"... von der Lust und Liebe, mit den Händen etwas zu gestalten": Puppen und Figuren der Künstlerin Maria Elisabeth Huber
Von Waltraud Rusch
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Über dieses E-Book
Puppen machen ist Lust und Liebe, mit den Händen etwas zu gestalten. Es kann ein Akt der Befreiung sein, wenn man durch die Puppen in immer neuen Variationen von sich und dem, was einen beschäftigt, erzählen kann. (M. E. Huber)
Waltraud Rusch
Waltraud Rusch, Dr. phil., Professorin für Mode- und Textilwissenschaft, Studium der Allgemeinen Pädagogik, Philosophie, Volkskunde/Europäische Kulturethnologie
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Textil - Kultur - Mode
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Buchvorschau
"... von der Lust und Liebe, mit den Händen etwas zu gestalten" - Waltraud Rusch
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Kurze Geschichte der Puppe
Lebensgeschichte der Künstlerin Maria Elisabeth Huber
Was ist eine Puppe?
Puppentypen
Spielpuppen
Künstlerpuppen
Puppenfiguren
Puppenthemen
Musik
Afrika
Mutter und Kind
Natur
Chronologie der Puppen und Figuren
Rückblickende Gedanken der Künstlerin
Nachwort
Literatur
Vorwort
Puppen, unsere heimlichen Kinder
Nun wohne ich schon über vier Jahre im Wohnstift Augustinum in Essen. Als ich damals zum letzten Mal etwas wehmütig durch mein Haus in Kelkheim ging, um von ihm Abschied zu nehmen, waren meine Koffer schon gepackt. Alles was zurückblieb, sollte entsorgt werden. Da saß doch tatsächlich in meinem Schlafzimmer noch die kleine, von mir handgearbeitete Puppe, meine Franziska und schaute mich an. Neben ihr lag Max, ihr kleiner Bruder, ein Teddy. Ich stockte, das ging nicht. Die beiden mussten mit. Ich konnte sie doch nicht einfach entsorgen lassen. Vor über 30 Jahren, als meine Enkelkinder auf die Welt kamen, hatte ich begonnen, Puppen anzufertigen. Ich selbst habe als Kind wenig mit Puppen gespielt, aber diese kleinen Wesen, mit denen ich mich wochenlang beschäftigte, wuchsen mir ans Herz. Ich weiß nicht warum. Es waren keine Kunstwerke, aber jede Puppe wurde eine kleine Persönlichkeit, von mir geschaffen. Und dann musste ich sie hergeben, ich hatte sie ja zum Verschenken gemacht. Als wieder eine fertig war, spürte ich, das ist die letzte Puppe die ich herstelle. Ich hatte fast das Gefühl, ich gebe ein Kind weg.
Und nun konnte ich sie doch nicht einfach zurücklassen. Also wanderte Franziska, die erste Puppe, die ich als Probestück gemacht hatte, mit mir in das Augustinum und ihr kleiner Freund, Teddy Max ebenso. Auch ihn hatte ich damals selbst angefertigt. Jeden Tag, wenn ich sie jetzt in meinem Zimmer ansehe, spüre ich etwas wie Freude, Zugehörigkeit, Wärme.
Als ich einige Monate im Augustinum wohnte, fuhr ich wie jeden Tag zum Mittagessen mit dem Aufzug in unser Restaurant. Eine neue Mitbewohnerin schloss sich mir an. Sie war schon sehr gebrechlich, doch sie fiel mir durch ein ungewöhnliches Kleid auf. Spontan sagte ich: „Mein Gott, was haben Sie für ein schönes Kleid an." Sie freute sich über meine Bemerkung und lud mich zu einer Tasse Tee in ihre Wohnung ein. So lernte ich Frau Huber kennen. Ihre Wohnung überraschte durch viele Bilder und Kunstwerke. Im Fenster saßen zwei kleine außergewöhnliche Puppen. Es waren keine Puppen zum Spielen, sondern Darstellungen von Kindern. Im Lauf unseres Gespräches erzählte sie dann von ihrer Freude, ja fast Leidenschaft, zu malen und Puppen herzustellen. Leider war sie sehr krank. Monate vergingen bis zu unseren nächsten Begegnungen. Als ich wieder einmal ihre Puppen bewunderte, erfuhr ich, dass noch etwa 70 weitere in Containern im Keller eingelagert waren. Ihr sehnlicher Wunsch war es, ihre kleinen Lieblinge noch einmal zu sehen. Ich überlegte mit ihr, ob und in welcher Form das wohl möglich wäre.
Auf meine Nachfrage hin erklärte sich das Augustinum bereit, im Rahmen einer Sonderausstellung der Reihe „Bewohner für Bewohner eine Vitrinenausstellung zu gestalten. Und dann ging alles sehr schnell. Frau Professor Dr. Waltraud Rusch und Herr Professor Dr. Jürgen Nebel übernahmen die qualitative Beurteilung und fotografische Bestandsaufnahme der Puppen. Die Konzeption der Ausstellung entwickelte Waltraud Rusch. Mit einem Vortrag über das Thema „... von der Lust und Liebe, mit den Händen etwas zu gestalten
stellte sie die Puppen und Figuren der Künstlerin Maria Elisabeth Huber im Theater des Augustinums der Öffentlichkeit vor. Die Gesamtdokumentation liegt nun als Buch vor.
Dieses Werk vermittelt etwas von dem Zauber, den Puppen auf uns ausüben. Sie rühren an unser Herz und ohne Worte spüren wir Nähe und Wärme, das, was wir uns wünschen und so sehr brauchen.
Essen, März 2018
Maria Winkler
Kurze Geschichte der Puppe
Die Puppe ist das plastische Abbild eines Menschen. Bei allen Völkern der Vergangenheit und der Gegenwart finden sich – unabhängig von ihren Kulturstufen – solche Abbilder. So vielfach die Völker, so vielfach sind die verwendeten Materialien und Erscheinungsformen der Figuren. Die Puppe ist plastisch oder flach, bunt oder einfarbig, weich oder hart, leise oder laut, starr oder beweglich. Sie spricht alle menschlichen Sinne an. Als Relikt vergangener und als Gut bestehender Kulturen reflektiert sie diese. Ihre Bestimmung ist nicht sichtbar. Sie ist, wenn überhaupt, erst durch die Kulturgeschichte des betreffenden Volkes zu entschlüsseln.
Die Archäologie hat die Puppen des Altertums wieder zu Tage befördert. Die prähistorischen Figuren sind einfach und verwandeln sich nur mit Hilfe der Phantasie zu menschlichen Gestalten. Die Funde der neolithischen Zeit überbetonen die weiblichen Formen. Dies ist ein Hinweis auf die Verehrung der Mütterlichkeit. Sie sind Symbole der Fruchtbarkeit. Solche weisen noch heute die Puppen verschiedener Naturvölker auf.
Die berühmtesten puppenähnlichen Figuren der frühen Geschichte sind die „Ushabti", Grabfiguren der alten Ägypter. Sie stammen aus der Zeit um 2000 v. Chr. und besitzen als Opfergaben rein kultischen Charakter. Überdauert haben diese Holzfiguren nur durch die trockene Hitze Ägyptens.
Vermutlich gibt es in Griechenland ebenfalls Holzpuppen. Erhalten sind jedoch nur mykenische Puppen aus gebranntem Ton, die sowohl rituellen Zwecken als auch dem Spiel dienen. Viele Gliederpuppen aus Ton werden in Tempeln gefunden, denn das junge griechische Mädchen pflegt seine Puppe der Göttin Artemis zu weihen, wenn es heiratet.
Die Römer benutzen ebenfalls aus Ton gefertigte Puppen, die mit Holzgliedern ergänzt sind. Wie bei den griechischen Mädchen, so ist es auch bei den römischen Sitte, die Puppe am Vorabend der Hochzeit einer Göttin zu weihen. Grabfunde in den Katakomben beweisen, dass auch Christinnen Puppen schätzen. Die frühen Puppen ähneln sich oftmals in Form und Material, auch wenn die Fundorte sehr weit voneinander entfernt sind.
Puppen nehmen in verschiedenen Religionen den Platz