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Automatisierung der Arbeit: Segen oder Fluch?
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Automatisierung der Arbeit: Segen oder Fluch?
eBook160 Seiten1 Stunde

Automatisierung der Arbeit: Segen oder Fluch?

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Über dieses E-Book

Zwar trägt die Reduktion von Arbeitszeit wesentlich zu materiellem und spirituellem Wohlergehen bei, aber die von Keynes vorausgesagte 15-Stunden-Arbeitswoche ist auch in den führenden Industrieländern nie verwirklicht worden. Worin bestehen heute die notwendigen Voraussetzungen für eine Reduktion der Arbeitszeit und welche Möglichkeiten birgt sie? Robert Skidelsky plädiert für die Entwicklung einer Ethik, die auf die Ziele der Technologie fokussiert. Ein Leben, das zugleich menschlich und menschenwürdig ist, ist nur durch die Förderung der Freizeitausbildung anstelle eines sinnlosen Wettlaufs des Menschen mit Maschinen und durch die Würdigung der Unvollkommenheit als Voraussetzung aller menschlichen Bemühungen möglich.
SpracheDeutsch
HerausgeberPassagen Verlag
Erscheinungsdatum29. Mai 2020
ISBN9783709250273
Automatisierung der Arbeit: Segen oder Fluch?
Autor

Robert Skidelsky

Robert Skidelsky ist ein britischer Wirtschaftshistoriker und öffentlicher Intellektueller. Er ist Autor einer dreibändigen, mehrfach prämierten Biografie über John Maynard Keynes.

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    Buchvorschau

    Automatisierung der Arbeit - Robert Skidelsky

    Welche Auswirkungen haben arbeitssparende Technologien wie Automatisierung und künstliche Intelligenz auf die Arbeitswelt und das „gute Leben"? Warum ist die von Keynes vorausgesagte 15-Stunden-Arbeitswoche nicht eingetreten, und was sind die Voraussetzungen für eine Reduktion der Arbeitszeit heute? Robert Skidelsky plädiert für einen ethisch begründeten Einsatz von Technologie. Ein Leben, das zugleich menschlich und menschenwürdig ist, ist nur durch die Förderung der Freizeitausbildung anstelle eines sinnlosen Wettlaufs des Menschen mit Maschinen sowie durch die Würdigung der Unvollkommenheit als Voraussetzung aller menschlichen Bemühungen möglich.

    Robert Skidelsky ist ein britischer Wirtschaftshistoriker und öffentlicher Intellektueller. Er ist Autor einer dreibändigen, mehrfach prämierten Biografie über John Maynard Keynes.

    Robert Skidelsky

    Automatisierung der Arbeit:

    Segen oder Fluch?

    Passagen Thema

    herausgegeben von

    Peter Engelmann

    Deutsche Erstausgabe

    Aus dem Englischen von Felix Lintner, Katharina Hasewend und Evangelos Karagiannis

    Gefördert durch Mittel der Stadt Wien – Kultur.

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

    Alle Rechte vorbehalten

    ISBN 978-3-7092-0413-9

    eISBN (EPUB) 978-3-7092-5027-3

    © 2020 by Robert Skidelsky

    © der dt. Ausgabe 2020 by Passagen Verlag Ges. m. b. H., Wien

    http://www.passagen.at

    Grafisches Konzept: Gregor Eichinger

    Satz: Passagen Verlag Ges. m. b. H., Wien

    Inhalt

    Zur Einführung

    Das Ende der Arbeit Trugbild, Bedrohung oder Verheißung?

    Werden die Menschen ihre Beschäftigung verlieren?

    Automatisierung Segen oder Fluch?

    Wie lässt sich die Arbeitszeit verkürzen? Ein Bericht

    Anmerkungen

    Literatur

    Zu den Beiträgen

    Zur Einführung

    Die vier Essays dieser Textsammlung, die hier in der chronologischen Reihenfolge, in der ich sie verfasst habe, angeordnet sind, repräsentieren die Entwicklung meiner Überlegungen zu den Auswirkungen der Technologie auf das menschliche Leben.

    Der letzte Essay, „Wie lässt sich die Arbeitszeit verkürzen?", wurde vom Schattenschatzkanzler der Labour-Partei, John McDonnell, in Auftrag gegeben. Er suchte nach stichhaltigen Argumenten für eine Politik zur Verkürzung der Arbeitswoche des durchschnittlichen britischen Vollzeitarbeiters. Aus diesem Grund ging der im September 2019 publizierte Bericht unter anderem auf die Auswirkungen der Automatisierung auf Arbeit ein. Die Ausgangsposition für die Überlegungen wird im einführenden Abschnitt geschildert: Menschen sollten weniger arbeiten, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Der Einsatz von Technologie sollte theoretisch ihre Arbeitsbelastung und ihre Arbeitszeiten reduzieren. Dies ist tatsächlich seit der Industriellen Revolution geschehen. Aber die Arbeitszeit ist nie von allein zurückgegangen und in letzter Zeit tut sie es gar nicht mehr, obwohl die Automatisierung weiter voranschreitet.

    Umfragen liefern erdrückende Belege dafür, dass die meisten Menschen es vorziehen würden, kürzer zu arbeiten, wenn sie es sich leisten könnten. Dies bestätigt, was einem schon der gesunde Menschenverstand sagt: dass die meisten Menschen arbeiten, um einen Lohn zu erhalten, und dass sich hinter der sogenannten „Angst vor der Freizeit" vor allem die Angst vor Einkommenseinbußen verbirgt, nicht etwa die Furcht vor einem Sinnverlust. Seit den 1980er Jahren sind die meisten Menschen nicht in der Position gewesen, sich für mehr Freizeit und weniger Arbeit zu entscheiden, denn ihr Einkommen stagnierte, während die Produktivitätsgewinne größtenteils Kapitaleignern, leitenden Angestellten und Technikern, und nicht der Belegschaft zugutekamen. Das Ziel muss sein, so der Bericht, die politischen und industriellen Arrangements, einschließlich starker Gewerkschaften, wiederherzustellen, die es der Arbeiterschaft in der Vergangenheit ermöglichten, erfolgreich auf höhere Löhne und auf kürzere Arbeitszeiten zu drängen. Der Bericht ist daher als Strategiepapier mit unterstützenden Argumenten für die Politik zu verstehen.

    Die Frage des Zusammenhangs zwischen Arbeit und Sinngebung, und letztlich zwischen der Technologie und dem, was es heißt Mensch zu sein, wird in den ersten drei Essays thematisiert und fortlaufend entwickelt.

    Der erste Essay des Bandes geht auf zwei Lebensideale ein, die in Gontscharows berühmtem Roman Oblomow zur Schau gestellt werden. Darin werden die Haltung der „Freizeit um der Freizeit Willen des Aristokraten Oblomow und die Ethik der „Arbeit um der Arbeit Willen, proklamiert von dessen Freund Stolz, miteinander kontrastiert. Der Essay geht auf zwei Fragen ein: Ist das Ideal des kultivierten Müßiggangs tatsächlich für jeden möglich? Und ist dieses Ideal tatsächlich gut?

    Der altbekannte Einwand gegen das Ideal des Müßiggangs ist, dass es auf einer dienenden Klasse basiert, die all die notwendigen (und schmutzigen) Arbeiten verrichtet. Dieser Einwand ist heute von weit geringerem Gewicht, zumal die Diener der Zukunft Roboter sein werden oder, präziser gesagt, digital programmierte automatisierte Systeme. Sie werden die Sklaven der Zukunft sein und, anders als jene der Vergangenheit, werden sich dem willenlos fügen, denn sie werden keinen Willen haben. Das Ideal Oblomows könnte sich also für alle in greifbarer Nähe befinden.

    Auf die Frage, ob wir nach diesem Ideal streben sollten, mag die Antwort wie ein schwacher Kompromiss anmuten, aber mir hat sich noch nicht erschlossen, wie man sie schärfen könnte: Zum einen denke ich, dass wir arbeiten müssen, um überhaupt arbeiten zu können. Müssten wir für unseren Lebensunterhalt nicht arbeiten, wären wir kaum in der Lage, uns das Arbeiten anzueignen. Zum anderen bin ich davon überzeugt, dass die Menschen im Westen nicht ansatzweise so schwer zu arbeiten brauchen wie die meisten Menschen.

    Der zweite Essay, der auf der Jan Patočka Memorial Lecture fußt, die ich im April 2018 in Wien hielt, widmet sich den Folgen der Mechanisierung/Automatisierung auf die Arbeitswelt und geht auf die damit einhergehenden Hoffnungen und Befürchtungen skizzenhaft ein. Im Zuge der Industriellen Revolution kam es zu einer Auflösung der direkten Verbindung zwischen Arbeit und Leben und an ihre Stelle trat das Konzept des „Arbeitens für den Lebensunterhalt". Doch wenn Roboter für den Lebensunterhalt arbeiten, was wird es für die Menschen noch zu tun geben? Werden die Menschen ihre Beschäftigung verlieren?, fragt der Essay.

    Während die Ersetzung menschlicher Arbeit durch Maschinen in der Vergangenheit unter der Arbeiterschaft Ängste vor Arbeitslosigkeit hervorrief, waren für den herrschenden wirtschaftswissenschaftlichen Diskurs eher Optimismus und Hinweise auf Kompensationsmechanismen der Wirtschaft bezeichnend, die angeblich die Nachteile des Maschineneinsatzes für die Arbeitnehmer ausgleichen würden. Eine ähnlich optimistische Sicht in der aktuellen Debatte zu den Folgen der Automatisierung auf die Arbeit spricht nicht von Ersetzung, sondern von Ergänzung menschlicher Arbeit. Mit anderen Worten, Maschinen würden in den meisten Berufen menschliche Arbeit ergänzen, nicht obsolet machen. Es wird jedoch eingeräumt, dass schwerwiegende Probleme in der Übergangsphase zu bewältigen sind, und unter Umständen wäre eine umfassende Weiterentwicklung der menschlichen Fähigkeiten erforderlich, um Menschen in die Lage zu versetzen, „mit den Maschinen ins Rennen zu gehen". Der Essay zeigt die Schwächen dieser optimistischen Narrative und lotet einige Möglichkeiten für politisches Handeln aus.

    Der Essay Automatisierung: Segen oder Fluch?, führt die Problematik der Automatisierung über die Arbeitswelt hinaus. Wenn Maschinen so programmiert werden können, dass sie lernen, selbstständig zu denken, werden sie dann besser denken können als wir und somit in der Lage sein, menschliche durch maschinelle Zwecke zu ersetzen? In der Tat ist genau dies das Ziel der Technologieenthusiasten. Sie beschäftigen sich nicht mit der Arbeit; was für sie verbessert werden muss, ist die Menschheit. Es ist dieser Anspruch, der die Frage der menschlichen Zukunft zu einer existenziellen Frage werden lässt. Der Aufsatz untersucht die Plausibilität dieses Konzepts, indem er die Prognose des Technofantasten Ray Kurzweil, es werde einen „Kipppunkt geben, an dem Maschinen werden besser denken können als Menschen, der philosophischen Widerlegung einer solchen Möglichkeit durch Hubert Dreyfus gegenüberstellt. Das Unmöglichkeitstheorem von Dreyfus ist insofern beruhigend, als es uns der Last enthebt zu entscheiden, ob wir das Beste aus den von uns erschaffenen Maschinen machen wollen oder sie zerstören sollen, bevor sie uns zerstören können. Ein Mittelweg ist nur schwer auszumachen.

    Ich glaube zu wissen, was ich über die Auswirkungen der Automatisierung auf Arbeit sagen will. Doch die Bestimmung einer teilweise automatisierten menschlichen Spezies bleibt für mich im Dunkeln.

    Robert Skidelsky, am 20. Januar 2020

    Das Ende der Arbeit Trugbild, Bedrohung oder Verheißung?

    Heute möchte ich über die Zukunft der Arbeit sprechen, ein Thema, das hochaktuell geworden ist. Einerseits gibt es im Gefolge des großen Crashs 2008–2009 anhaltende Arbeitslosigkeit, von der junge Menschen in ganz Europa überproportional betroffen sind. Dies vermengt sich mit der Befürchtung, Automatisierung werde in der Zukunft die Zahl der verfügbaren Arbeitsplätze in großem Ausmaß vermindern. Man kann heutzutage kaum eine Tageszeitung durchblättern, ohne einen Artikel darüber zu lesen, wie Roboter die Arbeit von Menschen übernehmen. Daher ist es keineswegs jenseits jeglicher Vorstellungskraft, dass Sie, und gar Ihre Kinder, einer Zukunft ohne Arbeit entgegensehen könnten.

    I.

    Ich möchte mich diesem Thema über einen Umweg nähern. Ich weiß nicht, wie viele von Ihnen den großartigen russischen Roman Oblomow kennen, der von Iwan Gontscharow verfasst und 1859 publiziert wurde. Er war namensgebend für den „Oblomowismus, einen Zustand der Apathie, den die Hauptfigur des Romans verkörpert – Ilja Iljitsch Oblomow, ein verarmter Adeliger, der größtenteils zu faul ist, um aus dem Bett zu steigen. In die Erzählung eingewoben ist eine bemerkenswerte Unterhaltung zwischen Oblomow und seinem Freund Andrej Iwanitsch Stolz, in der zwei Idealvorstellungen vom Leben, Müßiggang und Arbeit, miteinander kontrastiert werden. Ich steige an der Stelle in das Gespräch ein, wo Stolz zu seinem Freund sagt: „Also zeichne mir die Umrisse deines Lebensideals zu Ende.¹

    Oblomow stellt sich vor, wie er mit seiner Frau und umgeben von Freunden auf dem Land verweilt. Er wacht morgens auf; das Wetter ist prächtig; er wandelt in den Gärten umher, gießt mit dem Gärtner zusammen die Blumen und pflückt einen Strauß für seine Frau. Bei seiner Rückkehr erwartet ihn diese bereits und begrüßt ihn mit einem Frühstück und einem Kuss. Er zieht sich eine weite Jacke an und sie gehen gemeinsam eine endlose Allee entlang, „wir gehen langsam und sinnend, schweigen oder denken laut, träumen, zählen die Augenblicke des Glücks wie das Schlagen des Pulses; … Wir steigen ins Boot, die Frau rudert, die Ruder kaum sichtbar hebend …".²

    Der ideale Tag gestaltet sich weiter so, dass er für den Mittagstisch Früchte des Gartens bestellt, was ihn dazu veranlasst, in der vor Energie strotzenden Küche zu verweilen. Der Koch stellt eine Pfanne auf den Herd, nimmt eine zweite vom Feuer, rührt etwas in einer dritten um,

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