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Böses ist relativ: Die Existenz / Band 2
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Böses ist relativ: Die Existenz / Band 2
eBook287 Seiten3 Stunden

Böses ist relativ: Die Existenz / Band 2

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Über dieses E-Book

Was ist, wenn ein Kind geboren wird, das bis zu seinem vierzehnten Lebensjahr fühlen kann und dem dann jegliches Empfinden aus seinem Leib gerissen wird? Was, wenn dieser Knabe zum Mann heranreift, der Vergeltung geschworen hat, an allen, die eine Mitschuld an seiner Existenz tragen? Was, wenn ihm der Tod nicht genug ist und er unsterbliches Leben findet, um zu knechten?
Dies ist die Geschichte eines Wesens, das den Platz auf Erden nicht gefunden hat. Der Fluch, nicht vollständig zu sein, treibt ihn dazu, eine Bestie zu werden. Bis ins Heute, wo er immer noch verborgen unter uns weilt.
Dieser Teil der Trilogie widmet sich der Seele Vatukais und gibt preis, wie kostbar die Suche nach dem Leid für ihn ist. Am Ende liegt es wieder einmal im Auge des Betrachters, um richtig und falsch in der eigenen Interpretation zu finden.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum28. Okt. 2016
ISBN9783743105720
Böses ist relativ: Die Existenz / Band 2
Autor

Hannah DeGroth

Hannah DeGroth ist Autorin, Künstlerin und Synchronsprecherin. Mehr unter www.hannah-degroth.de

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    Buchvorschau

    Böses ist relativ - Hannah DeGroth

    Dieses Buch widme ich:

    Meinem Ehemann Gunnar und meinem Sohn Linus, die mir beiseite

    stehen.

    Meinen Freundinnen Jana, Manuela und Lena, die mich seit vielen Jahren

    begleiten.

    Cathrin und Nadine, deren Blick und Rat sich auf manches auswirkte.

    Und dann mit besonderem Ausdruck natürlich den vielen, fleißigen

    Lesern.

    Danke

    Hannah DeGroth

    Inhaltsverzeichnis

    Prolog

    Am Anfang fallen die Blätter, um vom Tod zu künden

    Blut ist der erste Bote

    Der Pakt

    Das Eheweib

    Die Unschuld

    Das erste Kind

    Kurzes Glück

    Der Anfang

    Gefühlt

    Gekränkter Stolz

    Das Wesen, das nicht mehr fühlen kann

    Die Rache beginnt

    A'ndular erwacht

    Eine andere Welt

    Der Ursprung

    Wissen

    Nach vier Jahren zurück

    Die Suche nach den Namenlosen

    Undine und Tübald

    Treue?

    Das Wesen aus Dreien

    Der Durst

    Undines Anwesen

    Ann-Kathrin

    Januar 1431 – Das Ende vom Anfang

    Der erste Teil

    Die Vorstufe zur Ewigkeit

    Der Greis mit dem Gehstock

    Blutbad

    Ewige Rache

    Umzug

    Ein neuer Sinn

    Magisches Blut wird zu einem Verbund

    Langeweile

    Hier und jetzt, der Beginn

    Die Van Grothburgs

    Unterricht

    Familienleben

    Praxis

    Beste Freunde

    Geburtstagsvogel

    Magnus Wandel

    Opferbereitschaft

    Verpasste Wünsche

    Killer

    Werkzeug?

    Dumme Stelle für ein Grab

    Weißes Hemd

    Ganz schön Mist gebaut

    Die andere Seite

    Prolog

    Lieber Leser,

    habt ihr Anna van Grothburgs Unterlagen gelesen? In der Tat sind dort aufschlussreiche Briefe dabei, nicht wahr? Aber ich habe nicht zu Stift und Zettel gegriffen, um die Geschichte einer verlorenen Heldin aufzuschreiben. Nein, meine Worte sollen die Geschichte von Vatukai Mordantus erzählen. Seine Handlungen und sein Verlangen definieren. Ja, ich will sogar soweit ausholen und euch preisgeben, wer und was er ist. Hierfür ist es jedoch notwendig, das zu erklären, was kurz vor Vatukais Geburt beschlossen wurde. Denn die Schuld reicht mittlerweile bis ins Diesseits. Jetzt ist es an der Zeit, sie zu tilgen. So lauscht, urteilt selbst und bringt eure eigene Moral in Zwiespalt.

    Hochachtungsvoll

    T. v. G.

    Am Anfang fallen die Blätter, um vom Tod zu künden

    1408 war das Jahr, in dem Alexandro Mordantus einen Pakt mit dem Bösen schloss. Er erbte damals die Ländereien und das stolze Anwesen seines Onkels Augustus Mordantus. Dieser schien zu Lebzeiten ein gutes Händchen für den Handel mit Gewürzen gehabt zu haben. Was die Erbschaft anging, so war zu Anfang die Freude groß, doch wandelte sich diese schnell in Sorge. Die Ländereien konnten das Anwesen nicht tragen und schnell stellte sich heraus, dass Alexandro einen Schuldenberg geerbt hatte. Gespart wurde nun überall. Am Essen, den Leibeigenen und selbst am Vieh. Jedoch wollte Alexandro selbst nicht sichtbar arm sein. Diese Schande gestand er sich nicht zu und gab sein Geld weiter aus, um präsent zu bleiben. Schulden wurden aufgenommen, um dem falschen Prunk Nachdruck zu verleihen.

    Balthasar Mordantus war Alexandros Vater und ein ehrgeiziger Mann. Niemals hätte Alexandro um dessen Beistand gebeten. Dazu war er zu stolz und seine Unabhängigkeit vom Vater war ihm wichtiger als das Überleben seiner Dienerschaft.

    Es war ein frühmorgendlicher Herbsttag im November auf einem Waldweg. Die Blätter an den Bäumen waren bunt gefärbt und der Boden roch angenehm nach feuchter Erde. Ein schwacher Wind wehte und wiegte sanft die Blätter zum Tanze. Vereinzelt nahm er lose Blätter und zog sie ein Stück weit mit sich, bis das Laub sich auf der Erde niederlegte. Zwei Männer schritten über den Waldweg, ohne ein Auge für die Schönheit um sie herum. Der Größere von beiden war Alexandro. Er hatte langes braunes Haar, welches er vornehm mit einer Schleife zum Zopf trug. Er war Anfang zwanzig und von recht ansehnlichem Aussehen. Sein Vater Balthasar hingegen hatte schon gegerbte Gesichtszüge. Ihm stand das harte Leben im Antlitz. Er schien erst im Alter an Vermögen gekommen zu sein, wahrscheinlich durch körperlich harte Arbeit. Das Haar auf dem Haupt war nicht mehr sein eigenes, sondern das einer weißen Stute, welches zu einer Perücke geflochten wurde. Sein Alter und das Leiden seines Beines zwangen ihn dazu, an einem mit Messing verzierten Gehstock zu laufen.

    „Deine Ländereien scheinen gut zu gedeihen. Sehe ich doch richtig, mein Sohn oder wie kamst du zu der neuen Kutsche?", sprach der alte Herr mit leichtem Hohn in der Stimme. Sein Gehstock raschelte durch das feuchte Laub am Boden, begleitet von ihren langsamen Schritten.

    „Ja, Vater." Alexandro schaute verärgert, wagte es aber nicht, seinem Vater ins Gesicht zu blicken. Stattdessen starrten seine grauen Augen in die Ferne.

    „Na, dann ist es ja gut. Ich habe eine Braut für dich und ich wünsche, dass du sie nächste Woche zur Frau nimmst."

    „Nächste Woche, Vater? Gedenkst du, mir das Weib auch zu zeigen, bevor ich es eheliche?"

    „Wird wahrscheinlich nicht möglich sein. Sie kommt aus dem Norden und an dem Tag ihrer Ankunft sollst du sie ehelichen."

    „Hat sie wenigstens eine vernünftige Aussteuer, mein Vater?" Alexandro wirkte nicht im Mindesten davon betroffen, dass sein Vater seine zukünftige Gattin erwählt hatte, doch man sah ihm an, dass dieses doch sehr kurzfristig war.

    „Nein, das hat sie nicht. Doch sie ist von gutem Blut und die Magie steckt in ihrem Körper. Sie wird dir ein gutes Weib sein. Eure Kinder werden gute Erben werden."

    Alexandro blieb stehen. „Wie bitte, Vater? Du glaubst doch nicht, ich füttere eine Hexe durch, die kein Gold mit in die Ehe bringt."

    „Ach, geht es deinen Finanzen doch nicht so gut, wie du preisgibst? Ich kenne meinen Bruder doch zu gut, als dass ich tatsächlich hätte glauben können, dass er meinem Sohn ohne Weiteres Wohlstand vermacht."

    „Ohne Weiteres, Vater? Augustus war mir immer ein weiser Mentor und lehrte mich früh mit dem Leben…"

    Sein Vater unterbrach ihn mit keuchender Stimme: „Mit dem Leben zu spielen. Sein Geld mit Huren und dem Glücksspiel zu verprassen. Balthasar hustete. „In der Tat war mein Bruder ein weiser Mann, wie es scheint. Zu dumm, dass sein Leben ein jähes Ende nahm, als man ihm beim Prellen einer Hure den Kopf abschlug. Verhöhnend lachte er. Dabei wurde er von seinem eigenen Husten und Keuchen immer wieder unterbrochen.

    Alexandro ging weiter und ignorierte die Ansicht seines Vaters. Für ihn war Augustus ein Mann, der sein Wesen geformt hatte und ihm mehr gab als sein eigener Erzeuger.

    „Und wie alt ist sie?"

    „Ha, so ist es gut mein Sohn. Sie ist gerade elf Lenze, also im gescheiten Alter für gesunde Erben."

    Im Unterholz raschelte es und Alexandro drehte sich um. Ihm war, als hätte man sie belauscht und dennoch sah er nichts. Sein Vater schritt weiter, ihm schien nichts aufgefallen zu sein und Alexandro bemühte sich, schnell zu seinem Vater aufzuschließen.

    „Mir gefällt das nicht." Alexandro blickte nach hinten, wo er den Ursprung des Raschelns vermutete. Doch es folgte kein weiteres, verdächtiges Geräusch.

    Sein Vater lachte: „Was nicht? Das Alter? Nun gut. Deine Mutter war neun Jahre alt, als ich sie zur Frau nahm. Aber das fand ich persönlich noch zu früh. Oder meinst du doch die fehlende Aussteuer? Balthasar ließ seinen Sohn nicht zu Wort kommen, sondern redete weiter. „Diese verdammten Christen, sie breiten sich immer mehr aus und verteufeln die Hexerei. Wenn sie so weiter machen, löschen sie jegliches geprägtes Blut aus. Wir müssen zusammen bleiben und uns bedeckt halten. Wir sind zu wenige und die rücksichtslose Ignoranz der Inquisition ist erschreckend. Du wirst sie heiraten, egal, ob du nun von diesem Entschluss angetan bist oder nicht. Blut bedeutet hier mehr als Gold. Seine Stimme wurde mit dem letzten Satz zu einem Befehlston.

    „Natürlich, Vater, ich werde deinem Wunsch folge leisten."

    Den Rest des Weges sprachen sie kein Wort mehr. So näherten sie sich schließlich Alexandros neuem Anwesen. Es war ein großes Haus mit einer grauweißen Fassade aus Stein. Fast einer kleinen Burg gleich, mit vielen Zinnen und kleinen Türmen. Schwarze Schindeln bedeckten das Dach. Und kaum angekommen, wurde eine Kutsche vorgefahren und Balthasar stieg ein.

    „Grüße bitte Mutter von mir. Ich werde euch noch vor der Hochzeit besuchen kommen, um die Planungen für das Fest durchzugehen."

    Sein Vater nickte und schloss mit einem Schwung die dunkelgrüne Tür der Kutsche.

    Alexandro wartete, bis die Kutsche am Eisentor vorbei zog, dann wandte er sich zum Haus. Im Augenwinkel bemerkte er erneut einen Schatten. Hastig drehte er sich um und sah wie etwas Dunkles am Zaun entlang in den Wald hinein glitt. Ihm schauderte.

    „Ist da wer? Gebt Euch zu erkennen!" Alexandros Hand schlang sich um das Schwert an seiner Hüfte. Doch es folgte keine Antwort.

    „Günter!, schrie er über den Hof und ein magerer, junger Bursche kam herbei geeilt. „Verschließe das Tor. Ich glaube, hier im Wald treibt sich Diebesgesindel umher. Mir war, als hätte man mich und meinen Vater belauscht und bis hierhin verfolgt.

    Günter wurde schneeweiß im Gesicht, wagte aber nicht zu sprechen. Er nickte und entfernte sich einige Schritte rückwärts. Dann drehte er sich um und lief eilig zum Tor.

    Alexandro holte tief Luft und betrat sein Anwesen. Es war noch viel zu tun, vor allem die Einladungen zu schreiben. Das war alles zu kurzfristig, hätte sein Vater das nicht berücksichtigen können? So kurzfristig eine Hochzeit zu verkünden, würde mit Sicherheit das eine oder andere gekränkte Blut bedeuten.

    Blut ist der erste Bote

    Karolina trug nicht mehr als ein scharlachrotes Tuch, das zu ihren roten Haaren passte. Sie schlief noch in dem großen Bett, als Alexandro die Tür öffnete. Die Dielen knarrten, als er sich zu ihr ins Bett legte. Unversehens glitt seine Hand unter die Decke und in ihren Schritt. Er beugte sich an ihr Ohr und sagte leise: „Aufwachen!" Dann kniff er zu. Sie schrie auf und gab ihm im Reflex eine Ohrfeige. Er lächelte sie eiskalt an.

    „Raus hier! Morgen kommt mein Eheweib und du sollst nicht das Erste sein, was sie in meinem Bett erblickt. Zumal bekomme ich gleich Besuch."

    Was er mit Besuch meinte, bereitete ihm selbst Unbehagen. Dieser Besuch hatte sich sehr seltsam angekündigt. Gleich einen Tag, nachdem sein Vater ihm im Wald von der Hochzeit berichtet hatte, lag ein Brief in einem schwarzen Umschlag auf seinem Schreibtisch. Die Dienerschaft hatte geschworen, dass niemand diesen dort hingelegt hatte und auch, dass sie keine Person ins Anwesen gelassen hatten. Doch wie kam der Brief dorthin?

    Karolina stand auf und zog sich an. Sie riss ihn aus seinen Gedanken. „Bringt mich die Kutsche zurück in die Stadt?"

    „Äh … nein, ich habe Günter ins Nachbardorf geschickt, um bei den Bauern das Essen für das Fest zu kaufen."

    Das waren schon wieder Ausgaben, die er sich eigentlich nicht leisten konnte. Die Hochzeit würde den Rest seines Goldes verschlingen und er hatte keinen Schimmer, wie er wieder an Geld kommen sollte.

    Der Brief gab ihm einen Funken Hoffnung. Der Bittsteller schrieb von einem Angebot, welches ihm zu schnellem Reichtum verhelfen würde. Jedoch wie, das wollte er nicht schreiben. Dort stand nur, dass man ihn zur Mitternachtszeit in seinem Anwesen besuchen würde, um genaueres zu erläutern.

    „Soll ich den Weg etwa zu Fuß gehen? Karolina blickte aus dem Fenster. „Es wird zu dieser Jahreszeit früh dunkel und der Nebel schleicht auch schon um das Haus. Sie wirkte entsetzt aber nicht wirklich besorgt. Karolina war eher gekränkt, dass sie einer Elfjährigen so einfach Platz machen musste.

    „Also du kannst warten, bis Günter zurückkommt, aber dann wirst du später fahren müssen. Oder du gehst zu Fuß. So weit ist es ja nun wirklich nicht. In zwei Stunden solltest du da sein."

    Karolina strich sich über den Bauch. „Wenn ich dir zuerst einen Erben schenke, was tust du dann?"

    Alexandro drehte sich schlagartig zu ihr um und ballte die Faust.

    „Dich fortjagen und es dir vorher aus dem Leib schneiden, mein Schatz. Ihr Lächeln verstarb. „Ich warte auf Günter.

    „Tue das. Aber warte in der Küche bei den Bediensteten. Ich gehe in mein Arbeitszimmer und will dich die nächsten paar Tage nicht mehr sehen. Hast du verstanden?"

    Sie nickte und glitt hinaus. Über ihre Wangen glitten Tränen und nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, rannte sie den Rest des Weges in die Keller zur Küche.

    Sie war schwanger, doch nun traute sie sich nicht mehr, es ihm zu sagen. Sie liebte Alexandro, sie wollte seine Gunst nicht verlieren.

    Die Sonne neigte sich dem Ende des Tages zu. Günter kehrte immer noch nicht zurück.

    „Wer weiß, ob er es heute noch zurück schafft?", sprach Marie die Magd aus der Küche.

    Karolina hatte sich von ihrer Umarmung beruhigen lassen und war nun zu dem Entschluss gelangt, dass es besser sei zu gehen, bevor der letzte Sonnenstrahl erlosch.

    „Du hast noch etwa eine Stunde gutes Licht und den Rest Dämmerung. Wenn du rennst, schaffst du es noch im Hellen."

    „Ja, du hast Recht, Marie. Ich gehe jetzt besser. Eindringlich schaute Karolina sie aus ihren blauen Augen an. „Danke, Marie, du bist mir eine wahre Freundin. Sie küsste sie auf die Stirn und legte ihren Umhang um. Marie winkte ihr noch zum Abschied an der Hintertür, bis sich Karolinas Umrisse im Wald verliefen. Durch den Wald war es schneller als den kurvigen Hauptweg entlang. Man durfte sich nur nicht verlaufen. Wenn sie nach etwa einer Stunde einen Steinkreis mit einem alten Altar kreuzte, hatte sie die Hälfte geschafft und war auf dem richtigen Weg. Danach musste man jedoch vorsichtig sein, denn wenn man zu sehr nach Osten lief, kam man ins Moor.

    Karolina rannte ein paar Meter und als es zu dämmern begann, erreichte sie den Steinkreis. Sie setzte sich kurz, um zu verschnaufen. Ihre dürren Hände glitten streichelnd über ihren Bauch. Sie hatte so sehr gehofft, dass sie Alexandros Ehefrau werden würde. Doch seine Worte hatten sie hart getroffen.

    Es raschelte im Unterholz um sie herum und schwarze Gestalten waren schleierhaft in dem Gehölz erkennbar. Sie bekam Angst und stellte sich auf.

    „Wer da?" Doch die Gestalten bewegten sich nicht mehr. Es wurde dunkel, viel zu schnell, als dass es hätte normal sein können. Karolina rannte los und hinter sich hörte sie es wieder rascheln.

    Die Wesen kamen näher und jagten sie. Furcht trieb das Blut in Windeseile durch Karolinas Adern. Sie verlor die Orientierung und lief so schnell sie konnte geradeaus. Panik breitete sich in ihrer Brust aus. Waren das Wölfe? Ihr Herz pochte unter ihren Rippen, Schweiß breitete sich auf der Stirn aus. Der Himmel verdunkelte sich immer mehr und nach zehn Minuten war es um sie herum stockdüster. Sie sah kaum noch die Hand vor Augen und stolperte voran. Das Knurren der Kreaturen kam näher. Die Wesen brachen links und rechts aus dem Gehölz und Karolina wurde keuchend immer langsamer. Der Boden wurde matschig und sie blieb ab und an mit ihren Schuhen stecken. Karolina stolperte und flog in den Morast. Es war der Sumpf! Die Biester hatten sie in das Moor getrieben. Tränen der Angst liefen über ihre kalten Wangen aber die Furcht trieb sie vorwärts. Karolina rappelte sich auf und die Viecher hetzten sie weiter. Knietief versank sie im Schlamm. Sie zog sich vorwärts, das Kleid getränkt vom Schlick. Ihre Arme und das flammend rote Haar waren bedeckt mit Matsch. Als die Kräfte Karolina langsam verließen, zog sie sich in Krämpfen weinend unter einen umgestürzten Baum.

    „Hilfe", schrie sie so laut sie noch konnte. Doch das Einzige, was sie daraufhin vernahm, war das Knurren um sie herum und das Verhallen ihres eigenen Rufes. Sie hörte ihren Atem. Das Mädchen rollte sich zusammen, zog die Knie an ihren Bauch und betete, die Augen vor Angst fest geschlossen.

    „Lieber Gott, bitte hol mich hier raus. Bitte." Sie spürte einen wilden Atem dich an ihrem Ohr. Gleich würde der Wolf zubeißen, dachte sie.

    „Gott ist nicht hier!", sprach eine tiefe Männerstimme. Eine Hand packte die junge Frau am Nacken und riss ihren zierlichen Körper in die Höhe. Sie baumelte am Genick gepackt, etwa einen halben Meter über dem Boden, ohne zu sehen, wer oder was sie da in seinen Klauen hielt. Einer der vermeintlichen Wölfe trat aus dem Gestrüpp.

    Es war ein Wesen halb Wolf, halb Affe. Und es lief auf allen Vieren.

    Karolina wagte es erst jetzt, die Augen zu öffnen, und sie schrie aus Leibeskräften, als sie die gefletschten Reißzähne des Wesens erblickte. Ihr wurde fast schwarz vor Augen. Speichel tropfte dem Biest aus dem Maul.

    Sie hatte Todesangst und das Adrenalin schoss durch ihre Adern.

    „Hilfe!", flehte sie in die Nacht hinein. Doch die Gestalten um sie herum wurden mehr und das Wesen vor ihr kam näher auf sie zu. Es stapfte fast mühelos durch den Morast und als es sich auf zwei Beinen stehend zu seiner vollen Größe aufrichtete, schien es weit über drei Meter groß zu sein.

    Erst jetzt begriff Karolina, dass das Wesen, welches sie im Nacken packte, kein Mensch war, sondern auch eine dieser Kreaturen. Sie schrie erneut und versuchte sich dem Griff zu entwinden, doch das Biest vor ihr lachte nur. Seine bösen, gelben Augen fixierten ihre Brust, die sich in der Panik schnell hob und sank.

    „Dummes Kind!", sprach es zornig und eine Pranke holte aus. Eine riesige Hand, haarig und mit spindeldürren Fingern, an denen lange schwarze Krallen verwachsen waren, traf sie ins Gesicht.

    Ein letzter Schrei durchzuckte die Finsternis, dann besprenkelte dunkles Blut den Morast und das Fell des Monsters.

    Der Pakt

    Alexandro wartete ungeduldig in seinem Arbeitszimmer. Sein Blick schweifte aus dem Fenster in den Hof. Es müsste jetzt bald soweit sein. Eine seltsame Zeit für ein geschäftliches Angebot, dachte er und überlegte akribisch, was ihm der Fremde wohl anzubieten hätte. Es klopfte an der Zimmertür.

    „Ja, bitte?" Ein dürres Hausmädchen mit goldblondem Haar, welches sie unter einer grauen Haube trug, glitt ins Zimmer.

    „Mein Herr, gestattet mir eine Frage. Gedenkt Ihr, mit Eurem Gast im Salon zu dinieren? Dann könnte ich diesen noch herrichten." Sie machte einen Knicks und er beobachtete sie in der Spiegelung des Fensters.

    „Nein, Helena. Das ist ein Geschäftsbesuch und diese halte ich in meinem Arbeitszimmer ab. Wenn ich gewollt hätte, dass wir im Salon einen Gast empfangen, hätte ich das wohl gesagt, oder?"

    „Verzeihung, mein Herr, ich wollte nicht… "

    Er unterbrach sie. „Ich habe dergleichen nicht angeordnet! Und ein Hausmädchen sollte sich nicht anmaßen, selbstständig zu denken. Wie man hieran mal wieder gut erkennt, schlussfolgern Weiber stets falsch."

    Mit einer Handbewegung Richtung Tür wies er sie an, sich zu entfernen, jedoch ohne sich zu ihr umzudrehen. In jenem Augenblick läutete die Türglocke.

    „Seltsam, ich habe gar keine Kutsche vorfahren sehen. Helena, führe unseren Gast zu mir. Beeilung!" Jetzt drehte er sich um und verhöhnte sie mit einem intrigantem Lächeln.

    „Ja, mein Herr." Schnellen Schrittes lief sie zur Haustür und öffnete diese. Auf der Schwelle stand eine Gestalt in einem dunklen Umhang gehüllt. Die Kapuze war über die Stirn bis tief ins Gesicht gezogen, so dass man nicht erkannte, wer sich darunter befand.

    „Mein Herr erwartet Euch. Ihr seid doch der angekündigte Gast, oder?", sprach Helena und machte einen Knicks.

    Die Gestalt sah sie nicht an aber nickte einmal. Helena bekam eine Gänsehaut

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