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Digital wirtschaften: Chancen, Herausforderungen und Finanzierungsmöglichkeiten von Online-Erwerbsarbeitsmodellen am Beispiel von Marketingstrategen und Bloggern
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eBook272 Seiten3 Stunden

Digital wirtschaften: Chancen, Herausforderungen und Finanzierungsmöglichkeiten von Online-Erwerbsarbeitsmodellen am Beispiel von Marketingstrategen und Bloggern

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Über dieses E-Book

Mit der flächendeckenden Integration von Computer und später dem Internet in nahezu alle Erwerbsarbeitswelten etablierten sich neuartige Arbeitsabläufe und -formen. Statt die digitalen Möglichkeiten aber nur unterstützend im Arbeitsprozess zu nutzen, wirtschaften Blogger und Marketingstrategen ausschließlich online. Der Autor untersuchte mittels einer Triangulation aus Experteninterviews und Visualisierungen empirisch Chancen und Herausforderungen sowie Finanzierungsmodelle neuer Online-Erwerbsarbeitsmodelle. Die aus dem Datenmaterial gewonnenen Erkenntnisse werden in den Kontext der wissenschaftlichen Diskussion eingebettet und ein Ausblick auf zukünftige Entwicklungen skizziert. Die Interpretation der aus den Interviews erhaltenen Informationen erfolgte mittels qualitativer Inhaltsanalyse. Die Visualisierungen wurden durch kollaborative Bildinterpretation ausgewertet.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum27. Feb. 2017
ISBN9783743137301
Digital wirtschaften: Chancen, Herausforderungen und Finanzierungsmöglichkeiten von Online-Erwerbsarbeitsmodellen am Beispiel von Marketingstrategen und Bloggern
Autor

Fabio Wurzer

Fabio Wurzer ist Absolvent der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt im Masterstudiengang Medien, Kommunikation und Kultur mit dem Schwerpunkt Digitale Medien und Organisationskommunikation und Studierender an der University of Applied Science Burgenland im Masterstudiengang Internationale Wirtschaftsbeziehungen.

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    Buchvorschau

    Digital wirtschaften - Fabio Wurzer

    Digital wirtschaften

    Copyright

    Abkürzungsverzeichnis

    Einleitung

    1 Arbeit im Wandel der Zeit

    2 Charakteristika mediatisierter Arbeit

    3 Digitale Medien als „Arbeitsgegenstand"

    4 Empirische Forschung

    5 Chancen, Herausforderungen und Phänomene von Online-Erwerbsarbeit

    6 Zentrale Ergebnisse und Beantwortung der Forschungsfrage

    Literatur

    Onlinequellen

    Anhang

    Impressum

    Copyright

    Die Verwertung dieser Schrift ist ohne Zustimmung des Autors nicht gestattet. Dies gilt auch für wörtliches oder sinngemäßes Zitieren ohne Kennzeichnung, Vervielfältigung, Übersetzung und elektronische Verarbeitungen.

    Umschlagsabbildung: Shutterstock, Inc., NY;

    Fotocredit: Shutterstock/ID: 133551359

    Abkürzungsverzeichnis

    e.S.                                    Eigene Schlussfolgerung

    h.i.O.                                 Hervorgehoben im Original

    IuK-Technologien             Informations- und

                                              Kommunikationstechnologien

    IW                                     Interview, Verweis auf

                                              nummeriertes Transkript

    m.E.                                  Meines Erachtens

    m.M.                                 Meine Meinung

    u.a.m.                                Und andere mehr

    u.a.                                    Unter anderem / und andere¹

    v.A.ü.                                Vom Autor übersetzt

    Im Kontext einer Quellenangabe steht die Abkürzung für „und andere" und verweist darauf, dass (Mit)Autoren im Kurzbeleg fehlen bzw. nicht angeführt werden – Bsp.: Autor u.a. Jahr: Seite. Ist die Abkürzung im Kurzbeleg vor der Autorenangabe, gilt  die Ausnahme nicht – Bsp.: vgl. u.a. Autor Jahr: Seite. Hierbei steht vgl. u.a. für vergleiche unter anderem diese Quelle.

    Einleitung

    Das Internet und der Computer als Einheit bilden seit Jahren ein „nicht wegzudenkendes Werkzeug für verschiedenste Arbeitsschritte im Büro oder Privaten. So schreiben Schwemmle und Wedde (2012: 7), dass angesichts „der rasanten Diffusion und der gravierenden Auswirkungen der IuK-Technologien eine digitale Prägung der Arbeitswelt nicht mehr Zukunftsprognose, sondern Gegenwart ist. Zumeist dient das Internet und der Computer aber nur zur Unterstützung der Arbeitsprozesse, währenddessen sich die Arbeitenden auch physisch am Unternehmensstandort befinden. Diese Unterstützungen äußern sich dadurch, dass die digitalen Medien zum Austausch von Wissen oder Information, zur Kommunikation zwischen verschiedenen Leistungsstufen oder u.a. auch als elementarer Bestandteil in der Vereinfachung von bürokratischen Arbeiten in Unternehmen ihren Anwendungsbereich finden - wie beispielsweise in der Personalverrechnung.

    Doch scheint es Tendenzen zu geben, die digitale Medien nicht mehr nur in einer unterstützenden Rolle im Leistungsprozess verorten, sondern ihnen neue Möglichkeiten der individualisierten, subjektivierten und entgrenzten Arbeit zuschreiben. Schwemmle und Wedde führen dazu den Begriff der „digitalen Arbeitsgegenstände ein. Anzuführen wären hier neue, von starren Strukturen losgelöste Formen der Arbeit von Menschen, die Leistungen entweder in einem örtlich vom Unternehmen abgegrenzten Angestelltenverhältnis oder selbstständig in Form von Kleinstunternehmen verrichten. Vor allem im Angestelltenverhältnis tritt das Internet in der Regel in Kombination mit den technischen Endgeräten in Mittlerfunktion auf. Anders ist der Einsatz der Möglichkeiten bei jenen Online-Selbstständigen, bei denen das Internet den „Arbeitsgegenstand darstellt, d.h. es wird die Erwirtschaftung von Kapital alleinig im Netz ohne Arbeitgebenden sichergestellt.

    Diese neuen Formen der Erwerbsarbeit, derer sich BloggerInnen, MarketingstrategInnen, Prominente oder Online-Spielende bedienen, begegnen den Autor und einen großen Teil der aktiven Internetnutzenden im alltäglichen Leben, meist ohne dass über diese Berufe und deren Praktiken adäquat Bescheid gewusst wird. Zudem sind die Geschäftsfelder, mit der sich diese Schrift beschäftigt, derart neu, dass sie weder ausreichend in der Wissenschaft untersucht und begründet sind, noch es für mehrheitliche Teile der NutzerInnen vorstellbar ist, wie damit auch Geld verdient werden kann. Den Potentialen und Herausforderungen dieser neuen Erwerbsmodelle, wie beispielsweise ein Mehr an Eigeninitiative (vgl. Peitler 2009) oder ein flexibleres Gestalten der Arbeits- und Freizeiten (vgl. Jürgens/Voß 2007), soll ein hoher Stellwert in dieser Arbeit gewidmet werden, um dieses relativ neue Feld der Neuen Medien¹ im Zusammenhang mit der darin stattfindenden Arbeit zu beleuchten. Diese Masterarbeit zeigt Chancen und Herausforderungen sowie verschiedene Finanzierungsmodelle der Online-Arbeitenden am Beispiel von BloggerInnen und MarketingstrategInnen auf, versucht sie in den Kontext der theoretischen wissenschaftlichen Diskussion einzubetten und skizziert einen Blick auf zukünftige Entwicklungen unter Bezug auf die forschungsleitenden Fragestellungen:

    Welche Potentiale bieten digitale Medien für die selbstständige Erwerbsarbeit im Internet und welche Herausforderungen entstehen dadurch?

    Welche Finanzierungsmodelle zur Existenzsicherung hält das Arbeiten im Internet für BloggerInnen und MarketingstrategInnen bereit? 

    Vorgehen: Um einer adäquaten Beantwortung der Fragestellungen Folge zu leisten, entschied sich der Autor, Grundlagenforschung im Sinne explorativer Forschungsansätze zu betreiben und führt die Ergebnisse sowie die mit der Theorie verknüpften Erkenntnisse aus der Triangulation von qualitativen ExpertInneninterviews und Visualisierungen in eine umfassende Ergebnisdarstellung und -interpretation über.

    Zunächst werden in den ersten drei Kapiteln dieser Arbeit die theoretischen Grundlagen angeführt, die das Fundament der in Kapitel 5 und 6 dargelegten Ergebnisse und Erkenntnisse bilden. Konkret versucht Kapitel 1 Arbeit im historischen Verlauf darzulegen und darüber hinaus, mit Statistiken und Studien unterlegt, gegenwärtige Haupterwerbsformen wie insbesondere neue Modelle der Selbstständigkeit in den digitalen Medien vorzustellen. Das zweite Kapitel befasst sich mit den Charakteristika mediatisierter Arbeit und legt zugleich dar, welchen Phänomenen Arbeitende ausgesetzt sind, wenn sie unter dem Einfluss von Neuen Medien stehen. Eine Abgrenzung der digitalen Medien als „Arbeitsgegenstand" und die Vorstellstellung der untersuchungsrelevanten Arbeitsformen sowie auch innovativer Marketing-Methoden findet in Kapitel 3 statt. Auf die theoretische Basis folgen eine Darlegung des verwendeten Forschungsdesigns sowie weiterführende methodische Überlegungen. In selbigem Kapitel versucht sich der Autor auch an einer Selbstpositionierung. Kapitel 5 beinhaltet die mit der Theorie verknüpften Ergebnisse der durchgeführten empirischen Studie, die in Kapitel 6 abschließend zusammengefasst werden.

    Unter dem Begriff der „Neuen Medien fallen „Technologien‚ mit deren Hilfe kommuniziert wird und Informationen verarbeitet werden. Auch Anwendungen wie Internet, E-Mail, Social-Networks, Chat, Instant-Messanger, Telefonkonferenzen und Videokonferenzen zählen dazu. (Roth-Ebner 2015: 47)

    1 Arbeit im Wandel der Zeit

    Arbeit ist seit dem Beginn der Menschheit eng mit der Existenzsicherung verknüpft und definiert sich unter historischer Betrachtung zu bestimmten Zeitpunkten unterschiedlich. Wie sich diese Unterschiede auf die Arbeitenden auswirken, wird in diesem Kapitel näher dargelegt.

    1.1 Arbeit im zeitlichen Verlauf – Von der Sklaverei bis zur Industrialisierung

    „Ein gemeinsamer Ausgangspunkt menschlicher Arbeit in unterschiedlichen Zeiten, historischen Formen und Begriffsbestimmungen ist die Notwendigkeit der Existenzsicherung. Betrachtet man Arbeit aber in ihrer gesellschaftlichen Bedeutung über die Jahrhunderte hinweg, zeigen sich eklatante Verschiebungen [...]. In der Moderne wird die Arbeit schließlich auch zum zentralen Gestaltungsprinzip sozialer Zusammenhänge [...] in das aber auch das Element der Selbstverwirklichung durch Arbeit Eingang gefunden hat." (Kraus 2006: 22f. zit. nach Gruschinski 2011: 1)

    Arbeit und hierbei genauer die Erwerbsarbeit, definiert sich je nach historischen und kulturellen Kontexten unterschiedlich. Über viele Jahrhunderte hinweg war Arbeit in der Regel durch körperliche Betätigung für den Großteil der Menschen selbstverständlich sowie unumgänglich, um das Überleben für die Familienmitglieder und für sich selbst sicherzustellen (vgl. Holzinger 2010: 18).¹ Herauszustreichen gilt über die bedingt freiwillige Arbeit hinaus die Sklavenarbeit, die den Produktionsfaktor Mensch unter Zwang zur Leistungserstellung ausbeutete. Grundsätzlich wurden hierbei ethnische Minderheiten oder Kriegsgefangene zur Verrichtung von körperlichen Arbeiten unter Zwang genutzt. Wer glaubt, dass diese Art der Ausnutzung der Ressource Mensch unter Zwang, in weitentfernter Vergangenheit sein Ende gefunden hat, täuscht, werden doch abgeschwächte Formen der Sklaverei auch in der Neuzeit und Gegenwart beobachtet. (vgl. ebd.)

    So erlebte die Sklaverei in Zeiten der Ausdehnung des europäischen Seehandels einen Aufschwung, in dem es in den Kolonien in Übersee zu Zwangsarbeit kam und vor allem aus Afrika ArbeiterInnen zum Aufbau der Wirtschaft in diesen Staaten eingeführt wurden. Die Sklaverei ist aber kein Phänomen von sozialschwachen Staaten, sondern wurde auch im nationalsozialistischen Deutschland eingesetzt, um während des zweiten Weltkrieges die Kriegsproduktion aufrechterhalten zu können. (vgl. Haehnel/Ulz 2010: 27 und vgl. Holzinger 2010: 18)

    Selbst heutzutage werden unter dem Begriff des „Feudalismus in lateinamerikanischen Staaten Landwirte und GroßgrundbesitzerInnen durch hohe Abgaben bzw. Formen der Leibeigenschaft ausgebeutet. (vgl. Holzinger 2010: 18 und vgl. Frambach 2002: 226f.) Wurde in der frühen Epoche der griechischen Antike der Begriff „Arbeit noch als Voraussetzung für Wohlstand und gesellschaftliches Ansehen positiv gesehen, verschlechterte sich das Ansehen durch die Zunahme der Sklavenarbeit zum puren Lebenserhalt immens. Die Zunahme an Menschen in unfreien Abhängigkeitsverhältnissen stand damit in direkter Korrelation mit der Geringschätzung ihrer Leistung und Person. (vgl. Frambach 2002: 227)

    Als freie(r) BürgerIn galt zu Zeiten des antiken Griechenland in der Regel nur, wer materielles Eigentum und somit materielle Freiheit besaß. (vgl. ebd.) Erst mit der christlichen Lehre findet ein signifikanter Wandel im Verständnis von Arbeit statt und wertet die arbeitende Schicht auf (vgl. ebd. und vgl. Holzinger 2010: 19). „Das Christentum bezweifelt den antiken Glauben an die Unvergänglichkeit des Kosmos und stellt statt dessen die Botschaft (Frambach 2002: 227) auf, dass die menschliche Seele zum einen unsterblich ist und zum anderen der Mensch als Abbild Gottes geschaffen wurde (vgl. ebd.). Gerade das Verständnis, dass Gott ein Ebenbild erschaffen hat, zeigt, dass auch die Fähigkeit einer Arbeit nachzugehen, von Gott gewollt ist. Doch definierte das Christentum Arbeit nicht nur als von Gott gegeben, sondern auch als Strafe (vlg. ebd.). So schreibt Frambach (2002: 27): „Aber das Christentum kennt die Arbeit auch als Last und Mühe, die dem Menschen als Strafe für den Sündefall auferlegt wurde. Allerdings ist es nicht die Arbeit als solche, mit der Gott den sündigen Menschen bestraft, als vielmehr die Schwere der Arbeit, die mit ihr verbundene Mühsal, Pein und Last.

    Das Aufkommen des Christentums manifestierte ein in sich widersprüchliches Arbeitsverständnis, das als göttlicher Auftrag und zugleich göttliche Strafe (vgl. ebd.) „[...] für eine selbstverschuldete ursprüngliche Entzweiung des Menschen von seiner göttlichen Transzendenz² gesehen wurde. (ebd.) Das bedeutet, dass die Vernunft stets auf die „metaphysische und spirituelle Transzendierung der stofflichen Welt verpflichtet (Zelter 1994: 53) war. Später, um 1200 n.Chr., etablierte sich ein weiterentwickeltes Idealverständnis von Arbeit, das eine Kombination von Beten und anschließender geistiger Arbeit vorsah.

    Dies impliziert aber auch, dass alle Arbeiten, die von diesem Idealbild abwichen, als nicht erstrebenswert galten. Ein umfassenderes Verständnis von Arbeit, das liberal viele Teilbereiche der Leistungserstellung als erstrebenswert erachtet und negative Konnotationen mit dem Begriff „Arbeit ablehnt, brachte die Reformation im 15. Jahrhundert. Arbeit soll während dieser Zeit aber nicht psychologische Aspekte wie „Arbeitslust, Selbstverwirklichung, Arbeitsleid oder Entfremdung fördern, sondern steht noch immer unter der Prämisse „Arbeit als im göttlichen Auftrag stehende Berufung". Im Zentrum der Arbeit steht noch nicht die Neigung des Individuums, sondern die Pflicht der Arbeit selbst. (vgl. Frambach 2002: 227-229) Mit der modernen Vernunftepoche der Aufklärung ab ca. dem 17. Jahrhundert wird der Arbeitsbegriff schließlich säkularisiert³ und mit neuen Charakteristiken versehen (vgl. ebd.: 228). Die Darstellung von Arbeit als Selbsterhaltungsfunktion und als Produkt menschlicher Verstandsleistungen, als Denken tritt in Erscheinung. Der Mensch wird immer freier in der Selbstbestimmung und Entscheidungsfreiheit. Zudem entwickeln sich im Laufe des 15. Jahrhunderts die Wissenschaften; Sie gelten als die Krönung menschlicher Verstandsleistungen und werden zum Instrument des Fortschritts. (vgl. ebd.: 228f.)

    Einen weiteren signifikanten Wandel bildeten die Veränderungen des 19. Jahrhunderts. Im Kern der Wandelungsprozesse stand die Industrialisierung, die neue Blickwinkel auf die Erwerbsarbeit aufbrachte und zu weitreichenden Konsequenzen für die heutige Auffassung des Begriffes beitrug. So schreiben beispielsweise Schmidt und Kocka, dass sich die Erwerbsarbeit hin zu einer auf bestimmte Lebensphasen ausgerichteten Entscheidung jedes Einzelnen entwickelte. Erstrebenswert galt einen Beruf auszuüben, den man sein restliches Leben gerne ausübt. Die Trennung von Arbeitsplatz und Zuhause rückte verstärkt in den Fokus. (vgl. Schmidt/Kocka 2010: 31)

    „Mit Arbeit stellte man etwas her, das über die Arbeit selbst hinauswies. Mit Arbeit erfüllte der Mensch eine Aufgabe, die ihm gestellt war oder die er sich setzte, sei es für das eigene Überleben oder Vorwärtskommen, sei es für die Gemeinschaft oder die Gesellschaft, in der er lebte. Mit Arbeit war Mühe verbunden und die Bereitschaft, Widerstände zu überwinden." (ebd.: 32)

    Dieses Arbeitsethos spielte in den Anfängen der Industrialisierung eine elementare Rolle, auch wenn es im Wirtschaftsgeschehen nicht flächendeckend Einzug hielt. Die Anfänge waren geprägt von Ausbeutung der Mitarbeitenden und auch von Kindern. Erst Arbeitsrechtsbewegungen die in organisierten Gruppen auftraten, erreichten Verbesserungen im Recht jedes(r) einzelnen Arbeitenden. Diese Emanzipationsprozesse, die zu umfassenden Rechten heutiger Industrienationen beitrugen, finden derzeit zeitversetzt in Schwellen- und Entwicklungsländern statt. (vgl. Füllsack 2009: 67ff. zit. nach Holzinger 2010: 20)

    Fand am Anfang der Industrialisierung noch eine Unterscheidung zwischen den Begriffen „Arbeit und „Nicht-Arbeit statt, etablierte sich schnell die Unterscheidung zwischen „Arbeit und „Freizeit. Mit dem Begriff „Arbeit wurde neuerlich Erwerbsarbeit gemeint, die sich von sonstigen Aufgaben, wie beispielsweise der Hausarbeit oder Familienarbeit, abgrenzte. Diese neue Bezeichnung hielt vor allem deshalb Einzug, weil viele Menschen aufgrund der Industrialisierung und Verstädterung ihrer Leistungserstellung in Manufakturen, Werkstätten, Fabriken, Bergwerken, Büros oder Verwaltungen, klar von ihrem Wohnort abgegrenzt, nachgingen. (vgl. Kocka 2001: 8f.) Insgesamt traten der Erwerbsarbeitsplatz „[...] und die Sphäre des Hauses/der Familie auseinander. Erwerbsarbeit war früher eng mit sonstigen Arbeiten und Daseinsverrichtungen verknüpft, war eingebettet gewesen. (ebd.: 9) Die Veränderungen führten zu einer Änderung dieses Verständnisses, das den „Arbeitsplatz als Ort kontinuierlicher und klar abgrenzbarer Tätigkeit [...]" (ebd.) charakterisierte.

    Auch der Begriff des „Normalarbeitsverhältnis kam auf. Arbeit entwickelte sich zu einem differenziert funktionierenden Teilbereich des täglichen Lebens; Arbeitsleistung und Output ließen sich deutlicher definieren und leichter bemessen als zuvor und konnten nun besser, unter dem zuvor genannten Begriff der „Erwerbsarbeit, also dem Teil des Lebens, der das Auskommen sichert, zusammengefasst werden. Zu einem Paradigmenwechsel kam es auch deshalb, weil auf einmal starrere Strukturen in der Arbeitswelt verankert wurden, die für die Menschen eine immense Neuerung darstellten. War es in der vorindustrialisierten Zeit „normal, seinen Lebensunterhalt aus unterschiedlich vielen, auf den Tag verteilten Erwerbsquellen, die zudem auch noch im Laufe des Lebens wechselten, zu erarbeiten, reichte der Arbeitsteilung geschuldet, in Zeiten der Industrialisierung, idealerweise ein einziger „Job hierfür aus. Zum ersten Mal formulierte sich der Begriff „Beruf" mit seinen verschiedenen Sparten, Qualifikationen und Tätigkeitsfeldern, die auf die Identität des Individuums abgestimmt werden können. (vgl. ebd.: 9)

    Jenseits dieses „Normalarbeitsverhältnis mussten viele Menschen im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts aber weiterhin mehreren Erwerbsquellen nachgehen, die zudem während des Arbeitslebens wechselten, um ihr Auskommen zu sichern. Dieses Phänomen ergab sich verstärkt in der Gruppe der wenig qualifizierten Arbeitenden. Im 19. Und frühen 20. Jahrhundert war das „Normalarbeitsverhältnis der Literatur folgend wohl eher die Norm als Normalität. Wirklich durchsetzen konnte sich dieses „Normalarbeitsverhältnis" erst in der Mitte des 20. Jahrhunderts durch die Ausbildung und die Entwicklung des Sozialstaates in der westlichen Welt. (vgl. ebd.)

    Dieses Voranschreiten brachte eine gewisse Stetigkeit in die Erwerbswelt und drängte die Feststellung auf, dass dieses „Normalarbeitsverhältnis im 19. und frühen 20. Jahrhundert die Norm und nicht Normalität war. (vgl. ebd.: 9f.) „Arbeit bedurfte nun kaum noch der Rechtfertigung durch anderes. Vielmehr wurde sie selbstbegründend und sinnstiftend. (Kocka 2001: 10) Wurde über das eigene Leben erzählt, waren Ausführungen bezugnehmend auf die getane Arbeit unter anderem ein ganz wesentlicher Teil. Arbeit wurde zu einem Teil der eigenen Identität und zu einem zentralen Begriff der entstehenden Sozialwissenschaften. (vgl. ebd.)

    Warum setzte sich die Erwerbsarbeit durch? Im Grunde war für den Erfolg neuer Systeme in den letzten Jahrhunderten vor allem die nachhaltig sinkende Bedeutung von Religion und Glaube verantwortlich. Die Erwerbsarbeit, nach der neuen Vorstellung als abgegrenzte Sphäre von Freizeit (vgl. ebd.), „setzte sich

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