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Die Maske
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eBook177 Seiten2 Stunden

Die Maske

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Über dieses E-Book

Nach einem Attentat flüchtet der kleine afrikanische Junge mit seiner überlebenden Mutter aus dem rechtspopulistischen Paris, kann dem grassierenden Rassismus jedoch nicht entkommen und wird selbst zu einem hasserfüllten Menschen, der weder vor Gewalt noch Mord zurückschreckt - mit dem einzigen Unterschied, dass er aus Liebe zu seiner entstellten Mutter handelt, denn er will sie retten.


Die Idee hinter dem Werk ist die aktuelle politische Lage Europas, so wie die Veranschaulichung, was Rassismus in einem Menschen verändern kann.
Das Thema "Rassismus" ist, trotz der heutigen Zeit und der Erfahrungen damit, aktueller denn je.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum17. Sept. 2018
ISBN9783752874372
Die Maske
Autor

Sebastian Nordmann

Sebastian Nordmann, Jahrgang 1993, interessiert sich schon seit seiner Jugend für Literatur und wurde vor allem durch die Werke Patrick Süskinds und dessen Schreibstil inspiriert, einen eigenen Roman zu schreiben. Seit etwa einem Jahr schreibt er in seiner Freizeit eigene Werke. "Die Maske" ist mittlerweile sein zweiter Roman, der neben einem weiteren Roman, einer Novelle, einem Versdrama, vier Erzählungen, zwei Märchen und sechs Gedichten existiert.

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    Buchvorschau

    Die Maske - Sebastian Nordmann

    »Weiß nicht, ob ich fliege oder falle

    – doch ich springe«

    »Asche kann nicht verbrennen«

    Inhaltsverzeichnis

    Paris, 2034

    Paris, 2027

    Kapitel 1

    Kapitel 2

    Kapitel 3

    Kapitel 4

    Kapitel 5

    Kapitel 6

    Kapitel 7

    Kapitel 8

    Kapitel 9

    Kapitel 10

    Kapitel 11

    Kapitel 12

    Kapitel 13

    Kapitel 14

    Andalusien, 2031

    Kapitel 1

    Kapitel 2

    Kapitel 3

    Kapitel 4

    Kapitel 5

    Kapitel 6

    Kapitel 7

    Kapitel 8

    Kapitel 9

    Kapitel 10

    Kapitel 11

    Kapitel 12

    Kapitel 13

    Kapitel 14

    Kapitel 15

    Kapitel 16

    Kapitel 17

    Kapitel 18

    Kapitel 19

    Kapitel 20

    Kapitel 21

    Kapitel 22

    Kapitel 23

    Paris, 2034

    Kapitel 1

    Kapitel 2

    Kapitel 3

    Kapitel 4

    PARIS, 2034

    HOTEL

    Ich blicke in den Spiegel. Und sehe nichts. Ich sehe mich. Einen Verlierer, der gewonnen hat. In meiner pechschwarzen Haut spiegelt sich Grausames, doch ich sehe es schon lange nicht mehr. Ich sehe nur mich. Und sehe nichts. Nichts Gutes. Nichts Schlechtes. Nichts. Ich bin leer.

    Hinter mir Körper. Tote Körper. Ein Mann mit durchlöcherten Kopf. Ein Mädchen mit aufgequollenen Augen. Ein Mann und ein Junge mit verätzten Gesichtern. Eine junge Frau, ohne Gesicht. Und dann liegt da noch diese wunderschöne Frau. Auch tot. Die ganze Stadt ist voller toter, blutender und ungerechter Leichen, doch das ist nicht meine Schuld. Sie sind mehr wert als ich. Mama? Papa? Bruder? Schwester? Ich kann euch nicht hören.

    In wenigen Sekunden ist das ganze Zimmer mit meinem Blut überströmt, die Tapeten mit meinem Blut tapeziert, der Teppich von meinem Blut vollgesogen, die Stadt von meinem Blut gezeichnet – das ist die logische Konsequenz. Es gibt keinen Sinn mehr zu leben. Es ist getan. Es ist Schluss. Ich hoffe für immer. Gott?

    I

    PARIS, 2027

    1

    Es war einer dieser bittergrauen, dunklen Wintertage. Der Dreck bedeckte den grausamen, voll Hass geprägten Asphalt, versiegelt durch eiskalten und puderigen Schnee. Paris war noch nie so düster wie an diesem Tag, doch in den nächsten Tagen und Wochen sollte diese Stadt noch düsterer werden. Nie wieder wird Paris bei Nacht so schön sein, wie man sagt. Vielmehr sollte die Nacht eine Zeit werden, in denen Schwarze, so wie ich es bin, auf der Straße nichts zu suchen haben – aus Angst … Angst umgebracht zu werden. Es war noch nicht offiziell, doch jeder wusste, dass sich ab morgen alles, wirklich alles verändern wird. Und auch ich hatte diese unheimliche Angst, dass mein Leben nichts mehr wert sein wird, dass dieser sowieso schon herrschende Rassismus Überhand nimmt, sich von Woche zu Woche, von Tag zu Tag und mit jeder einzelnen Stunde weiter ausbreitet und verstärkt, bis Zustände wie vor Jahrhunderten und teilweise noch Jahrzehnten vorzufinden sind. Ich will Paris nicht verlassen müssen, ich will auch nicht zurück nach Afrika und schon gar nicht will ich befürchten müssen irgendwo im Dixieland von einem Sklavenhalter zum nächsten Sklavenhalter verkauft zu werden und den ganzen Tag Schwerstarbeit zu verrichten, dabei angebrüllt, ausgelacht oder ausgepeitscht zu werden, dafür ist die Welt zu erfahren, zu weit entwickelt, aber anscheinend kann Angst und Hass bestehende soziale Verhältnisse – Menschlichkeit – außer Kraft setzen.

    Und genau das ist der Grund, warum ich durch die schmalen französischen Gassen ging. Dieser Tag war die letzte Chance etwas gegen den rotierenden Motor des zerschmetternden Systems zu unternehmen. Schon den nächsten Tag konnte meine Stimme nichts mehr wert sein, mein ganzes Leben nichts mehr wert sein. Ich setzte das Kreuz an der richtigen Stelle, unterschrieb mit meinem Namen »Idrissa Azikiwe« und verließ das Wahllokal. Drinnen war es warm, Hoffnung strömte durch meinen Körper und brachte mein togolesisches Blut auf eine angstfreie, in die Zukunft blickende, Temperatur. Sobald ich mich aus der Tür bewegte und meine Füße in das knackende Weiß setzte, fand ich mich in der kalten, die Bluttemperatur senkenden Realität wieder. Ab jetzt war es das Schicksal, was über meine Rasse entscheiden sollte. War Gott dazu bereit? Wenn ja, warum? Ich vertraute trotz alledem auf den Allmächtigen. Das war das einzige, was mir Kraft in jenen Tagen spendete.

    Es war meine erste Wahl, doch es war nicht kompliziert, denn ich musste mich nicht mit den Parteiprogrammen und den Kandidaten beschäftigen. Es war einfach. Ich musste nur das Kreuz bei »Manon Dupont« setzen und ich beförderte mich, meine afrikanisch-togolesische Familie, meine Freunde und Bekannten, meine ausländischen Mitmenschen – Brüder und Schwestern – und meine gesamten Nachfahren in den Abgrund, in die Hände von hasserfüllten weißen Menschen. Was sie mit der Macht und somit mit uns machen würden, wer konnte das schon mit Sicherheit sagen? Nachdem sie ihr aufgesetztes Parteiprogramm abgearbeitet haben und der Geschmack von Erniedrigung, Rachsucht, Folter – egal in welchem Sinne – gefällt, sind sie zu allem fähig. Das innere Monster, welches nichts als Genugtuung und Gerechtigkeit will, wird gefüttert mit Hass und Wut, portioniert offeriert in kleinen einzelnen Schandtaten und täglicher, routinierter Schikane. Vielleicht schickten sie uns zurück in die Heimat, vielleicht in die moderne Sklaverei, vielleicht aber auch in etwas, das wir bis dato nicht kannten und noch schlimmer sein würde. Etwas, das mindestens genauso unverzeihlich gewesen wäre ist, dass ich meine afrikanischen Vorfahren verraten hätte; die ganzen schwarzen Menschenrechtler, die bis zu ihrem Tod für das Ende dieser menschenverachtenden Sklaverei, die Gleichberechtigung und alle Privilegien, die wir niederen afrikanischen, schwarzen Menschen besitzen, gekämpft haben – wobei ich mir bis heute nicht erklären kann, was diesen weißen, gierigen Menschen das Recht gibt, sich über uns zu stellen. Ich würde mir metaphorisch mit Martin Luther King seiner Rede den Hintern abwischen oder Nelson Mandelas und Mahatma Gandhis Köpfe zusammenstoßen, bis sie wie eine Keramikvase Risse kriegen, langsam aufplatzen, in tausend Stücke zerspringen und die Scherben sich in nichts bedeutenden Staub auflösen, also war die logische Konsequenz, dass das Kreuz auf der anderen Seite landet.

    Der Schnee lag wie eine Schutzschicht über Paris, als wollte er etwas verdecken, als wollte er etwas verbergen. Er hat, wie gesagt, alle Emotionen, die bis zum heutigen Tag entstanden, in den Köpfen der Menschen – egal ob Schwarz, ob Weiß – versiegelt und für wenige Stunden zurückgestaut – egal ob Hass, Euphorie, Verachtung, Hoffnung, Wut –, nur damit sie in der Nacht konserviert und bereit zum Aufstrich sind – zum Explodieren, zum Exerzieren. Doch auch an jenem Abend, an dem die meisten Menschen zu Hause waren, die das Haus nur verließen, um schnell zum Wahllokal zu gehen, ihre Stimme für Humanität oder gegen Humanität zu setzen und danach sofort vor ihren Fernseher zu revinieren, damit sie der mächtigen Populistin Manon Dupont lauschen können, die weiter eine schreckliche Aversion dem französischen Volk gegenüber den grässlichen, ach so schlimmen Ausländern indoktriniert.

    Für mich galt es jetzt nur noch nach Hause zu gehen und mit meiner Familie das Wahlergebnis abzuwarten. Das Wahllokal war in der Mitte des 5. Arrondissements – Panthéon. Ich hatte es nicht weit, vielleicht zehn Minuten zu Fuß. Auf dem Weg schaute ich in den Sternenhimmel und versuchte den ganzen Frust und Rassismus für wenige schöne Sekunden zu vergessen, als ich an der kleinen Kreuzung zweier Gassen, die von einer nostalgischen rotschimmernden Laterne ausgeleuchtet wurde, Stimmen hörte. Zwei weiße Franzosen Ende der Zwanziger unterhielten sich lautstark. Neben ihnen standen mehrere leere Flaschen Bier, in den Händen haltend ließen sich weitere zwei entdecken. »Mist«, dachte ich, »das wird nicht gut enden!« - Bei der aufgeheizten Stimmung, und ich als Schwarzer, abends vor der großen bevorstehenden Wende, laufe diesen Hitzköpfen noch über den Weg. Ich wollte einfach nur nach Hause. Zu meiner Familie. Zu Mama.

    »Hey«, stupste der eine Weiße den anderen ungläubig in die Rippen, »schau dir mal an, was wir da haben, mon ami!« - »Das gibt's doch nicht! Dass ich das heute Abend noch erlebe! Ein Nigger!«, fiel der andere in hämisches Lachen. »Hey, Nigger! Schwing deinen Arsch hier rüber!« - Verdammt ich wollte doch einfach nur nach Hause. Ich hatte Angst, also ging ich weiter, den Kopf auf die Straße gesenkt, als ob ich ihn nicht hörte. »Ey, Nigger! Ich rede mit dir!«, rief er erneut, »hat man dir nicht beigebracht zu antworten?« – Ich verließ die beleuchtete Kreuzung und ging weiter in eine noch kleinere Gasse, als ich hörte wie sie wütend herum brüllten, ihre Bierflaschen gegen die Backsteinwand warfen und mir hinterher liefen. »Idrissa«, sagte ich mir, »du hast zwei Möglichkeiten. Entweder du läufst, läufst weg vor deinen Gegnern, vor deiner Zukunft, vor dir selbst oder du bleibst stehen und kassierst Prügel« - Noch bevor ich den Gedanken zu Ende führen konnte, stoß mich einer der beiden. Ich kam auf dem glatten Kopfsteinpflaster ins Rutschen und landete schließlich auf dem Boden, dem Boden der Tatsachen. Ich konnte mir nicht einmal vor Schmerz an den Rücken fassen, schon hielt der eine meine Hände über den Kopf zusammen, während der andere mir ein Messer an die Kehle drückte und mit seiner anderen Hand in mein Gesicht griff, sodass ich meinen Mund nicht bewegen konnte. »Wieso antwortest du nicht, Nigger? Denkst du, du bist etwas besseres?«, fragte er rhetorisch und spuckte mir ins Gesicht. »Du Stück Scheiße! Du bist Abschaum! Eine Schande für Frankreich! Sag mir einen Grund, warum ich dich nicht hier und jetzt aufschlitzen soll?« - In diesem Moment dachte ich an Mama. Was, wenn sie ihren kleinen Jungen, aufgeschlitzt wie ein Schwein, in dieser Gasse vorfinden würde? Ihre Welt würde zusammenbrechen und ihre Tränen das Blut aus dem Schnee auswaschen. Dann dachte ich an Gott. Ich flehte ihn innerlich an. Mach doch etwas gegen diese Ungerechtigkeit!

    »Antworte mir!«, schrie er. »Tu es nicht! Bitte!«, bat ich ihn ruhig, sodass er meine Angst nicht spürte. Ich wollte stark wirken, doch das war ich nicht - das war ich noch nie gewesen. »Ach guck mal an, der Nigger kann also doch reden!«, sagte er und verpasste mir dann eine volle Breitseite auf mein linkes Auge, welches sofort aufplatzte und anschwoll. Blut lief meine Wange herunter. »Du bist erbärmlich!« - Er hielt mir sein Messer direkt unter die Nase und presste es fest, ohne dass es schneidet, in mein Nasenloch. »Ich sollte dich von deinem Leiden erlösen und einfach hier ausbluten lassen!« - Er drückte fester, die Klinge schnitt nun in meine Haut, als sein Freund, der meine Hände festhielt ihn beruhigte. »Ami! Bist du bescheuert? Bring ihn nicht um! Ab morgen wird sein Leben nichts mehr wert sein! Lass ihn noch diesen einen Abend« - Der Typ mit dem Messer schaute mich verachtend an, dachte einen Moment nach, zog den Rotz in seiner Nase hoch und wischte seine Hand, mit der er mich berührte an meiner Jacke ab, als hätte er gerade Schmutz berührt. »Steh auf, Nigger!«, befahl er, während er weiter das Messer vor mir hielt. »Du kannst froh sein, dass dieser Samariter hier«, er zeigte auf seinen Freund, »heute auf eurer Seite ist! Bedanke dich bei ihm!« - Ich schaute stumm auf den Boden. Der sogenannte Samariter schlug mir auf den Hinterkopf und fragte, ob ich schwerhörig sei, ich solle mich bei ihm bedanken. »Danke, Monsieur!«, sagte ich leise, ohne jegliche Emotionen, ohne dass die tiefe Wut auf diese abscheulichen Menschenhasser bemerkbar wurde. Ich wollte gehen, also drehte ich mich mit gesenkten Kopf und ging einen Schritt, als einer der beiden mich an der Schulter festhielt. »Oh! Wo willst du denn hin?«, fragte er. »Ich dachte, ich dürfte jetzt gehen« - Er wand sich zu seinem Freund: »Ami!«, lachte er, »er dachte, er dürfte gehen!« - »Du kannst gehen, Nigger, aber nicht mit dieser wunderschönen Jacke. Ausziehen!« - Die Jacke war ein Geschenk von Opa zu meinem 18. Geburtstag. Es war ein brauner Mantel aus Lammleder mit stehenden Kragen und weißem Lammfell. Die Jacke muss ungeheuer teuer gewesen sein. Viel schlimmer aber ist, dass er wenige Wochen danach verstarb und diese Jacke, bis auf ein paar Fotos, die einzige wirkliche Erinnerung an ihn ist – doch die Situation war aussichtslos. Was blieb mir übrig? Hätte ich kämpfen sollen? Gegen zwei Typen mit Messer? Sollte ich mein Leben riskieren? Wegen einer Jacke? Nicht nur die Jacke, sondern auch mein Stolz wurde in jenem Moment genommen, doch ich hatte keine Chance. Schließlich gab ich ihm meine Jacke. »Sei froh, dass ich dir deine Stiefel nicht auch noch wegnehme! Pass auf wo du im Dunkeln lang gehst! Das nächste Mal habe ich nicht so gute Laune! Und jetzt lauf Nigger, lauf!«

    In der Jacke war es so warm, dass ich meist nur ein Shirt darunter trug, also lief ich jetzt durch die Eiseskälte, gedemütigt und traurig in einem weißen Shirt, die Arme schlingend um meinen Oberkörper, damit mir nur ein bisschen warm wurde. Diese verdammten Schweine ließen mich halb erfrieren. Zum Glück war es nicht mehr weit. Ich lief nun vorausschauend durch die Gassen und erblickte immer wieder an den

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