Londoner Decamerone: Illustrationen von Lisl Neun
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Über dieses E-Book
Aus ganz verschiedenen und höchstindividuellen Blickwinkeln werden Begebenheiten aus mehr als 100 Jahren europäischer Geschichte erzählt.
Einen Schwerpunkt bilden dabei Ereignisse vor und während des 2. Weltkriegs.
Heinz Landon-Burgher
Der Autor steht voll auf der Seite von Trump und Putin, die dem "Deep-State" den Kampf angesagt haben. Er ist auch überzeugt, dass die verbrecherischen Machthaber im Washingtoner Sumpf in den letzten Zügen liegen.
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Buchvorschau
Londoner Decamerone - Heinz Landon-Burgher
Inhaltsverzeichnis
Ein Tag in London
I like London (1.1)
Politische Gespräche (1.2)
Côte d'Azur (1.3)
Londoner Pubs (1.4)
Der 2. Tag
Das Haus in East End (2.1)
München (2.2)
Themse –Terrassen (2.3)
Tower (2.4)
Wiedersehen nach langen Jahren (2.5)
Eine außergewöhnliche Familie (2.6)
Kriegsvorbereitungen (2.7)
Deutsche Realität (2.8)
Politik des Secret Intelligence Service (2.9)
Erste Kampfhandlungen (2.10)
Drôle de Guerre (2.11)
Blitz (2.12)
Französische Exilregierung (2.13)
Nach dem Krieg (2.14)
Trennung (2.15)
Der 3. Tag
Fahrt auf der Themse (3.1)
Nancy Astor (3.2)
Westminster Abbey (3.3)
War Rooms (3.4)
Kartenzimmer (3.5)
Museum (3.6)
Karikaturen (3.7)
Malerei (3.8)
Sprüche (3.9)
Burenkrieg (3.10 )
Die Bedeutung der Frau (3.11)
Blow Up (3.12)
Finanzminister (3.13)
French House (3.14)
Der vierte Tag (4)
Art Gallery (4.1)
Lunch (4.2)
British Museum (4.3)
Buckingham Palace (4.4)
Eaton Square (4.5)
La guerra parallela (4.6)
Fünfter Tag (5.1)
City of London (5.2)
Temple Avenue (5.3)
Anfänge der Fliegerei (5.4)
Royals (5.5)
Hess (5.6)
Leak (5.7)
Die englische Presse (5.8)
George 1. Herzog von Kent (5.9)
Spekulation (5.10)
Ein Tag in London
I like London (1.1)
Es ist eine Stadt, in der Geschichte gegenwärtig ist, wie in keiner anderen.
Gleich am ersten Tag meines Aufenthalts ging ich im Hydepark spazieren. Ich begann meinen Spaziergang am Lancaster Gate. Dort in der Nähe hatte ich mir eine Wohnung gemietet. Die Londoner Parks sind ein Highlight. Das satte Grün des Rasens – wegen des feuchten Klimas – das kenne ich so nur von der Voralpenlandschaft. Im Park wimmelte es von Joggern und sportlichen Läuferinnen, fast alle mit nackten Beinen, obwohl es schon Spätherbst war, aber bei sehr milden Temperaturen.
Die Londoner sind Hundeliebhaber: Bis zu sechs Hunde führen sie aus, an jeder Hand drei. Doch kein einziges Häufchen war zu finden. So diszipliniert sind Engländer. Ganz im Gegensatz zu den Franzosen, im südlichen Frankreich an der Côte d'Azur, wo man in den renommiertesten Ferienorten von einem Häufchen in das andere tritt.
Das Laub hing noch an den Bäumen, viele Sträucher blühten, und wilde Alpenveilchen wuchsen an den Rändern der Wege. Vorbei an den herrlichen italienischen Anlagen und reizvoll angelegten Seen, landete ich schließlich an Speaker's Corner. Ich hätte Fotograf sein wollen, um all diese Schönheiten aufzunehmen, und als „Impressionen aus London" zu veröffentlichen. Alles, was ich im Fernsehen bisher gesehen habe, schien mir nicht an die Großartigkeit heranzukommen, die ich hier – in natura – erlebte.
Speaker's Corner
Er fiel mir sofort auf. Er stand bei einer kleinen Gruppe von Personen, die einem am ganzen Körper Tätowierten zuhörten und zuschauten, wie er sich allmählich auszog, um alle Tattoos zu zeigen und zu erklären, wobei er immer wieder schrie: l'm a human being
, obwohl das niemand in Frage stellte.
Auch ich muss die Aufmerksamkeit dieses mir aufgefallen! en Zuhörers erregt haben, denn er kam auf mich zu und sprach mich direkt an. Nicht mit „Where are you from oder mit „What's your name
, sondern er wollte wissen, wie ich die Darbietung des Redenden beurteilte. Nun ehrlich gesagt, ich bin kein Freund von Tattoos. Ich kann nicht verstehen, wie jemand seinen Körper so verunstalten kann. Zu den Ausführungen selbst konnte ich nicht viel sagen. Der Tätowierte sprach von den vier Freiheiten, die der Mensch nach Meinung des amerikanischen Präsidenten Franklin Delano Roosevelt haben sollte, und für die der amerikanische Soldat in den 2. Weltkrieg gezogen war.
Bohemians of Bigger London
Der mir noch Unbekannte, der mich angesprochen hatte, kannte sich besser aus als ich, und er konnte mir sagen, dass die Tatoos nach der Vorlage des amerikanischen Malers Norman Rockwell in die Haut geätzt wurden. Er erzählte mir auch, dass der Tätowierte seit Jahren immer wieder diese Show abziehe, und dass er ihn persönlich kenne. Beide gehörten zu einer lose zusammengeschlossenen Gruppe von „Bohemians of Bigger London", die gelegentlich auch zusammenarbeite und Auftritte und Events in Kaffees und Kneipen veranstalteten.
Die Rolle meines neuen Bekannten bestand dabei vor allem darin, dass er Geschichten erzählte, Anekdoten, Witze und besonders auch schräge Geschichten. Er war sehr sprachbegabt, polyglott, und konnte in fast allen Sprachen erzählen. Deshalb war sein Spitzname „Tusitala – Tausend – Geschichten – Erzähler".
Ein Name, den Samoaner dem Autor der Schatzinsel einst gegeben hatten, der auf Samoa seinen Lebensabend verbrachte.
Hyde-Park
Im Gespräch pilgerten wir am Serpentine-See entlang, gelangten zum Albert Memorial und weiter zu dem herrlichen Kensington Palace, wo einst Queen Victoria residierte, die einem ganzen Zeitalter ihren Namen gegeben hat, und wir landeten schließlich am Princess Diana Memorial. Wir sahen uns auch das fantasievolle Peter Pan – Denkmal an und landeten schließlich an meinem Ausgangspunkt, dem Lancaster Guide. Wir waren so ins Gespräch vertieft, dass wir weitergingen, und schließlich wieder am Speaker's Corner ankamen.
Politische Gespräche (1.2)
Freedom from fear
Unser Gespräch drehte sich um die vier Freiheiten. Freedom of speech, freedom of worship, freedom from want, und die vierte Freiheit, freedom from fear. Diese vierte Freiheit war ein Versprechen des amerikanischen Präsidenten an die Menschheit, eine Welt ohne Furcht zu schaffen, sobald der Friede nach dem zweiten Weltkrieg wiederhergestellt sein würde. Diese Pax Americana hat er der Welt verheißen, zu einem Zeitpunkt, als die USA noch gar nicht in den Krieg eingetreten war. Es war ein Versprechen, dass es nie wieder Krieg geben würde, ewiger Friede sollte herrschen, sowie Hitler beseitigt wäre, ein Weltfriede unter amerikanischer Führung. Dazu musste die USA aber erst einmal in den Krieg eintreten.
Kriegseintritt
Churchill konnte diesen Zeitpunkt kaum erwarten, weil England nach der Niederlage bei Dünkirchen und der Kapitulation Frankreichs den Krieg ohne amerikanische Hilfe nicht mehr fortführen konnte. Das amerikanische Volk aber hatte überhaupt keine Lust, wieder in einen Weltkrieg hineingezogen zu werden, wie im ersten Weltkrieg. Churchill allerdings war klar, England kann einen europäischen Krieg nicht gewinnen, sondern nur einen Weltkrieg an der Seite der Vereinigten Staaten. Roosevelt hatte ihm 1932 schon versprochen: wir werden Deutschland vernichten und zwar diesmal endgültig.
Norman Rockwell
Der amerikanische Maler hat zur Veranschaulichung dieser vierten Freiheit ein rätselhaftes Bild gemalt. Der Tätowierte trug es auf der Brust, sozusagen an der auffälligsten Stelle. Ein kleiner Junge und sein Schwesterchen liegen krank nebeneinander im Bettchen. Der Vater und die Mutter stehen daneben, und sorgen sich um die schlafenden Kinder.
Deutung
Die sorgenden Eltern sind die beiden Weltmächte Uncle Sam und Britannia. Und so wie die Kinder volles Vertrauen haben können, so braucht auch die globale Gesellschaft keine Angst vor diesen beiden Weltmächten zu haben. Sie werden alle Völker beschützen - protegieren. Dazu müssten diese allerdings erst entwaffnet werden, damit sie sich nicht gegenseitig bekriegen könnten. Eine waffenlose Welt könnte keine Kriege mehr beginnen, und das Heil und Wohlergehen würde ausschließlich von den USA und dem UK gewährleistet. Die Entwaffnung würde zuerst Deutschland betreffen: „Nie mehr wird ein Deutscher eine Waffe in der Hand halten"! Und dann müsste auch Japan bedingungslos kapitulieren, und auf jede militärische Bewaffnung verzichten.
Schrittweise müssten dann auch alle anderen Mächte demilitarisiert werden.
UN–Charta
Dieser Gedanke ist auch in der UN – Charta ausgedrückt, die 1941 von Churchill und Roosevelt konzipiert wurde. Unter größter Geheimhaltung trafen sich Churchill und Roosevelt auf dem britischen Schlachtschiff HMS Prince of Wales in der Placenta Bay vor Neufundland vom 09. bis 12. August 1941. Kurz davor hatte Hitler die Sowjetunion überfallen, und die beiden Politiker gingen davon aus, Hitler würde siegen, und dann könnten sie die geschwächte deutsche Armee mit Leichtigkeit vernichten, zumal die gewaltigste Rüstung, die ein Staat je aufgebaut hatte, von Roosevelt 1932 begonnen nach der „Regel von 10 Jahren" im Jahr 1942 einsatzbereit wäre.
Der Abschnitt 8 besagt: Wir sind von der Notwendigkeit überzeugt, dass aus praktischen, wie aus sittlichen Gründen alle Völker der Welt auf den Gebrauch von Waffengewalt verzichten müssen. Da kein Friede in Zukunft aufrechterhalten werden kann, solange Angriffswaffen zu Angriffszwecken benutzt werden können, halten wir für die Schaffung eines dauerhaften Systems allgemeiner Sicherheit die Entwaffnung aller Nationen für notwendig. Wir unterstützen damit alle Maßnahmen, die erdrückende Rüstungslast der friedliebenden Völker zu erleichtern.
Unpolitisch
Ich konnte Houston nur zuhören. Er erzählte mir so viel Neues. Ich selbst war völlig unpolitisch erzogen worden, wie meine ganze Generation. Ich wusste nur, dass es nie wieder Krieg geben würde, nachdem Hitler besiegt war. Davon war ich überzeugt. Es war unvorstellbar, dass es ein zweites Mal einen so Wahnsinnigen geben könnte, der die Welt in einen solchen Vernichtungskrieg stürzen konnte, wie Hitler das getan hat. Hitler war ein absolut einmaliger Fall, das war einleuchtend. Alle meine Klassenkameraden dachten so wie ich, und auch meine Lehrer sagten das.
Dass die Amerikaner uns nun beschützen, und die ganze Last der Rüstung auf sich nehmen wollten, das fand ich sehr selbstlos. Ich teilte diesen Gedanken meinem neuen Freund mit. Der war allerdings nicht ganz meiner Meinung. Ich heute auch nicht mehr. „Nie wieder Krieg", das war ein leeres Versprechen der Siegermächte. Sie kaschierten dabei nur ihren Anspruch auf alleinige Weltherrschaft.
Traum und Realität
Zudem verlief der Krieg völlig anders, als Churchill und Roosevelt es sich vorgestellt hatten. Der Bolschewismus wurde nicht zerschlagen, sondern Stalin ging gestärkt - ja als Sieger aus diesem Krieg hervor. Er ist in Berlin einmarschiert, nicht die Amerikaner oder Engländer. Er besetzte das Zentrum der Hauptstadt und überließ den anderen freiwillig nur ein paar Sektoren im Westen der Stadt.
Im Pazifik besiegte Tschiang Kai Check die Japaner nicht, sondern die USA mussten selbst eingreifen, um die Japaner zu besiegen. Der Generalissimus verlor sogar das chinesische Festland, das der neue verbündete Stalins, Mao Tse Tung in einem „langen Marsch" eroberte. Also auch im Osten setzte sich der Bolschewismus durch. Nationalchina blieb am Ende nur die kleine Insel Taiwan, das frühere Formosa, übrig.
Zwei neue Weltmächte gingen aus dem Krieg hervor. US und UK mussten die Weltherrschaft mit ihnen teilen. Sie mussten beiden das gleiche Vetorecht in der UN einräumen. Nicht mehr nur zwei, sondern vier hatten jetzt das Sagen. Das bedeutete, der Krieg um die Vorherrschaft ging weiter - von wegen ewiger Frieden!
Einziges Resultat des Krieges war die totale Zerstörung Deutschlands und Japans.
Operation Unthinkable
Churchill erkannte: „Ich habe das falsche Schwein geschlachtet". Er wollte den Krieg schon einen Tag nach dem Friedenschluss im Mai 1945 fortsetzen. Er ließ die Waffen der mehr als 5 Millionen deutschen gefangenen Soldaten einsammeln.
Sie sollten diese wieder ausgehändigt bekommen, damit sie zusammen mit Amerikanern und Engländern den Krieg gegen die Russen fortsetzen konnten. Die amerikanischen Generäle machten aber einfach nicht mit. Die Landung in der Normandie und die Kämpfe im Westen waren trotz der enormen Materialüberlegenheit schwerer und verlustreicher als angenommen. Der Krieg konnte so ganz ohne Pause nicht fortgeführt werden. Es kam lediglich zum kalten Krieg. Anders im fernen Osten.
Ein Krieg nach dem anderen
Wo der Krieg im pazifischen Raum begonnen hatte, in Korea, wo die USA Tschiang Kai Check 1936 mit Geld- und Rüstungsgütern zum Kampf gegen Japan ausgestattet hatten, dort ging der Krieg sofort weiter. Als die USA diese reichen Kolonien besetzen wollten, nachdem die Japaner vertrieben worden waren, wiedersetzten sich die Koreaner. 3 Millionen Tote, alles Koreaner, kosteten die militärischen Unternehmungen der Amerikaner das koreanische Volk. Bis heute ist der Norden Koreas noch nicht erobert. Es gibt dort nur einen Waffenstillstand, der jederzeit gebrochen werden kann. Momentan sieht es dort besonders brenzlig aus.
Danach kam Vietnam, das der Kolonialmacht Frankreichs nicht gestatten wollte, wieder die Herrschaft zu übernehmen. Die USA wollte das nutzen, um selbst ihre Herrschaft dort aufzurichten. Aber trotz extremer Grausamkeiten, etwa dem Abwurf von Napalm-Bomben, hat es nicht zu einem Sieg für die USA gereicht.
Die Intervention der USA im Iran, der Krieg gegen Sadam Hussein im Irak, der Krieg in Serbien, Gaddafi in Libyen, die Bewaffnung Oppositioneller in Syrien - damit es dort zum Bürgerkrieg kommt, - in mehr als 1.200 militärische Interventionen sind die USA verwickelt. Das ist das Ergebnis vom Versprechen einer Welt ohne Furcht, und von der Verwirklichung des Traums vom ewigen Frieden.
Man könnte mit Brecht sagen „Der Traum vom Frieden ist nun kein Traum mehr, sondern raue Realität"
Côte d'Azur (1.3)
Erinnerung
Wir wurden durch diese Gespräche erstaunlich rasch vertraut miteinander. Ich erfuhr auch viel aus seiner Familie, über seine Kindheit und Jugend. Dass er früh gegen den Willen der Eltern und gegen die Tradition der Familie einen eigenen Weg einschlug, nicht das Studium in Oxford und die anschließende Karriereleiter, sondern zunächst ein Leben als Vagabund und als Globetrotter, und danach als freischaffender Schriftsteller. Als Jugendlicher kampierte er gern mit Freunden an der französischen Mittelmeerküste. Erinnerungen kamen bei uns beiden hoch. So erinnerten wir uns, dass wir uns wenige Jahre nach dem 2. Weltkrieg schon einmal begegnet waren, am Strand vor dem „Negresco" in Nizza.
Damals war der Strand noch voller Pebbles, das ist grober Kies. Erst später wurde Sand herangekarrt. Heute gehören alle Hotels und Restaurants reichen Ölscheichs. Der Vagabund war mit seinen Freunden zusammen, der schönen Cynthia, Douglas und Charles. Sein Vorname war Houston. Ich wurde damals als Henry in dieses vierblättrige Kleeblatt aufgenommen. Ich war 16