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Gott - glaube ich: Mein Weg raus aus der Kirche und wieder zurück
Gott - glaube ich: Mein Weg raus aus der Kirche und wieder zurück
Gott - glaube ich: Mein Weg raus aus der Kirche und wieder zurück
eBook173 Seiten2 Stunden

Gott - glaube ich: Mein Weg raus aus der Kirche und wieder zurück

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Über dieses E-Book

Spirituell gelangweilt, von Hierarchien frustriert: Nina Achminow hatte von der Kirche die Nase voll und ist ausgetreten, wie so viele. Aber anders als die meisten gibt sie sich nicht damit zufrieden. Sie begibt sich auf eine religiöse Suche und findet dabei immer mehr ihren eigenen Weg. Dieser führt sie zu einem tieferen und authentischen Glauben und am Ende schließlich zum Wiedereintritt in die Kirche. Achminow erzählt zutiefst persönlich, manchmal provokant, ohne Friede-Freude-Trivialität, aber auch ohne plumpe Polemik. Ein ehrliches Buch über Zweifel, Kämpfe und den Mut, sich auf den Glauben und seine Fragen einzulassen.

»Im Lauf der Jahre vor meinem Austritt ist mir meine Unbefangenheit abhanden gekommen. Mein Vertrauen zur Kirche ebenfalls. Ich diskutierte auch nicht mehr.Wenn sich ein Gespräch ergab, zog ich es vor, sehr allgemein zu bleiben. Die Kirche, zumindest die in Rom, war für mich zu einer Kirche der alten Männer geworden, denen ich nichts sagen durfte und die mir nichts zu sagen hatten.« (Nina Achminow)
SpracheDeutsch
HerausgeberVerlag Herder
Erscheinungsdatum18. Apr. 2017
ISBN9783451810022
Gott - glaube ich: Mein Weg raus aus der Kirche und wieder zurück

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    Buchvorschau

    Gott - glaube ich - Nina Achminow

    Nina Achminow

    Gott – glaube ich

    Mein Weg raus aus der Kirche und wieder zurück

    Impressum

    © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2016

    Alle Rechte vorbehalten

    www.herder.de

    Umschlaggestaltung: wunderlichundweigand, Stefan Weigand

    Umschlagmotiv: © veleknez – shutterstock

    E-Book-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

    ISBN Print 978-3-451-37524-8

    ISBN E-Book 978-3-451-81002-2

    Für meine Mutter

    und

    für meine Tochter

    Inhalt

    Prolog

    Gültig, aber unerlaubt

    Kinderglaube

    Das Ding mit der Beichte

    Ausgeschlossen

    Unauflöslich

    Schule machen

    Worum geht es denn: eigentlich Gott?

    Helle Träume

    Frauenkörper

    Gott – glaube ich

    Ewige Verdammnis

    Er ist wahrhaftig auferstanden

    Mein katholisches Kind

    Das Gute behaltet

    Prolog

    ALS ICH MICH dazu durchgerungen hatte, aus der Kirche auszutreten, und im Amtsgericht Charlottenburg die Mitteilung unterschrieb, reichte mir die Sachbearbeiterin eine Kopie des Formulars mit dem Worten: »Damit können Sie jetzt Ihre Steuerkarte ändern lassen.« Als ob es mir ums Geld gegangen wäre. Ich war ein wenig enttäuscht, dass sie mich nicht nach meinen Gründen fragte. Dass diese Frau nur für den Verwaltungsakt zuständig war und mit der Kirche selbst nichts zu tun hatte – so weit habe ich damals nicht gedacht.

    Es gab mehr, was ich damals nicht durchdacht hatte. Gutes und Schlechtes.

    Dreizehn Jahre später, als ich wieder eintrat, war mir vieles klarer. Die Kirche, in der ich um meine Wiederaufnahme gebeten habe, liegt nur zweihundert Meter vom Amtsgericht Charlottenburg entfernt. Der innere Weg war deutlich länger.

    Die äußeren Umstände sind schnell erzählt. Ich bin in München als Katholikin aufgewachsen, als Tochter eines russischen Emigranten und einer in Deutschland groß gewordenen Niederländerin, er Soziologe, sie Journalistin. Als nicht mehr ganz junge Erwachsene, mittlerweile beruflich in Berlin, bin ich aus der Kirche ausgetreten, nach längerem Hadern und in großem Zorn. Gott blieb mir; ganz vom Glauben abgefallen bin ich nie. Aber mit der Kirche, der römisch-katholischen Kirche, so wie ich sie noch wahrnahm, hatte ich nichts mehr zu tun.

    Als ich Mutter wurde, wollte ich meiner Tochter die Chance geben, den Glauben meiner Kindheit selbst zu erleben. Sie wurde getauft, obwohl für mich ein Wiedereintritt damals nicht in Frage kam. Mein Kind begleitend, habe ich mich dann der Institution Kirche vorsichtig wieder angenähert. Gleichzeitig habe ich im persönlichen Umfeld miterlebt, was der Ausschluss vom Empfang der Sakramente bedeuten kann, wenn man die Lehre der Kirche ernster nimmt als ich. Das führte zu einer lebhaften Auseinandersetzung mit der Kirche, ihrer Lehre, ihren Vertretern – und mit meinem Glauben. Es führte zu meinem Wiedereintritt in die römischkatholische Kirche. Und es führte dazu, dass ich heute spreche, anstatt zu schweigen.

    In diesem Buch erzähle ich Geschichten. In ihrer Summe sind sie die Geschichte einer, meiner Auseinandersetzung mit der Kirche, mit der römisch-katholischen Kirche, meiner Kirche; die Geschichte einer Auseinandersetzung, die mit dem formalen Akt der Rekoziliation noch lange nicht beendet war. Und das ist alles so geschehen? Ja. So, oder ähnlich. All diese Dinge, die ich hier erzähle, sind passiert. So, oder auch nicht ganz genau so. Oder etwas anders. Oder es war noch mehr, noch schwieriger, noch leichter, aber es ist mir nicht gelungen, das gut zu erzählen. Was ich nicht in Worte fassen konnte, fehlt. Was sich nicht spannend erzählen ließ, fehlt auch. Ich bin Theatermensch. Und ich bin Geschichtensammler.

    Ähnlichkeiten mit toten oder lebenden Personen sind kein reiner Zufall, aber auch nicht wichtig. Wer wer gewesen ist, ist völlig unerheblich. Es geht mir nicht um einzelne Menschen. Es geht um Phänomene. Es geht mir um den Widerhall des Glaubens, der Lehre, der Theologie im Leben. In Lebensläufen. Im gelebten Leben, das manchmal glückt und manchmal scheitert, manchmal verdient und manchmal unverdient, und allermeistens irgendwo dazwischen. Was hat der Glaube, und was hat die Kirche mit dem Leben zu tun? Vielleicht ist das meine eigentliche Frage.

    Suchet und ihr werdet finden, klopfet, und euch wird aufgetan. Mein Dank gilt allen Kirchlichen, den Geweihten und den Laien, denen ich begegnet bin im Lauf der Jahre. Nicht immer habe ich geklopft, manchmal habe ich einen Bogen ums Haus gemacht, manchmal bin ich draußen stehen geblieben und manchmal mit der Tür ins Haus gefallen. Aber die Türe stand mir immer offen, auch wenn ich sie gerade erst wieder einmal hinter mir zugeknallt hatte. Danken möchte ich auch meinen Freunden – und meinen Feinden – auf Facebook und in anderen Internetforen. Viele engagierte Diskussionen über Glaubensthemen mit vielen sehr unterschiedlichen Menschen, mit Gläubigen, Ungläubigen, Kirchlichen und Antikirchlichen, in vielen Städten, Ländern, sogar Kontinenten wären analog nicht möglich gewesen, manchmal auch nicht erträglich, haben aber hoffentlich nicht nur meinen Horizont erweitert. Danken möchte ich meinem Verlagslektor Simon Biallowons, der mir, nachdem er einen ersten Text gelesen hatte, dieses Buch zugetraut und vorgeschlagen hat. Besonders und von ganzem Herzen danken möchte ich Pater Christoph Soyer SJ, der da war, als ich Anlauf nahm, um mit der Kirche zu sprechen statt über sie. Er hat meinen langen Weg der Versöhnung weit über den Wiedereintritt hinaus geistlich begleitet.

    Nina Achminow, Berlin

    Gültig, aber unerlaubt

    MEINE BESTE FREUNDIN war evangelisch. Als Kinder war das für uns kein großes Thema. Wir hatten getrennten Religionsunterricht, aber im normalen Unterricht durften wir ja auch nicht nebeneinander sitzen, weil wir zu viel quasselten. Die beiden Kirchen lagen nicht weit voneinander entfernt. Wir gingen sonntags meistens zur Kirche, ihre Familie seltener. Ob es bei ihnen auch die Kommunion gab, darüber machte ich mir keine Gedanken. In der Schulzeit meiner älteren Schwester hatte es noch Diskussionen über Koedukation gegeben. Damit war nicht etwa der gemeinsame Schulbesuch von Buben und Mädchen gemeint, sondern der von Katholiken und Protestanten. Aber ich bin mitten in der Zeit des Konzils zur Welt gekommen. In der Zeit, in der ich in den katholischen Glauben hineinwuchs, herrschte in der Kirche Aufbruchsstimmung. Einmal, das muss in der vierten Klasse gewesen sein, ist meine Freundin mit mir in unsere Messe gegangen. Wir saßen mit den anderen Kindern in den vordersten Reihen. Nach der Messe sprach meine Mutter mich an. Sie wunderte sich, dass meine Freundin mitgekommen war. Die Messe einmal zu besuchen sei ja in Ordnung, aber dass meine Freundin mit nach vorne gekommen sei, zur Kommunion? Zum Sakrament?

    Ich verstand damals nicht, was meine Mutter irritierte. Mein Bruder und ich waren mit vier Jahren zur Frühkommunion gegangen, und unsere ältere Schwester, russisch-orthodox getauft, hatte Kommunion und Firmung mit der Taufe empfangen – als Baby. Warum sollte meine Freundin nicht mit mir zur Kommunion gehen? Sie ging doch auch zur Kirche, nur halt zur anderen! Meine Mutter insistierte nicht. Es blieb ja auch nur bei diesem einen Mal.

    Jahrzehnte später, nachdem ich ausgetreten und wieder eingetreten war, nachdem ich gelernt hatte, fröhlich auszusprechen, was ich glauben konnte und was nicht, begegnete ich in meinen Forendiskussionen Katholiken, die den unerlaubten Kommunionsempfang – wörtlich! – als Kapitalverbrechen bezeichneten. Einer schrieb in einer Diskussion über ein konfessionsverschiedenes Ehepaar, das erwog, gemeinsam hinzuzutreten, dass er sich gefürchtet hätte, vor Gott nicht zu bestehen, wenn er einen solchen Vorfall auf sich hätte beruhen lassen. Ein anderer, ebenfalls ein Laie, verkündete, man müsse einem solchen Verhalten schlimmstenfalls persönlich entgegentreten.

    Er glaubt, er habe Recht. Kirchenrecht. Immerhin zieht sich, wer die eucharistischen Gestalten wegwirft oder sie in sakrilegischer Absicht entwendet, die Tatstrafe der Exkommunikation zu. Die Tatstrafe heißt so, weil es ausreicht, dass man eine Tat begeht. Ob das jemand bemerkt, ist unerheblich. In der Kirche gibt es einen Richter auch ohne Kläger. Ob freilich meine Beihilfe zum unerlaubte Kommunionsempfang damals mit etwas bösem Willen auch als Sakrileg deutbar gewesen wäre, weiß ich nicht. Allerdings war ich erst zehn und, wie ich mittlerweile weiß, zu jung, um exkommuniziert zu werden. Immerhin.

    Was für eine angstvolle Art des Glaubens. Diese Art der Gottesfurcht ist und bleibt mir vollkommen fremd. Ich habe mich bemüht, diesen Glauben zu verstehen. Ich habe versucht, zu verstehen, ob das der wahre Katholizismus ist, dem ich dann halt nicht angehöre. Zu einem richtigen Ergebnis bin ich nicht gekommen. Stattdessen ging ich auf die Suche.

    »Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach, aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund.« Dieses Gebet hat mich immer berührt. Es war das, was mir in den Sinn kam und kommt, wenn ich das Gefühl habe, mich in eine Sackgasse manövriert zu haben, und es war der Kulminationspunkt hitziger Diskussionen, wenn ich mit Freunden stritt, die aus der Kirche ausgetreten waren und sie rundheraus ablehnten. Typisch katholisch, diese Selbstdemütigung, schimpften sie. Aber erstaunlicherweise empfand ich an diesem Punkt der Liturgie genau das Gegenteil. Unter meinem Dach mochte Chaos herrschen, und hätte der Herr auf einmal vor der Tür gestanden, ich wäre vielleicht ins Stottern gekommen und hätte mich geniert, ihn hereinzubitten. Aber dass Gott das eine Wort sprach, das meine Seele würde gesunden lassen, daran zweifelte ich nicht. »Kostet und seht, wie gut der Herr ist!« Mit diesen Worten lädt der Priester die Gemeinde ein, hinzuzutreten. Oder: »Selig, die zum Tisch des Herrn geladen sind!« Ich wusste, dass ich zum Tisch des Herrn geladen war. Insofern war ich selig, keine Frage. Die Frage war für mich wohl eher, ob und wann und wie es mir gelingen würde, das eine Wort, das Gott mir zusprach, auch zu hören.

    Im Lauf der Jahre vor meinem Austritt ist mir meine Unbefangenheit abhanden gekommen. Mein Vertrauen zur Kirche ebenfalls. Ich diskutierte auch nicht mehr. Wenn sich ein Gespräch ergab, zog ich es vor, sehr allgemein zu bleiben. Die Kirche, zumindest die in Rom, war für mich zu einer Kirche der alten Männer geworden, denen ich nichts sagen durfte und die mir nichts zu sagen hatten. Auszutreten aus dem römischen Verein, das war nur konsequent. Der Abstand beruhigte mich halbwegs. Ich hatte es nicht mehr nötig, zu reagieren, wenn jemand über die Kirche schimpfte. Ich brauchte auch keine Rechtfertigung mehr zu suchen für das, was ich von der Kirche mal hier, mal da so hörte und oft unerträglich fand.

    Unser Kind veränderte die Situation. Meiner Tochter wollte ich den vertrauensvollen Glauben meiner Kindheit nicht vorenthalten. Die Grundgeborgenheit in Gott. Ja, aber: in welcher Kirche? Wäre es für die Taufe nötig gewesen, dass ich mich in aller Form zu einer Kirche bekenne, dann wäre es die Alt-Katholische gewesen. Katholisch wie ich, aber die Priesterinnen dürfen heiraten – so brachte ich es auf den Punkt, wenn das Gespräch auf das Thema kam. Aber das Thema kam nur selten zur Sprache. Ich wurde nicht gezwungen, mich zu entscheiden. Mein Kind wurde römisch-katholisch, ich blieb irgendwie katholisch und mein Mann ungetauft. Die Messe besuchte ich gelegentlich; meine Tochter wuchs heran, und wenn sie mit dem Kindergarten oder mit der Schulklasse zur Kirche ging, schloss ich mich gerne als Begleitung an. Ich wollte wissen, was mein Kind zu hören bekam.

    In der Zeit, in der ich mein katholisches Kind begleitete, wusste ich noch nicht, in welchem Ausmaß diese, meine Kirche vom Empfang der Sakramente ausschließt. Ich war tatsächlich katholisch groß geworden, ohne jemals über dieses Thema zu stolpern. Ein Armutszeugnis für die heutige katholische Bildung, würde mancher meiner Diskussionspartner vermutlich sagen. Wirklich bewusst wurde mir das Thema erst, als in meinem Umfeld eine Geschichte geschah, die ich nicht habe fassen können, und die sich wie ein roter Faden immer wieder durch meine Fragen gezogen hat, eine Geschichte, die ich so oder ähnlich in der Zeit danach immer wieder in verschiedenen Familien mitbekommen habe, kaum dass ich sensibler für das Thema geworden war.

    Überraschend starb einer unserer katholischen Bekannten. Er hinterließ seine Frau und zwei kleine Kinder. Erst nach seinem Tod reimte ich mir zusammen, warum er sich in der letzten Zeit bei mir nach der Gemeinde erkundigt hatte, in der mein Kind heranwuchs. Denn auch für seine Kinder rückte die Zeit der Erstkommunion näher. Er glaubte wohl, dass er und seine Frau in ihrer eigenen Gemeinde nicht mit ihren Kindern würden hinzutreten können, um die Kommunion zu empfangen. Es war seine zweite Ehe. Sie wagten es nicht, Ärgernis zu erregen. Sie litten an der Situation, aber sie schwiegen. Wollten das Gespräch suchen und taten es nicht. Bis er verstorben war. Beim Requiem für ihn sahen die Kinder ihre Mutter zum ersten Mal vor dem Altar. Kirchenrechtlich gesehen war der Kommunionsempfang nun wieder möglich; so erklärte mir das ein Theologe, mit dem ich auf einem Gemeindefest ins Gespräch kam. Das Ärgernis der irregulären Ehe bestünde ja nun nicht mehr.

    Ich war schlichtweg entsetzt, als ich sah, was der Ausschluss von den Sakramenten für die junge Frau bedeutet hatte. Wie sprachlos er die beiden gemacht hatte. Und was er bedeutet, wenn man ihn weiter denkt. Hätten diese zweiten Familien also alle nicht gegründet werden dürfen, aus katholischer Sicht? Ist das die Botschaft? Und

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