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Die deutschen Vertriebenen: Keine Täter - sondern Opfer
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eBook374 Seiten2 Stunden

Die deutschen Vertriebenen: Keine Täter - sondern Opfer

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Über dieses E-Book

Wer aus den Fehlern der Vergangenheit nicht lernen will, ist verdammt, sie zu wiederholen. Bosnien, Ruanda und Dafur belegen diese alte Weisheit. Der Autor, ein Schweizer Völkerrechtler und Historiker, hat in seinem nun in 5. Auflage vorliegenden Buch "Anmerkungen zur Vertreibung" ein einführendes Werk geschaffen, das nicht bei der bloßen Beschreibung der oft schrecklichen Geschehnisse haften bleibt, sondern darüber hinaus den Vorgang historisch korrekt einbettet.

Die Vorgeschichte der Vertreibung der Deutschen aus dem Osten, der Versailler Vertrag, die Lage der Deutschen in Polen und der Tschechoslowakei in der Zwischenkriegszeit, die antideutschen Pogrome in Polen nach Kriegsbeginn 1939, aber auch Hitlers "Lebensraum-Ideen" werden ausführlich behandelt, wobei deutlich wird, daß letztere nicht als Ursache oder Entschuldigung der Vertreibung herangezogen werden können.

Einen großen Teil des Buches nimmt die Beschreibung der Vertreibung selbst ein, wobei die Berichte von Zeitzeugen, Dokumente, Zahlen und Abbildungen dabei helfen, das schreckliche Geschehen nachvollziehbar zu machen. 12 Millionen Menschen wurden dabei nach Westen vertrieben, mehr als zwei Millionen kamen um oder wurden direkt getötet. Sind die Verbrechen Hitlers tatsächlich der Grund für die Massenverteibungen oder spielten andere Planungen im Osten wie bei den Westalliierten eine bedeutende Rolle? Auch dieser Frage geht der Autor nach, um abschließend die Eingliederung der Heimatvertriebenen in der Bundesrepublik zu schildern.

Neu veröffentlichte Fotos aus dem Fundus des Roten Kreuzes in Genf machen das Buch in besonderer Weise unverzichtbar.

"Eine erschütternde Mahnung" Die Welt.
SpracheDeutsch
HerausgeberAres Verlag
Erscheinungsdatum7. März 2018
ISBN9783902732927
Die deutschen Vertriebenen: Keine Täter - sondern Opfer

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    Buchvorschau

    Die deutschen Vertriebenen - Alfred M de Zayas

    2005

    Teil I:

    Die Deutschen in Ostmitteleuropa

    Vertriebene. Wer sind sie? Sie kamen aus Ostpreußen, Pommern, Ostbrandenburg, Schlesien, Danzig und Memel, aus den Baltischen Staaten, aus Böhmen und Mähren, aus der Slowakei und aus Ungarn, aus Rumänien, Rußland und dem ehemaligen Jugoslawien. Sie flüchteten oder wurden in die Bundesrepublik, in die ehemalige Deutsche Demokratische Republik, nach Österreich vertrieben. Andere wanderten nach Amerika, Kanada und Australien aus. Über 15 Millionen Menschen. Inzwischen sind 60 Jahre vergangen und zwei Generationen von Nachkommen der Vertriebenen sind groß geworden. Durch Integration und Eheschließung zwischen Ost- und Westdeutschen hat bald jeder zweite Deutsche ostdeutsche Vorfahren. Viele ostdeutsche Traditionen leben im Westen weiter, getragen von Vertriebenen, die die Heimat mit sich brachten. Die deutsche Kultur aus dem Osten, Literatur, Musik, Küche und Trachten, wird noch gepflegt.

    Stettin

    Königsberg

    Königsberg, Memel, Danzig, Stettin, Breslau, Oppeln, Karlsbad, Eger … diese Städte sind mit der deutschen Geschichte für immer verbunden. In den Provinzen östlich der sogenannten Oder-Neiße-Linie und im Sudetenland waren die Deutschen z. T. über 700 Jahre zu Hause. Sie gründeten Städte, brachten das deutsche Recht mit, errichteten die Hanse, entwikkelten das Land, schufen Industrien und Bergwerke, komponierten Musik, dichteten und philosophierten.

    Es war ein reiches, schönes Land östlich der Oder-Neiße, weniger dicht besiedelt als im Westen, kälter im Winter, wärmer im Sommer.

    „Dort ragt Urwald noch; doch sag, wo blieben die Herzen, die ihn durchhüpften wie das Reh, das die Rufe der Jäger vernommen?

    … Wüst sind alle die Farmen, die Farmer auf immer geschieden;

    alle zerstreut wie der Staub, wie die Blätter, die wütender Herbststurm packt,

    hoch wirbelt empor, weit über den Ozean hinstreut …"

    Erinnerungen an Ostpreußen oder Pommern? Nein. So verewigte der amerikanische Dichter Henry Wadsworth Longfellow in „Evangeline" die Vertreibung der 15.000 französischen Bauern 1755 aus Neuschottland im heutigen Kanada, wo ihre Vorfahren seit hundert Jahren friedlich gelebt hatten, katholische Franzosen, die der englische Gouverneur Charles Lawrence loswerden wollte. Die Höfe wurden beschlagnahmt, die Familien auseinandergesprengt, die Männer in Schiffe verladen und in die übrigen englischen Kolonien verstreut, Frauen und Kinder blieben von ihren Männern und Vätern getrennt. Sie sahen sich nie wieder.

    Es hatte schon vorher, bereits im Altertum, Vertreibungen gegeben. In neuerer Zeit traf ein solches Schicksal 1492 die Juden in Spanien, 1685 und wieder 1701 die Hugenotten in Frankreich, 1731/32 die Protestanten in Salzburg – über 20.000. Und gerade durch den Druck der Intoleranz in anderen Staaten kamen viele der Verfolgten nach Preußen: Hugenotten und Salzburger, die echte Ostpreußen und Pommern wurden. In Nordamerika wurden nicht nur die Franzosen aus Akadien vertrieben, sondern auch die autochtone Bevölkerung, die nördlich des Rio Grande seit Jahrtausenden lebte. Zehn Millionen Menschen, die Urbevölkerung des Kontinents, wurden nicht nur vertrieben, sondern schließlich auch ausgerottet.¹

    Anfang des 20. Jahrhunderts wurden zwei Millionen Armenier im Osmanischen Reich vertrieben, wobei ca. 1,5 Millionen umkamen. Es war der erste Völkermord des 20. Jahrhunderts.²

    Ansiedelung der Deutschen in Ostmitteleuropa seit dem 12. Jahrhundert

    Deutsche Historiker wiesen im 19. Jahrhundert öfter darauf hin, daß schon die Ostgermanen im heutigen Polen seßhaft waren, z. B. die Wandalen, die um 400 nach Christus unter ihrem König Geiserich nach Westen zogen. Die Silingen gaben sogar der späteren Provinz Schlesien den Namen, ehe sie an den Rhein und weiter nach Andalusien wanderten. Die Goten bewohnten als einheitliches Volk das Gebiet um die Weichsel. Um 200 nach Christus begannen sie ihren Zug nach Süden und teilten sich in Ostgoten, die an der Krim, im Balkan und Italien siedelten, und Westgoten oder Wisigoten, die in das Gebiet des späteren Frankreich und Spanien wanderten.

    Breslau

    Karlsbad

    Die Goldene Bulle von Rimini vom März 1226, mit der Kaiser Friedrich II. Hohenstaufen die Landesherrschaft des Deutschen Ordens im Kulmerland und Preußen genehmigt.

    Kaiser Ferdinand II. verabschiedet die Ritter des Deutschen Ordens.

    Dies sind gewiß historische Tatsachen, doch muß ergänzend festgestellt werden, daß die Ostgermanen nicht einfach als Vorfahren der heutigen Deutschen und Österreicher betrachtet werden können. Die ostgermanischen Stämme waren zwar einige Jahrhunderte im Gebiet des heutigen Polen seßhaft, aber sie wanderten großteils ab und slawische Stämme nahmen die Gebiete bis zur Oder ein. Um 960 entstand unter Mieszko I. der Fürstenstaat Polen, dessen Kernraum an der mittleren Warthe (Posen und Gnesen), am Goplo-See und an der mittleren Weichsel lag. Die Dynastie der Piasten zog vom 12. bis ins 14. Jahrhundert unzählige deutsche Mönche, Bauern, Handwerker und Ritter ins Land, das nun dank deren Arbeit aufblühte. Dies geschah aber ohne jeden Druck von deutscher Seite, so daß das Schlagwort vom „deutschen Drang nach Osten" bzw. von einem mittelalterlichen Eroberungszug zu Lebensraumzwecken nicht gerecht wird.

    Hermannstadt im Jahre 1666. Kupferstich von H. F. Schollenberger.

    Salzburger Emigranten überschreiten die preußische Grenze. Zeichnung von Adolph Menzel.

    Die Marienburg an der Nogat, Sitz des Hochmeisters des Deutschen Ritterordens, erbaut im 13. und 14. Jahrhundert.

    Weiter nördlich lebten nicht-slawische Völker, u. a. die Pruzzen an der Ostsee, welche die polnischen Fürsten ohne Erfolg zu bezwingen suchten. Anfang des 13. Jahrhunderts bat Herzog Konrad von Masowien den Deutschen Orden, einen der aus dem Geist der Kreuzzüge entstandenen geistlichen Ritterorden, um Unterstützung. Kaiser Friedrich II. schuf daraufhin durch die Goldene Bulle von Rimini im Jahre 1226 die rechtliche Grundlage für die Eroberung und Christianisierung des Preußenlandes. Sein Freund und Berater Hermann von Salza, Hochmeister des Ordens, folgte dem Appell Konrads und wurde vom Kaiser mit dem Kulmer Land und Preußen belehnt.

    Nach der Unterwerfung und Christianisierung der Pruzzen und der übrigen Baltenvölker bis Estland konsolidierte sich die politische Macht des Deutschordensstaates längs der Ostsee von Danzig bis Reval (heute Tallinn). Sitz des Hochmeisters wurde die Marienburg an der Nogat. Deutsche Siedler gründeten in Preußen (östlich der Weichsel) 93 Städte und 1400 Dörfer, brachten deutsches Recht und schufen so ein blühendes Land. 700 Jahre haben sie dieses Gebiet ihre Heimat genannt, viel länger, als das von Europäern kolonisierte Amerika besteht.

    Deutsche Siedler kamen auch in andere Teile Mittel- und Osteuropas. König Ottokar II. (1253–1278) und andere förderten die deutschen Siedlungen in Böhmen und Mähren. So entstand vor 700 Jahren das später nach den Sudetengebirgen genannte Sudetenland. Allerdings gehörte das Egerland ursprünglich nicht zum Königreich Böhmen, sondern zum Herzogtum Bayern.

    Eger war eine deutsche Kaufmannssiedlung, die Mitte des 12. Jahrhunderts reichsunmittelbar wurde. Die Burg diente den Staufern als Kaiserpfalz, und dort verkündete Kaiser Friedrich II. im Jahre 1213 die Goldene Bulle von Eger. Erst 1322 verpfändete Kaiser Ludwig der Bayer das Egerland an den Böhmenkönig Johann von Luxemburg. Die Bevölkerung blieb aber nach wie vor ethnisch und linguistisch deutsch.

    Mittlerweile verstärkte sich der Zug deutscher Siedler in den Südosten über die Karpaten bis in das Moldaugebiet und in die Walachei und darüber hinaus bis an das Schwarze Meer – Bessarabien nördlich und Dobrudscha südlich des Donaudeltas. Es war eine reine Rodungskolonisation; durch sie wurden vor allem die Urwälder des Karpatenbogens erschlossen und viele Städtegründungen ermöglicht. Mitte des 12. Jahrhunderts gründeten Nürnberger Bauern Hermannsdorf (später Hermannsstadt) in Siebenbürgen. Mitte des 13. Jahrhunderts, als die Mongolen Rußland überrannten und Hermannsdorf zerstörten (1241), siedelte König Bela IV. von Ungarn Deutsche hauptsächlich zur Grenzverteidigung in Siebenbürgen an. Im 17. Jahrhundert wurde Siebenbürgen dann habsburgische Provinz.

    Das Buchenland, die Bukowina, war von Ruthenen, Rumänen und Deutschen besiedelt. Auch diese Region kam 1775 zu Österreich und wurde ein selbständiges Kronland.

    Von den Deutschen im Südosten bildeten die Donauschwaben mit 1,5 Millionen Menschen die größte Gruppe. Diese Siedler waren anfangs aus den westlichen Nachbarlandschaften, später zum großen Teil aus den süddeutschen Gebieten beiderseits des Rheins gekommen und siedelten sich im Ungarischen Becken, im späteren Rumänien und Jugoslawien an. Sie folgten nach der Befreiung des Ungarlandes von der Türkenherrschaft dem Ruf des Kaisers zur Wiederbesiedlung entvölkerten Landes. Ein entsprechendes Gesetz wurde 1689 erlassen, die Einwanderung deutscher Bauern und Bergleute in größerem Umfang setzte jedoch erst nach 1723 ein. Das Siedlungsgebiet der „Schwaben", wie alle deutschen Einwanderer unabhängig von ihrem Herkunftsland, u. a. Rheinpfalz, Hessen, genannt wurden, lag weit zerstreut über die ganze ungarische Tiefebene. Schwerpunkte waren das südwestliche Ungarische Mittelgebirge mit dem Zentrum Budapest, wo 11.000 Einwohner Deutsch als Nationalität und 22.300 als Muttersprache (1941) angaben, die Schwäbische Türkei südlich des Plattensees, Slawonien zwischen Save und Drau und das westlich daran angrenzende Syrmien.

    Ebenfalls von Donauschwaben besiedelt war die Batschka, die sich zwischen Donau und Theiß nach Serbien und Kroatien hinein erstreckte, und als bedeutendstes Siedlungsgebiet das östlich der Theiß bis zur Donau und den Karpaten reichende Banat. 86 fast rein deutsche Gemeinden und weitere 332 Gemeinden mit deutscher Mehrheit waren über rumänisches, serbo-kroatisches und ungarisches Gebiet verstreut. Sie waren friedliche, brave Leute, die Donauschwaben, fleißige Bürger, die auch Zeit zur Muße hatten:

    Dort im fernen Ungarlande

    Freundlich schmuck ein Dörfchen steht,

    Rings umrauscht von Waldesrande,

    Mild von Segen rings umweht.

    An des Dörfchens stillem Saume

    Ist ein Hüttlein hingestellt,

    Das in seinem schmalen Raume

    Wahret meine Herzenswelt.(Nikolaus Lenau)

    Kulturelle Leistungen der Ostdeutschen

    Welche Rolle spielten diese Ostdeutschen in der deutschen Geschichte? Welche berühmte Deutschen stammten aus dem Osten?

    In Posen, damals zu Preußen gehörend, wurden Reichspräsident Paul von Hindenburg (1847) und der Raketenkonstrukteur Wernher von Braun (1912) geboren, in Kulm (Westpreußen) der Führer der Sozialdemokratie, Kurt Schumacher (1894–1952). Aus dem Baltikum stammte der Kunsthistoriker Georg Dehio, 1850 in Reval (Tallinn, Estland) geboren. Zu den berühmten Donauschwaben zählen der Dichter Nikolaus Lenau (Deckname des Nikolaus Franz Niembsch Edler von Strehlenau), geb. 1802 in Csatád in Ungarn, und der Dramaturg und Romancier Adam Müller-Guttenbrunn, geb. 1852 im Banat.

    Georg Dehio ist Begründer des „Dehio", des Handbuchs der Kunstdenkmäler

    Aus Thorn stammte Nikolaus Kopernikus (1473–1543)³, der zur deutschen ethnischen Gruppe gehörte und als deutscher Student in Bologna studierte. Er lebte als Domherr in Frauenburg, Ermland (Ostpreußen).

    Aus dem Sudetenland stammte der Autokonstrukteur Ferdinand Porsche, geboren 1885 in Maffersdorf bei Reichenberg, Erbauer des ersten Volkswagens, später des Sportwagens, der seinen Namen trägt. Auch er gehört zu den Vertriebenen und starb 1951 in Stuttgart.

    Der Naturforscher und Augustinerpater Gregor Mendel stammte aus dem mährischen Heinzendorf (1822) und wirkte in Brünn, wo er seine Forschungen über die Vererbung in den Mendelschen Gesetzen formulierte. Er starb 1884 in Brünn.

    Aus Aicha (heute Dubi, Böhmen) entstammten Rudolf und Leopold Blaschka, die 1877–1937 im Dresdener Atelier die weltberühmten Glasblumen im Auftrag der Harvard University anfertigten. Heute kann man über 4.000 dieser Glasblumen von erstaunlicher Schönheit in Harvards Botanischem Museum in Boston, USA, bewundern.

    Rainer Maria Rilke, einer der größten deutschen Dichter, ist 1875 in Prag geboren. 1875 schrieb er das „Larenopfer", 90 Gedichte an seine Heimatstadt Prag und seine Heimat Böhmen.⁴ 1922 veröffentlichte er sein Meisterwerk, die „Duineser Elegien".

    Ebenfalls in Prag wurde Bertha von Suttner geboren (1843), die Weltruhm erlangte, indem sie die Friedensidee volkstümlich machte, u. a. durch ihr großes Werk „Die Waffen nieder". Sie war die erste Frau, die den Friedensnobelpreis erhielt (1905).

    Auch zahlreiche Juden, die zum deutschen Kulturkreis gehören und Unsterbliches dazu beitrugen, stammten aus Böhmen und Mähren. Franz Kafka ist 1883 in Prag geboren; Franz Werfel (Prag, 1890), das Sprachrohr der Expressionisten, Autor des berühmten Romans über den Völkermord an den Armeniern „Die 40 Tage des Musa Dagh"; der Philosoph Edmund Husserl, Professor in Göttingen und Freiburg im Breisgau, Gründer der Schule der Phänomenologie, geb. 1859 in Proßnitz (Mähren); Sigmund Freud, Begründer der Psychoanalyse, geb. 1856 in Freiberg (Mähren), und der großartige romantische Komponist Gustav Mahler (1860–1911), geboren in Kalischt (Böhmen), aber untrennbar mit der Stadt Wien verbunden.

    Ferdinand Porsche

    Gregor Mendel

    Rainer Maria Rilke

    Während des Zweiten Weltkrieges, noch vor der Vertreibung aus dem Sudetenland, wurde am 12. August 1944 in Marienbad der hervorragende Heldentenor Peter Hofmann geboren, den jeder Opernfreund nicht nur als großartigen Sänger, sondern auch als überzeugenden Schauspieler kennt, vor allem in den Wagnerschen Rollen Parsifal und Siegmund.

    Auch in unseren Tagen erkennen wir unter den Kindern von Vertriebenen viele bekannte Deutsche, von denen man nicht ahnt, daß sie ostdeutsche Vorfahren haben – so Boris Becker, Tennischampion und dreifacher Wimbledon-Sieger, dessen Mutter Elvira, geb. Pisch, Sudetendeutsche aus Kunewald, Kreis Neutitschein, unweit Olmütz und Mährisch Ostrau ist.

    Berühmte deutsche Musiker kamen aus Ostpreußen, wie der Opernkomponist Otto Nikolai, geb. 1810 in Königsberg, dessen Oper „Die Lustigen Weiber von Windsor überall in der Welt zu sehen und zu hören ist. Ebenfalls in Königsberg wurde der Komponist und Dichter E. T. A. Hoffmann geboren. Er komponierte ein tiefgreifendes „Miserere und gehörte zu den Vorläufern der musikalischen Romantik. Aber auch durch seine Dichtungen wirkte Hoffmann nachhaltig auf die Musikentwicklung, lieferte den Stoff u. a. für Wagners Oper „Die Meistersinger von Nürnberg, für Tschaikowskijs Ballett „Der Nußknacker und natürlich für Offenbachs Oper „Hoffmanns Erzählungen. Zu den bekanntesten deutschen Malern zählt Lovis Corinth, geboren 1858 in Tapiau, einer der Führer des Impressionismus und wohl der bedeutendste deutsche Künstler seiner Generation. Als bildende Künstlerin sei vor allem Käthe Kollwitz (1867–1945) aus Königsberg erwähnt, bekannt durch ihren Zyklus zu Gerhart Hauptmanns „Webern und durch ihre Holzschnittfolge „Der Krieg". Sie trat auch mit Radierungen und Plastiken hervor.

    Gustav Mahler

    E. T. A. Hoffmann

    Käthe Kollwitz

    Ostpreußen ist auch die Heimat zahlreicher Dichter wie Johann Gottfried Herder (1744–1803) und – in unserer Zeit – Agnes Miegel (1879–1964), in Königsberg geboren, die die Vertreibung noch miterlebte und 1949 einen Band Flüchtlingsgedichte „Du aber bleibst in mir" herausgab:

    Es war ein Land, – wir liebten dies Land, –

    Aber Grauen sank drüber wie Dünensand.

    Verweht wie im Bruch des Elches Spur

    Ist die Fährte von Mensch und Kreatur, –

    Sie erstarrten im Schnee, sie verglühten im Brand,

    Sie verdarben elend in Feindesland,

    Sie liegen tief auf der Ostsee Grund,

    Flut wäscht ihr Gebein in Bucht und Sund,

    Sie schlafen in Jütlands sandigem Schoß, –

    Und wir Letzten treiben heimatlos,

    Tang nach dem Sturm, Herbstlaub im Wind,

    Vater, Du weißt, wie einsam wir sind!

    In unseren Tagen denken wir an Siegfried Lenz, 1926 in Lyck geboren, Autor von „Deutschstunde und „Heimatmuseum. Im Bereich der Philosophie ragen zwei Namen hervor: Immanuel Kant (1724–1804) aus Königsberg, Autor der „Kritik der reinen Vernunft, und Arthur Schopenhauer (1788–1860) aus Danzig, der Hauptstadt Westpreußens, Autor von „Die Welt als Wille und Vorstellung. In unseren Tagen kennen wir natürlich den Literaturnobelpreisträger Günter Grass, Autor u. a. von der „Blechtrommel und „Im Krebsgang.

    Bei Pommern denken wir zunächst an den Dichter Ewald von Kleist aus Köslin (1759–1815) und natürlich an den in der ganzen Welt gefeierten Maler der Romantik, Caspar David Friedrich, geboren 1774 in Greifswald: „Heilig sollst du halten jede freie Regung deines Gemüts, heilig achten jede fromme Ahndung; denn sie ist Kunst in uns! In begeisternder Stunde wird sie zur anschaulichen Form, und diese Form ist dein Bild. Das Gefühl für die Größe und Unendlichkeit dieser Kunst ist uns vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg aufgegangen. Zu den bedeutendsten Werken des Künstlers gehören „Das Kreuz im Gebirge, „Kreidefelsen an der Ostküste von Rügen und das gewaltige Bild „Der Mönch am Meer, das für die in der Unendlichkeit verlorene Seele des Menschen wohl das erschütterndste Dokument ist. Wir denken auch an den Naturforscher Karl August Dohrn, geb. 1806 in Stettin, sowie an seinen Sohn, den Zoologen Anton Dohrn, geb. 1840 ebenfalls in Stettin.

    Immanuel Kants „Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft" erschien in Königsberg

    Bei Schlesien erinnert man sich an den Atomphysiker und Nobelpreisträger Max Born, geb. 1882 in Breslau, an den hervorragenden Dirigenten Otto Klemperer, geb. 1885 in Breslau, an den glänzenden Dichter des deutschen Barock, Andreas Gryphius (geb. 1616 in Glogau), und natürlich an Joseph Freiherr von Eichendorff (1788–1857) aus Schloß Lubowitz bei Ratibor, den Lyriker par excellence, Verfasser von Versen wie: „Es war, als hätt’ der Himmel die Erde still geküßt, daß sie im Blütenschimmer von ihm nun träumen müßt. „Mondnacht und viele andere Gedichte gehören der allgemeinen deutschen Literaturgeschichte an und sind weit entfernt von nur schlesischer Heimatdichtung. „Mondnacht wurde von Robert Schumann vertont und gehört zu den am meisten gesungenen klassischen Liedern. In der Tat hat Schumann zwölf Eichendorff-Lieder vertont. Noch schöner vielleicht ist Eichendorffs „Im Abendrot, das Richard Strauß als letztes seinen 1948 komponierten Zyklus „Vier letzte Lieder"

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