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Star Trek - Titan: Aus der Dunkelheit
Star Trek - Titan: Aus der Dunkelheit
Star Trek - Titan: Aus der Dunkelheit
eBook457 Seiten5 Stunden

Star Trek - Titan: Aus der Dunkelheit

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Über dieses E-Book

Im Kielwasser politischer Unruhen finden sich Admiral William Riker und die Besatzung der U.S.S. Titan in einer prekären Situation wieder. Eine neue Mission zieht veränderte Aufgaben an Bord nach sich. Auf Befehl der Sternenflotte setzt die Titan Kurs auf den Rand des Föderationsraums, um sich ihrer neuesten Aufgabe zu stellen: mit einer fremden Spezies, den Dinac, zusammenzuarbeiten und gegen einen unaufhaltsamen Eindringling zu kämpfen.
SpracheDeutsch
HerausgeberCross Cult
Erscheinungsdatum6. Nov. 2017
ISBN9783959815024
Star Trek - Titan: Aus der Dunkelheit
Autor

James Swallow

James Swallow is a New York Times and Sunday Times (UK) bestselling author, BAFTA-nominated screenwriter, and the only British writer to have worked on a Star Trek television series. His Star Trek fiction includes The Latter Fire, Sight Unseen, The Poisoned Chalice, Cast No Shadow, Synthesis, Day of the Vipers, The Stuff of Dreams, Infinity’s Prism: Seeds of Dissent, and short stories in Seven Deadly Sins, Shards and Shadows, The Sky’s the Lim­it, and Distant Shores. His other works include the Marc Dane thriller series and tales from the worlds of 24, Doctor Who, Star Wars, Halo, Warhammer 40,000, and more. He lives and works in London.

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    Buchvorschau

    Star Trek - Titan - James Swallow

    Friedens").

    KAPITEL 1

    Es war nicht das erste Mal während dieses Einsatzes, dass er sich überfordert fühlte. Dafür gab es einen einfachen Grund: Das fremde Raumschiff war mit nichts vergleichbar, das er jemals zuvor gesehen hatte.

    Ythiss war direkt aus dem Ingenieurgelege auf Selay rekrutiert worden und hatte seine Heimatwelt und die Nester seines Clans verlassen, um die Sternenflottenakademie zu besuchen. Und bei der Haut seiner Ahnen – er hatte dort seinen Abschluss mit Auszeichnung gemacht. Ythiss hielt sich selbst für intelligent und sensibel und strotzte vor der »Wir schaffen alles«-Einstellung, in der die Sternenflotte ihre Ingenieure bestärkte. Doch dieses Schiff passte zu keinem Grundriss, den er je gesehen hatte – weder im Weltraum noch in Lehrbüchern. Das fing schon damit an, dass es überwiegend aus Holz zu bestehen schien.

    Eine hochgewachsene und muskulöse weibliche Humanoide ließ sich aus der geschnitzten Ladeluke über ihren Köpfen in den Korridor fallen und legte mühelos eine Dreipunktlandung auf den Deckplanken hin. »Hier«, sagte sie und stand auf. Sie gab ihm ein Seil, das aus geflochtenem Pflanzenmaterial bestand. »Helfen Sie mir mal.«

    »Wie Sie wünschen.« Der Lieutenant blinzelte mit seinen großen Schlitzaugen, neigte seinen Reptilienkopf zur Seite und packte das dargebotene Seil.

    Guoapa war eine Dinac und die Kommandantin des Schiffs, obwohl die Pflichten, die sie auf ihrem Schiff wahrnahm, auf einem Föderationsschiff in den Aufgabenbereich eines untergeordneten Ingenieuroffiziers wie Ythiss gefallen wären. Als er ihr das erzählt hatte, hatte die hundeähnliche Frau eine Mischung aus Bellen und Schnauben als Zeichen der Belustigung ausgestoßen. Welche Flotte überträgt denjenigen das Kommando, die nicht selbst Pfote an die Maschinen legen? Nach diesem Kommentar hatte sich der Selay sofort für den fremden Captain erwärmt. Gleichzeitig hatte Guoapa von dem Moment an darauf bestanden, Ythiss als Verbindungsoffizier zugeteilt zu bekommen. Sie sprach kaum mit dem kommandierenden Offizier des Lieutenants an Bord der U.S.S. Whitetree – sehr zum Unmut von Captain Minecci –, doch nach einer Weile hatten die Mannschaften der Sternenflotte und der Dinac eine angenehme Balance für ihre Zusammenarbeit gefunden.

    Ythiss wartete auf ein Nicken von Guoapa und gemeinsam zogen sie kräftig. Das Seil spannte sich ruckartig an, und seine Hörorgane fingen das Geräusch von Keramikrollen auf, die sich irgendwo innerhalb der Luke drehten. Der Lieutenant wusste – wenigstens hoffte er es –, dass man auf diese Weise die Propellerflügel der Zwischenkühler, die außen an der Pinasse der Dinac zusammengefaltet waren, von Hand lösen konnte. Aus der Ferne betrachtet waren Dinac-Schiffe von einer Schönheit, die Ythiss recht anziehend fand. Ihre Stromlinienform war an die Warpfähigkeit angepasst, und sie besaßen hauchdünne Flügel, die als Energiekollektoren dienten und ihn an die großen Regenmotten erinnerten, die in den kühleren Jahreszeiten auf Selay ausschwärmten.

    Er zog und tat, was man ihm befohlen hatte. Doch Ythiss störte immer noch die Tatsache, dass die Whitetree beinahe einen Monat mit den Dinac verbracht hatte und er immer noch keinen Deut schlauer war, was ihren merkwürdigen Überlichtantrieb anging. Er war eine seltsame Kombination aus Warptechnologie und Elementen der mit purer Kraft arbeitenden Gorn-Motoren. Dazu kamen Eigenschaften der Slipstream-Maschinen der Vok’sha und bestimmter Modelle älterer romulanischer Systeme. Das alles war eine ziemlich einzigartige Mischung. Ythiss fand das absolut faszinierend, und zwar so sehr, dass er viel zu viel seiner Zeit an Bord der Pinasse verbrachte und versuchte, den Maschinen auf den Grund zu gehen.

    Als es nötig gewesen war, die Maschinen notfallmäßig abzuschalten, wodurch sie einige Lichtjahre vom Heimatsystem der Dinac entfernt aus der Warpgeschwindigkeit in die Tiefen des Alls geschleudert worden waren, war er tatsächlich ein bisschen erfreut gewesen. Nicht weil das Schiff beschädigt sein könnte – natürlich nicht. Doch ihn freute, dass er jetzt einen weiteren Vorwand hatte, im Maschinenkern herumzukriechen und sich die fremde Technologie aus nächster Nähe und mit eigenen Augen anzusehen. Die Whitetree hatte schnell umgedreht, um längsseits Position zu beziehen, und ein Reparaturtrupp unter der Leitung von Chief Medeiros befand sich bereits an Bord und verstärkte die Umweltkontrollen auf den unteren Decks. Abgesehen von ein paar Beulen und Prellungen, die Doktor Shull zu verzeichnen hatte, war lediglich der Stolz der Dinac verletzt.

    Schwere Zahnräder rasteten knackend ein, und Guoapa bedachte Ythiss mit einer auf und ab wippenden Bewegung ihres Kopfes. Das war ihre Art, sich zu bedanken. Die kulturellen Aufzeichnungen der Föderation über die Dinac machten deutlich, dass die Fremden eine stolze, aber auch praktisch veranlagte Spezies waren. Sie hatten nicht aktiv die Hilfe der Sternenflotte gesucht, doch sie hatten diese bereitwillig akzeptiert, als sie angeboten wurde. Ythiss ließ das Seil los und atmete durch. Er war von der Anstrengung erschöpfter, als er sich eingestehen wollte. In den letzten Nächten hatte der Selay Schwierigkeiten gehabt, zur Ruhe zu kommen, und er hatte dies der Tatsache zugeschrieben, dass seine Gedanken zu sehr auf den Warpantrieb der Fremden fokussiert gewesen waren.

    Die Aufzeichnungen besagten, dass die Dinac einer zweibeinigen Form eines Erdentiers, das als Fuchs bekannt war, ähnelten. Kurzes Fell bedeckte fast ihren ganzen Körper. Sie hatten lange, dreieckige Ohren und große Augen über einer spitzen Schnauze, die mit kleinen, scharfen Zähnen ausgestattet war. Ythiss verzweifelte manchmal an den unweigerlichen Vergleichen zwischen fremden Völkern und Arten der Erdfauna, was wohl daran lag, dass eine überdurchschnittlich große Zahl der Exobiologen in der Föderation auf der Erde geborene Menschen waren. Er entstammte einem Volk, das die Menschen oft als kobraähnlich bezeichneten. Irgendwann hatte er mal eine dieser Schlangen in einem Reservat auf der Benecia-Kolonie gesehen und sich angesichts des Vergleichs ansatzweise beleidigt gefühlt.

    Wie immer man sie beschreiben wollte, die Dinac waren ein lebhaftes Volk mit einem kühnen Geist, den Ythiss erfrischend fand. Sie waren neu auf der galaktischen Bühne, obwohl sie bereits vor Jahrzehnten einen mehr oder weniger verlässlichen interstellaren Antrieb entwickelt hatten. Bis vor Kurzem waren sie damit zufrieden gewesen, sich innerhalb der Grenzen ihres Heimatsystems aufzuhalten. Doch jetzt hatte ihre Regierung den Wunsch geäußert, außerordentliches Mitglied der Vereinigten Föderation der Planeten zu werden. Im Zuge der ersten Schritte auf diesem Weg war die Whitetree den Dinac als Teil eines technologischen und kulturellen Austauschprogramms zugeteilt worden.

    Die Sternenflotte ihrerseits half nicht nur dabei, eine Allianz mit einer neuen Spezies zu formen, sondern erhielt auch eine wertvolle Gelegenheit, diesen Austausch zu Lehrzwecken zu nutzen. Die Whitetree war ein kleines Schiff der Saber-Klasse, das der Sternenflottenakademie zur Verfügung gestellt worden war. Der größte Teil ihrer Mannschaft bestand aus Offiziersanwärtern auf ihrem ersten Kadettenflug. Die Dinac-Mission war die ideale Gelegenheit, der nächsten Generation Sternenflottenoffiziere die Art von Herausforderungen – und Wundern – nahezubringen, auf die sie nach ihrem Abschluss treffen würden.

    Einen Moment lang rief Ythiss sich seinen Kadettenflug ins Gedächtnis, und seine Gedanken wanderten zurück zu einer Epoche, die längst vergangen schien.

    So viel war seitdem geschehen. Die Borg-Invasion, seine Erfahrungen während seines Diensts an Bord der U.S.S. Titan, der Aufstieg des Typhon-Pakts und als Letztes die Auswirkungen der Ermordung von Föderationspräsidentin Nanietta Bacco. Monate später – unter neuer Führung und mit neuer Zielstrebigkeit in der VFP – hatte sich die Sternenflotte wieder der Erforschung zugewandt, und wenn seine Zeit auf der Whitetree zu Ende war, hoffte Ythiss, wieder an die Front dieser Bemühungen zurückzukehren. Doch er verstand auch, wie wichtig es war, den Kadetten zu zeigen, dass die Kernkompetenz der Sternenflotte darin lag, zu erkunden und neue Verbündete zu gewinnen und nicht nur als Verteidigungskraft zu existieren.

    Allerdings würde nichts davon passieren, wenn sie die Pinasse nicht wieder auf den Weg bekamen.

    Guoapa sprach in ein Mikrofonröhrchen, das in den Kragen ihrer Vielzweckweste mit den zahlreichen Taschen eingenäht war. Ohne Übersetzung klang die Dinac-Sprache wie eine Ansammlung aus hohen Jaul- und Heullauten. Doch der Tonfall war deutlich genug. Ythiss nahm an, dass sie jemandem Befehle erteilte. Als Antwort erbebte das Holzdeck unter ihnen, und das Schiff machte einen Satz vorwärts, weil die Maschinen nicht richtig ansprangen. Guoapa fletschte verärgert die Zähne.

    Ythiss klappte seinen Trikorder auf und vollführte einen Scan, wobei er sich gleichzeitig mit den Außensensoren der Whitetree verband. Sofort erkannte er das Problem. »In diesem Gebiet gibt es beachtliche Störungen durch Subraumpartikel. Offensichtlich verhindert das die Initiierung einer brauchbaren Warpmatrix.«

    »Als ob die Maschine abgewürgt wird, ja«, schnaufte Guoapa. »Auf einem Dutzend Reisen ist das nie zuvor passiert. Normalerweise reicht es, die Flügel neu auszurichten. Dann wird die Matrix freigesetzt, um sich zu bilden, und …«

    Die Ingenieurkommandantin kam nicht dazu, den Gedanken zu beenden. Plötzlich erklang im gesamten schlauchförmigen Korridor ein kreischender Alarm. Ythiss’ Nasenschlitze zuckten, als er die Freisetzung eines Alarmgeruchs in der Atmosphäre der Pinasse wahrnahm. Im selben Augenblick tauchten auf der kleinen Anzeige des Trikorders rote Warnsignale auf, als die Energiemessungen alarmierend in die Höhe schossen. Die Sensorübertragung von seinem Schiff brach plötzlich ab.

    Mit einer Klauenhand tippte der Lieutenant auf seinen Kommunikator. »Ythiss an Whitetree, hören Sie mich?«

    Als Antwort erhielt er ein Wirrwarr aus Geräuschen, das kaum als Stimme zu erkennen war. Da er keine einzelnen Worte ausmachen konnte, rannte er zu einem Fenster in seiner Nähe und drückte das Gesicht an das Glas.

    Weil er von Natur aus eine exotherme Lebensform war, war die Temperaturdifferenz der Flüssigkeit in Ythiss’ Adern zu vernachlässigen. Dennoch fiel ihm instinktiv eine menschliche Redensart über das sprichwörtliche Gefrieren des Bluts in den Adern ein, als er sah, was mit der Whitetree geschah.

    Das spatenförmige Schiff fiel. Draußen in der geräuschlosen Dunkelheit war das Weltall aufgerissen – aus einer großen Wunde in der Leere bluteten Bänder aus gleißender violetter Energie. Als Warpingenieur war Ythiss das Bestiarium räumlicher Anomalien und unliebsamer Stellarphänomene, die Schiffe mit Überlichtgeschwindigkeit treffen konnten, wohlbekannt. Ein hervorragend ausgebildeter, ruhiger und gelassener Teil seines Geistes erkannte, dass es sich hier höchstwahrscheinlich um einen Subraumriss vom Typ Gamma handelte, der mindestens Stärke sieben auf der Ros-Sina-Michael-Skala hatte. Der Rest seiner Gedanken kristallisierte sich zu einem einzigen, unausgesprochenen Aufschrei: Meine Freunde, meine Mannschaftskollegen sind auf dem Schiff dort.

    Die erste von vielen Gravitationsverzerrungen, die aus dem Riss herausstrahlten, traf die Pinasse der Dinac, und Ythiss spürte, wie das Schiff schlingerte und sich schüttelte. Er versuchte, sich von dem Fenster loszureißen, doch er konnte den Blick nicht von dem entsetzlichen Geschehen abwenden, das sich vor seinen Augen abspielte. Die Maschinen der Whitetree liefen auf vollen Touren. Das Glühen der Impulsverteiler wurde gleißend hell, während das Schiff erfolglos versuchte, dem gewaltigen Sog der neu entstandenen Singularität zu entkommen. Blitze peitschten über den Rumpf des Schiffs und hinterließen hässliche tränenförmige Risse, als einzelne Abschnitte eine verheerende Dekompression erfuhren. Quälend langsam wurde das Schiff der Sternenflotte allmählich rückwärts in den tobenden Schlund des Risses gezogen.

    Er hörte, wie Guoapa hinter ihm Befehle brüllte, und dort, wo seine Klauen die Wand der Pinasse berührte, spürte er die Vibrationen, während das Schiff der Dinac wieder und wieder vergeblich versuchte, seine eigenen Maschinen zu aktivieren und zu fliehen. Meter um Meter wurde die Whitetree als Ganzes von dem gezackten Maul der Raumspalte verschlungen, genau wie eine Handvoll Rettungskapseln, die in der Hoffnung abgesprengt worden waren, dem Sog zu entkommen.

    Exotische Partikel sprühten wie Springbrunnen kurz im sichtbaren Spektrum auf und setzten den Schlusspunkt unter das Verschwinden der Whitetree.

    Die Verzerrungswellen rollten immer wieder heran und hämmerten auf die Außenhülle der Pinasse ein wie eine Sturmflut, die auf einen Uferdamm trifft. Holz stöhnte, als ob es lebendig wäre, und die überlasteten Streben zerbarsten splitternd. Ythiss spürte, wie das Schiff erneut einen Satz machte, als es nun langsam und unaufhaltsam auf den Ereignishorizont des Risses zutrieb.

    Die Lampen auf der gesamten Länge des Korridors erloschen, und Reif bildete sich an den Fenstern, als die Lebenserhaltungssysteme ausfielen. Ythiss spürte eine Pfote auf seiner Schulter und drehte sich um. Guoapa stand mit vor Verzweiflung weit aufgerissenen Augen hinter ihm. »Es tut mir so leid«, platzte es aus ihr heraus. »Haben wir das angerichtet?«

    Er versuchte immer noch, eine Antwort zu formulieren, als die Anomalie einen letzten Energiestoß aussandte, bevor sie sich selbst verschluckte und verschwand. Einen Lidschlag später pulsierte ein letztes Nachbeben aus verzerrten Gravitonen durch die Finsternis und traf die Pinasse frontal.

    Das Holzdeck stieg blitzartig hoch und traf Ythiss … Dann war da Schmerz … Dann nichts mehr.

    Als er erwachte, war es dunkel und winterlich, und der Lieutenant hatte keine Möglichkeit, einzuschätzen, wie viel Zeit vergangen war. Der Trikorder war beschädigt, viele der Erfassungsfunktionen waren durch die Subraumentladung oder vielleicht auch von der reinen physikalischen Kraft, mit der er durch das Innere des Dinac-Schiffs geschleudert worden war, unbrauchbar geworden.

    Ythiss war sich vage der Tatsache bewusst, dass er sich einige Knochen im Bein gebrochen hatte, doch die interne Schwerkraft der Pinasse war ausgefallen, und das machte es einfacher, mit der Verletzung umzugehen. Guoapa kam zu ihm, als er gerade das Bewusstsein wiedererlangte, und er erkannte, dass sie ihn in einen anderen Raum gebracht hatte. Weitere Mannschaftsmitglieder der Dinac sowie ein paar bekannte Gesichter von der Whitetree drängten sich dort zusammen, um ihre Körperwärme bestmöglich auszunutzen. Als er ausatmete, bildete sich weißer Dampf. Die Luft war polarkalt und stach in seiner Brust wie Messer. Die eisige Kälte ließ ihn langsam werden, und Ythiss verfluchte seine echsenartige Abstammung.

    »Alle Hauptsysteme sind ausgefallen«, sagte Guoapa, deren Ohrenstellung Trostlosigkeit zum Ausdruck brachte. »Die Maschinen reagieren nicht. Die Kommunikationssysteme scheinen nicht zu funktionieren. Wir haben einige Unterstützungsakkus umgestellt, um Energie für die Lebenserhaltungssysteme zu bekommen, aber das wird nicht lange halten. Bestenfalls einen Tag.«

    Ythiss nahm diese trostlose Nachricht mit einem Nicken zur Kenntnis und betrachtete den Trikorder. Die Anzeigen waren konfus. »Sind das … alle?«

    »Es sieht so aus. Einige Ebenen des Schiffs wurden der Leere ausgesetzt. Wir erhalten von dort keine Antwort.« Er spürte, dass sie ihre Gefühle zum Wohle der Mannschaft fest im Griff behielt, aber der Lieutenant hatte die Dinac-Frau in den letzten Wochen gut genug kennengelernt, um zu erkennen, dass ihre Lage sie wütend machte. »Also halten wir alle, die hier sind, am Leben, bis es nicht länger geht.«

    Er nickte erneut. »Dieser Effekt, den wir gesehen haben. Er war … extern. Verursacht von etwas, das sich außerhalb … beider Schiffe befindet.« Seine Gedanken waren extrem langsam, und Ythiss verzog finster das schuppige Gesicht.

    Für einen kurzen Moment schien sich Guoapas Laune etwas zu bessern. »Ich hatte Angst, dass wir dieses Ding erzeugt hätten. Diese neuen Abläufe unserer Maschinenkonstruktionen wurden noch nicht getestet. Wir hätten …«

    Ythiss schüttelte den Kopf. »Nein. Ich glaube … wir waren am falschen Ort. Zur falschen Zeit.« Er schauderte angesichts seiner eigenen Untertreibung. So nichtssagende Worte als Grabinschrift für fast einhundert Offiziere, Mannschaftsmitglieder und Kadetten. Ihm wurde übel, als er erkannte, dass er und die wenigen Überlebenden um ihn herum sich bald zu den Verlorenen gesellen würden. Entweder würde ihnen die Luft ausgehen, oder die Kälte würde ihnen das Leben rauben. Hier, irgendwo zwischen den Sternen an den unerforschten Grenzen des Alpha-Quadranten würde niemand kommen, um sie zu retten.

    Der Dinac-Captain schien seine Gedanken zu ahnen. »Lieutenant Ythiss. Sie und Ihre Sternenflotte haben so einen weiten Weg zurückgelegt, um mit uns Freundschaft zu schließen. Ich bedaure, dass dies das Ergebnis davon ist.«

    Er suchte noch nach einer passenden Antwort, als der Trikorder ein ersticktes Blöken von sich gab. Ythiss sah auf den Bildschirm hinunter. Der Scanner registrierte einige Lebensformen, die sich ihnen näherten. »Guoapa – sind Sie sicher, dass es keine weiteren Überlebenden gab?«

    »Ich schwöre es bei meiner Welt.«

    Der Scan zeigte merkwürdige, unnormale Ergebnisse. Keine auf Kohlenstoff basierenden Lebensformen. Irgendein organischer Stamm, den das beschädigte Gerät nicht erkennen kann. Er drückte einen anderen Knopf und aktivierte eine Überlagerungsfunktion. Es gab keine Resonanzspuren von Transportern, und nichts wies darauf hin, dass sich in der Nähe ein weiteres Schiff im Vakuum aufhielt. Wenn hier jemand an Bord gekommen ist, wo ist er hergekommen?

    In dem Korridor vor ihrem Abteil knirschte und ächzte vereistes Holz, als Gewicht es belastete. Jemand kam näher.

    Ythiss raffte sich auf und machte einen Schritt auf die verschlossene Luke zu. »Hallo?«

    Auf der anderen Seite der Luke erklang ein scharfes, metallisches Geräusch, als ob Knochen zerbrachen.

    »Nun …«, Admiral William Riker warf einen Blick über seine Schulter, als sie aus dem Transporterraum hinaus in den Hauptkorridor gingen. »Wie viele Nachrichten hat es diesmal gebraucht, um ihn mürbe zu machen? Zehn? Zwanzig?« Er zog eine Augenbraue hoch. »Fünfzig?«

    Der dünne, schlaksige Caitianer, der neben ihm ging, wischte sich gedankenverloren mit einer Pfote übers Gesicht und glättete dort das schwarz-weiße Fell. »Ich bin nicht sicher, ob ich die genaue Zahl kenne, Sir.«

    Riker gestattete sich ein dünnes Lächeln. »Mister Ssura, das glaube ich keine Sekunde lang. Sie sind mein Adjutant, weil Sie alles bis auf den x-ten Prozentpunkt genau wissen. Ich weiß, dass Sie exakt wissen, wie oft ich Admiral Akaars Büro für dieses Zusammentreffen anrufen musste.«

    »In der Tat, Sir«, räumte der Lieutenant ein. Seine Ohren zuckten entschuldigend. »Allerdings wirkt meine Übergenauigkeit meiner Erfahrung nach in bestimmten Unterhaltungssituationen auf einige abschreckend. Deshalb versuche ich, mich etwas mehr an die … Umgangssprache zu halten.«

    »Und außerdem sind Sie der Meinung, dass es keine Rolle spielt?«

    Ssura neigte den Kopf in einer flachen Nickbewegung nach vorne. »Das auch.« Er gestikulierte mit dem Padd, das er niemals aus der Hand zu legen schien. »Es ist hinlänglich bekannt, dass Admiral Akaar nicht gerade der kommunikativste Vorgesetzte ist.«

    »Ist mir noch gar nicht aufgefallen«, versetzte Riker trocken. Tatsache war, dass der von Capella IV stammende hochgewachsene Admiral eine ganze Sternenflotte zu leiten hatte, wobei er Hunderte von Schiffen beaufsichtigen, die Grenzen einer interstellaren Nation patrouillieren und einen weit entfernten Grenzraum erforschen lassen musste. Die Anliegen eines einzelnen Mannes – und eines einzelnen Kommandopostens – standen wahrscheinlich ziemlich weit unten auf seiner Prioritätenliste.

    Dennoch hatte Will Riker gehofft, der Aufstieg zum Admiral würde einen Unterschied machen. Allerdings hatte er schnell gelernt, dass die Hackordnung unter den Lamettaträgern der Sternenflotte ebenso streng eingehalten wurde, wie es zwischen der ersten und vierten Klasse an seinem ersten Tag an der Akademie der Fall gewesen war … wenn nicht noch strenger. Er lächelte wieder, als ihm der Lieblingssatz seines alten Freundes und früheren Kommandanten Jean-Luc Picard einfiel: Plus ça change

    Der Korridor, durch den sie gingen, beschrieb einen kreisförmigen Bogen um die Innenwand von Sternenbasis 1, der großen spindelförmigen Raumstation, die hoch über der Erde in der Umlaufbahn schwebte. Als sie weitergingen, wichen die langweiligen Wände einem atemberaubenden Anblick durch riesige Scheiben aus transparentem Aluminium, die vom Boden bis zur Decke reichten. Der gewaltige Hangar des Raumdocks erstreckte sich bis weit über die Fenster hinaus. Dort draußen in der Schwerelosigkeit schwebte ein halbes Dutzend Raumschiffe verschiedener Konfigurationen. Die meisten wiesen die perlmuttartig schimmernde Außenhaut von Sternenflottenschiffen auf, obwohl Riker auch einen Blick auf einen stromlinienförmigen Rumpf in Terrakottaschattierungen erhaschte.

    Ssura bemerkte, worauf sich sein Augenmerk richtete. »Von der vulkanischen Handelsdelegation«, erklärte der Katzenartige.

    Riker nickte und hakte im Geiste alle Klassen und Registrierungen der Schiffe mit derselben Sorgfalt ab, die er schon während seiner Kindheit in Alaska an den Tag gelegt hatte. Damals hatte er grübelnd über den Seiten eines Leitfadens mit dem Titel Raumschiffführer gesessen – jetzt hatte er sein eigenes Schiff, obwohl sich die Titan in Utopia Planitia über dem Mars befand. Dennoch … ein wenig der Aufregung, die er in seiner Jugend verspürt hatte, holte ihn wieder ein, während er die Schiffe beobachtete, die hier angedockt hatten. Jedes einzelne verkörperte eine Geschichte, die darauf wartete, erzählt zu werden. Sie alle waren der Beginn einer Reise ins Unbekannte.

    Und aus diesem Grund war er hier: um seine eigene Geschichte wieder auf Kurs zu bringen.

    Ein Turbolift brachte sie einige Etagen tiefer auf den sekundären Andockring und eine Wartungsgalerie, die aus der inneren Wand des Weltraumhangars hinausragte. Als Riker diese betrat, sah er die Wölbung eines ovalen Primärrumpfs hinter Scheiben mit projizierten Holografien. Ein Schiff von der Größe eines Kreuzers hatte dort angedockt. Es handelte sich um ein älteres Schiff der New Orleans-Klasse. Er sah die Arbeitsdrohnen und Shuttles, die hinüber zum Rumpf schwebten und letzte Vorbereitungen für die Abreise trafen.

    Riker riss sich von dem Anblick los und entdeckte Fleet Admiral Leonard James Akaar, der wie ein grauhaariger Wächter mitten im Raum stand. Er sprach so leise mit zwei jüngeren Offizieren, dass Riker nicht verstehen konnte, was gesagt wurde. Eine der beiden Personen kam ihm bekannt vor – eine dunkelhaarige Efrosianerin mit den Rangabzeichen eines Commanders am Kragen –, doch er wusste nicht, wo er ihr Gesicht unterbringen sollte. Neben ihr stand ein männlicher Lieutenant mit dem senfgelben Uniformunterhemd eines Ops-Offiziers. Dieser riskierte einen Blick in seine Richtung und nickte ihm skeptisch, aber respektvoll zu. Der junge Mann war ihm unbekannt und Riker konnte auf Anhieb auch nicht seine Spezies erkennen. Er war humanoid, hatte aber senkrechte Linien aus Schuppen an seiner Stirn, seinen Ohrläppchen und seiner Kehle. Riker nahm sich vor, Ssura später nach den beiden Offizieren zu fragen. Die präzise und penible Art seines Adjutanten hatte ihre Vorteile. Der Caitianer war fast so gut wie ein Bibliothekscomputer.

    Als ob er Riker plötzlich gerochen hätte, kehrte Akaar dem Mann und der Frau den Rücken zu und richtete seinen kühlen, ruhigen Blick auf ihn. »Will«, begann er ohne Vorrede. »Gehen wir ein Stück.«

    »Sir.« Riker hielt mit dem größeren Offizier Schritt und zog unwillkürlich am Saum seiner Uniformjacke, um sie zu glätten.

    Akaar führte ihn aus der Wartungsgalerie hinaus in einen Laufstegschlauch, der sich ein ganzes Stück über die Untertassensektion des unter ihnen angedockten Raumschiffs erstreckte. Wären da nicht die Stützstreben aus Tripolymer gewesen, die die durchsichtigen Scheiben fixierten, hätte Riker glauben können, dass sie sich hoch über dem Rumpf im Freien befanden – wie die Seeleute der alten Zeiten oben auf dem Mast einer Galeone.

    »Die Tokyo«, brummte Akaar und zeigte auf das Schiff. »Sie ist vom Bug bis zum Heck gründlich überholt worden. Kaum ein Quadratmeter des ursprünglichen Rumpfskeletts wurde ausgelassen.«

    Riker nickte. Die Quelle der Föderationsressourcen war nicht unerschöpflich, und manchmal war es unumgänglich, ältere Schiffe mit neuen Technologien und Verbesserungen nachzurüsten, weil sie weit über die ursprünglich angedachte Nutzungszeit hinaus ihren Dienst verrichten mussten. Die Kiellegung der Tokyo musste in etwa zur selben Zeit wie die der Enterprise-D stattgefunden haben … Und hier war sie – Jahrzehnte später – kurz davor, ihren Dienst wiederaufzunehmen. »Ich kenne ihren Captain. Christopher Jones. Guter Mann.«

    Akaar erwiderte das Nicken und blieb stehen. »Er und sein andorianischer XO werden mit ihr auf einen ausgedehnten Flug gehen. Vier Jahre Tiefenraumforschung.«

    Etwas in Akaars Ton machte Riker nervös. Der Grund, weshalb er auf dieses Treffen gedrängt hatte – der Grund, weshalb er jetzt hier war, der Grund, weshalb er seiner Meinung nach in der Sternenflotte war –, waren Missionen wie diese. Eine Weile lang war ihm das zuteilgeworden, und er hatte den zentralen Platz auf der Titan eingenommen, während das Schiff die Grenzen ausweitete und dorthin ging – wie die alte Flottenmaxime besagte –, wo niemand zuvor gewesen war.

    Doch das war ihm im Zuge der Ereignisse um den Mord an Präsidentin Bacco entglitten. Vielleicht zahlte ihm das Schicksal auf diese Weise all die Gelegenheiten heim, bei denen er die Beförderung zum Captain abgelehnt hatte. Doch Rikers Erhebung in einen Flaggoffiziersrang war vollkommen unerwartet gekommen, und irgendwie versuchte er immer noch – selbst Monate nachdem er diesen Posten bereits ausübte –, das zu verarbeiten. Ihn zum Admiral zu machen, war die Entscheidung anderer gewesen – die Entscheidung von Akaar und Offizieren wie ihm –, und Riker hatte sein Bestes gegeben, um diese Rolle auszufüllen.

    Er wusste, dass die Beförderung etwas mit Zweckmäßigkeit zu tun gehabt hatte, weil man den richtigen Mann zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle gebraucht hatte. Und er hatte diese Verantwortung übernommen und dabei geholfen, diejenigen, die hinter Baccos Ermordung steckten, der Gerechtigkeit zuzuführen und gleichzeitig die Föderation von einem dunkleren, militaristischeren Pfad wegzuholen. Doch es war immer noch schwierig, alles in Einklang zu bringen. Bei all seinen Plänen für die Zukunft hatte Will Riker nicht über die Brücke der Titan sowie die Liebe seiner Frau Deanna und seiner Tochter Natasha hinausgedacht.

    Sogar jetzt gab es Augenblicke, in denen er sich im Spiegel betrachtete und sich unterschwellig fragte, wann das alles hier zu einem Ende kommen würde. Okay, Riker. Genug gescherzt. Geben Sie die Rangabzeichen wieder zurück.

    Akaar ließ allerdings kein Lächeln erkennen. »Ich habe Ihre Bitte sehr gründlich überdacht«, sagte der Admiral, als ob er die Gedanken des anderen Mannes lesen könnte. »Antrag abgelehnt.«

    Riker war bitter enttäuscht, aber er verbarg seine Reaktion tief im Inneren. »Einfach so?«

    »Einfach so«, wiederholte Akaar. »Sie wollen die Titan wieder in ihren ursprünglichen Missionsplan versetzen, mit Ihrem Schiff wieder hinaus in den Vela-Sektor fliegen und dort weitermachen, wo Sie aufgehört haben.« Er schüttelte den Kopf. »Nein. Das wird nicht passieren.«

    »Sir …«, begann Riker.

    »Sie sind kein Captain mehr. Sie können sich nicht den Luxus gönnen, in unbekannte Gebiete davonzufliegen und im Schmutz merkwürdiger neuer Welten zu graben. Akzeptieren Sie das und wenden Sie sich neuen Dingen zu.«

    Diese unverblümte Ansage war genau das, was er von dem Capellaner erwartet hatte. Dennoch spürte Riker ein leises Aufflackern von Verärgerung angesichts der Zurückweisung in diesen Worten. »Ich habe Ihnen gesagt, Sir, dass ich tue, was immer die Flotte von mir verlangt. Das ist der Job, der Preis dafür, die Uniform zu tragen.« Er richtete sich auf. »Aber ich bin in die Sternenflotte eingetreten, um ihr bestmöglich zu dienen. Und um ehrlich zu sein, bin ich nicht sicher, ob ich das erreichen kann, wenn sich meine Mission nur um Händeschütteln und Handelsvereinbarungen dreht. Ich bin kein Diplomat. Das war ich nie. Das überlasse ich den Leuten, die darin wirklich gut sind – wie meiner Frau.«

    Akaar stieß ein zustimmendes Geräusch aus. Das war das Letzte, was Riker erwartet hatte. »Interstellare Beziehungen sind nicht Ihre Stärke. Das ist unbestreitbar. Ihr Bericht über die Situation auf Garadius IV hat das deutlich gemacht. Vice Admiral Peters war nicht erfreut.«

    Riker unterdrücke das Verlangen, bei der Erwähnung der Mission auf dem umstrittenen Planeten zusammenzuzucken. Sich mit den manipulativen, feindseligen Wesen auf dieser Welt auseinanderzusetzen, hatte seine Geduld auf eine sehr harte Probe gestellt.

    »Und dann die Situation vor Kurzem mit den Cytherianern und diesem sogenannten ›Gipfeltreffen‹ …« Akaar beendete den Satz nicht. »Etwas, das jeder, der daran beteiligt war, gerne hinter sich lassen möchte.«

    Riker lief rot an. Was einige Kasernenwitzbolde mit dem Spitznamen »Takedown-Vorfall« bedacht hatten, war nicht gerade ein Spaziergang für den frischgebackenen Admiral gewesen. Gemeinsam mit gleichrangigen Offizieren anderer galaktischer Mächte war Riker von Elementen in einer uralten fremden Zivilisation dazu verleitet worden, verheerende Schäden in einem Dutzend Sternensystemen anzurichten. Die Tatsache, dass man ihn gegen seinen Willen als Spielfigur missbraucht hatte, war immer noch allgegenwärtig und eine Quelle des Zorns und der Peinlichkeit. Das war ein weiterer Grund, weshalb Riker wieder dort hinauswollte – um das Stigma abzulegen und dorthin zurückzukehren, wo er am meisten bewirken konnte.

    »Ich weiß, Sie glauben, dass Sie zu schnell befördert wurden«, fuhr Akaar fort. »Und es gibt noch andere beim Kommando, die das genauso sehen. Doch was geschehen ist, ist geschehen. Ich habe Sie ausgewählt, weil ich weiß, dass Sie das tun werden, was die Flotte von Ihnen verlangt.« Er zeigte erneut auf die Tokyo. »Jones und seine Mannschaft werden da ansetzen, wo Sie im Gum-Nebel aufgehört haben. Die Proxima ist bereits auf dem Weg dorthin und wird die Mission der Ganymed übernehmen.«

    »Sie rufen alle Schiffe der Luna-Klasse zurück?« Riker runzelte die Stirn.

    »Ich rufe sie nicht zurück. Ich verteile die Aufgaben neu. Das ist zum Teil politisch begründet … Ein Grund ist, dass die Romulaner ebenfalls Sondierungsschiffe nach Vela entsenden. Wir wissen, dass der Typhon-Pakt die Luna-Schiffe eher als schwere Kreuzer denn als Forschungsschiffe ansieht. Und wir wollen ihn auf keinen Fall erneut gegen uns aufbringen. Kleinere Schiffe in größerer Zahl werden nicht als Bedrohung aufgefasst werden.« Der Capellaner schüttelte den Kopf. »Tatsache ist, dass die Missionsprofile im gesamten Quadranten überprüft werden. Vom Bug bis zum Heck.«

    Riker hielt eine Frage zurück. Ihm waren Gerüchte zu Ohren gekommen, nachdem es in der Sternenflotte in den letzten Wochen zahlreiche Veränderungen gegeben hatte. Einige behaupteten, das läge an der unverhältnismäßigen Einflussnahme des nach Baccos Ermordung eingesetzten Interimspräsidenten auf die Streitkräfte. Ishan Anjar – der ehrgeizige bajoranische Politiker, der nach dem Mord auf Deep Space 9 an ihre Stelle getreten war – hatte eine Schlüsselrolle in genau der Verschwörung gespielt, die zu ihrer brutalen Ermordung geführt hatte. Er hatte das mit altbekannter Rhetorik gerechtfertigt, Selbstverherrlichung mit Patriotismus verschleiert und behauptet, dass Baccos Friedenspolitik schlussendlich die Vereinigte Föderation der Planeten schwächen und zerstören würde. Obwohl er jetzt im Gefängnis saß, hielt Ishans Einfluss an einigen Stellen immer noch an. Also räumt Akaar das Haus auf, dachte Riker.

    Erneut bewies der Fleet Admiral seine beinahe unübertroffene Fähigkeit, Fragen bereits zu erahnen, bevor sie gestellt wurden. »Eines Tages wachte ich auf und sah, dass unsere Besten und Intelligentesten alle zu Kriegstreibern wurden. Das kann nicht angehen, Will. Es ist unerlässlich, dass wir der neuen Generation Offiziere und Mannschaftsmitglieder, die uns nachfolgt, zeigen, dass Streitlust nicht der Weg der Föderation ist. Wir sind jetzt eine Nachkriegsgesellschaft. Was wir in den nächsten paar Jahren tun, wird uns auf Jahrzehnte hinaus definieren.«

    »Ich verstehe.« Riker nickte erneut. »Wir müssen mit gutem Beispiel vorangehen.«

    »Ganz genau. Sie haben immer wieder unter Beweis gestellt, dass Sie nicht nur Ihre Pflicht erfüllen können, sondern dass Sie auch über den Tellerrand hinausschauen können. Das ist eine Eigenschaft, die Sie an alle Ihre Leute auf der Titan weitergegeben haben. Und das ist der Grund, weshalb ich Sie und dieses Schiff in meiner Nähe brauche.« Sein Tonfall wurde etwas milder. »Aber vielleicht schrauben wir die diplomatischen Missionen für den Moment etwas herunter. Mir schwebt etwas anderes vor.« Akaar schob die Hand in eine Tasche seiner langen Uniformjacke und holte ein kleines Padd hervor. Er gab es Riker.

    »Neue Befehle, Sir?«

    »Und noch einiges mehr. Ich habe Ihnen die Lizenz erteilt, die Dinge etwas aufzurütteln. Daran sind allerdings verschiedene Bedingungen geknüpft.«

    Riker behielt sein Pokerface bei, während er die Befehle überflog und den Inhalt nach den Höhepunkten absuchte. Ein Begriff sprang ihm ins Auge, und er las ihn, ohne nachzudenken, laut vor: »Sektorkommandant …?«

    »Das mag nicht die Mission sein, die Sie wollen, Will«, sagte Akaar. »Aber es ist die, die sie haben. Geben Sie sich Mühe.«

    »Aye, Sir.« Riker spürte, dass er entlassen war, wandte sich um und wollte den Gang hinuntergehen, doch Akaar streckte eine Hand aus, um ihn aufzuhalten.

    »Eins noch.« Der Capellaner neigte den Kopf in Richtung der Wartungsgalerie, wo Lieutenant Ssura geduldig mit vor dem Körper gekreuzten Pfoten in Gesellschaft der beiden Offiziere wartete, mit denen Akaar gesprochen hatte und die immer noch Haltung angenommen hatten. »Zwei, um genau zu sein.«

    In dem Moment dämmerten Riker die fehlenden Informationen, nach denen er vor ein paar Minuten noch gesucht hatte. Zunächst erkannte er, dass der junge Lieutenant zur Spezies der Skagaraner gehörte. Diese Wesen teilten sich eine Welt mit Menschen, deren Vorfahren vor langer Zeit von den Skagaranern verschleppt worden waren. Und dann wurde ihm klar, dass die Frau mit dem Rang eines Commanders Dalit Sarai war. Früher war sie eine Mitarbeiterin des Sternenflottengeheimdiensts gewesen und hatte sich Ishan Anjars aggressiver Politik angepasst … wodurch sie zur Außenseiterin geworden war.

    KAPITEL 2

    Als Ensign Torvig Bu-kar-nguv das Holodeck betrat, passten sich seine optischen Verstärkungen automatisch an und schwächten das helle Leuchten der Datenströme, die den Raum erfüllten, ein wenig ab.

    Der Choblik blinzelte. Es gab eine Menge zu erfassen, und selbst für sein kybernetisch verbessertes Gehirn war die digitale Schnittstelle zu schnell. Säulen aus leuchtendem Binärcode reichten von der Decke bis zum Boden. Jede einzelne war ein Wasserfall aus Daten, die aus Dutzenden verschiedener Quellen hereinströmten. Gigaquads an Informationen schossen vorüber, und in der Mitte stand eine statische, humanoide Gestalt … ein merkwürdiger Umriss eines Wesens, das aus einfachen mathematischen Formen bestand.

    Das einzige Merkmal auf dem sphärischen Kopf der Gestalt war ein umgekehrtes Dreieck aus schwarzen Punkten. Außerdem besaß sie acht Gliedmaßen und nicht die eher üblichen vier. Sechs Fingersätze waren vor ihrem Rumpf verschränkt, und

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