede Situation, für jedes Problem eine passende Regel parat hat. Daher nennen ihn seine Freunde auch liebevoll „Der Weise und manchmal auch „Der Alte". Rolli macht kein großes Aufheben um sich oder die Dinge, die passieren. Wortkarg, ja ein wenig einsilbig, steht er mit Rat und Tat seinen Freunden zur Seite, aber nur, wenn die ihn auch fragen. Ansonsten zeichnet sich der Schäferhund durch seine große Treue aus. So ist es mehr als verständlich, dass er Finlay, dem Rudelführer, loyal zur Seite steht. Auch sonst scheinen die beiden sich prima zu verstehen. Darüber hinaus stellt Rolfi seine erfahrene Wachsamkeit gerne in den Dienst der Gruppe und wird so zu einem verlässlichen Beschützer des Rudels.

    Steckbrief:

    Herr Schmitz heißt so, weil er Herrn Schmitz gehörte. Die Nachbarn riefen immer: „Schau, da kommt der Hund vom alten Herrn Schmitz", bald darauf nannten alle den putzigen Kerl nur noch Herr Schmitz.

    Der Jack Russel ist ganz schön furchtlos und sehr energisch. Wenn ihm etwas nicht in den Kram passt, und das passiert häufiger, dann schaltet Herr Schmitz gerne auf stur. Mit Lucie fetzt er sich ständig. Er liebt es regelrecht, ihr Paroli zu bieten. Selbst, wenn er der gleichen Meinung ist wie sie, widerspricht er ihr, nur um sie auf Hundertachtzig zu bringen. Seine ungewöhnlichen Ideen und vor allem seine vorwitzigen Sprüche bringen die Border Collie Hündin vor Ärger regelrecht auf die Palme. Doch wenn es richtig stressig wird, verliert der streitbare Pfiffikus gerne mal seine Fassung. Dann drückt den Terrier oft die Blase und er pieselt vor Aufregung an jeden Strauch. Und wenn er nicht gerade irgendwo hin pullert, erzählt er einen Witz nach dem anderen, um seine Freunde, aber vor allem sich selbst zu beruhigen. Der alte Herr Schmitz brachte dem Jack Russel eine Menge Kunststücke bei. Der eine oder andere Trick soll dem Rudel noch von großem Nutzen sein.

    Steckbrief:

    Paula ist immer gut gelaunt. Sie ist die Gesellige in der Runde. Pauline liebt es, wenn sich alle bestens miteinander verstehen. Ihre freundliche Art lässt die Wogen oft glätten. Ihr übertriebener Familiensinn macht sie zur „Mutter" in der Gruppe. Bei Problemen kann jeder zu ihr kommen. Sie hat immer ein offenes Ohr. Paula kümmert sich besonders aufmerksam um die kleine Fine. Jagen, Fischen und mit den Freunden im Wasser herumtollen, dafür kann sie sich immer begeistern. Die große Leidenschaft für Futter und den ständig knurrenden Magen teilt sie sich, wie kann es anders sein, mit ihrem besten Freund Arthur, dem Berner Sennenhund. Menschen gegenüber ist die Labradorhündin eher reserviert. Schlechte Erfahrungen mit Betrunkenen und deren grober Umgang mit ihr lässt sie schnell panisch werden.

    Steckbrief:

    Lucie ist die Kluge im Rudel der Fellnasen. Ihren Augen entgeht rein gar nichts. Sie will immer alles im Blick behalten. Gerne überwacht sie dabei die anderen der Gruppe. Ihre Beharrlichkeit geht den Freunden manchmal ganz schön auf den Nerv. Konzentriert beobachtet sie ihre Umgebung und merkt sofort, wenn sich Ärger zusammenbraut. Wie eine Detektivin kombiniert sie die Dinge und findet schnell eine Lösung. Da sie sich für die Klügste hält, wäre sie gerne die Rudelführerin. Ihre kühle und distanzierte Art steht ihr da aber im Wege. Herr Schmitz hat den Ehrgeiz der Hündin durchschaut. Er lässt keine Gelegenheit aus, um sie deshalb genüsslich zu foppen.

    Besonders ärgert sich Lucie, dass ausgerechnet sie sich hat billig austricksen lassen. Auf der Autobahn A3 setzten ihre Besitzer die Border Collie Hündin einfach an einer Raststätte aus. Seitdem lebt sie auf der Straße und wird durch ihren Spitznamen A3 ständig an ihren schwärzesten Hundetag erinnert.

    Steckbrief:

    Arthur ist der Gutmütige im Rudel. Geduld ist seine Stärke. Aufgrund seiner Größe und Stärke wirken seine kraftvollen Bewegungen oft tapsig. Für seine Freunde gibt er sein letztes Stückchen Fell. Daher mag Archie auch keinen Streit. Als treuer Kamerad geht er für seine Freunde durch dick und dünn. Sein ausgeglichenes Wesen macht den Berner zum Ruhepol des Rudels. Die Leidenschaft für das Futter verbindet ihn mit Paula. Wegen seiner braunroten Flecken über den Augen nennen ihn seine Freunde auch liebevoll Vieräugler.

    Archie glaubt immer an das Gute in der Welt. Und genau diese Gutgläubigkeit nutzten die Tierfänger aus, als sich der Große im alten Stadtwald fürchterlich verlief.

    Steckbrief:

    „Klein, aber oho", wäre wohl die beste Beschreibung für Fine. Die Dackeldame ist mutig wie ein Tiger. So klein sie auch ist, bei den zu bestehenden Abenteuern mischt Finchen immer ganz vorne mit. Sie träumt davon, wenn sie groß ist eine berühmte Jägerin zu sein. Kein Fuchsbau entgeht ihrer Nase, mag er auch noch so versteckt sein. Bei allem Tatendrang wird die Unerfahrenheit ihr so manches Mal zum Verhängnis. Mit zwei Jahren ist sie die Jüngste im Rudel. Pauline und Archie haben die Teckelhündin in ihr Herz geschlossen. So gut es geht passen die beiden auf Krümel auf. Der Eigensinn von Fine bringt sie oft in große Gefahr. Hier hilft ihr allseits bekanntes Schmollen dann auch nicht weiter. Es bleibt zu hoffen, dass die Geschichte für die eigentlich eher schüchterne Dackeldame gut ausgeht.

    Steckbrief:

    King Louis trägt zu Recht seinen Spitznamen „Rambo, neigt er doch dazu, schnell aus der Haut zu fahren. Dann regt sich der Mops so sehr auf, dass er regelmäßig über sein Ziel hinausschießt. Dabei unterschätzt er so manches Mal die Gefahr. Aber eigentlich ist er derjenige im Rudel, der mit viel Charme und Würde auftritt. Jazzmusik ist für den kleinen Dickkopf, der früher bei einem Musiker lebte, sein Ein und Alles. Wenn King Louis gefragt wird, was er so treibe, dann antwortet er regelmäßig: „Ich bin Saxofonspieler in einer Big Band. Ansonsten ist er gerne für sich allein und hängt seinen musikalischen Gedanken nach. Bewegung ist für ihn ein notwendiges Übel, um von „A nach „B zu kommen. Dafür muss alles sehr Erfolg versprechend sein.

    Steckbrief:

    Henry beschäftigt sich den ganzen Tag mit seiner Fellpflege. Und nach Maniküre und Pediküre, so findet Ihre Durchlaucht, muss „Mann sich erst einmal um sich selber kümmern. Wenn der Frauenheld dann noch Zeit hat, umschwärmt er mit Ausdauer das weibliche Geschlecht. Keine Anstrengung ist ihm dabei zu groß, um die Angebetete für sich zu gewinnen. Gerne verweist er auf sein adeliges Blut, was für die Auserwählte durch seine Adern pulsiert. Als Franzose liebt er natürlich gutes Fressen. Da darf es gerne mal etwas Ausgefallenes sein. Er ist wohl der Einzige im Rudel, der so auf seine schlanke Figur achtet. Für ihn gibt es nichts Schlimmeres, als wenn sein tänzerisch federnder Gang durch Speckröllchen an der Taille ruiniert würde. Wie würde es Henry formulieren: „Il faut souffrir pour être belle. Oder auf gut Deutsch: „Wer schön sein will, muss leiden." Immer, wenn der Pudel sich um absolute Aufmerksamkeit bemüht, lässt er gerne den Franzosen heraushängen und spricht französisch.

    Der Hundefänger

    E

    s war Herbst, und die Kirchturmuhr schlug gerade elf. Ein zartes Kleid feiner Tautropfen benetzte die Blätter und Nadeln der umliegenden Bäume. Die tief hängenden goldgelben Sonnenstrahlen vermochten sie nicht mehr zu trocknen. Gut versteckt lag Finlay auf einem weichen Bett aus Moos. Dicht gewachsenes Buschwerk um ihn herum schützte ihn vor fremden Blicken. Es war sein Lieblingsplatz. Hier konnte er ungestört sein Schläfchen halten. Die herbstliche Sonne schien auf sein goldbraunes Fell und wärmte seinen müden Körper ein wenig. In der immer kälter werdenden Jahreszeit tat ein wenig Wärme dem Rüden gut. Er fühlte sich trotz der späten Uhrzeit noch immer schläfrig. Daran konnte auch die langsam in ihm hochkriechende Kälte nichts ändern. Nun lag der gesamte Körper im Schatten des Rotdornbusches. Nur noch ein kleines bisschen liegen bleiben. Vielleicht bis die Turmuhr erneut schlägt, dachte der Goldie. Ein Tautropfen war Finlay auf den Nasenrücken gefallen und rann in Richtung seines schwarzen Nasenschwamms. Uiiih, das kitzelt aber. Er zog seinen Nasenrücken kraus. Für seine lange Zunge schien ihm der Tropfen noch zu weit weg zu sein. Also wartete er geduldig, denn für größere Bewegungen war es eindeutig noch zu früh. Während der Wassertropfen seine unermüdliche Reise fortsetzte und Finlay weiter ärgerte, schlug die Turmuhr erneut. Jetzt hab ich dich, dachte der Golden Retriever und schleckte gekonnt den dicken Tautropfen von seiner Nase. Dabei schmatzte er ein wenig, in Gedanken versunken. Nur noch ein klitzekleines bisschen schlummern. So vor sich hindösend stieg dem Goldie der süßlich erdige Geruch des modernden Laubes in die Nase. Besonders liebte er die nussigeNote der Eicheln und Bucheckern. Von diesem betörenden Duft lief ihm der Speichel im Maul zusammen. Hunger stellte sich ein. Eigentlich setzte sich der Hunger fort, denn mit knurrendem Magen legte er sich bereits gestern Abend hier auf seinen Lieblingsplatz auf dem alten Stadtfriedhof zur Nachtruhe. Hunger war eigentlich sein ständiger Begleiter. Wie ein alter Freund, der da ist, auch wenn man ihn gerade gar nicht brauchte. Seit zwei Tagen hatte Finlay nichts gefressen. So weit war es mit ihm gekommen, grübelte er bei sich. Sonst träumte er von dem würzigen Duft einer Pizza, eines Döners, auch Pommes liebte er über alles. Und wovon träumte er nun? Von Beeren und Grünzeug. Na, super! Wenn das so weiter ginge, dann bekäme er noch Bauchschmerzen. Es wurde also dringend Zeit, dass er etwas Richtiges zum Verschlingen fand. Immer stärker kämpfte jetzt sein Hunger gegen die Schläfrigkeit. Langsam öffnete er seine Augen, dann streckte er alle viere weit ausladend von sich. Der Highlander, wie er auch gerufen wurde, rekelte sich so lang er konnte. Dazu bog er seinen Rumpf weit durch, riss sein Maul mit seinen weißen Zähnen weit auf und gähnte aufs Herzhafteste. Seine Glieder waren durch die nasskalte Herbstluft steif geworden. Daran änderten auch die paar Sonnenstrahlen nichts. Der Streuner rollte sich auf den Rücken, streckte alle vier Läufe in die Höhe und schubberte durch heftige seitliche Bewegungen genüsslich sein Kreuz. Ja, das fühlte sich gut an. Allmählich kehrten die Lebensgeister in ihn zurück. Nach und nach wurde es ihm warm. Mit einem Ruck sprang er auf. Er beugte sich mit seinem vorderen Körper wie ein kampfeslustiger Stier herab und bog dazu seine nach vorne gestreckten Vorderläufe weit durch. Das Hinterteil streckte er dazu soweit er konnte in die Höhe. Dieses Ritual vollführte er jeden Morgen. So, als wollte er zu sich sagen, jetzt kann der Tag beginnen, ganz egal was da kommt.Für heute, das war ihm klar, brauchte er dringend etwas zwischen seine Zähne. Etwas Kräftiges, etwas Fleischiges musste her. Die paar Beeren und Eicheln der letzten Tage hatten seinen großen Hunger beim besten Willen einfach nicht stillen können. So beschloss Finlay, sich in die Stadt zu begeben. Hier und da lagen eigentlich immer leckere Essensreste herum. Irgendetwas würde er schon finden. So viel Pech wie in den letzten Tagen konnte er doch nicht ewig haben. Heute würde seine Pechsträhne enden, da war sich der Retriever sicher. Und wenn alles nichts half, dann versuchte er es beim Fleischer Sieveneck. Das war zwar immer eine heikle Angelegenheit, aber heute würde er das Risiko eingehen. Der Meister Sieveneck mochte den herumstreunenden Hund. Er stellte ihm immer eine Kleinigkeit zu fressen auf den Hof heraus. Das durfte nur der Hausmeister nicht mitbekommen. Der konnte es auf den Tod nicht ausstehen, wenn der Retriever im Hof herumlungerte und auf Futter hoffte. Da konnte es schon einmal passieren, dass er aus dem Haus stürzte und ihn laut schimpfend mit dem Schrubber bis auf die Straße verfolgte. Das letzte Mal eilte der kleine dickliche Mann heraus und schüttete einen Eimer Putzwasser nach ihm aus. Wasser auf sein Fell, das brauchte Finlay bei dieser Jahreszeit gar nicht. Eigentlich liebte er Wasser. War er doch der Erste, wenn es darum ging, ein Bad zu nehmen. Aber wenn man wie er auf der Straße lebte, und das tat Finlay immerhin schon viele Jahre, dann musste es schon richtig warm für ein kleines Bad sein. Schließlich musste sein Fell ja auch wieder trocknen. Für heute reichte ihm die herbstlich frischfeuchte Morgenluft. Wenn er Glück hatte, so machte sich Finlay ein wenig Mut, dann wäre vielleicht der Altgeselle Siggi da. Er konnte Finlay ebenfalls gut leiden. Da fiel für ihn auch immer ein Stück Wurst ab.

    So machte sich der Streuner auf den Weg in die Stadt. Dazu verließ er sein weiches moosiges Lager. Er duckte sich, um unter den Büschen hindurch zu kriechen. Da er immer den gleichen Weg wählte, hatte sich eine Art Tunnel gebildet, durch den er kroch. Die Röhre endete unter einer Gruppe junger Kiefern. Hier legte er sich immer schlafen, wenn es regnete. Die dichten Zweige schützten ihn dann vor den kräftigen Regenfällen. Geschickt schlängelte sich der Goldie durch das Grün, bis er den schmalen Fußweg erreichte. Sein Schlafplatz lag ziemlich am Rande des alten Stadtfriedhofs. Recht abseits begegneten ihm hier nur sehr selten Menschen. Trotzdem passte er höllisch auf, dass er keinem Gärtner oder Besucher in die Arme lief. Dann wäre es vielleicht aus mit seiner ruhigen Schlafstelle. Denn für Hunde war der Aufenthalt auf dem Friedhof strengstens untersagt.

    Vor Jahren noch legte er sich in den Stadtpark zum Schlafen. Aber dort liefen ständig Leute umher. Morgens um sechs gingen die ersten Menschen mit ihren verhätschelten, kläffenden Schischihündchen und Fellpupsern ihre ersten Gassirunden. Das nervte den Highlander ganz schön, vor allem, wenn man ein Langschläfer war wie er. Aber auch abends kehrte erst spät Stille ein. Dann vollzog sich wieder der gleiche Schaulauf. Besonders gingen ihm die versnobten Stadtmenschen auf den Geist, die zu allem und jedem ihre Kommentare abgaben. „Hast du fein Kackerchen gemacht?, „Schatzi, mach dein Pieselchen!. Was waren das nur für Idioten, wenn die sich wie blöde über ein Häufchen freuten, dachte Finlay so bei sich. Er hatte seit Tagen kein Häufchen, geschweige denn einen Haufen hinbekommen. Selbst seine berühmt berüchtigten Pupse blieben aus. Wie auch, dachte der Rüde. Ohne Mampf keinDampf. Sein Magengrummeln hatte mittlerweile die Lautstärke einer Bahnhofsdurchsage erreicht.

    Der Friedhof war recht groß. Durch seinen parkähnlichen Charakter gab es hier viele Baumgruppen, zahlreiche Hecken und Büsche, die hervorragende Möglichkeiten für geeignete Verstecke boten. Vorsichtig huschte er auf den Gehweg. Im Schutze einer Hecke eilte er an alten Gräbern vorbei in Richtung Friedhofsmauer. Geduckt erreichte der Retriever das kleine Loch in der alten Steinwand. Wenn er sich hindurchzwängte, war es gerade groß genug für ihn, um auf die andere Seite zu gelangen. Gut geschützt durch einen großen Busch erreichte er so den Gehweg an der eher selten befahrenen Friedhofstraße. Er vergewisserte sich noch einmal, dass ihn kein Mensch beobachtete und lief zielstrebig stadteinwärts. Je näher er an das Stadtzentrum gelangte, umso lebhafter wurde der Straßenverkehr. Hier hasteten die Menschen geschäftig umher. Finlay glaubte sich sicher, die Menschen waren so sehr mit sich beschäftigt, dass keiner auf einen struppigen Retriever achten würde. Und das war auch gut so.

    Geschickt wie ein Straßenprofi untersuchte er Abfallkorb für Abfallkorb. Auch die Ecken an den Schnellimbissen inspizierte er gründlich. Die kleinen Grünflächen an Kreuzungen und Ampeln begutachtete er aufs Genaueste nach etwas Essbaren. Hier und da traf er auch schon einmal auf einen Stadtstreicher, der ihm sein Futter streitig machen wollte. Aber zum Glück kam das nur selten vor. Heute sollte er wieder kein Glück haben. Es schien, als würde seine Pechsträhne einfach nicht abreißen. Er setzte jetzt seine ganze Hoffnung auf den Fleischer Sieveneck. Bis dorthin waren es nur noch wenige Straßenzüge. Während er so lief, knurrte sein Magen erbärmlich laut. Er trottete gerade an der Schaufensterscheibe einer Boutique entlang, als er sein Spiegelbild erblickte. Er sah erbärmlich aus. Die Schulterknochen schoben sich deutlich aus seinem goldigen Fell heraus. Auch die Rippenknochen malten sich klar ab. Die letzten Wochen verlor er mächtig an Gewicht. Sein eigentlich seidenglänzendes Fell spiegelte ihm stumpf und struppig entgegen. Er musste dringend zunehmen. Immerhin stand der nächste Winter vor der Tür. Gerade als er in die Straße des Metzgers einbog, riss ihn der verführerische Duft von Geräuchertem aus seinen trübsinnigen Gedanken. Ja, hier bin ich richtig. Er hätte wetten können, dem Geruch von Fleischwaren konnte sich kein echter Retriever widersetzten. Ob ihn der Metzger bemerkte? Oder wenigstens sein Freund Siggi, der Geselle? Bei allen Fellpfoten, hoffentlich entdeckte ihn nicht wieder der Hausmeister. In Gedanken hoffte er inständig. Er musste doch

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