Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Der Nekromant - Totentanz
Der Nekromant - Totentanz
Der Nekromant - Totentanz
eBook358 Seiten4 Stunden

Der Nekromant - Totentanz

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

"Totentanz" ist der dritte Band der Urban-Fantasy-Reihe "Der Nekromant"
SpracheDeutsch
HerausgeberMantikore-Verlag
Erscheinungsdatum11. Dez. 2017
ISBN9783961880447
Der Nekromant - Totentanz

Mehr von M.R. Forbes lesen

Ähnlich wie Der Nekromant - Totentanz

Titel in dieser Serie (4)

Mehr anzeigen

Ähnliche E-Books

Science-Fiction für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Der Nekromant - Totentanz

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Der Nekromant - Totentanz - M.R. Forbes

    AUTOR

    EINS

    Gute Freunde sind schwer zu finden

    Prithi, ich brauche einen Weg raus. Und ich meine, gleich jetzt.«

    Ich war eine Sekunde lang still und bedeckte mein Ohr mit einer Hand, während ich durch einen Schwall Rauschen auf ihre Antwort wartete. Die Interferenz wurde durch einen Atmosphärenmagier irgendwo in der Nähe des übermäßig sterilen Ganges hervorgerufen, in dem ich stand. Ich hatte in den vergangenen drei Minuten mein Bestes getan, um ihm aus dem Weg zu gehen, weil ich nicht wollte, dass er nahe genug herankam, um die Luft um mich herum zu stehlen, oder irgendeine andere üble Möglichkeit fand, mir den Garaus zu machen.

    »Prithi«, wiederholte ich.

    Das Rauschen war zu dicht. Ich ließ die Hand sinken und griff nach dem magischen Strang, der von mir bis zu meinem Partner in dieser Übung reichte, einer Leiche, die ich Daisy genannt hatte. Ich hatte sie zum Westflügel der Forschungseinrichtung geschickt, während ich mich zum Ostteil aufgemacht hatte. Unter den meisten Umständen hätte die Entfernung gereicht, um den Faden der Kontrolle zu zerreißen, den ich über ihre Seele hatte und die gegen ihren Willen, aus welchem Jenseits auch immer, zurückgerufen worden war, um meine Befehle zu befolgen. Dies waren nicht die meisten Umstände, und ich hatte meine Verbündete klug gewählt.

    Ich entdeckte sie nahe dem Westwinkel der Einrichtung und lächelte. Während ich hier versuchte, dem Wettermann aus dem Weg zu gehen, war sie gerade dabei, sich über einen unbewachten Luftschacht in den gesicherten Lagerraum fallen zu lassen.

    Mr. Black dachte, es wäre unter meiner Würde, Kinder wiederzubeleben.

    Die traurige Wahrheit war, wenn es darum ging, am Leben zu bleiben, war nichts unter meiner Würde.

    Ich setzte mich wieder in Bewegung, ging um eine Ecke und starrte einen weiteren, langen, sterilen, weißen Korridor entlang. Die Einrichtung war ein Krankenhaus. Irgendwie. Ungefähr so, wie Auschwitz ein Ferienort gewesen war. Hier bewahrte Mr. Black seine dreckigste Wäsche auf, das Zeug, von dem sogar sein Sohn angewidert oder tief beeindruckt gewesen wäre, hätte ich ihn nicht bereits getötet. Keine Tierversuche. Menschenversuche. Meistens Ledernacken. Er hatte die Idee noch nicht aufgegeben, die geomagnetische Bewegung, die das gesamte Heer von neuen Menschen wieder in die Welt geholt hatte, umzukehren. Ich hatte die Idee nicht aufgegeben, ihn aufzuhalten.

    Es war ein interessanter Tanz. Einer, von dem ich mir nie vorgestellt hatte, daran teilzuhaben, was ausgerechnet durch die Einmischung eines Drachen ermöglicht worden war. Sogar sechs Monate nach dem Treffen mit Tarakona, sogar nachdem ich frisch geborenen Nachwuchs zu ihm an einen Ort gebracht und er sichergestellt hatte, dass ich ihn vergessen würde, wachte ich immer noch vollkommen verwirrt auf und fragte mich, ob irgendetwas davon echt gewesen war.

    Ich musste nur einen Blick auf meinen Ringfinger werfen, um zu wissen, dass es so war. Ein einfacher schwarzer Ring lag darum, hergestellt aus demselben Knochen wie die Maske und die beiden Würfel, die ich in der Manteltasche trug. Ich wusste nicht, wo Tarakona ihn herhatte. Was ich wusste, war, dass er ihn mir gegeben hatte, zusammen mit einem Buch und einem hübschen Bündel Scheine, als Gegenleistung dafür, dass ich Black davon abgehalten hatte, das ungeschlüpfte Ei für die Zerstörung der Welt zu benutzen.

    Gut für mich.

    Ich wusste auch, dass der Dämon, der in der Ausrüstung hauste, ekstatisch gewesen war, als ich Tarakonas Koffer geöffnet und den Ring darin entdeckt hatte. Mit der Hitze, die von der Maske aufstieg, hätte er mir beinahe ein Loch in die Brust gebrannt, und als ich den Ring das erste Mal aufsetzte, hatte der Dämon schrill gelacht, als hätte er im Lotto gewonnen.

    »Es ist beinahe vollständig«, hatte er gesagt.

    Das hatte mir eine Scheißangst eingejagt. Es hätte auch fast ausgereicht, mich davon zu überzeugen, dass ich die Maske, die Würfel und den Ring aufgeben, mich irgendwo auf ein Feld stellen und warten sollte, bis Tod vorbeikam und mich holte.

    Fast. Nicht ganz.

    Der Ring war inaktiv. Er war immer inaktiv. Im Gegensatz zu den Würfeln und der Maske war seine Macht vollkommen passiv. Wie es aussah, machte er mich nicht nur gegenüber Tod, sondern auch gegenüber Mr. Black und anderen hochrangigen Magiern unsichtbar. Ich kapierte nicht ganz, wie das funktionierte, da Tod, nun, Tod und Mr. Black, seinen immensen magischen Fähigkeiten zum Trotz, immer noch sterblich war. Was auch immer. Der Punkt war, dass ich von Tod, Black oder deren Handlangern nicht mehr belästigt wurde, seit ich den Ring angesteckt hatte.

    Super, Tarakona.

    Ich wünschte, ich hätte sagen können, dass danach alles in Butter war. Das Problem war, dass all die Verbesserung auf der Welt nichts gegen meine dringendste Situation ausrichten konnte. Ich litt unter einer unheilbaren Krankheit, und das Einzige auf der Welt, was sie in Schach hielt, wurde immer knapper. Schlimmer noch, ich zerfiel immer schneller, und wo ich früher für ein paar Monate mit einer Dose der Medikamente auskommen konnte, hatte ich jetzt Glück, wenn sie ein paar Wochen hielt.

    Lag es am Ring? Das war mehr als möglich. Es war die wahrscheinlichste Erklärung, und hätte ich die Wahl gehabt, hätte ich ihn abgenommen und wäre das Risiko eingegangen. Nur, wenn es um Tod oder Black ging, war alles ein Risiko. Es war keine Frage des Ob, sondern des Wann.

    Die Tatsache, dass ich mich sicherer fühlte, in eines seiner Labore einzubrechen, von dem niemand etwas wissen sollte, um mehr von den Medikamenten zu stehlen, sagte alles, was diesbezüglich gesagt werden musste.

    Ich ging rasch den Korridor entlang und hielt meine Sinne währenddessen auf meine Umgebung gerichtet. Ich entfernte mich immer weiter von Daisy, was mir nicht gefiel. Der Strang war bereits stark gespannt, und ich konnte spüren, wie sie sich allmählich gegen meine Kontrolle wehrte.

    Ich hob die Hand und tat mein Bestes, um leise hineinzuhusten, und schaffte es, ihn bis auf die schlimmsten Anfälle zu unterdrücken, während ich mich in einen schmalen Türrahmen drückte. Ich stand immer noch da, als der Atmosphärenmagier um die Ecke kam. Ausnahmsweise hatte es was Gutes, dass ich so verdammt dürr war. Ich hatte meine Waffe gezogen und gezielt, bevor er überhaupt bemerkte, dass ich da war.

    Selbstverständlich war das zu spät. Als ich ein paar Kugeln abgefeuert hatte, hatte er den gesamten Wasserdampf in der Luft zu deinem dicken Schild verdichtet, der die Kugeln aufhalten konnte. Zwei von Blacks Schlägern tauchten zu beiden Seiten von ihm auf und zielten mit ihren Waffen auf mich. Ich legte meine Hand auf das Türschloss hinter mir, spuckte schnell irgendeinen Satz aus, den ich auswendig gelernt hatte, aber nicht verstand. Er veränderte irgendwie meine Erfahrung mit der Frequenz der Todesmagie und erlaubte mir, das Schloss in unter zwei Sekunden verrosten zu lassen. Ich fiel gerade in dem Moment in das Zimmer, als die Kugeln die Tür durchlöcherten, wo ich vorhin noch gestanden hatte.

    »Verdammt, Prithi! «, sagte ich, während ich auf den Rücken fiel und noch einmal versuchte, sie zu erreichen. »Ich bin abgeschnitten.«

    Als Antwort bekam ich nur Rauschen. Wenn sie vielleicht nicht mit ihrer Freundin in Vegas herumgehangen hätte, hätte sie sich vielleicht mehr Mühe gegeben, die Blockierungen des Nutzers zu umgehen. Es war einfach nicht mehr dasselbe, seit sie dorthin gezogen war, um bei Myra zu leben, und angefangen hatte, aus der Ferne zu arbeiten. Nicht nur wurde sie sehr nachlässig, sondern ich wurde immer einsamer. Freunde waren Mangelware, seit ich mein früheres Leben hinter mir gelassen hatte. Der Verlust der einzigen drei, die ich während eines Jahres gefunden hatte, hätte jeden anderen darüber nachdenken lassen aufzugeben.

    Ich sprang auf die Füße, bewegte mich nach vorne und schlug die Tür zu, die ich mit dem Fuß zuhielt, während ich einen Blick auf meine Umgebung warf. Das Zimmer war dunkel und spärlich ausgestattet. Ein großer Kühlschrank summte in einer Ecke neben einem Gemälde von einem Sonnenaufgang mit Vorhängen drumherum, als wäre es ein vernünftiger Ersatz für ein Fenster. Ein großes Bett stand in der Mitte, und es und derjenige, der darin lag, waren mit schweren Ketten am Boden verankert.

    Der Liegende. Ich sah sein Gesicht zur gleichen Zeit wie er meines. Ein Troll oder vielleicht jemand halb Oger, halb Troll. Pusteln verliefen an den Seiten seines Gesichts, aber er war viel zu groß für einen Reinblütigen. Er sah mich eine Sekunde lang fragend an. Dann blickte er zur Tür.

    »Sieht aus, als hättest du ein kleines Problem, Kumpel«, sagte er, und seine Stimme war überraschend sanft für jemanden von seiner Größe.

    Er schüttelte die Handgelenke, die an das Bett und die Ketten gefesselt waren.

    »Du hilfst mir, ich helfe dir. Was sagst du?«

    ZWEI

    Meinst du das ernst?

    Ich starrte ihn an.

    »Hey, wenn du sterben willst, von mir aus«, sagte der Troger. »Aber mach wenigstens erst diese Dinger los.« Er rasselte wieder mit den Ketten. »Eine letzte Wohltat, alles klar?«

    Ich konnte hören, wie sich Schritte der Tür näherten. Ich musste nicht lange überlegen, was ich tun sollte. Ich sprang zu ihm, legte meine Hand auf das erste Glied der Kette, die ich berührte, und flüsterte die gleiche fremdartige Anrufung. Die Kette verfiel unter meiner Hand.

    »Sie haben einen Nutzer«, sagte ich.

    »Robert. Der Scheißkerl. Das wird unschön.«

    »Ich kann seine Magie ungefähr fünf Sekunden aufhalten«, sagte ich. Der einzige Vorteil des Rings, der dafür sorgte, dass ich schneller verfiel, war, dass meine magische Kraft proportional dazu lag, wie nahe ich dem Sterben war. Gerade jetzt hieß das, dass ich die Angriffe des Atmosphärenmagiers absägen konnte. Nur nicht zu lange, sonst wäre ich zu krank zum Stehen.

    »Ich brauche nur drei«, sagte er, befreite seine Arme mit einem Ruck von den Ketten, setzte sich auf, warf seine Decken beiseite und löste die Fesseln von seinen Beinen.

    Ich konnte nicht anders, als zu bemerken, dass er vollkommen nackt war. Sein Körper war von weiteren Pusteln gezeichnet, genauso wie von Blutergüssen und Narben.

    »Ich bin nicht mit denen hergekommen«, sagte er und rutschte seitlich vom Bett.

    Blacks Leute kamen näher. Ich streckte die Hand aus und hörte, wie das Chaos der Todesmagie zwischen meinen Ohren schepperte.

    Die Tür schwang auf. Langsam, als würde ein Kleinkind sie aufschieben. Ich bin nicht sicher, ob das der Effekt war, den Robert hervorrufen wollte. Zu verdammt schade.

    Mein neuer Freund war zur Tür raus, bevor ich »Angriff!« schreien konnte. Ich erfüllte meinen Teil, indem ich den Druck auf den Nutzer aufrechterhielt und langsam vorwärtsging, während die hässliche Anspannung der Todesmagie das organisierte Tempo seiner Frequenz übertönte.

    Ich hörte Schüsse und sah, wie aus der Seite des Trogers Blut spritzte. Er bekam mindestens ein halbes Dutzend Schüsse ab, ohne langsamer zu werden, und hielt direkt auf Robert zu. Er hob den Nutzer mit seinen Armen hoch, als wäre er ein Ballontier. Er ließ ihn auch wie eines platzen, zerquetschte ihn mit seinem Griff, bevor er die Leiche zu Boden fallen ließ.

    Ich ließ die Hand sinken und spürte, wie eine Welle der Müdigkeit über mich hereinbrach, zusammen mit dem Drang, die letzten Stücke meiner Lunge, die noch übrig waren, herauszuhusten. Ich klappte zusammen, während der Troger mit den beiden Wachleuten kurzen Prozess machte: Er ergriff einen beim Arm und schleuderte ihn mit genügend Wucht gegen die Wand, dass er ihm das Genick brach, dann packte er den Kopf des anderen mit seiner massiven Hand und zerquetschte ihn wie eine reife Melone.

    Was auch immer sie mit ihm hier drin angestellt hatten, die blutige Gewalt seiner Vergeltung machte den Schrecken dessen kristallklar.

    Er stand ein paar Sekunden über den Toten. Sein ganzer Körper bebte. Ich dachte daran, etwas zu sagen, und entschied mich dagegen. Wie konnte ich denn wissen, ob er nicht in irgendeinen Berserkerrausch eines Experiment-Ledernackens verfallen war?

    Stattdessen wandte ich meine Aufmerksam wieder Daisy zu. Sie war aus dem Schacht heraus und im Lagerraum. Ich musste näher heran, um durch ihre Augen zu sehen und die Medikamente zu finden, nach denen ich suchte. Wenigstens war der Nutzer aus der Gleichung gestrichen.

    Ich kroch nach vorne, bewegte mich Zoll für Zoll auf die Tür zu, ohne den Koloss vor mir aufzuscheuchen. Natürlich wählte er gerade den Augenblick, als ich am nächsten an ihm dran war, um sich umzudrehen.

    Sein ganzes Gesicht war rot. Eine riesige Ader auf seiner Stirn pulsierte. Seine Augen waren feucht und aufgedunsen.

    Weinte er?

    Ich war mal gut mit dem emotionalen Zeug, damals, als ich noch so normal war, wie man nur sein konnte. Ich war nicht gerade der feinfühligste Kerl, aber auch kein totales Arschloch. Das kam erst nach dem Krebs. Ich stand im Flur und rührte mich nicht, hielt meinen Blick auf den großen Burschen gerichtet und hoffte, dass er nicht auf eine Umarmung wartete.

    Ich schaffte es, ungefähr zehn Sekunden durchzuhalten. Ich musste einen Job zu Ende bringen.

    »Kann ich dir helfen?«, fragte ich.

    »Ich hab noch nie jemanden umgebracht.«

    »Irgendwie glaube ich das nicht so ganz.« Ich zeigte auf die Szene. Es war übel, und ich hätte deswegen gekotzt, wenn ich nicht an übel gewöhnt gewesen wäre.

    »Ich schwöre. Ich weiß nicht, was mich geritten hat. Ach, zur Hölle damit! Doch, ich weiß, was mich geritten hat. Diese Arschlöcher haben mich die letzten drei Jahre hier eingesperrt, und ich wollte Schädel zum Platzen bringen. Ich dachte nicht, dass ich jemals rauskommen würde.«

    »Tja, du bist draußen. Musst mir nicht danken: Ich bin in dein Zimmer eingebrochen, weil ich versucht hab, mein eigenes Leben zu retten. Hätte jede dieser Türen sein können.« Ich hielt inne und blickte auf die anderen Türen. In Sichtweite gab es ein Dutzend von ihnen, alle identisch. Einfacher Stahl mit einem Türgriff, bei dem ich erst jetzt bemerkte, dass ein biometrischer Scanner darauf war. »Oder bist du allein hier drin?«

    »Ich weiß nicht, ob noch andere hier sind. Ich hab nie jemand anderen gesehen. Sollen wir vielleicht nachsehen?«

    »Vielleicht solltest du dir ein Paar Hosen anziehen.«

    Er lächelte und nickte und schleppte sich nach hinten in sein Zimmer. Einen Moment später kam er mit einem weiten Krankenhauskittel wieder raus. Er hatte es sogar geschafft, das Ding am Rücken zuzumachen. »Ich hab keine Klamotten.«

    »Warum nicht?«

    »Ich hab nicht so ausgehen, als ich hier rein bin.«

    »Was bist du? Voll Troll oder voll Oger?«

    »Meinst du das ernst? Ich war voll Mensch.«

    DREI

    Nichts zu bereuen

    Du willst mir erzählen, die haben dich in einen Ledernacken verwandelt?«, fragte ich.

    »Genau. Ungefähr ein Jahr nachdem sie mich aus dem Gefängnis geholt haben, zusammen mit circa zwanzig anderen. Sie haben uns alle hierhergebracht und gesagt, für die Welt draußen wären wir tot, und machten praktisch alles, was du dir vorstellen kannst, außer einer Sache.«

    Das erklärte die Schweinerei auf dem Boden. »Haben sie gesagt, was sie tun wollten?«

    »Uns in Monster verwandeln. Haben nie versucht, das geheim zu halten. Warum sollten sie auch? Sie hatten die volle Kontrolle. Ich kann dir sagen, ich bin der Einzige aus meiner Gruppe, der überlebt hat.« Er machte eine Pause. »Übrigens, Kumpel, wer zur Hölle bist du, und was machst du überhaupt hier? Niemand will in so einen Ort einbrechen.«

    »Dann kannst du mich Niemand nennen. Was weißt du über die Häuser?«

    Es war eine Standardfrage, die ein Geist jemandem stellte, bei dem er nicht ganz sicher war, insbesondere bei jemandem, den er in einem Gebiet auffand, das heimgesucht wurde.

    »Häuser? Ich bin kein Makler.«

    Unwissenheit bestätigt. »Ist gerade nicht wichtig. Mein Name ist Baron. Ich wollte hier was klauen …«

    Ich hörte auf zu reden, als mich die Erkenntnis voll erwischte. Jin hatte mir einmal erzählt, dass die Medikamente die meisten Menschen, die sie nahmen, in Monster verwandelten. Sie hatte außerdem gesagt, dass die Arbeit an dem Zeug eingestellt worden war, weil die Formel als Fehlschlag galt. Darum war es so schwer für mich, es auf Vorrat zu haben. Darum musste ich es trotz des inhärenten Risikos stehlen von Leuten wie Mr. Black.

    Black hatte seinen Sohn ein Arschloch genannt, weil er an Wildtieren experimentiert hatte. Er war so ein beschissener Heuchler. Der einzige Unterschied war sein Ziel, von dem ich das Gefühl hatte, es zu verstehen.

    »Mr. Black verbessert die Formel, damit er lernt, wie man einen Ledernacken erschafft«, sagte ich. »Was? Wer ist Mr. Black?«

    »Das willst du nicht wissen. Wie auch immer, es ist kompliziert. Hör mal, du solltest von hier abhauen, solange die Luft rein ist. Ich garantiere dir, das bleibt nicht so. Ich muss meinen Job zu Ende bringen und mich dann auch verziehen. Bin froh, dass ich dir helfen konnte.«

    Ich wandte mich von ihm ab und ging den Korridor entlang. Eins. Zwei. Drei. Vier.

    »He, Baron!«

    Ich wusste es.

    Ich drehte mich wieder um.

    »Was ist mit den anderen Türen?«, fragte er. »Willst du sie einfach da drin lassen?«

    »Ich bin meinetwegen hier. Nicht deinetwegen. Nicht ihretwegen.« »Ich hab dir das Leben gerettet.«

    »Und ich deins. Wir sind quitt.«

    Er wirkte nicht unbedingt begeistert von dem Gedanken, die anderen zurückzulassen. Wahrscheinlich deshalb, weil er wusste, was sie durchgemacht hatten.

    »Eine Tür. Bitte!«

    »Du bist stark. Warum machst du sie nicht auf?«

    »Ich konnte meine nicht von innen öffnen. Wieso glaubst du, dass ich die dann aufmachen kann?«

    Erneut starrte ich ihn an. Er bettelte mit den Augen. Es wirkte irgendwie jämmerlich bei jemandem, der so groß und beängstigend war wie er.

    Ich sah auf die Uhr. Ich hinkte bereits dem Zeitplan hinterher. Und wo zur Hölle war Prithi eigentlich?

    »Prithi«, sagte ich.

    Sie sollte eigentlich alles mithören können, nachdem der Nutzer gestorben war. Ich wartete fünf Sekunden.

    »Prithi«, wiederholte ich und wurde sauer.

    »Ich bin hier, Conor«, antwortete sie endlich.

    »Wo warst du?«

    »Tut mir leid, musste pinkeln. Dachte, weil du sowieso abgeschnitten warst, wäre es eine gute Gelegenheit.«

    »Machst du Witze? Ich hätte tot sein können.«

    »Ja, klar. Das ist wie der Junge in der Geschichte, der ohne Not ›Wolf‹ gerufen hat. Außerdem, was hätte ich deiner Meinung nach tun sollen, wenn du tot wärst? Du bist in Boston, ich in Vegas.«

    »Du könntest dir wenigstens ein bisschen Sorgen machen.«

    »Hör auf zu heulen. Das passt nicht zu dir. Was brauchst du?«

    Ich schnitt dem Troger eine Grimasse und merkte, dass ich ihn noch nicht nach seinem Namen gefragt hatte. Er sah verwirrt aus.

    »Ich liege hinter dem Zeitplan. Kannst du für mich ein Auge auf den Draht haben?«

    »Myra ist dran.« Es folgten ein paar Sekunden des Schweigens. »Sie sagt, dass alles sauber ist. Keine Alarmanlagen, keine Überwachung.«

    »Für den Job hab ich dich angeheuert, nicht deine Freundin.«

    »Sie ist genauso gut wie ich.«

    Gelegentlich hörte ich Amos’ Stimme in meinem Kopf, die irgendwas Neunmalkluges von sich gab. Dies war eine dieser Gelegenheiten.

    »Ich geh rüber zum Lager. Daisy ist bereits drin.«

    »Verstanden. Ich sehe dich. Wink für die Kamera.«

    Ich blickte zu der Kamera in der Hecke hinauf und zeigte ihr den Vogel.

    »Ach, komm schon, Conor. Das ist einfach nur unhöflich. Wer ist übrigens der Große, Böse und Hässliche da?«

    »Lange Geschichte. Es ist keine Gefahr.«

    »Gut für dich. Er ist riesig.«

    »Pieps mich an, wenn ich Ärger bekomme.«

    »Mach ich.«

    »Du. Nicht Myra.«

    Sie seufzte. »Schon gut, Conor.«

    Ich wandte meine Aufmerksamkeit den anderen Türen zu. Die Verzögerung gab mir zu viel Zeit, um ein Gewissen zu entwickeln.

    »Ich öffne eine«, sagte ich. »Wenn das Zimmer leer ist, bin ich weg.« Er lächelte. »Deal.«

    »Wie heißt du?«

    »Frank Dobson.«

    »Danke für die Hilfe, Frank.«

    »Danke dir, Baron.«

    Ich näherte mich der nächsten verriegelten Tür und legte wieder einmal meine Hand auf. Das Schloss rostete bei meiner Berührung weg, und ich stieß die Tür auf.

    Ich wusste nicht, ob es mich freute, dass das Zimmer leer war, oder nicht. Mit mehr Luft zum Atmen gefiel mir der Gedanke immer mehr, alle von Mr. Black Versuchsobjekten freizulassen und seine Mühen zunichtezumachen. Solange ich den Ring trug, konnte er mich nicht aufspüren. Wenigstens nicht durch seine Magie. Das hielt ihn nicht davon ab, natürliche Aufspürmöglichkeiten einzusetzen, beispielsweise ein Killerteam. Bisher hatte ich ihn nicht so weit getrieben, um ihn dazu zu zwingen. Es war vermutlich eine gute Idee, es dabei zu belassen.

    »Du könntest der einzige Überlebende sein«, sagte ich.

    Frank wirkte betrübt bei dem Gedanken. »Wie machst du das überhaupt? Ich hab schon vorher Magie gesehen, aber keine wie deine.«

    »Ich bin ein Nekromant«, sagte ich, als wäre das die Antwort auf alles.

    »Nie davon gehört.«

    »Weißt du, wie Magie funktioniert? Die geomagnetische Verschiebung und die Frequenzen?«

    »Nicht wirklich. Hab in einem Imbiss gearbeitet, bevor ich festgenommen wurde.«

    »Was hast du angestellt?«

    »Nichts. Ich war unschuldig. Die haben mich für schweren Autodiebstahl angeklagt.«

    »Du bist ein Autodieb?«, fragte ich und ignorierte die Bemerkung »unschuldig«.

    Er lächelte. »War ich. Ich glaube nicht, dass ich jetzt noch in ein Auto passe.«

    »Vielleicht nicht in einen Smart.« Ich musterte ihn. Ich hatte schon größere Oger gesehen. Allerdings wurden keine Autos für extragroße Leute hergestellt. Es gab nicht genug von ihnen, um die Kosten zu rechtfertigen. Zumindest noch nicht. »Ich glaube, du könntest dich in einen Lieferwagen quetschen oder in einen maßgefertigten.«

    Er war nicht zufrieden mit meiner Antwort. Er zuckte die Achseln.

    »Nekromanten kontrollieren Todesmagie, was eigentlich das ist, wonach es sich anhört. Der Trick ist, dass man sterben muss, um sie zu benutzen. Ich hab Krebs im Endstadium, und das Einzige, was mich am Leben hält, sind die Injektionen, die Mr. Black benutzt hat, um dich zu einem Monster zu machen.«

    »Oh. Tut mir leid zu hören, dass du krank bist, Kumpel. He, du sagst immer Mr. Black. Ist das der Name von dem Typen, dem der Laden hier gehört?«

    »Japp.«

    Er war still und regungslos. Er blieb lange genug so stehen, dass ich mich wieder zum Gehen umwandte.

    »He, Baron!«, sagte er, als ich mich gerade in Bewegung setzte.

    Ich seufzte und drehte mich um.

    »Denkst du, ich könnte mit dir kommen?«

    Ich hätte es wissen müssen.

    »Wieso willst du mitkommen?«

    »Ich bin seit drei Jahren hier drin. Davor fünf Jahre im Knast. Ist eine Weile her, seit ich frei gewesen bin. Ich hab ein bisschen Angst.«

    »Du hast Angst? Du bist mehr als dreieinhalb Meter groß, und falls du es noch nicht bemerkt hast: Die Schüsse, die du abgekriegt hast? Die Verletzungen sind bereits verheilt.«

    Er blickte an sich herunter. Die Kugeln hatten einige der Pusteln auf seinem Körper geöffnet, die ihre milchige Flüssigkeit in die Wunden gegossen und sie schnell und schmerzlos geschlossen hatten. Ein Troll zu sein, war in der Hinsicht großartig – wenn auch nur in der.

    »Wow!«, sagte er. »Trotzdem, ich würde gerne mitkommen. Nur vorläufig. Wenn du mir hilfst, ein paar Klamotten und einen

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1