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Wie man einen verdammt guten Thriller schreibt
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eBook438 Seiten6 Stunden

Wie man einen verdammt guten Thriller schreibt

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Über dieses E-Book

Ganz gleich, ob Sie einen Thriller als Roman oder als Drehbuch schreiben wollen, 'Wie man einen verdammt guten Thriller schreibt' begleitet Sie während des gesamten kreativen Prozesses. James N. Frey zeigt, wie man einen überzeugenden Plot entwickelt, fein aufeinander abgestimmte, stark motivierte und komplexe Figuren schafft und sie in dramatischen Konflikten gegeneinander ausspielt. Die äußerst lesenswerte und praxisorientierte Anleitung verrät Ihnen sämtlichen Kniffe und Tricks eines erfahrenen Geschichtenerzählers. Die Bibel für jeden Thriller-Autor.
SpracheDeutsch
HerausgeberEmons Verlag
Erscheinungsdatum1. Juni 2021
ISBN9783863583651
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    Buchvorschau

    Wie man einen verdammt guten Thriller schreibt - James N Frey

    Umschlag

    James N. Frey, erfolgreicher Autor mehrerer Romane, lehrt kreatives Schreiben an der University of California.

    © 2011 Hermann-Josef Emons Verlag

    © 2010 bei James N. Frey

    Titel der amerikanischen Originalausgabe:

    How to Write a Damn Good Thriller. A Step-by-Step Guide

    for Novelists and Screenwriters

    Alle Rechte vorbehalten

    Übersetzung: Ellen Schlootz

    Umschlaggestaltung: Ulrike Strunden, Köln

    eBook-Erstellung: CPI – Clausen & Bosse, Leck

    ISBN 978-3-86358-365-1

    Unser Newsletter informiert Sie regelmäßig über Neues von emons:

    Kostenlos bestellen unter www.emons-verlag.de

    In Erinnerung an den griechischen Dichter Homer,

    den größten Thriller-Autor aller Zeiten

    Mein Dank gilt meiner Frau Elizabeth,

    dem Kopf des Unternehmens

    Einleitung

    Dieses Buch will Ihnen helfen, einen verdammt guten Thriller zu konzipieren und zu schreiben. Thriller sind das aufregendste Genre überhaupt. Anders als zum Beispiel das Schreiben eines literarischen Wälzers voller Existenzangst und Langeweile, der Ihnen auf den Magen schlägt und Ihren Lesern erst recht, ist Thriller zu schreiben so, als würde man in einem Bob den Mount Everest hinunterfahren. Sie können Ihrer Fantasie freien Lauf lassen. Sie können wilde und verrückte Figuren erfinden und sie in eine Häckselmaschine stopfen. Sie können Städte in die Luft jagen, Schiffe versenken oder sogar zum Mars fliegen.

    In der Welt des Thrillers geht alles – sofern Sie Ihrem Publikum den Thrill bereiten.

    Als Erstes sollten Sie wissen, dass Thriller-Schreiben keine Wissenschaft ist. Im Gegenteil, es ist ganz einfach. So einfach, wie einem gestrandeten Bananenfisch eine runterzuhauen. Sie schaffen die Figuren, und die Figuren entwickeln eine spannende Geschichte. Was könnte einfacher sein?

    Ich weiß, was Sie sagen wollen. Selbst wenn es Spaß macht, gibt es doch immer mal wieder Hindernisse, die den kreativen Fluss stocken lassen. Hat nicht Hemingway gesagt, um Romane und Erzählungen zu schreiben, muss man jeden Tag in seinem Zimmer sitzen und auf ein leeres Blatt Papier starren, bis einem Blut aus der Stirn fließt?

    Okay, es gibt solche Tage. Aber an den meisten Tagen ist es ein Riesenvergnügen. Ohne Quatsch.

    WAS IST EIN THRILLER?

    Bevor wir so richtig loslegen, müssen wir uns darauf einigen, was ein Thriller ist.

    Es gibt alle möglichen Definitionen für »Thriller«. Das American Heritage Dictionary of the English Language definiert Thriller als ein fiktionales Werk, »das dem Leser oder Zuschauer einen Thrill versetzt, wozu insbesondere reißerische oder spannungsgeladene Romane, Geschichten, Theaterstücke und Filme zählen«.

    Das ist ganz okay, doch die Feststellung, dass ein Thriller dem Leser oder Zuschauer einen Thrill versetzt, ist als Definition nicht sonderlich hilfreich. Man könnte sogar sagen, sie ist zirkulär. Und jeder gute Semantiker wird Ihnen erklären, dass eine Zirkeldefinition keinen Pfifferling wert ist.

    Thriller werden meist als »temporeich« beschrieben, und von den Figuren im Thriller heißt es, dass »die Gefahr sie auf Schritt und Tritt verfolgt«. Manche sagen, Thriller müssen »Verfolgungsjagden« und »Täuschungsmanöver« enthalten. Nach Meinung der Organisation International Thriller Writers (Webseite: www.thrillerwriters.org) ist ein Thriller durch »plötzliche Gefühlsausbrüche, Aufregung, Spannung, Angst und Ekstase gekennzeichnet, und diese Elemente treiben die Geschichte an, manchmal subtil mittels Höhepunkten und Flauten und manchmal in einem anhaltend halsbrecherischen Tempo. Der Thriller ist ein literarisches Genre, in dem taffe und einfallsreiche, aber im Grunde durchschnittliche Helden sich mit Schurken messen, die entschlossen sind, den Helden selbst oder sein Land oder die gesamte freie Welt zu vernichten. Der Reiz von Thrillern liegt nicht nur in den Geschichten selbst, sondern auch darin, wie sie erzählt werden. Hohe Risiken, Action nonstop, überraschende und spannende Wendungen, Schauplätze, die lebendig und exotisch sind, sowie ein rasantes Tempo, das niemals nachlässt, bis hin zum atemberaubenden Höhepunkt.«

    Das scheint mir eine ausgezeichnete Definition für einen internationalen Thriller, auch wenn ich fest davon überzeugt bin, dass Helden niemals durchschnittlich sein sollten. Sie sind sehr viel cleverer als normale Menschen, sonst hätten sie unser Interesse nicht verdient. Am Anfang mögen sie zwar durchschnittlich erscheinen, doch im Laufe der Geschichte zeigt sich, wie außergewöhnlich sie sind.

    Der Hauptbestandteil eines Thrillers ist also atemlose Spannung. Dem würde fast jeder, selbst ein hochintellektueller Kritiker der New York Times zustimmen. Spannung bringt den Leser dazu, weiterzublättern, weil er wissen will, was als Nächstes passiert.

    Nun könnte der Leser irgendeines Romans weiterblättern wollen, um beispielsweise zu erfahren, ob der Held Liebe oder Glück findet oder ob er seine Gefühle von Schuld oder Reue bewältigt, weil er seine Eltern enttäuscht hat, als er sich entschied, Kieferorthopäde zu werden. Das ist jedoch eindeutig nicht die Art von Spannung, die wir in einem Thriller finden. In einem Thriller ist die Spannung sehr viel dramatischer. In einem Thriller geht es um Menschen, die, wie Dean Koontz es in How to Write Best-Selling Fiction (1981) ausdrückt, in »furchtbaren Schwierigkeiten« stecken.

    Bei diesen furchtbaren Schwierigkeiten oder Problemen kann es um das Schicksal der Welt gehen, das Schicksal einer Stadt oder das Schicksal von einem Dutzend Menschen, die in einer Seilbahngondel, deren Drahtseil zu reißen droht, über dem Grand Canyon schweben. Die furchtbaren Schwierigkeiten können sogar nur das Schicksal einer einzigen Person betreffen. Jack Londons wunderbare Kurzgeschichte »Feuer im Schnee« (1908) ist ein verdammt guter Thriller, obwohl darin nur das Leben eines einzigen Mannes auf dem Spiel steht. Das Gleiche gilt für Alfred Hitchcocks packenden Film Der Fremde im Zug (1951) nach dem Roman von Patricia Highsmith (1950).

    Die Art der Schwierigkeiten, um die es geht, bestimmt das Genre des Thrillers: Science-Fiction, Horror, Politthriller, Technothriller, Mensch-gegen-Natur, Fantasy, Übersinnliches, Western, Medizin-Thriller, Abenteuer/Action, Militär-Thriller, romantischer Thriller und so weiter. In Großbritannien und anderen Teilen der englischsprachigen Welt wird das Wort Thriller übrigens manchmal für jede Art von Spannungsliteratur benutzt, auch für Kriminalromane. In den Vereinigten Staaten werden Kriminalromane nicht als Thriller betrachtet, auch wenn sie einige Gemeinsamkeiten haben. Was ist denn der Unterschied?, werden Sie jetzt fragen. Einfach ausgedrückt:

    In einem Kriminalroman hat der Held die Aufgabe, einen Mörder zu finden.

    In einem Thriller hat der Held die Aufgabe, Böses zu verhindern oder zu bekämpfen.

    Was für einen Kriminalroman erforderlich ist, habe ich ausführlich in Wie man einen verdammt guten Kriminalroman schreibt (2004) behandelt.

    Ein Thriller ist also eine Geschichte über einen Helden, der die Aufgabe hat, Böses zu verhindern. Keine Geschichte über irgendeinen Helden, sondern eine Geschichte über einen cleveren Helden. Und es geht nicht um irgendeine Aufgabe, sondern um eine »unmögliche« Aufgabe. Eine »unmögliche« Aufgabe, die den Helden in furchtbare Schwierigkeiten bringt. Hier einige Beispiele:

    •  In Frederick Forsyths Der Schakal (1971, Film 1973) hat der clevere Held die »unmögliche« Aufgabe, Böses zu verhindern – die Ermordung des französischen Präsidenten Charles de Gaulle.

    •  In Gran Torino (Film 2008) hat der clevere Held die »unmögliche« Aufgabe, Böses zu bekämpfen – eine brutale Straßengang, die eine Wohngegend bedroht.

    •  In Thomas Harris’ Schwarzer Sonntag (1975, Film 1977) hat der clevere Held die »unmögliche« Aufgabe, Böses zu verhindern – die Ermordung Tausender Menschen beim Super Bowl.

    •  In Miss Undercover (Film 1992) hat die clevere Heldin die »unmögliche« Aufgabe (besonders nachdem ihr Chef sie im Stich gelassen hat), Böses zu verhindern – den Bombenanschlag auf einen Schönheitswettbewerb.

    •  In Die Hand an der Wiege (Film 1992) hat die clevere Heldin die »unmögliche« Aufgabe, das Böse zu bekämpfen, das auf mysteriöse Weise ihre Familie bedroht.

    •  In William Peter Blattys Der Exorzist (1971, Film 1973) hat der clevere Held die »unmögliche« Aufgabe, das Böse zu bekämpfen – den Teufel selbst nämlich, der von einem unschuldigen Mädchen Besitz ergriffen hat.

    •  In Fargo (Film 1996) hat die clevere Heldin die »unmögliche« Aufgabe, Böses zu bekämpfen – die Entführer einer unschuldigen Hausfrau. In dieser Geschichte voll schwarzem Humor gelingt es der Heldin nicht, das Opfer zu retten, doch sie führt die Schurken ihrer gerechten Strafe zu.

    •  In Nancy Prices Der Feind in meinem Bett (1987, Film 1991) hat die clevere Heldin die »unmögliche« Aufgabe, Böses zu bekämpfen – ihren sadistischen und brutalen Ehemann.

    •  In Ernest Hemingways Wem die Stunde schlägt (1940, Film 1943) hat der clevere Held die »unmögliche« Aufgabe, Böses zu bekämpfen – die spanischen Faschisten, die mit den Nazis im Bunde stehen.

    •  In Stephen Kings Die Verurteilten (1982, Film 1994) hat der clevere Held die »unmögliche« Aufgabe, Böses zu bekämpfen – einen sadistischen und korrupten Gefängniswärter.

    •  In Ken Folletts Die Nadel (1977, Film 1981) hat die clevere Heldin die »unmögliche« Aufgabe, Böses zu bekämpfen – einen skrupellosen Nazispion.

    Am Ende dieses Buchs finden Sie übrigens eine Liste der Filme, die hier als Beispiele angeführt werden. Die besonders empfehlenswerten sind mit einem Sternchen neben dem Titel gekennzeichnet.

    Okay, nun haben wir erst einmal einen groben Blick auf den Thriller als Gattung geworfen.

    Ich würde mir übrigens gern die Prinzipien des kreativen Schreibens, die ich unterrichte und über die ich schreibe, als meine Erfindung anrechnen, doch das kann ich leider nicht mit gutem Gewissen tun. Die Prinzipien des spannenden Erzählens, für die ich eintrete, sind über Jahrtausende von einer Generation zur nächsten überliefert worden. Alle Dozenten für kreatives Schreiben machen nichts anderes als Aristoteles, der, als er seinen Studenten um 330 v. Chr. die Poetik diktierte, zugab, dass die Prinzipien, die er vertrete, bereits unzählige Generationen alt seien. In meinen Kursen und in meinen Büchern zu dem Thema tue ich nichts weiter, als Autoren zu zeigen, wie sie diese altehrwürdigen Prinzipien auf ihre Werke anwenden können.

    Wie also wenden wir diese Prinzipien in einem Thriller an? Wie entwickeln wir eine Geschichte über einen cleveren Helden, der die »unmögliche« Aufgabe hat, Böses zu verhindern oder zu bekämpfen? Wie ich in Wie man einen verdammt guten Roman schreibt (1987) erklärt habe, ist der Ausgangspunkt für das Verfassen eines fiktiven Werks die Grundidee, und die ist ganz zufällig auch das Thema des ersten Kapitels.

    1

    Grundideen: High Concepts und Bad Concepts

    Typen von Thrillern sowie einige Anmerkungen zum Psychothriller

    Die Grundidee ist ganz einfach die Idee, die Ihr kreatives Feuer entfacht. Sie ist es, die Sie anmacht und von der Sie glauben, dass sich daraus ein verdammt guter Thriller machen ließe, der auch Ihre Leser oder Zuschauer fesselt.

    High Concept ist ein Hollywood-Begriff. Damit ist eine Idee für ein Projekt gemeint, die Produzenten begeistert und deren Herz höherschlagen lässt. Normalerweise ist es etwas Frisches und Unverbrauchtes, etwas, das man für originell hält und von dem man glaubt, dass es ein großes Publikum anspricht. Da Hollywood-Produzenten eine Aufmerksamkeitsspanne von höchstens 9,4 Sekunden haben, muss ein High Concept in einem Satz formuliert werden, und dieser Satz sollte nie mehr als dreizehn Worte enthalten.

    Ich nenne ihnen jetzt ein Beispiel für ein High Concept aus der Zeit, als Bill Clinton Präsident der Vereinigten Staaten war. Sie werden sich vielleicht erinnern, dass Bill angeblich einige sexuelle Tête-à-Têtes hatte, während er im Amt war. Ob das nun stimmt oder nicht, jedenfalls waren Geschichten im Umlauf, dass er ein Serienschürzenjäger sei. David Baldacci, der damals noch ein unbekannter Autor war, hatte ein High Concept für eine Geschichte. In seinem Thriller hat der Präsident – nicht Bill Clinton, sondern ein fiktiver Präsident – eine Affäre mit einer Frau, und während einer Liebesnacht gibt es ein Problem. Der Präsident und die Frau geraten in Streit, sie bedroht ihn und wird von zwei in das Zimmer stürmenden Männern erschossen. Oh je.

    Für einen schmierigen fiktiven Präsidenten wäre so etwas normalerweise kein großes Problem. Seine Gorillas würden die Leiche in den Potomac werfen, und niemand würde etwas davon erfahren. Doch nun kommt das, was Mr. Baldaccis Idee zu einem High Concept macht. Ein Einbrecher beobachtet den Mord. Nun hat der Präsident ein Problem, es gibt einen Augenzeugen. Was soll er tun? Kein Problem. Der Präsident und seine Gorillas schieben den Mord dem Einbrecher in die Schuhe und hetzen dem armen Schwein den gesamten Polizeiapparat des Landes auf den Hals. Das ist ein wirklich sehr gutes High Concept. Der Roman, der daraus entstand, heißt Absolute Power (1996). Nach diesem verdammt guten Roman wurde 1997 ein verdammt guter Film mit Clint Eastwood in der Hauptrolle gedreht.

    Sie werden sofort sehen, wie »unmöglich« die Aufgabe des Einbrecherhelden ist. Er muss nicht nur den Tausenden von Polizeibeamten entkommen, die hinter ihm her sind, sondern auch die Mörder ihrer gerechten Strafe zuführen. Sie werden außerdem bemerken, dass es sich hier, obwohl ein Mord stattfindet, um einen Thriller handelt und nicht um einen Kriminalroman, weil es keinen Mord aufzudecken gibt. Sowohl der Held als auch der Leser wissen von Anfang an, wer den Mord begangen hat.

    Das High Concept für Absolute Power lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Einbrecher, der Mord an Geliebter des Präsidenten beobachtet hat, wird als Mörder gejagt.

    Selbst der geschäftigste – oder dümmste – Hollywood-Produzent kann das in weniger als neun Sekunden begreifen.

    Ein weiterer Film, der angeblich dadurch entstanden ist, dass jemand einem Produzenten ein High Concept vorgetragen hat, ist Fletchers Visionen (1997) mit Mel Gibson in der Hauptrolle. Es ist die Geschichte von Jerry Fletcher, einem Spinner, der einen Rundbrief über Verschwörungstheorien herausgibt, die nichts weiter sind als paranoide Vorstellungen seinerseits. Doch dann stellt sich zufällig eine seiner paranoiden Vorstellungen als wahr heraus, und das bringt ihn in furchtbare Schwierigkeiten, als die Verschwörer ihn zum Schweigen bringen wollen.

    Der weiße Hai (1975) war nach Meinung vieler Leute in Hollywood ein erstklassiges High Concept. Hier wurden gewissermaßen zwei Plots miteinander verschmolzen, die beide zu unterschiedlichen Zeiten das Publikum in Atem gehalten hatten: Herman Melvilles Moby Dick (1851, Film 1956) über ein Walfangschiff, das einen riesigen weißen Wal um die ganze Welt jagt, und Henrik Ibsens Drama Ein Volksfeind (erstmals 1882 produziert, Film 1978) über einen Kurort, in dem das Wasser verschmutzt ist. Die Verantwortlichen weigern sich aber, etwas dagegen zu unternehmen, weil es dem Tourismus schaden würde, wenn dieser Missstand bekannt würde.

    Was ein High Concept ist oder nicht, ist natürlich letztlich subjektiv. Der Begriff wird manchmal auch abfällig benutzt, um einen Film mit dürftigem Plot und noch dürftigeren Figuren zu verreißen, der auf ein Massenpublikum abzielt, jedoch keine Tiefe oder Substanz besitzt. Aus diesem Grund bezeichnet der renommierte Filmkritiker Roger Ebert High Concepts abschätzig als »primitive Konzepte«.

    High Concepts schöpfen häufig aus der gegenwärtigen Populärkultur. Ein schlüpfriger Skandal oder eine reißerische Tragödie kommen immer gut an. Die Macher der Fernsehserie Law & Order bauen in ihre Drehbücher dramatische Ereignisse ein, die gerade in den Nachrichten sind. Sie verfremden und verdrehen die wahren Geschichten aber so geschickt, dass man sie nicht verklagen kann. Sehen Sie sich also an der Kasse im Supermarkt die Schlagzeilen der Boulevardblätter an, dann wissen Sie, was die Leute aktuell beschäftigt.

    Was für Sie ein High Concept ist, muss allerdings nicht unbedingt für einen Produzenten eine großartige Idee sein. Und da ein High Concept heute brandheiß und morgen schon kalt sein kann – so wetterwendisch ist der Publikumsgeschmack –, kann auch Ihre großartige Idee rasch ein alter Hut sein. Außerdem gibt es Scharen von Drehbuchautoren, die die aktuellen Klatsch- und Skandalgeschichten durchforsten und ähnliche High Concepts anbieten. Also wird bei dem, was gerade angesagt ist, meist ein großer Konkurrenzkampf herrschen. Und in Hollywood gibt es viele Trittbrettfahrer, kann ich Ihnen sagen. Jeder Erfolgsfilm hat bereits hundert Klone, bevor die erste Kinokarte verkauft ist.

    Daniela Rapp, meine clevere Lektorin bei der St. Martin’s Press, hat mir erzählt, dass die gleiche Trittbrettfahrerei auch bei den New Yorker Verlagen stattfindet. Nach dem Erfolg von Dan Browns Sakrileg (2003, Film 2006) wurden, wie sie sagt, »alle Verlage mit Thrillern über religiöse Verschwörungen überschwemmt, alle nach dem gleichen Konzept gestrickt: rätselhafte, uralte Schriftrollen, kryptische Botschaften, die in Kunstwerken verborgen sind, historische Gestalten, die an Verschwörungen von Geheimbünden beteiligt sind – bloß unter einem leicht anderen Blickwinkel als Dan Browns Geschichte. Und nach dem 11. September gab es eine Flut von Thrillern mit Bösewichten aus dem Nahen Osten, die immer noch anhält.«

    Sie müssen also einen Drahtseilakt vollführen. Schreiben Sie über Zeitgemäßes, aber hüten Sie sich vor Trittbrettfahrerei. Wie macht man das?, werden Sie jetzt fragen. Wenn ich das nur wüsste.

    DER GROSSE HOLLYWOOD-KLAU

    Und dann gibt es noch ein weiteres Problem mit High Concepts. Da Ideen nicht urheberrechtlich geschützt sind, kann sie Ihnen jeder, dem Sie sie anbieten, stehlen. Ganz recht, mein Freund, Sie könnten durchaus von jemandem, der für die Hollywood-Traumfabrik arbeitet, beklaut werden.

    Eine Freundin von mir hatte mal einen tollen Job bei einem der großen Studios. Sie hatte ein schönes Büro mit einem riesigen Schreibtisch und Fenstern, in die morgens die Sonne hineinschien. Ihr Name stand auf einem goldenen Schild an ihrer Tür, darunter ein Titel wie »Stellvertretende Akquisitionsmanagerin«. Ihre Aufgabe bestand darin, High Concepts, großartige Dialogzeilen und unverbrauchte, dramatische Situationen aus den Drehbüchern und Treatments herauszuziehen, die dem Studio vorgelegt wurden. Da sie eine absolute Schnellleserin ist, überflog sie rasch die Drehbücher und Treatments und gab dann die herausgefischten Perlen an einen der für das Studio arbeitenden Produzenten weiter, der sie verwenden konnte. Sie war also eine bezahlte Diebin, was sich nicht gut mit ihrem Selbstbild vereinbaren ließ. Es belastete ihr Gewissen so sehr, dass sie einen bitterbösen Zeitschriftenartikel über diese Praxis verfasste, kündigte und nach Vermont zog, um dort als Dozentin für kreatives Schreiben zu arbeiten.

    Eine Möglichkeit, sich vor Ideenklau zu schützen, besteht darin, aus Ihrem High Concept für einen verdammt guten Thriller zunächst einen Roman zu machen, bevor Sie die Idee Hollywood für einen Film anbieten. Das gibt Ihnen zumindest einen gewissen Schutz. Natürlich können die Ihnen Ihr High Concept trotzdem noch klauen, denn sie sind bloß Ideen, und auf die gibt es kein Copyright.

    Es gibt einige sogenannte Drehbuchautoren und Pseudoproduzenten – Sie können deren Webseiten finden, indem Sie »high concept« googeln –, die Seminare darüber abhalten, wie man gestressten Produzenten ein High Concept schmackhaft macht. Da ich nicht weiß, wie erfolgreich die Teilnehmer dieser Seminare hinterher mit ihren Ideen sind, kann ich keins davon empfehlen. Ich vermute mal, wenn Sie eine gute Idee haben, über die Produzenten ins Schwärmen geraten, werden die zwei Tage später ihre eigenen Drehbuchautoren daransetzen, Ihr High Concept zu einem verdammt guten Thriller auszuarbeiten. Wozu brauchen die also Sie? Hollywood ist eine kleine Stadt, wo es wichtig ist, wen man kennt.

    Manche der besten Ideen für Thriller hören sich vielleicht eh nicht gut an, wenn sie in dreizehn Wörtern oder weniger präsentiert werden. Einer der besten Thriller, der je geschrieben wurde, Frederick Forsyths Der Schakal, klingt von der Grundidee her sogar idiotisch. Die Grundidee ist nämlich folgende: Ein Profikiller wird angeheuert, um Charles de Gaulle umzubringen, den damaligen Präsidenten von Frankreich. Die Geschichte erzählt, wie ein cleverer Polizist ihn mit Hilfe der gesamten französischen Polizei daran hindert.

    Diese Grundidee hört sich deshalb idiotisch an – und viele haben das damals auch gesagt –, weil jeder im Publikum weiß, dass Charles de Gaulle nicht ermordet worden ist und deshalb, so die Argumentation, auch keine Spannung entstehe.

    Außerdem ist es hier der Profikiller – also der Schurke und nicht der Held –, der vor einer »unmöglichen« Aufgabe steht, die er clever lösen soll. Es ist der Held, der die Aufgabe für den Schurken »unmöglich« macht, und nicht umgekehrt.

    Doch zur Verblüffung der Skeptiker haben ungeheuer viele Menschen diesen sensationellen Roman gelesen, und noch mehr Menschen haben sich den Film von Fred Zinnemann mit Edward Fox als teuflisch cleverem Schakal und Michael Lonsdale in der Rolle des heldenhaften Polizisten angesehen. Anscheinend haben sich die Leser und Zuschauer merkwürdigerweise mit dem einsamen Attentäter identifiziert, der von jedem Polizisten in Frankreich gejagt wurde – zumindest im ersten Drittel der Geschichte, bevor er nämlich anfängt, sympathische Menschen umzubringen, die ihm in die Quere kommen. Die Leute hatten offensichtlich keine Probleme damit, sich von einer Geschichte fesseln zu lassen, in der die Bedrohung für de Gaulle sehr real erscheint, obwohl er ja in Wirklichkeit eines natürlichen Todes gestorben ist. Wenn Sie diesen Film nicht gesehen haben, sollten Sie ihn sich noch heute ausleihen. Er ist ein teuflisch guter Thriller.

    Aus High Concepts sind übrigens auch schon verdammt viele schlechte Thriller gemacht worden. Zum Beispiel die amerikanische Version des Schakal von 1997. Hier hat man versucht, das Problem, dass der Zuschauer weiß, dass die Zielperson nicht ermordet worden ist, dadurch zu lösen, dass man die Identität des Opfers, in diesem Fall die Frau des US-Präsidenten, zunächst nicht preisgibt, was – nun ja – eine absolut dämliche Idee war. Fred Zinnemann und Frederick Forsyth haben den Film beide vehement kritisiert.

    Meistens ist es also nicht die Idee, sondern die Ausführung, die zählt.

    BAD CONCEPTS, DIE MAN UM JEDEN PREIS VERMEIDEN SOLLTE

    Was ist denn ein Bad Concept?, werden Sie jetzt fragen. Manche Autoren meinen, sie wären besonders originell, wenn sie zu Anfang den Helden böse oder den Schurken heldenhaft machen und ihren wahren Charakter später offenlegen. Ein wirklich fürchterlicher Thriller, Hide and Seek – Du kannst dich nicht verstecken (Film 2005) mit Robert De Niro, beruht auf einer solchen Idee. Auf dem Höhepunkt des Films erfahren wir, dass der Typ, den wir die ganze Zeit für den Helden gehalten haben, in Wirklichkeit der durchgeknallte geisteskranke Mörder ist. Die Kritiker haben den Film verrissen. Kevin Crust nannte ihn in der Los Angeles Times »den ersten zum Schreien komischen Thriller des Jahres«.

    Die von Jack Nicholson gespielte Figur des Jack, die sich in Shining (1977, Film 1980) in ein Monster verwandelt, ist deshalb glaubwürdig, weil Jack von Anfang an kein Held ist. Er ist ein Schriftsteller, ein Opfer, das von Geistern verfolgt und zum blutrünstigen Irren wird. Der Zuschauer wird hinsichtlich Jacks Charakter nie getäuscht.

    In Roman Polanskis Film Die neun Pforten (1999) wird der Zuschauer hingegen hinsichtlich des Charakters des Helden in die Irre geführt. Der Protagonist Dean Corso, ein absolut schmieriger Typ, nimmt es mit dem Schurken auf, so wie Helden das tun, selbst schmierige Helden. Also identifizieren sich die Zuschauer mit ihm, weil es sein Ziel ist, Böses zu bekämpfen. Am Ende jedoch ergibt sich dieser Protagonist dem Bösen und geht durch die neunte Pforte, die Pforte zur Hölle, um sich mit dem Teufel zu verbünden und seine Macht mit ihm zu teilen. Ich nehme an, die Drehbuchschreiber fanden das richtig clever, aus dem Helden am Ende einen Schurken zu machen, doch meiner Meinung nach ist das eines der unbefriedigendsten Filmenden, die je gedreht wurden. Lissa Nesselton bezeichnete den Film in Variety als »ziemlich albern«.

    Vielleicht gibt es Fälle, wo der Schurke ziemlich spät in der Geschichte die Seiten wechseln kann, weil er einsieht, dass er Unrecht getan hat, und dann heroisch handelt, doch ich habe dafür noch nie ein überzeugendes Beispiel gesehen. In beiden Filmversionen der Kurzgeschichte 3 : 10  to Yuma (Zähl bis drei und bete 1957 und Todeszug nach Yuma 2007) von Elmore Leonard wird das ziemlich hölzern praktiziert. Ein solcher Seitenwechsel raubt dem Zuschauer die Befriedigung zu sehen, wie der Held den Schurken auf dem Höhepunkt besiegt, was einer der größten Thrills ist, den ein Thriller zu bieten hat.

    Okay, nehmen wir also an, Sie haben plötzlich das Verlangen, den Helden zum eigentlichen Schurken und den Schurken zum eigentlichen Helden zu machen. Egal, wie aufregend Sie diese Idee finden, nehmen Sie eine kalte Dusche, trinken Sie ein Bourbon-Smoothie, hämmern Sie mit dem Kopf gegen die Wand und vergessen Sie’s.

    WIE SIE AUS IHRER GRUNDIDEE EINEN VERDAMMT GUTEN THRILLER MACHEN

    Nehmen wir einmal an, Sie wären der griechische Dichter Homer. Es ist 800 v. Chr. oder so. Sie hatten gerade einen riesigen internationalen Knüller mit Ihrem ersten Epos Ilias, und nun suchen Sie nach einer Idee für Ihr nächstes Projekt. Die Ilias war eine Art Thriller, eine Kriegsgeschichte. Die jüngste Verfilmung ist Troja (2004). In dieser Geschichte wird erzählt, wie Paris, der Prinz von Troja, Helena, die Frau des Menelaos, des Königs von Sparta, entführt, sie nach Troja bringt und zu seiner Geliebten macht. Der König von Sparta schickt einen Aufruf an alle griechischen Stadtstaaten und bittet sie, ihm dabei zu helfen, seine Frau zurückzuholen. Eine große Schar von Kriegern folgt dem Aufruf, und die größte Flotte, die je gebaut wurde (manche Historiker behaupten, bis zur Landung in der Normandie), macht sich auf den Weg nach Troja. Seitdem wird Helena von Sparta »Helena von Troja« genannt. Man sagt von ihr, sie hatte »das Gesicht, das ausstieß tausend Schiffe«.

    Wie dem auch sei, die Ilias erzählt von den Schlachten zwischen Griechen und Trojanern, die nun folgten; Schlachten, an denen große Krieger beteiligt waren, große Helden, Götter und Göttinnen und ein riesiges Heer einfacher Soldaten, die auf die Schlachtbank geführt wurden. Es hatte einen ungeheuren Erfolg als Heldengedicht und ist das, was man in der Unterhaltungsbranche einen »Dauerbrenner« nennt. Über zweieinhalbtausend Jahre ist dieses Werk alt, und es fesselt immer noch Leser und Zuschauer – das ist doch wirklich erstaunlich.

    Für Homer war es bestimmt sehr schwer, das zu toppen. Doch er musste es versuchen. Also suchte er wieder nach einer Grundidee, aus der er eine Geschichte machen konnte, die das Publikum begeistert.

    Zum Glück haben ihm die Musen erneut ihre Gnade erwiesen. Falls Sie sich nicht so gut mit der griechischen Mythologie auskennen: Die Musen waren Göttinnen, die nach Meinung der alten Griechen die Quelle aller Kreativität waren. Sie schenkten ihm die Idee für sein nächstes Werk, und es war eine verdammt gute Idee.

    In der Ilias hatte Homer eine wunderbare Nebenfigur, einen griechischen Krieger, der ein guter Kandidat für einen Thriller-Helden war: den »listenreichen« Odysseus. Er führte diverse Spionageaufträge aus, kämpfte in vielen Schlachten und bewies immer wieder seinen Mut, seinen Einfallsreichtum und seine Klugheit. Warum ihn also nicht zum Helden der Fortsetzung machen?, muss Homer sich gedacht haben.

    Um nun die Geschichte mit Action zu füllen, musste Homer ein wenig Brainstorming betreiben.

    Tja, der Trojanische Krieg ist vorbei, was also tut der Held? Er tut das, was Soldaten normalerweise tun, wenn wieder Frieden ist, er zieht sich ins Zivilleben zurück. Homer beschloss folglich, dass Odysseus von Troja zurück in seine Heimat Ithaka reisen sollte.

    Aber was ist das denn für ein Thriller? Eine Heimreise als Mission? Aus einer Heimreise könnte man vielleicht einen langen und langweiligen literarischen Roman machen mit vielen großartigen poetischen Beschreibungen und netten kleinen Einsichten über das Leben, aber einen Thriller? Homer lebte in einer Zeit, in der eine Geschichte fesselnd sein musste – ein Thriller eben –, oder man konnte sie vergessen. Und an einer langen Fahrt auf einem Schiff ist nichts Fesselndes. Ich weiß das, ich bin nämlich Segler. Es sei denn, diese Fahrt birgt jede Menge Bedrohungen und Gefahren – also jede Menge furchtbarer Schwierigkeiten –, sodass es nicht bloß eine Fahrt ist, sondern eine Prüfung für den Mut und die Fähigkeiten des Helden, mit anderen Worten die Reise eines mythischen Helden. Und wenn diese Grundidee ein High Concept für einen verdammt guten Thriller sein soll, dann muss die Aufgabe, vor der der Held steht, natürlich eine schwierige sein. Ja, nicht nur schwierig, sondern »unmöglich«.

    Homer wusste, um die Sache schwierig zu machen, muss man Hindernisse schaffen, an denen sich der Held beweisen muss. Homer stellte Odysseus durch Stürme auf die Probe; durch Sirenen, die mit ihrem Gesang versuchen, sein Schiff an Klippen zerschellen zu lassen; durch einen Zyklopen, der ihn in eine Höhle sperrt und seine Männer verspeist; durch die Zauberin Circe, die ihn verführt, indem sie ihm in Gestalt seiner Frau Penelope erscheint, und so weiter. Außerdem verliert Odysseus mal das Gedächtnis, seine Mannschaft meutert, er erleidet Schiffbruch … der Kerl steckt also wirklich in furchtbaren Schwierigkeiten.

    Homer wusste außerdem, dass die Aufgabe, die dem Helden gestellt wird, nicht nur dem Helden dienen, sondern auch anderen Nutzen bringen sollte. Ganz genau, der Held sollte aufopfernd sein. Wenn er nur an sich denkt, kann er kein echter Held sein. Die Geschichte von Odysseus, die Odyssee, ist die Art von Thriller, die man als »Heldenfahrt« bezeichnet, und dieser Typus von Geschichte ist sehr alt. Über die Reise des Helden habe ich in The Key: Die Kraft des Mythos: Wie verdammt gute Romane noch besser werden geschrieben, um modernen Autoren zu zeigen, wie sie dieses uralte Paradigma benutzen können, um ihren Geschichten mehr Kraft zu geben.

    Für wen also unternimmt Odysseus seine Reise? Hier hatte Homer ein Problem, doch er hat es gelöst, indem er Penelope in der Heimat furchtbare Schwierigkeiten bereitete. Da man nämlich glaubt, Odysseus sei im Krieg umgekommen, wird Penelope von einem Haufen ungehobelter Rüpel umworben, die ihr die Haare vom Kopf fressen und das kleine Königreich in den Ruin treiben. Die Menschen leiden. Odysseus muss nach Hause, um die Lage zu retten. Doch woher weiß er überhaupt von Penelopes furchtbaren Schwierigkeiten? Es gibt keine Handys, keine E-Mails, keine SMS, noch nicht einmal Telegrafie oder Schneckenpost. Man könnte vielleicht einen Boten schicken, doch bei den vielen Stürmen und den Piraten war es relativ wahrscheinlich, dass der Bote niemals ankommen würde.

    Zum Glück hatte Homer die Götter. Die lässt er Odysseus einfach ausrichten, dass er unbedingt nach Hause müsse, um Böses zu bekämpfen. Das verleiht seiner Aufgabe Dringlichkeit, ein weiteres wichtiges Element verdammt guter Thriller.

    Das Grundprinzip eines verdammt guten Thrillers kennt man also bereits seit Tausenden von Jahren. Wahrscheinlich war es schon uralt, als Homer es benutzte. Als Vorbild hatte er sicher andere spannende Sagen, die im Nebel der Zeit verloren gegangen sind. Um einen verdammt guten Thriller zu schreiben, müssen Sie einen cleveren Helden oder eine clevere Heldin schaffen und ihn oder sie auf eine dringende und »unmögliche« Mission schicken, um Böses zu verhindern oder zu bekämpfen. Tun Sie das, mein Freund, und Sie werden ein so unschlagbares High Concept haben wie das der Odyssee und eines, das nicht von den Launen des allgemeinen Geschmacks abhängig ist.

    Gibt es denn auch verdammt gute Thriller, in denen der Held die Aufgabe hat, sich selbst zu retten, und nicht zum Nutzen anderer handelt? Aber ja. Robert Ludlums Die Bourne Identität (1980, TV 1988, Film 2002) war ganz gewiss ein verdammt guter Thriller. Hier versucht der Held Jason Bourne ausschließlich, sich vor einer großen bösen Verschwörung gegen ihn zu retten. Er opfert sich nicht für andere auf.

    Doch wenn Sie in auf Mythen basierenden Thrillern à la Odyssee die zusätzliche Dimension

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