Chillen in Flottillen: Raus aus dem Büro - rein ins Segelabenteuer
Von Clara Mare
()
Über dieses E-Book
Einen Tag lang nicht das Smartphone oder den E-Mail-Account checken? Undenkbar! Zumindest für Clara, Forscherin an der Universität und ihres Zeichens eingefleischter Workaholic. Für ihre Dissertation arbeitet sie schon mal bis spät in die Nacht oder brütet am Wochenende mit Kollegen über der nächsten Präsentation. Ihr gesamtes Leben misst sie in Erfolgen, im Job ebenso wie beim akribischen Training jeder einzelnen Muskelpartie im Fitnessstudio.
Genauso akribisch plant Clara ihren Urlaub – und bucht eine Ü30-Singlereise nach Italien. Eine gewöhnliche Pauschalreise würde sie natürlich niemals wählen, schließlich ist sie ja Individualistin. Statt Hotel und Sandstrand heißt es für Clara deshalb Segelboot und Wellengang: Sieben Tage lang wird sie in einer Flottille mit drei Schiffen durch die Gewässer rund um Sardinien schippern. Denn Segler, das sind verwegene Abenteurer, die nichts brauchen außer sich und ihr Boot. Glück, Entspannung und eine salzige Brise um die Nase – genau das braucht Clara jetzt!
Eine Auszeit zwischen Selbstfindung und Abenteuerurlaub
Mit an Bord sind 21 Mitreisende aus ganz Deutschland, von denen keiner ein Boot steuern kann. Außerdem Ove, der Pfeife rauchende Skipper mit einem ganzen Repertoire voller Horrorstorys. Und Teilzeitabenteurerin Clara? Die wird von der Bürostuhlakrobatin zur "Anker-Maus" der AMETHYST.
Auf 124 Seemeilen unter Segeln erlebt sie Flauten und Beinahe-Kollisionen, erträgt die Spannungen zwischen den Mitseglern und stellt fest, dass ein Keks und ein Glas Wein trotz Schlafentzug überglücklich machen können – und dass manchmal nicht das Ankommen der größte Erfolg einer Reise ist.
Ein ebenso humorvoller wie ehrlicher Reisebericht, der zum Mit-Segeln inspiriert. Lassen Sie sich von Claras Abenteuerlust anstecken!
Ähnlich wie Chillen in Flottillen
Ähnliche E-Books
Laboralltag - heiter bis wolkig: Erlebnisse einer anderen TA Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenThe Group: Wie ein Therapeut und ein Kreis von Fremden mein Leben retteten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMit anderen Augen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenZum Mythos Wissenschaftliches Schreiben: Wie du keinen Schiffbruch erlebst Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAktiviere deine Kraft: Das Grundlagen-Programm zu Glück und Erfolg Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenStell' dich nicht so an! Leben mit dem chronischen Erschöpfungssyndrom ME/CFS Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTagebuch eines Depressiven: Ein autobiografischer Ratgeber für Betroffene, Gefährdete und ihre Angehörigen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenUns darf es ja gar nicht gut gehen, oder?: Elf Babysteps für unzufriedene Lehrerinnen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenStress!: Meine Suche nach der optimalen Entspannungstechnik Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMonotasking: Mein Abschied vom Allesaufeinmal-Wahn. Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLehrer-sein: Was Lehrer leisten müssen und was sie sich alles leisten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSwing: Dein Leben in Balance Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAchselzuck: Autobiografische Lebensbetrachtungen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTu es einfach und glaub daran: Wie du mehr Freude in dein Leben bringst Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWochentags: und fünf weitere Geschichten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGefühle im Unterricht: Die Kunst, liebevoll einen Kaktus zu umarmen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLiebe dich selbst, als hinge dein Leben davon ab Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSprich mich an: Ich habe alle Zeit der Welt oder so ähnlich ... sprechen Sie mich an und Ihnen kann geholfen werden Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenErfinde Dich Neu: Verändere deine Verhaltensmuster und werde glücklicher, produktiver und besser als je zuvor Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenOhne Gold läuft nichts Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenADHS: Familie im Chaos Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWer die Welt verbessern will, darf kein Idiot sein: Eine Kurzgeschichte Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWarum sollte es anders sein? Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKurschattengewächse Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenVom Regen in die Traufe: Krebs haben Patienten, ich doch nicht Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTot sein kann ich morgen noch: Meine Reise vom Kopf zurück ins Herz Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWackelköpfchen: Mein Leben mit einer Kopfgelenksinstabilität Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Tod des Arztes: Kapitel 1 & 2 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenYOHO oder das Geheimnis des Unsichtbaren Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Gelassenheitsprojekt: 18 Entspannungstechniken im ultimativen Selbsttest Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Outdoor für Sie
Hafenmanöver Schritt für Schritt - mit dem Motorboot Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHandbuch Überleben in der Krise, Band 1: Einen Krieg überleben Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBushcraft-Projekte: Für Garten und Wald Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenFit ohne Fitnessstudio - Maximale Fettverbrennung mit Intervalltraining Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenStressfrei Navigieren: Törns erfolgreich planen und durchführen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenPraxisguide Fahrtensegeln: Vom Traum zum Törn Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenApnoe und Meditation: Mit Relaqua entspannt zum Erfolg Bewertung: 3 von 5 Sternen3/5Regatten gewinnen auf Jollen und Yachten: Technik, Taktik, Trimmen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Nützliche Knotenbuch: Wie man die mehr als 25 nützlichsten Seilknoten bindet Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenCool Camping Europa: 80 sensationelle Plätze zum Campen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenStressfrei Segeln kompakt: Die 101 besten Tipps und Tricks Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSchweizer Taschenmesser: Camping & Outdoor Survival Guide Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIch lerne segeln: Mit Fragenkatalog zum Segelgrundschein Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenStressfrei Motoren warten: bei Segel- und Motorbooten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEinfach Windsurfen lernen: Von den Basics bis zur Powerhalse Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenÜberleben auf eigene Faust: Survival Pocket Guide Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLeben im Wohnwagen: Von der Idee bis zur Umsetzung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Praxiswissen für den Skipper Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWanderführer Senioren: Panoramawanderungen für Senioren.: 32 Höhenwege in den Bayerischen Hausbergen. Höhenwanderwege mit Aufstiegshilfe und Aussicht. Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMonoflosse: Schwimmen und Tauchen wie ein Delfin. Training - Technik - Ausrüstung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenVorbereitet: Überleben und Sicherheit durch Vorbereitung auf Krisenzeiten, Katastrophen und Notfälle. Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Yacht-Werkstatt: Pflegen, Reparieren, Modernisieren – Anleitungen zum Selbermachen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHafenmanöver Schritt für Schritt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenApnoe: Techniken, Geheimnisse und Lifestyle des Freediving Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Boote-Bordbuch Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSkippertraining: Planen, Führen und Entscheiden Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEin Survival Kampfbuch: Prepper Spezialwissen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSelbstverteidigung mit freien Schlag- und Schnittwaffen: Stock Schirm Messer Beil Machete Dan Bong Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTrue Spirit: Solo mit Pink Lady – Mit 16 die Welt umsegelt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenStressfrei Segeln: Perfekte Manöver für Einhandsegler und kleine Crews Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Rezensionen für Chillen in Flottillen
0 Bewertungen0 Rezensionen
Buchvorschau
Chillen in Flottillen - Clara Mare
VERHEIßUNGSVOLLES KENNENLERNEN
Tag 1: Samstag, 27. August 2016
»W enn du Zeit und Lust auf einen Kaffee/Tee hast, ich sitze am Düsseldorfer Flughafen gegenüber von Gate A63 auf der grauen Bank, lange blonde Haare, dunkle Brille. Grüße Clara.« Die Nachricht, die ich in mein Handy tippte, erinnerte mich irgendwie an eine Kontaktanzeige. Während ich auf Senden tippte, schaute ich mich aufmerksam um, ob jemand in Sichtweite just in diesem Moment zum Telefon griff, um meine Nachricht zu lesen. Es gab hier am Flughafen ziemlich viele Leute, die auf ihr Smartphone starrten oder es zärtlich streichelten, aber niemand schien sich von meinen Worten angesprochen zu fühlen. Doch dann kündigte mein Handy eine eingehende Nachricht von Andreas an. Er habe Zeit und Lust auf einen gemeinsamen Kaffee, sitze aber am Stuttgarter Flughafen. Das war jetzt irgendwie ungünstig!
Aber noch musste ich die Hoffnung nicht aufgeben, meinen lauwarmen Beuteltee in Gesellschaft zu trinken. Während ich an einem überteuerten Focaccia-Brötchen mit welkem Salat knabberte, blieb plötzlich jemand vor mir stehen. Unsere Blicke trafen sich, und wir wussten sofort, dass wir einander gesucht und gefunden hatten. Ich setzte ein freudiges Lächeln auf und wollte mein Gegenüber mit einem lässigen »Hallo« begrüßen. Doch aus meinem Mund kam nur ein schauriges Krächzen, gefolgt von einem Hustenanfall, der mir die Tränen in die Augen trieb. Das hatte ich nun davon, dass ich meine Erkältung in der letzten Woche nicht ordentlich auskuriert hatte. Ein Schluck lauwarmer Tee und ein Hustenbonbon halfen, meine Atemwege zu beruhigen und mich meiner neuen Bekanntschaft vorzustellen.
Was nach amourösem Blind Date klingt, war der Anfang meiner Ü-30-Single-Reise. Gesucht und gefunden hatte ich Annika, eine von 21 Mitreisenden, die zumindest vordergründig allesamt das Gleiche wollten wie ich: mitsegeln. Aus ganz Deutschland reisten 22 Menschen nach Sardinien – darunter auch Andreas aus Stuttgart sowie Annika und ich aus Düsseldorf –, um dort, verteilt auf drei Booten, eine Woche gemeinsam zu segeln. Annika und Andreas waren also nur zwei von vielen neuen Namen, die ich mir im Lauf des Tages würde merken müssen. Noch besser wäre es, wenn ich mir am Ende des Tages nicht nur ihre Namen, sondern auch die passenden Gesichter gemerkt haben würde.
Nachdem ich meine Stimme wiedergefunden und Annika den Schock verdaut hatte, den mein Gekrächze und der anschließende Hustenanfall hervorgerufen hatten, beschnupperten wir uns vorsichtig. Annika trug Jeans und ein weißes T-Shirt mit einem Aufdruck der US-amerikanischen Flagge. Ob das ein politisches Statement war, vermochte ich nicht zu sagen. Immerhin hatte Europa mit Barack Obama als Präsident seinen Glauben an die USA wiedergefunden. Doch auf Annikas T-Shirt war die Flagge wohl eher als modischer Aufdruck zu verstehen, der ihrem Outfit etwas Lässiges gab. Ich konnte ihre sportliche Figur erahnen, doch sie schien es nicht für nötig zu befinden, diese durch ein großes Dekolleté oder einen engen Schnitt zu betonen. Sie strahlte vielmehr eine sympathische Natürlichkeit aus. Mit ihren dunklen, kinnlangen Haaren und ihren großen, braunen Augen wirkte sie jugendlich, ohne dabei allzu süß auszusehen. In einem angenehm ruhigen Tonfall erzählte sie, dass sie die wohl kürzeste Anreise habe, da sie direkt in Düsseldorf wohne und mit der S-Bahn gekommen sei. Heiser belehrte ich sie eines Besseren. Zwar lebte ich in Aachen, doch hatte ich die letzte Nacht bei einer Freundin verbracht, die direkt neben dem Flughafen wohnte. Ich war von dort zu Fuß zum Gate gekommen. Damit war das Eis gebrochen. Wir lachten herzhaft – wobei mein heiseres Röcheln recht furchteinflößend klang – und diskutierten über die Vorzüge Düsseldorfs als lebenswerte Stadt. Ganz nebenbei erfuhr ich, dass Annika Mitte 30 war, Geschwister hatte, einen Segelschein besaß, aber dennoch glaubte, nicht segeln zu können.
Als wir gerade warm miteinander geworden waren, trennten sich unsere Wege vorerst schon wieder, als wir den Flieger bestiegen, der uns nach Italien bringen sollte. Annika nahm weit vorn Platz, während ich mich nach hinten durchkämpfen musste. Die Stewardess begrüßte jeden Reisenden mit einem gebleachten Lächeln und schien gar nicht zu merken, dass manche ihrer Gäste kurz davor waren, sich die Köpfe einzuschlagen, um in der Gepäckablage ein Plätzchen für ihr deutlich überdimensioniertes Handgepäck zu ergattern. Geflissentlich lächelte sie über jede Aggression hinweg.
Als ich meinen Platz im hinteren Teil des Flugzeugs schließlich gefunden hatte, scheuchte ich die beiden in meiner Reihe sitzenden Frauen hoch, um meinen Fensterplatz zu erreichen. Wie sich herausstellte, kannten die beiden Damen einander nicht. Es schien vielmehr so, als hätte man hier im hinteren Teil des Flugzeuges alle Single-Reisenden – bis auf Annika – versammelt. Die Dame in der Mitte berichtete mir ungefragt, sie habe ein spezielles Single-Angebot in einem Sportclub gebucht, woraufhin ihre Nachbarin am Gang ihr erklärte, sie habe eine Single-Segelreise gebucht. Ich wurde hellhörig und hakte nach. Wie sich herausstellte, handelte es sich bei der Dame am Gang um meine Mitseglerin Katharina. Da wir unsere Reise über denselben Reiseveranstalter gebucht hatten, waren wir im Flieger offenbar auch in derselben Reihe platziert worden. Da meine unmittelbare Nachbarin, die Sportclub-Single-Dame, ihre Flugangst totzureden versuchte, mussten Katharina und ich unser Kennenlernen auf später verschieben. Mir machte das in diesem Moment wenig aus, denn angesichts des Fluglärms verstand sowieso niemand mein krächzendes Flüstern. Katharina und ich ließen die Dame in unserer Mitte brabbeln und lehnten uns in unseren Sitzen zurück.
Als der Flieger endlich abhob, wandte ich meinen Mitreisenden für einen Augenblick meine Kehrseite zu und blickte aus dem Fenster. Ich liebe den Blick von oben auf die Welt. Auch wenn diese Perspektive durch Google Earth inzwischen schon vertraut erschien, fand ich ihn wahnsinnig aufregend. Zunächst zogen noch einzelne Autos vorbei, dann irgendwann erkannte ich nur noch die Straßen, auf denen sich Bindfäden hin und her zu schieben schienen. Einzelne Gebäude wurden zu Flächen, entlang von Straßen reihten sich Dörfer auf, dann wieder konzentrierten sich die konzentrisch organisierten Städte an den großen, meist schon jahrhundertealten Handelsrouten, und im Hinterland erstreckten sich die Satellitenstädte. Ein Stadtforscher hatte dafür den Begriff »Zwischen-Stadt« erfunden. Von hier oben sah man die raum- und landschaftsverändernde Wirkung der menschlichen Eingriffe am besten. Ich erkannte nicht nur unterschiedliche Siedlungsstrukturen, sondern die Stadtplanerin in mir konnte sogar unterschiedliche Planungskulturen erahnen. Die Baustrukturen ließen erkennen, ob die Wirtschaft florierte und wie hier steuernd in die Bautätigkeiten eingegriffen wurde. Ich sah unterschiedlich dicht bevölkerte Landstriche und konnte die Einsamkeit in den ländlichen Räumen und das Gedränge in den Großstädten fast fühlen. Je höher das Flugzeug stieg, desto unbedeutender wurden die vom Menschen geschaffenen Landschaftsstrukturen. Die natürliche Topografie trat zutage, Flüsse, Seen und Gebirge schoben sich langsam am Fenster vorbei. Der Blick von oben auf die Welt berührte das Herz eines jeden Stadtplaners. Von hier oben sah alles friedlich aus.
Irgendwann hatte das Flugzeug seine endgültige Flughöhe erreicht und eine Schönwetterwolkendecke durchbrochen. Ich hätte mich am liebsten in die weißen Wolken hineingeworfen und musste meinen Kopf daran erinnern, dass sie mich nicht mit flauschig weicher Wärme umhüllen würden, sondern dass ich durch feuchtkalte Luft fallen und irgendwo auf dem Boden aufschlagen würde. Träge geworden, suchte ich nach Wolkenbildern und entdeckte wilde Kreaturen am Horizont. Aus einem Pferd mit Reiter wurde schnell ein geflügelter Drache, der sich schließlich in einen Kampfjet verwandelte. Ich schreckte hoch, als mein Kopf nach vorn sackte. Ich musste wohl kurz eingeschlafen sein.
An ein gepflegtes Nickerchen war jedoch nicht mehr zu denken, denn neben mir brabbelte noch immer die Sportclub-Single-Dame. Nachdem der Kapitän die Passagiere mit einer gelangweilten Durchsage begrüßt hatte, ließ ihr Adrenalinschub jedoch nach, und damit auch ihr Redefluss. Endlich hatte ich die Gelegenheit, Katharina ein wenig näher kennenzulernen, mit der mir ja immerhin ein gemeinsamer Urlaub bevorstand. Ich erfuhr, dass sie aus Hamburg kam und besonders früh hatte aufstehen müssen, um rechtzeitig am Düsseldorfer Flughafen zu sein. Hamburg, das immer wieder zu den lebenswertesten Städten gekürt wurde, hatte keine Direktverbindung nach Sardinien. Das sollte bei den Rankings zukünftig unbedingt berücksichtigt werden. Dieses Manko war Katharina in den 15 Jahren, die sie schon in Hamburg lebte, zugegebenermaßen noch nie aufgefallen. Sie erzählte mir, dass sie über 40 sei, was mich staunen ließ. Sie war ein so kleines, zierliches blondes Persönchen, das locker zehn oder mehr Jahre jünger hätte sein können. Neben ihr kam ich mir mit meinen etwas über 1,60 Metern vor wie ein Riese. Katharina trug eine dünne, blau-weiß gestreifte Bluse, weiße Hosen und flache Sandalen, deren Riemchen mit kleinen Glitzersteinchen besetzt waren. Die Art, wie sie ihre schulterlangen blonden Haare trug, ließ darauf schließen, dass sie ihre Frisur morgens nicht nur trocken, sondern auch ordentlich in Form geföhnt hatte. Mit wachem Blick und perfekt getuschten Wimpern blickte sie mich an.
Eine meiner ersten Fragen an sie – wie an alle, die ich im Lauf des Tages noch treffen würde – war: »Kannst du eigentlich segeln?« Wie schon bei Annika lautete die Antwort: »Nein, eigentlich nicht.« Das konnte ja ein lustiger Törn werden, dachte ich mir, wenn niemand der Teilnehmenden fähig war, ein Boot zu steuern. Auch ich war nicht gerade ein Segelprofi und hatte mich auf dem Wasser nie besonders sicher gefühlt.
Als Kind verbrachte ich die Osterferien mit meiner Familie und Freunden alljährlich in Holland, wo wir stets ein kleines Häuschen und eine Jolle mieteten, mit der wir kleine Ausflüge auf dem Heeger Meer machten. Auch wenn der Name mehr vermuten ließ, handelte es sich doch eher um einen überschaubaren See als um ein Meer. Ich entpuppte mich dennoch als Angsthase, der lieber zu Hause blieb und im Warmen Karten spielte. Aber schließlich zeigte die frühkindliche Segelerziehung doch noch Wirkung. Mit 13 Jahren meldeten meine Eltern mich in den Sommerferien zu einem einwöchigen Schnupperkurs auf dem Aasee in meiner Heimatstadt Münster an. Mein Interesse galt jedoch weniger dem Knotenlernen und Segelsetzen als vielmehr meinem Segellehrer, den ich anhimmelte wie ein verrücktes Huhn. Nach diesem Kurs erachtete mein Vater die Familie als ausreichend qualifiziert für weitere Segelreisen, und in den darauffolgenden Jahren charterten wir Boote auf Elba, Sardinien und in Griechenland.
Doch die auf diesen Reisen gesammelten Erfahrungen lagen nun in weiter Vergangenheit und waren irgendwo tief in meinem Hinterkopf vergraben. Ich fürchtete, die Kommandos an Bord würden mir wie eine Fremdsprache erscheinen und jegliche Theorie des Segelns wie ein unverständlicher Algorithmus. Ich fühlte mich absolut unqualifiziert, auch wenn Segelerfahrungen laut Veranstalter keine Bedingung für einen Reiseantritt waren.
Nun stellte ich mit einer Mischung aus Beruhigung und Entsetzen fest, dass es meinen Mitreisenden nicht anders ging. Es war zwar gut zu wissen, dass sie ebenso aufgeregt und unsicher waren wie ich, doch war es zugleich ungut zu hören, dass sie ebenso wenig in der Lage sein würden, das Boot zu steuern. Ich konnte also nur auf einen erfahrenen Skipper hoffen, der uns Amateuren erklären würde, wohin die Reise ging – und wie man dorthin kam.
Die erste Etappe unserer Reise hatten wir ohne Skipper zu bewältigen. Am Flughafen wartete ein Taxi, das wir auf Anraten des Reiseveranstalters bereits im Vorfeld bestellt hatten. Wir waren inzwischen eine ansehnliche Gruppe von drei Frauen – Annika, Katharina und ich –, der sich hier auch Andreas anschließen wollte, der zwischenzeitlich aus Stuttgart eingetroffen war. Bei unserem ersten Kontakt heute Morgen via WhatsApp hatten wir bereits die Profilbilder des jeweils anderen gesehen. Während Annika, Katharina und ich noch am Gepäckband standen und auf unsere Koffer warteten, schrieb Andreas, dass er vor dem Flughafengebäude in einem roten T-Shirt auf uns warte. Doch aus dem Flughafengebäude tretend, sah ich zahllose Menschen in roten T-Shirts, aber niemanden, den ich mit dem Profilfoto in Verbindung hätte bringen können. Ich erblickte sowohl an Frauen wie an Männern orangerote, feuerwehrrote, terrakottarote und bordeauxrote T-Shirts, rot gestreifte, gepunktete, karierte und bedruckte T-Shirts, langärmlige, kurzärmlige und ärmellose T-Shirts. Zum Glück hielt ein Taxifahrer ein Schild hoch, auf dem etwas stand, das meinem Namen sehr ähnelte. Daneben entdeckte ich einen Mann in Rot. Das musste er wohl sein, der Andreas. Wie sich herausstellte, war er Ende 40, doch sah man ihm seine Lebensjahre nicht an. Unter dem roten