Ergänzungen zu "Exerzitien der Nächstenliebe": Weitere Predigten, Übungen für Gruppentreffen, Work-Beispiele, "entmythologisiertes" Verständnis von The Work, Korrekturen
Von Michael Pflaum
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Über dieses E-Book
- 10 weitere Predigten und Essays
- Vorschläge für Übungen in Gruppentreffen, Gestaltungsvorschläge
- Vier Beispiele für Work-Prozesse
- Ein Aufsatz, der ein "entmythologisiertes" Verständnis von The Work präsentiert
- Korrekturen von Fehlern im Exerzitienbuch
Michael Pflaum
Michael Pflaum, Pfarrer in Herzogenaurach seit 2022; 1991-1997 Studium der katholischen Theologie; 1997-2003 Pastoralreferent in Scheinfeld: 2004 Priesterweihe, danach Kaplan in Nürnberg, 2006-2010 Stadtjugendseelsorger in Nürnberg, 2010-2022 Pfarrer in Erlangen-Süd, seit 2020 Dekan des Dekanats Erlangen; Promotion: Die aktive und kontemplative Seite der Freiheit
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Buchvorschau
Ergänzungen zu "Exerzitien der Nächstenliebe" - Michael Pflaum
Inhalt
Vorwort
Predigten und Essays, Tipps und Skizzen
Predigt: Vier Kämpfe um das Menschenbild
Essay: Sehen, Urteilen, Handeln, der Dreischritt der CAJ und die gewaltfreie Kommunikation, Naikan und The Work
Essay: Denkt die gewaltfreie Kommunikation den Menschen altruistisch oder doch verdeckt egoistisch?
Predigt: Wut und Stolz
Predigt: Meta-Kommunikation in Beziehungen
Predigt: Mangelland und Fülleland. Joh 5,1-18
Empathie schenken im Dialog – 12 Tipps
Essay: Das Ringen um Empathie und seine gesellschaftliche Bedeutung
Predigt: Wir sind Kinder Gottes – gegen die anderen oder mit ihnen?
Zusammenhänge der drei Wege anhand biblischer Texte und philosophischer Gedanken in Skizzen aufgezeigt
Fortsetzung der Anregungen: Illusion der Getrenntheit (39.Woche)
Gruppentreffen
Übungen zu GfK in einer Gruppe
Drei empfehlenswerte Übungen
Beispiele der Teilnehmer, Üben, vorbildliche Beispiele, Pausetaste
Biblische Texte mit GfK betrachten
Übungen zu Naikan in einer Gruppe
Übungen in der Gruppe
Ruhige Atmosphäre
Spielregeln beim Austausch
Übungen zu Work in einer Gruppe
Übungen, um Work kennen zu lernen
Übungen und Wege, um einen Stress-Satz zu finden
Zusatzübungen
Formen
Liste möglicher Zusatzfragen
„Entmythologisiertes" Verständnis von The Work
The Work: Versöhnungsarbeit
Die Wutsätze aufschreiben: Den Ärger nicht verdrängen
Die ersten zwei Fragen in welcher Art beantworten?
Die dritte Frage: Den Schmerz wahrnehmen
Die vierte Frage: Die Wunderfrage in The Work
Umkehrungen prüfen: Neue Sichtweisen und Offenheit durch Nicht-Wissen
Drei Arten der Umkehrungen
Beispiele finden: Assoziative Suche
Beispiele finden auf mehreren Ebenen
The Work mit „Ich muss"-Sätze
Die Frage nach den Angelegenheiten als Heuristik
Work ist Schattenarbeit
Work hilft einengende Grundüberzeugungen loszulassen
Work nimmt die Ich-Perspektive ein
Zusammenfassung
Beispiele von The Work
Beispiel: Im Zug
Beispiel: Der ökumenische Gottesdienst
Beispiel: Ich muss Zeitabläufe gut organisieren
Beispiel: Das Fußgelenk schmerzt
Korrekturen zu „Exerzitien der Nächstenliebe"
Vorwort
Diese „Ergänzungen" enthalten verschiedene Anregungen: Die weiteren Predigten und Essays vertiefen die 52 Einheiten des Exerzitienbuches.
Übungen für Gruppentreffen: Wenn eine Gruppe sich entschließt, die „Exerzitien der Nächstenliebe" ein Jahr lang durchzuführen, werden sie sich mehrmals treffen. Ich habe einige Anregungen gesammelt, wie solche Treffen gestaltet werden könnten.
Zusätzliche Beispiele für Work-Prozesse helfen zum besseren Verständnis für The Work.
Mit meinem Aufsatz zu einem „entmythologisierten" Verständnis von Work will ich darlegen, dass man Work sinnvoll nutzen kann, auch wenn man wesentlichen Punkten von Byron Katies Philosophie nicht zustimmt.
Eine Liste der Korrekturen der Fehler in „Exerzitien der Nächstenliebe"
Predigten und Essays, Tipps und Skizzen
In der ersten Predigt verdeutliche ich den Rahmen, das Menschenbild, in dem die drei Wege überhaupt nur sinnvoll sind.
Mit dem Dreischritt der CAJ (Christlichen Arbeiterjugend), der auch im II. Vatikanischen Konzil richtungsweisend wurde, kann man die drei Wege in ihren Zusammenhängen erläutern.
Die folgenden fünf Texte vertiefen das Verständnis der drei Wege, insbesondere die gewaltfreie Kommunikation.
Die folgenden zwei Texte („Essay: Das Ringen um Empathie und seine gesellschaftliche Bedeutung und die Predigt „Wir sind Kinder Gottes – gegen die anderen oder mit ihnen?
) zeigen auf, wie sehr die gewaltfreie Kommunikation auch für gesellschaftspolitische Diskussionen wertvoll ist.
Abschließend präsentiere ich Skizzen, quasi Mindmaps, die die Zusammenhänge der drei Wege anhand biblischer Texte und philosophischer Gedanken aufzeigen. Gerade in Gruppen kann man anhand solcher Mindmaps schnell Zusammenhänge erklären.
Predigt: Vier Kämpfe um das Menschenbild
Predigt zum 1.Januar: Hochfest der Gottesmutter Maria
Um das Menschenbild wird hart gekämpft, schon Jahrhunderte lang und auf verschiedenen Feldern. Vier solcher Kämpfe möchte ich heute vorstellen. Über jedes dieser Kämpfe habe ich schon einmal eine eigene Predigt gehalten bzw werde ich noch halten. Jedoch es ist aus mehreren Gründen wertvoll, alle vier großen Streitfragen um das Menschenbild nebeneinander zu stellen.
Daran sieht man viererlei:
Die vier großen Streitfragen beziehen sich auf die vier zentralen Beziehungen eines Menschen: Seine Beziehung zu Gott, zu seinen Mitmenschen, zu sich selbst und zur Welt.
Bei allen vier Streitfragen sehen wir: Es hat Auswirkungen! Welches Menschenbild ich, du, wir, die öffentliche Meinung oder Gesellschaft – bewusst bzw. unbewusst – wählen, hat immense Auswirkungen auf unser Reden, Miteinanderumgehen und Handeln.
All diese großen Streitfragen haben viele Generationen von Theologen, Philosophen, Wissenschaftler beschäftigt. Und auch heute gilt: Entscheide Dich, wie Du Dich als Mensch sehen willst.
Ja noch mehr: Es geht heute darum, ein Menschenbild stark zu machen, das uns hilft, die äußerst schwierigen Herausforderungen der heutigen Menschheit zu bewältigen.
Also beginnen wir mit dem Panorama der Streitfelder um den Menschen:
Die theologische Streitfrage: Beziehung Gott – Mensch!
Die Streitfrage lautet: Ist die Seele des Menschen durch den Sündenfall total verderbt oder nur krank? Luther und Erasmus von Rotterdam haben so über diese Frage gestritten. Wir können sie auch anders stellen: Ist in unserer Seele ein göttlicher Funke, der zwar verdeckt ist durch die Sünde, aber er ist da? ODER: Ist das göttliche Licht durch den Sündenfall komplett ausgelöscht? Augustinus, Luther und Karl Barth meinten, das göttliche Licht ist komplett ausgelöscht. Die Gnade muss komplett von außen kommen, um den Menschen zu erlösen.
Justin, Meister Eckhart, Hugo von St. Viktor, Karl Rahner dagegen sagen: Es gibt ein göttliches Licht in jedem Menschen. Es ist nur mehr oder weniger verdeckt. Die Gnade soll bewirken, dass der Mensch das göttliche Licht in sich entdeckt und stärker nach außen wirken lässt.
Ganz klar: Das Menschenbild von Justin, Eckhart und Rahner ist positiver. Um es kurz zu machen: Ich vertrete voll deren Menschenbild und meine, dass es für das Christentum heute existentiell ist, deutlich dieses Menschenbild zu verkünden.
Da diese Predigt ja einen Überblick schaffen soll, ein Panorama, gehe ich gleich weiter zum nächsten Streitfeld.
Die Leib-Seele-Streitfrage: Was ist mein Geist? Ist er nichts anderes als das Zusammenspiel meiner Gehirnzellen? Kann man das Geistige reduzieren auf komplexe biochemische Prozesse?
Dann ist der Schritt nicht mehr weit zu sagen: Wenn das so ist, ist der Mensch eigentlich nicht frei. Denn biochemische Prozesse folgen notwendigen Naturgesetzen. Dann ist der Eindruck des Menschen, er sei frei, eine Illusion. Nicht wenige Gehirnforscher und Philosophen behaupten das.
Aber es gibt auch andere Philosophen und Gehirnforscher, die widersprechen: Unser Geist lässt sich nicht allein durch das Zusammenspiel von biochemischen Prozessen erklären. Und sie können die Argumentationen ihrer Gegner als unzureichend entlarven. Hier ist nicht der Platz, auf diese Dispute und ihre Argumente einzugehen.
Aber auch hier merkt man schnell die Wirkung beider Ansichten: Was machen wir mit dem Strafrecht, wenn Menschen eigentlich nicht frei sind? Wie soll man Menschen motivieren, z. B. ihre Sucht aufzugeben, wenn man nicht an ihre Freiheit appellieren kann?
Wieder ein klares Fazit: Es ist äußerst wichtig, in der öffentliche Meinung dafür zu kämpfen, dass der Mensch einen Geist hat, der sich nicht auf Biochemie reduzieren lässt, dass sein Verhalten nicht völlig determiniert, d. h. fest durch Naturgesetze bestimmt ist. Der menschliche Geist ist etwas anderes als ein Computer! Bei aller Beeinflussung und Unvermögen: Der Mensch ist auch immer in gewisser Weise frei! Er kann seine Freiheit gestalten!
Auch hier beeinflusst das Bild mein Verhalten: Ich gehe mit mir selber anders um, wenn ich von dem Menschenbild ausgehe, dass ich auch frei bin und mein Geist etwas Eigenes ist.
Die Leib-Seele-Streitfrage gehört zu meinem Verhältnis zu mir selbst. Die Altruismus-Streitfrage gehört zu meinem Verhältnis zum Mitmenschen.
Die Altruismus-Streitfrage: Ist der Mensch zu altruistischem Handeln fähig oder handelt der Mensch letztlich immer egoistisch? Eine altruistische Tat ist folgendes: Ich tue etwas für einen anderen, ohne auf die Vorteile für mich zu schauen. Ich helfe also aus völliger Nächstenliebe und Hingabe – dabei bin ich sogar bereit, Nachteile für mich in Kauf zu nehmen, in extremen Fällen sogar bis hin zur Lebensgefahr.
Es gibt nicht nur viele Philosophen sondern auch viele Menschen, die fest davon überzeugt sind: Wirklich selbstloses Handeln für andere, also Altruismus, gibt es nicht. Immer gibt es einen Nutzen für einen selbst hinter dem angeblichen selbstlosen Handeln. Mutter Teresa: die wollte sich nur wohl fühlen, wollte sich vor Gott als große Dienerin präsentieren oder sie wollte sich den Himmel verdienen.
Eines kann ich bei solchen Streitgesprächen immer wieder feststellen: Wenn der Befürworter von echtem Altruismus beeindruckende Beispiele von Altruismus ins Feld zieht, kommt der Gegner mit verwinkelten Argumentationen, dass der altruistische Mensch eigentlich nur auf irgendeine Weise verdeckt etwas für sich tut. Auch das ist ein Reduktionismus: Angebliches selbstloses Handeln für andere ist eigentlich nur egoistisches Handeln.
Was für schlimme Folgen dieses Menschenbild haben kann, zeigte die Katastrophe 2005 in New Orleans. Der Hurrikan Katrina verwüstete die Stadt. Danach berichteten die Medien, dass es viele Plünderungen und Raubzüge gegeben habe. Der Bürgermeister ordnete 1500 Polizisten an,