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Das Salz in der Suppe: Vom großen Wert der kleinen Dinge
Das Salz in der Suppe: Vom großen Wert der kleinen Dinge
Das Salz in der Suppe: Vom großen Wert der kleinen Dinge
eBook149 Seiten1 Stunde

Das Salz in der Suppe: Vom großen Wert der kleinen Dinge

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Über dieses E-Book

"Kulinarisch gesehen hat Österreich immer gewonnen", hat Sepp Forcher in seinem Bestseller "Das Glück liegt so nah" (2014) geschrieben. Der bekennende Speckesser und Tiroler-Knödel-Fan weiß, wovon er spricht: Bevor er zum TV-Liebling wurde, war er über 20 Jahre Wirt. Zuerst in den Bergen, auf Hütten, dann in Salzburg. Was gutes Essen ausmacht, hat er von der Pike auf erlebt: ein soziales Ereignis, für den Einzelnen ebenso kraft- und freudespendend wie für die Gemeinschaft. 1930 in sehr einfachen Verhältnissen geboren, war seine Jugend geprägt vom seltenen Glück, sich satt zu essen. Umso größere Freude am Genuss und Neugier auf kulinarische Erlebnisse hat er sich über die Jahrzehnte erhalten. Und heute hat er viel zu sagen: vom Wert des Einfachen, vom Luxus des bewussten Genießens. Eine Zeitreise durch mehr als 80 Jahre Kulinarik und ein Plädoyer für ein genussvolles Leben – pointiert, lebensklug und liebenswürdig. Immer sehr persönlich, hellwach und jenseits von Verklärung und Klischees. Ein Geheimtipp nicht nur für Forcher-Fans!
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum1. Okt. 2018
ISBN9783710603334
Das Salz in der Suppe: Vom großen Wert der kleinen Dinge
Autor

Sepp Forcher

Sepp Forcher war Hüttenwirt, Lastenträger, Hilfsarbeiter, liebender Ehemann, und als Radio- und Fernsehikone der Repräsentant kitsch- und klischeefreier Volkskultur in Österreich. Als Moderator der Fernsehsendung Klingendes Österreich brachte er in 200 Sendungen von 1986 bis 2020 die musikalische Tradition und landschaftliche Schönheit österreichischer und grenznaher Gegenden in die Wohnzimmer und die Herzen der Menschen. Am 19. Dezember 2021, wenige Wochen nach dem Tod seiner Lebensliebe Helli, starb er im Alter von 91 Jahren.

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    Buchvorschau

    Das Salz in der Suppe - Sepp Forcher

    Helli …

    Wir wohnten im 13. Bezirk in Wien im Souterrain einer Villa, die dem Kinderarzt Dr. Fleischer gehörte. Meine Eltern teilten sich die Hausmeisterarbeit; die Mutter verdiente sich als Putzfrau, Wäscherin und durch Heimarbeit so viel dazu, dass sie zum Sonntagsessen – es gab meistens Grießnockerlsuppe und Wiener Schnitzel mit Reis und Erdäpfelsalat – immer die Nichten und Neffen einladen konnte. Wenn Herr Dr. Fleischer in seiner Ordination schwer zu behandelnde Kinder zu versorgen hatte, holte er gern meine Mutter, die im Umgang mit Kleinkindern eine einzigartige Begabung besaß, die mir genauso zugutekam wie in späteren Jahren unseren Söhnen. Mein Vater arbeitete als Karosserieschlosser. In jungen Jahren war er überzeugter Sozialist, wechselte aber in der Systemzeit wie die meisten seiner Kollegen die Partei, jedoch nicht seine Grundüberzeugung, und schloss sich der braunhemdigen SA an.

    1938, nach Hitlers Heldenplatzrede, begann das Schrecknis der Judenverfolgung. Dr. Fleischer musste mit der Familie seine Villa verlassen und in den zweiten Wiener Gemeindebezirk übersiedeln. Das Angebot der Nazi-Partei, die Doktorwohnung zu beziehen, schlugen meine Eltern entrüstet aus, und so blieb bis in die 1960er Jahre das Souterrain jene Stätte, zu der nach dem Kriege die Verwandten Sonntag für Sonntag zum Schnitzelessen kamen.

    Dem Ehepaar Fleischer gelang es, ihre beiden Kinder nach London in Sicherheit zu bringen, und bis zu ihrer Deportation nach Auschwitz kümmerte sich meine Mutter einmal in der Woche um sie, indem sie die Wäsche wusch und bügelte und wohl auch etwas zur Aufbesserung der immer schmäler und schmäler werdenden Verpflegung beitrug. Als dann wenige Jahre nach dem Krieg der Sohn Georg aus London zu uns kam und sich für die Unterstützung seiner in Auschwitz ermordeten Eltern bedankte, flossen die Tränen. Im Buch meines Lebens stand damals nichts davon, dass ich einst am Herd stehen und mit Hingabe für viele Menschen kochen würde. Mein Vater war noch in Kriegsgefangenschaft, unsere Wohnung geplündert, und meiner Mutter schien es das Vernünftigste zu sein, mich in eine Schneiderlehre zu schicken.

    Nach der Gesellenprüfung habe ich mich bald von dem ungeliebten Beruf verabschiedet, und nachdem ich – mittlerweile als begeisterte Bergsteigerin – dem Sepp über den Weg gelaufen bin, zeichnete sich meine Zukunft als Hüttenwirtin immer klarer und schärfer am Horizont ab. Nach einer sehr intensiven Lehrzeit in der Küche des Hotels Hofwirt in Salzburg beschlossen Sepp und ich, unseren gemeinsamen Weg in die Zukunft als Hüttenwirte zu gehen, und nach der ersten gelungenen Saison heirateten wir. In den ersten Monaten unseres gemeinsamen Hüttenwirtslebens aß der Sepp alles, was ich auf den Tisch brachte, mit großer Begeisterung und eben solchem Appetit, obwohl er fast nie ein Lob für meine neu erlernte Kochkunst aussprach. Loben, so scheint mir heute, ist ihm wie Lügen vorgekommen, und weil er von seinen Eltern in diesem Sinne auch nie angelogen worden war, musste ich mich mit dieser Mangelerscheinung abfinden. Was ich auch tat.

    Vollkommen anders verhielt es sich jedoch bei ihm mit dem Tadel. In seiner Familie offenbar eine vielgeübte Praxis, in meiner mit ganz seltenen Ausnahmen unbekannt. Ein Beispiel: Eine seiner Leibspeisen waren und sind bis heute Tirolerknödel. Kein Problem für eine frisch ausgebildete Köchin wie mich. Als ich sie ihm das erste Mal kochte, schien er zufrieden zu sein, denn er machte mir nur einige Verbesserungsvorschläge, die mir durchaus einleuchteten.

    Bis zu jenem Tag, an dem er meine Schwiegermutter als Knödelköchin ins Spiel brachte und ich wie so viele junge Ehefrauen zu hören bekam, „das hast du sehr gut gemacht, aber die Tirolerknödel meiner Mutter sind das nicht!" Ich bin damals wortlos aufgestanden, habe seinen Teller mit den Knödeln und dem Kraut genommen und vor seinen Augen in den Mistkübel geleert. Da hat er wohl zum ersten Mal begriffen, dass er einen ebenbürtigen Partner für den gemeinsamen Lebensweg gefunden hatte.

    Mutter, 1935

    Helli, 2017

    … und Sepp

    Meine Jugendzeit war dreigeteilt: bei der Großmutter in Bruneck im Pustertal, den Eltern in Sexten und dem Schülerheim in Salzburg. Dem entsprachen auch meine Essenserfahrungen, die sich zwischen einfacher Bauernkost, etwas feinerem Wirthausessen, wie meine Mutter es kochte, und der Einheitsspeisung im Heim bewegten, deren sonntäglicher Höhepunkt der Eintopf war. Von dem hieß es, dass auch der Führer Adolf Hitler ihn, vorbildhaft für das deutsche Volk, zu verzehren pflege. Dazu gesellte sich die karge Nachkriegszeit, in der sich kulinarische Höhepunkte von selbst verbaten.

    In der Faschistenzeit in Südtirol aufgewachsen, in der Volksschule von Lehrern unterrichtet, die kein Wort Deutsch sprachen, von den Eltern darin unterstützt, das Italienische nicht lernen zu müssen, um schließlich in der Volksschule in Salzburg wegen zu geringen Wissens zu einem Drittklassler degradiert zu werden und alles nur, weil meine Eltern, vermögenslos, wie sie waren, für Deutschland optiert hatten. Für ein Deutschland, in dem Österreich zur Ostmark geworden war.

    Das Wort Emigration war damals genauso unbekannt wie Migration. Wir kehrten einfach „heim ins Reich". Wir wurden in Salzburg gut aufgenommen und meine Eltern fingen an, sich als Hüttenwirte im Tennengebirge eine neue Existenz aufzubauen. Wegen der Schulpflicht wurde ich in das städtische Schülerheim nach Salzburg Mülln abgeschoben. Dort stand ich zum ersten Mal in meinem Leben mit den anderen Buben täglich nackt unter der Brause, benützte erstmals eine Zahnbürste, schlief im Pyjama, lernte Bettenbau, Frühsport und vormilitärische Disziplin.

    An den Sonntagen gab es zum Frühstück immer Kakao und Milchbrot. Mit dem Eintopf konnte ich mich nie anfreunden, die Knödel waren groß und schwer genießbar, aber auf die Buchteln am Freitag freuten wir uns immer. Am 17. November 1944 wurde unser Heim bei einem Bombardement auf Salzburg zerstört, was uns nicht daran

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