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Die Angst in mir
Die Angst in mir
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eBook365 Seiten5 Stunden

Die Angst in mir

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Über dieses E-Book

Nay, ist schon seit Jahren in ihren Kumpel Tim verknallt, der aber seinerseits kein Interesse an ihr zeigt.
Alles ändert sich, als eines Tages nebenan ein neuer Nachbarjunge einzieht. Jason.
Obwohl er sehr verschlossen und abweisend ist, fühlt sich Nay zu ihm hingezogen und sie will ihm helfen, offener zu sein. Während sie versucht, Jason besser kennenzulernen, zeigt auch Tim endlich Interesse an ihr. Aber will sie ihn überhaupt noch?
Jason, möchte nur eines: In Ruhe gelassen werden!
Allein bei dem Gedanken an kleinste Berührungen bricht ihm schon der Schweiß aus und zu allem Übel überkommen ihn Visionen von Toten, die ihn jedes Mal paralysieren. Dennoch meinen einige seiner Mitmenschen, ihn berühren zu müssen, deswegen hat er viele Abwehrmechanismen entwickelt, die eigentlich immer funktionierten. Bis jetzt!
Nay, heißt die neue Nachbarin, die scheinbar nur ein Ziel hat: Jason zu integrieren.
Und zum ersten Mal in seinem Leben überkommt ihn der Wunsch, einfach nur dazuzugehören, doch das ist einfacher gesagt als getan.
Gerade als die beiden sich trotz allem näherkommen, tut sich eine paranormale Welt auf, die Jason seine ganzen Ängste zwar begreiflicher machen, ihn aber wieder weiter von Nay entfernen. Doch nun ist er bereit, alles zu tun, um sie zu beschützen. Auch wenn es ihn sein eigenes Leben kosten könnte.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum22. Sept. 2016
ISBN9783741213861
Die Angst in mir
Autor

Zondra Aceman

Zondra Aceman wurde als erstes Kind von drei Kindern geboren. Ihr wurde schnell bewusst, dass sie ein Händchen für kleine Kinder hat. Nicht verwunderlich also, dass sie ihren Berufswunsch danach prägte. Als Erzieherin ging es ihr in erster Linie darum, die Fantasie der Kinder zu wecken und zu erhalten. Angeregt durch die Kinder, startete sie zahllose Projekte und war ständig auf der Suche nach geeigneten Bilderbüchern, die ihre Arbeit unterstützen sollten. Dadurch inspiriert kamen ihr eigene Ideen und sie schrieb kleinere Geschichten, für ihre Projekte. Ein dreijähriger Aufenthalt in den USA gab ihr dann die nötige Zeit ihre Geschichten weiter zu vertiefen, und sie schrieb mehrere Bilderbücher und Kinder,- und Jugendromane. Zondra liebt es zu reisen, dort lässt sie sich immer wieder von den Mythen, Sagen und Legenden anderer Länder beflügeln.

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    Buchvorschau

    Die Angst in mir - Zondra Aceman

    „Gib mir dein Leben!, sprach der Tod. „Wenn ich dir mein Leben gebe, dann sag mir, was bleibt mir hinterher? „Dein Tod!", sprach der Tod und nahm das Leben.

    Inhaltsverzeichnis

    Zukunft

    Nay

    Jason

    Nay

    Jason

    Nay

    Jason

    Nay

    Jason

    Nay

    Jason

    Nay

    Jason

    Nay

    Jason

    Nay

    Jason

    Nay

    Jason

    Nay

    Jason

    Nay

    Jason

    Nay

    Jason

    Nay

    Jason

    Nay

    Jason

    Nay

    Jason

    Nay

    Jason

    Nay

    Jason

    Nay

    Jason

    Nay

    Jason

    Nay

    Jason

    Nay

    Jason

    Nay

    Jason

    Nay

    Epilog

    Nay

    Jason

    Zukunft

    …Mit einer unglaublichen Geschwindigkeit ist das Monster an unserer Seite und greift nach dem Gesicht des Jungen, den ich liebe. „Dreh dich um und öffne deinen Mund!", kommandiert er und ich sehe mit Entsetzen, dass mein Liebster ihm gehorcht. Er lässt meine Hand los und dreht sich wortlos dem Monster zu.

    Jetzt wird er seinen Mund öffnen. „Nein!", schreie ich und klammere mich von hinten an ihn. Ich zwicke in seine Hand, in seinen Arm und versuche ihn so aus seiner Trance zu holen, aber es passiert nichts.

    Ich küsse seinen Hinterkopf und rede mit Engelszungen auf ihn ein, aber ich bleibe erfolglos. Als das Monster schließlich einen tiefen Ton von sich gibt, bete ich nur noch zum Himmel und greife unter den Pullover meines Freundes. Dort kralle ich mich in seine Haut. Meine Hände umfassen dabei seinen Brustkorb und ich spüre seinen regelmäßigen Herzschlag. Ich habe riesige Angst, denn ich weiß, dass ich keine Chance gegen diese unnatürliche Art des Sterbens habe. Ich kann nichts tun … und ich fühle mich hilflos. Gleichzeitig jedoch bin ich wütend. Doch das bin ich nicht lange, denn meine Wut wird zur Resignation.

    Wenn er schon sterben muss, dann soll er mich gleich mitnehmen, denke ich. Wenn ich mich ganz nahe an ihn presse - bis wir eins sind - werden wir gemeinsam untergehen. Das wünsche ich mir. Sein Herzschlag verändert sich. Bumm, bumm, bumm, bumm, pocht es jetzt laut und schnell gegen meine Hand. Ob er auch Angst hat???

    „Ich bin bei dir!, flüstere ich. „Keiner kann uns trennen. Alles wird gut!, rede ich weiter. Ich konzentriere mich wieder auf sein Herz.

    Ich konzentriere mich so sehr, bis ich das Gefühl habe, dass unsere beiden Herzen im gleichen Takt schlagen. Jetzt sind wir eins! Keiner kann uns noch auseinanderbringen. Niemals mehr, denn wir sind zusammen!

    Erst als sein Körper in sich zusammensackt, bemerke ich, dass das überhaupt nicht stimmt. Wir sind nicht eins! Nein! Es ist nur noch ein Herz, das da schlägt und das gehört nicht zu meinem Schatz. Plötzlich ist sein Herz still.

    Ganz und gar still!

    Nay

    „Aufwachen, Schlafmütze!", brummt mir eine nur allzu bekannte Stimme ins Ohr. Gerade noch hatte ich Träume, die sich nur um ihn drehten und hier ist er schon. Als meine Augen sich öffnen, wandern sie sogleich zu seinem attraktiven Kopf. Sein Mund ist zu einem strahlenden Lächeln gebogen.

    Ich sehe wunderschöne, gerade Zähne, eingebettet in einen makellosen Mund, die mich leise zum Seufzen bringen. Bevor ich jedoch auf seinem Mund verweile und Gefahr laufe, ihn spontan zu küssen, wandert mein Blick höher, überspringt gekonnt seine attraktiven blauen Babyaugen, die mich nur erneut schwach machen würden und landen schließlich auf seiner Frisur. Seine blonden Haare sind wieder kurz. Er muss wohl gestern beim Friseur gewesen sein. Schade! Ich mag es lieber, wenn sie sich ein wenig wellen, denn das schmeichelt seinem ganzen Gesicht noch mehr. Wie ein perfekter Bilderrahmen für ein perfektes Foto. Seufz!

    Er jedoch hasst seine Locken. Leider! Den ganzen Sommer hat er sie wachsen lassen und ich dachte, dass er nun endlich eingesehen hat, dass ihm die längeren Haare viel besser stehen -nun ja - anscheinend habe ich da falsch gelegen. Wie immer, wenn es um ihn geht. Endlich wage ich, Kontakt zu seinen Babyblauen aufzunehmen und unterdrücke gekonnt den weiteren Seufzer, der sich in mir hochschleicht. Seine Augen strahlen sichtlich amüsiert und spiegeln die Freundschaft wieder, die uns umgibt. Seine Mundwinkel ziehen sich arrogant nach oben und es sieht aus, als ob er weiß, dass ich schon seit Jahren mehr fühle als Kameradschaft und er mich dennoch lieber weiterhin quälen möchte. Das wiederum ärgert mich tierisch, denn es erinnert mich an den Tag vor vier Jahren, an dem ich den größten Fehler meines Lebens gemacht habe.

    Ich seufze frustriert und er lacht. „Nay, ich bin geschockt, dass du immer noch im Bett liegst, obwohl du mir doch vorgestern noch gesagt hast, wie viel du bis zum Schulanfang noch zu tun hast!" Ja, meine Ausreden waren auch schon mal besser.

    Aber ganz ehrlich, wenn ich Tim noch einmal mit einem anderen Mädchen im Arm sehen muss, dann fange ich sicherlich an zu schreien. „Ich habe halt viel vor! Es ist schließlich unser Abschlussjahr!", sage ich laut. Das Jahr, in dem sich eigentlich alles ändern soll und du mich endlich wieder als Mädchen wahrnimmst und nicht nur als Kumpel, füge ich gedanklich hinzu.

    Tim schmeißt sich neben mich und hüpft sitzend auf der Schwelle des Bettrandes mit unschuldigem Blick. „Was hast du im letzten Jahr falsch gemacht? Es lief doch alles gut! Du hast ein Super-Zeugnis bekommen, das letzte Jahr wird ein Kinderspiel für dich sein! Wie immer!"

    Ohne auf seine Worte einzugehen, schlage ich die Bettdecke hoch und krabbele auf der anderen Seite des Bettes heraus.

    Vielleicht bemerkt er ja heute meinen niedlichen Kurz-Pyjama mit den kleinen Herzchen drauf (eine Hommage an sein verstecktes Herz-Muttermal). Und meine Beine sehen im Moment auch nicht übel aus und wirken in diesem Teil viel länger und brauner.

    Langsam, und wie ich hoffe sexy, schreite ich ums Bett herum und stelle mich vor ihn. Nun bin ich endlich größer als er!

    Tim mustert mich gemächlich und starrt meinen Körper an, sodass mein Blut in Wallungen gerät. Als er meine Augen erreicht, sieht er verdattert aus. Und ich halte die Luft an und warte auf eine spontane Liebeserklärung. Stattdessen schüttelt er sich kurz, leckt sich über die Lippen und krächzt dann:

    „Komm schon, Nay, es ist unser letztes Wochenende, bevor der Schulstress wieder losgeht."

    Das war nicht, was ich gehofft hatte zu hören! Nicht im Entferntesten. „Lass uns heute Abend ins Kino, was meinst du?

    Ich könnte Tanja und Kay Bescheid geben, die würden sich bestimmt freuen…", redet er weiter, während ich vor Frustration meine Fäuste balle.

    „Wir haben uns so selten in den Ferien gesehen!", meckert er.

    Stimmt, aber das war nicht meine Schuld!

    „Und…?", frage ich skeptisch, denn ich weiß, dass er nicht alleine ins Kino gehen wird.

    „Was heißt hier und?"

    Ich rolle meine Augen. „Wer kommt außer Kay und Tanja noch mit? Wie heißt deine neueste Eroberung?

    Nur damit ich ihren Namen nicht verwechsle. Ich meine, es wäre echt blöd, wenn ich einen falschen sagen würde, oder?

    Ich komme bei den ganzen Freundinnen in deinem Leben nicht mehr mit."

    Er mustert mich wieder und sagt erst einmal gar nichts. Ich habe keine Ahnung, was er in meinem Gesicht sucht, aber es macht mich nervös, wie er mich plötzlich fixiert. Schließlich sagt er grinsend: „Maya! A…"

    „Okay! Schön! Gut, dass wir das geklärt haben", unterbreche ich ihn, während mein Herz noch ein kleines bisschen mehr bricht.

    Maya? Die Maya! Na Klasse!

    „Nay! Frühstück ist fertig!", ruft meine Mutter und ich bin froh, dass ich jetzt eine plausible Ausrede habe, um meine Wunden in aller Ruhe zu lecken.

    „Was ist mit heute Abend?!", will Tim wissen, erhebt sich vom Bettrand und stellt sich genau vor mich. Nun überragt er mich um einen ganzen Kopf und ich schaue genau auf seine muskulöse Brust.

    Die Brust, auf der ich schon 1000-mal gelegen habe, während wir in seinem oder in meinem Bett Fernsehen geschaut haben. Sie hat sich in den letzten Jahren extrem verändert.

    Genau wie der Junge, der seit Jahren in meinen Träumen herumwandert. Er ist definitiv kein Spargel-Tarzan mehr. Nein, er ist ein Mann geworden. Wenn auch ein ziemlich unwissender, arroganter, unromantischer…

    „Ich muss leider wieder los, Nay. Ich habe gleich noch was vor…", unterbricht er meine Gedanken.

    „Also, wie sieht es jetzt aus mit heute Abend?"

    Ich verkneife mir, ihn zu fragen, ob er Maya jetzt schon trifft.

    Wer weiß, vielleicht hat er eben von ihr geträumt, so wie ich von ihm und nun muss er sie unbedingt sehen.

    Doch vorher muss er noch schnell seine beste Freundin besuchen, damit diese sich wieder ärgern kann, dass sie ihn vor vier Jahren hat abblitzen lassen… Das Leben ist so unfair!

    „Ich komme nachher mit ins Kino!", verspreche ich halbherzig und er strahlt mich erfreut an. Tim Bryon ist sexy, aber auch soooo frustrierend!

    Und ich kann ihm noch nicht einmal aus dem Weg gehen, da er schon Ewigkeiten links neben uns wohnt. Tausend Mal habe ich mir überlegt, wie ich ihm beibringen soll, dass wir zusammengehören.

    Ich kenne schließlich alles an ihm. Ich meine wirklich alles!

    Ich spreche hier besonders von dem süßen Herz-Muttermal auf seiner linken Pobacke. Woher ich das weiß? Nun, er hat es mir gezeigt. Da waren wir beide vier Jahre alt. Meine und seine Eltern haben uns dabei erwischt, wie wir kleine Doktorspielchen in seinem Zimmer gespielt haben. Danach durften wir nie wieder ohne Babysitter zusammen spielen, bis wir alt genug waren und unsere eigene Scham uns zurückhielt, noch einmal näher hinzugucken.

    Und dann kam der verdammte Tag, den mein Hirn am liebsten ungeschehen machen will. Gäbe es nur eine Zeitmaschine.

    Ich wüsste sofort, welchen Zeitpunkt ich ausradieren würde, Butterfly-Effekt hin oder her…

    Meine Mutter ruft mich nun schon das zweite Mal und Tim seufzt; „Pass auf, du könntest Tanja anrufen und mit ihr und Kay fahren. Ich komme direkt ins Kino, okay? Wir treffen uns dort an unserem Stammplatz. Was meinst du?"

    Ich nicke und hoffe, dass er nicht sieht, wie ich versuche, die Enttäuschung zurückzuhalten.

    Er beugt sich zu mir herunter und drückt mir einen Kuss auf die Stirn, wie er es immer tut. Dann verlässt er mein Zimmer.

    Ich hole tief Luft und besiege schließlich den Drang, in Tränen auszubrechen.

    Stattdessen schaue ich zur linken Haushälfte, denn dort wohnt Tim. Ich habe einen guten Blick auf sein Zimmer, denn seins befindet sich auch im Obergeschoss. Was ich nicht immer gut finde, denn ich sehe ihn ständig mit seinen Eroberungen darin herumstolzieren.

    Ich verstehe nicht, warum er nie seine Gardinen zumacht, wenn er wild mit Mädchen rummacht.

    Und das macht er wirklich ständig.

    Und das erinnert mich an seine neuste Errungenschaft.

    Okay, also Maya aus der Parallelklasse. Na toll!

    Hat er nicht bald alle durch? Hätte nicht gedacht, dass es noch welche geben würde, die nicht mit Tim zusammen waren - außer meiner Wenigkeit natürlich. Es ist echt zum Heulen…

    Traurig gehe ich zu meinem Kleiderschrank und greife nach dem Erstbesten, was mir in die Hände fällt. Ich bin kein modischer Mensch, sondern eher praktisch veranlagt! Klar mache ich mich auch mal besonders schick, aber dafür muss es schon einen besonderen Anlass geben. Es gibt nichts Schlimmeres für mich, als einen Tag vor dem Spiegel zu verschenken.

    Langsam ziehe ich mich an und schaue dabei aus meinem anderen Fenster auf die Straße. Die Häuser hier sehen alle gleich aus, auch die Vorgärten… wie kopiert und hundert Mal wieder eingesetzt.

    Die Siedlung ist vor zwanzig Jahren entstanden und die meisten Familien hier kenne ich schon ewig.

    Es ist alles sicher und familiär.

    Ein Möbelwagen parkt vor dem rechten Haus. Die alten Nachbarn waren ziemlich komische Leute, also bin ich nicht traurig darüber, dass sie wegzogen. Die Frau war laut und ständig am Keifen und hatte mindestens 20 Katzen in der Wohnung. Der Mann hingegen musterte mich immer so, als wenn er mich ausziehen wollte.

    Ich hatte sogar mehrmals das Gefühl, dass er mich mit einem Fernrohr beobachtet. Daraufhin hielt ich monatelang meine Gardinen zu dieser Seite hin geschlossen.

    Nach dem Auszug der beiden habe ich sie endlich wieder aufgemacht. Nun kann ich aus meinen drei Fenstern die Sonne wieder rundherum wahrnehmen. Echt herrlich!

    Ich hoffe nur, dass die neuen Nachbarn nicht so neugierig sind und ständig herüberglotzen, denn dann kann ich die Sonne auch weiterhin genießen und muss sie nicht durch die Gardinen ausschließen.

    Ich laufe die Treppe herunter und flitze in die Küche. Meine Mutter hat Pfannkuchen gebacken. Meine Laune hebt sich sogleich und der Kummer mit Tim verschwindet erst einmal in meinem Hinterstübchen.

    Ich schnappe mir einen Pfannkuchen, rolle ihn zusammen und beiße seufzend hinein.

    „Hast du gut geschlafen?", lacht meine Mutter.

    „Mmh!", antworte ich, denn mit vollem Mund soll man nicht reden.

    „Wir haben neue Nachbarn. Ich möchte, dass du dich gleich vorstellst. Du kannst Brot und Salz mitnehmen."

    Ich schlucke mein Pfannkuchen-Stück hinunter und genehmige mir einen Schluck Kakao, während ich meine Mutter überrascht anschaue „Und was ist mit dir?", frage ich.

    „Ich habe mich eben schon bekannt gemacht. Ich habe gefragt, ob sie Hilfe brauchen."

    „Und? Wie sind die Neuen?", versuche ich zu ermitteln. Bitte keine Spanner!

    „Sie sind wirklich sehr nett. Herr Sommer ist ein brummiger Kerl, aber mit einer liebevollen, sympathischen Art. Er macht den Eindruck, als würde er alles für seine Familie tun. Und seine Frau macht sich wie alle Mütter ständig Sorgen. Sie haben auch einen Sohn. Ich habe ihn nur kurz gesehen, als er mit einem Karton die Treppe hinaufging. Als er seine Mutter mit dem Vornamen ansprach, war ich erst überrascht, aber dann erzählte sie mir, dass sie nur die Pflegemutter von Jason sei. So heißt der Junge. Ihren Erzählungen nach ist er ein sehr in sich gekehrter junger Mann und hat ziemliche Schwierigkeiten, Freunde zu finden. Sie schien ziemlich traurig darüber zu sein. Ich wollte nicht zu neugierig erscheinen, also habe ich nicht weiter gefragt. Ich habe mir zumindest gedacht, dass es schön wäre, wenn du ihn Montag mit zur Schule nimmst? Und vielleicht stellst du dich gleich einfach selbst vor? Es wäre doch toll, wenn er schon jemanden kennenlernt. Und stell ihm auch Tim vor, was meinst du?"

    „Kein Problem. Wie alt ist er denn überhaupt?"

    „Er ist in eurem Alter! Er wird mit euch nächsten Sommer seinen Abi-Abschluss machen."

    „Hat er auch ein Auto? Dann können wir uns mit dem Fahren abwechseln."

    „Keine Ahnung, darüber haben wir nicht geredet. Was ist überhaupt mit Tims Führerschein? Hatte er nicht letzte Woche seine praktische Prüfung?"

    „Er ist durchgefallen! Natürlich war es nicht seine Schuld.

    Irgendeiner hat ihm die Vorfahrt genommen … Ich verdrehe meine Augen. „Du kennst Tim, er hat seine ganz eigene Sichtweise auf Dinge… Meine Mutter grinst wohlwissend.

    Jason

    Mein Blick fällt als erstes auf die Zeitschrift, die ein Möbelpacker in meinem Zimmer liegen gelassen haben muss. Eine grinsende Brünette schaut mir entgegen. Sie sieht lebenslustig aus. In meinem Leben gibt es nichts zu lachen. Ich weiß gar nicht, ob ich wirklich lebe, oder ob ich einfach nur existiere, um mich zu quälen.

    Warum meine Pflegeeltern in mir keinen Freak sehen, ist mir unverständlich. Und ich bin einer - ganz eindeutig.

    Ich habe keine Freunde und hatte auch noch nie welche. Ich will auch keine, denn sie würden meine Distanz nicht verstehen. Die Einsamkeit ist mein Dasein. Musik, die Hantelbank und Joggen sind meine einzigen Leidenschaften.

    Wer nimmt so einen Jungen schon freiwillig auf?

    Tja, ich sage nur - die Sommers!

    Sie akzeptieren sogar, dass ich nicht angefasst werden möchte, lassen mich in Ruhe und erwarten nichts von mir.

    Vielleicht ahnen sie tief in ihrem Herzen, dass ich verrückt bin! Komisch, dass sie mich trotzdem wie ihren eigenen Sohn behandeln.

    Es ist für mich noch immer unverständlich, warum die Sommers mich vor 11 Jahren aufnahmen und auf Anhieb verstanden, wie sie mich zu Händeln hatten. Ich weiß, dass es nichts mit dem Geld zu tun hat, dass ich von meinen verstorbenen Eltern geerbt habe, denn sie haben noch nie gefragt, ob sie etwas davon haben könnten. Ganz im Gegenteil, es ist erst gar kein Thema.

    Todd, mein Pflegevater, ist ziemlich reserviert. Er hatte selbst eine schwierige Kindheit und deswegen versteht er wohl mein Verhalten und akzeptiert, dass ich körperlichen Kontakt komplett vermeide.

    Er ist nett und hilfsbereit, aber eben auf einer distanzierten Ebene. Ich habe Gespräche belauscht, die er mit seiner Frau Sharon geführt hat und die haben mir gezeigt, dass er der Meinung ist, dass ich als Kind missbraucht wurde und weil ihn das gleiche Schicksal ereilte, gibt er sich besonders viel Mühe, in mir eine Art Urvertrauen zu wecken. Er will, dass ich eine Chance habe, etwas aus meinem Leben zu machen, um die Vergangenheit zu vergessen.

    Doch eigentlich habe ich keinen blassen Schimmer, was genau passiert ist. Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich überhaupt an irgendetwas erinnern will. Meinen Träumen nach zu urteilen, muss ich etwas Schlimmes durchgemacht haben. Vielleicht bin ich aber auch einfach nur komplett verrückt!

    Seit ich denken kann, gehören Psychologen zu meinem Leben, alle haben mich ausgequetscht und versucht zu ergründen, was ich für ein Trauma erlitten habe. Es ist wahrscheinlich auch merkwürdig, wenn ein völlig vermummter Junge auftaucht, der irrsinnige Panik vor Körperkontakt jeglicher Art hat.

    Die Psychologen erklären, ich habe ein: Unerklärlich tief sitzendes Trauma… sollen sie doch denken, was sie wollen!

    Meine Empfindungen zumindest sind hypersensibel.

    Ob alle Geisteskranken so empfänglich für andere Schicksale sind, bevor sie explodieren?

    Zumindest habe ich eine riesige Antenne für Unglückliche.

    Mir macht keiner was vor!

    Ich habe Mitleid mit den Hilfesuchenden.

    Da war z.B. die Frau aus unserem ehemaligen Nachbarhaus, die von ihrem Mann verlassen wurde und jetzt ihre vier Kinder alleine großziehen muss. Mann, was habe ich mir gewünscht, dass sie jemanden besseren findet… schnellstens!

    Denn der Typ hat sie ständig betrogen und wusste sie gar nicht zu schätzen.

    Und dann war da das Mädchen, das in unserer alten Schule immer gehänselt wurde, weil sie so dick war… dabei hatte sie eine Stoffwechselstörung und konnte gar nichts dafür.

    Oder der Junge, der so aggressiv war und dem alle aus dem Weg gegangen sind, dabei hätte er dringend Freunde gebraucht, denn er wurde zu Hause ständig misshandelt.

    Leider hat jeder seine blauen Flecken als Akt seiner eigenen Gewalt gesehen. Keiner hätte dem Vater einen Besuch abgestattet, da der ein angesehener Arzt war und er sich so hinter seinem Einfluss verstecken konnte.

    So viele verschiedene Leidenswege und kein Ende in Sicht. Es ist eine Schande! Dennoch würde ich mich niemals in irgendwelche Dramen hineinziehen lassen. Nein!

    Stattdessen lebe ich mein Leben und quäle mich durch jeden einzelnen Tag.

    Tja, und jetzt bin ich hier. Wir sind in eine neue Stadt gezogen. Kiel. Hauptstadt des nördlichsten Bundeslandes Schleswig Holstein. Wir wohnen in einer Siedlung, die nichts Individuelles besitzt, zumindest äußerlich nicht. Die Familien hier haben sicherlich ihre persönlichen Schicksale, aber die müssen mir egal sein. Montag gehe ich in eine neue Schule und nur der Gedanke daran treibt mir schon Schweißperlen auf die Stirn.

    Sharon möchte, dass ich mit dem Nachbarsmädchen fahre.

    Ich habe zugestimmt. Klar werde ich das tun, was bleibt mir auch anderes übrig.

    Der enge Bus wäre die Hölle und Fahrrad fahren kann ich nicht, da mein Rad vor kurzem geklaut wurde. Also bleibt mir nur das Nachbarsmädchen. Ich kann ihr schnell klarmachen, was ich verabscheue und wenn sie es nicht rafft, dann jogge ich halt zur Schule. Aber ich denke, sie wird es schnell verstehen.

    Abwehrmechanismen sind meine Spezialität!

    Ich habe alle Arten davon entwickelt. Mädchen mögen keine unzugänglichen Spinner und lassen einen schnell in Ruhe, wenn man sie komplett ignoriert. Und das ist gut so. Ich hoffe nur, dass sie keine von den bedauernswerten Geschöpfen ist, die eigentlich selbst Hilfe bräuchte, denn ich könnte ihr keine gewähren.

    Der Morgen vergeht wie im Flug.

    Ich bin gerade dabei, meine restlichen Klamotten in den Einbauschrank zu hängen, als es an meine Zimmertür klopft.

    „Ja, komm rein!", rufe ich und denke an Sharon. Ich packe weiter aus und warte auf ihren Kommentar. Doch es kommt nichts. Dann halt nicht! denke ich und packe weiter meine T-Shirts ins Regal.

    „Hi!, höre ich plötzlich eine unbekannte Stimme und mein Kopf dreht sich perplex Richtung Tür. Ein Mädchen steht dort und sieht mich an. Ich bin so überrascht, dass ich sogar selbst ein „Hi! zurücksage.

    Ich bin wirklich keiner, der sich leicht beeindrucken lässt, aber dieses Mädchen hat eine so extrem positive Aura, dass es mich glatt von den Socken reißt.

    Ich bin verdattert und glotze sie nun unverhohlen an. Ihre Haare sind mit Stäbchen in einem zerzausten Etwas gehalten, ihre dunkelblauen Augen sind voller Leben und schauen mich neugierig an.

    „Ich wohne im Haus neben dir. Mein Name ist Nasya … Nasya Norton, aber meine Freunde nennen mich Nay, plaudert sie lächelnd drauflos und ihre vollen Lippen ziehen sich dabei nach oben und bringen ein Grübchen zum Vorschein, das mich länger hinstarren lässt, als ich eigentlich will. „Weißt du, dass mein Zimmer auch oben im Dachgeschoss ist?! Echt witzig! Du kannst genau draufgucken!, redet sie weiter und dann scheint sie auf irgendetwas zu warten.

    Ich habe das Gefühl, dass mir zu warm ist. Kann es sein, dass ich Fieber habe? Muss ich mich jetzt nicht auch vorstellen? Wartet sie etwa darauf?

    Ich schlucke dreimal und krächze: „Ich heiße Jason. Jason Rockefeller!"

    Sie lacht jetzt laut. Es ist ein umwerfendes, natürliches Lachen und ich bin sogleich bezaubert von ihrer Art sich zu freuen.

    „Deine Mutter hat mir schon deinen Namen verraten. Sie meint, ich soll dich ein wenig herumführen. Sightseeing sozusagen", quatscht sie weiter locker vom Hocker.

    Ich bin absolut sprachlos von ihrer Unbefangenheit und mein Hirn ist für einige Sekunden total blank.

    Dann jedoch denke ich an meine Misere. Ich bin gestört! Ich bin nicht normal! Ich muss etwas tun!

    Halte Abstand, Jason! Abstand!

    „Nasya, ich denke nicht, dass ich einen Babysitter brauche!",

    sage ich schließlich ziemlich herablassend.

    „Äh… ich bin kein Babysitter, nur ein Stadtführer! Ähm, es ist Freitag, unser letztes Wochenende vor dem neuen Schuljahr. Ich kann dir alles zeigen… es macht mir nichts aus", lässt sie sichtlich irritiert verlauten und tritt einen Schritt näher, dann noch einen, als wenn sie vorhat, mir die Hand auf die Schulter zu legen, um ihren Standpunkt zu verdeutlichen.

    Mein Körper reagiert sofort und nimmt den Eindringling in meinen persönlichen Bereich wahr. Er suggeriert mir eine ungewisse Gefahr, die sich anbahnt.

    Meine Hände beginnen daraufhin unkontrolliert zu zittern und ich verstecke sie schnell hinter meinem Rücken.

    Ich weiß, wie abwertend das für Außenstehende aussehen muss, aber es ist mir im Moment ziemlich egal.

    Nays Augen scheinen jede meiner Bewegungen zu fixieren und als sie auf meinem Gesicht landen, ist es so, als sähe sie direkt in meine Seele.

    Ich habe Angst, dass sie den gebrochenen Jungen in mir verachtet, den sie dort finden wird und ich versuche den Kontakt zu brechen, aber es gelingt mir nicht. Stattdessen bemerke ich, wie sie noch einen Schritt näher kommt. Jetzt könnte ich sie sogar ohne weiteres berühren.

    1000 Alarmglocken schrillen durch meinen Körper und mit meiner aufsteigenden Panik kommen die Bilder, vor denen ich mich so sehr fürchte und die sich immer dann einschleichen, wenn jemand in meine Intimsphäre eintritt.

    Ich fühle mich gefangen wie ein Reh im Scheinwerferlicht und ich kann nichts dagegen tun. Langsam, wie in meinen Träumen, reihen sich die Bilder aneinander und zeigen mir grauenhafte Dinge: Leblose Körper, überall leblose blutige Körper. Sie kommen mir bekannt vor, aber ich weiß nicht, woher ich sie kenne. Sie schreien meinen Namen mit ihren toten Mündern. Immer und immer wieder schreien sie ihn. Bis sie schließlich verstummen. Schließlich kommt das, was mich immer am meisten schockt: die Leichname öffnen ihre Augen, ihre Augäpfel sind weiß und tot - und dennoch beginnen sie, ihre Körper über den Boden zu schleppen … immer näher kommen sie und ich kann mich nicht rühren … ich weiß, ich bin der Nächste … bald … ich muss mich wehren, ich muss … „Lauf!", schreit jemand, aber ich kann nicht weg, sondern starre auf die blutigen Leiber … und sie sind bald da … nur noch wenige Zentimeter …dann fangen sie an zu brennen…und schleifen sich weiter mir entgegen…ich fange an zu schreien nein … nein…

    „Jason?", höre ich eine besorgte Stimme und das Scheinwerferlicht, sowie das, was sich in ihm verbirgt wie eine Art Film, erlischt. Nays Augen schließen sich für einen Augenblick und ich schnappe aus meiner Trance und stürme drei, vier Schritte zurück.

    „Kein Interesse! Ich will meine Sachen weiter auspacken – und zwar in Ruhe. Also… wenn du mich jetzt alleine lassen könntest?" Meine Stimme hört sich ruppig und kalt an. Nay sieht verstört aus. Ich kann es ihr nicht verdenken. Wenn ich in ihrem Blick erneut versinke, kann ich für nichts mehr garantieren. „Verlasse mein Zimmer! Jetzt! Sofort!", verlange ich deshalb barsch.

    „O…Okay", stottert sie und greift zur Klinke.

    Dann ist sie verschwunden.

    Ich schüttele den Kopf und atme tief aus. Mir war gar nicht aufgefallen, dass ich meinen Atem angehalten habe und ich höre mein Herz bis zum Hals schlagen. Die schrecklichen Gedanken sind verschwunden und es macht sich ein anderes, neues, Gefühl breit. Es kribbelt in meinem Bauch wie verrückt und wenn ich es richtig deute, ist es etwas, was ich im Augenblick überhaupt nicht gebrauchen kann.

    Während ich noch über meine neuen Gefühle nachdenke, mich darüber ärgere und gleichzeitig wundere, öffnet sich meine Tür erneut einen winzig kleinen Spalt und Nays Kopf erscheint dort. „Ich hole dich auf jeden Fall Montagmorgen um 7:30 Uhr ab. Dann müssen wir in die Schule. Mach dich darauf gefasst, dass ich dann jeden Tag mit dir zur Schule fahre!", ruft sie schnell und knallt die Tür blitzschnell hinter sich zu und lässt mich zu allen Gefühlen, die ich nun habe, auch noch geschockt zurück.

    Nay

    Das ist mir noch nie passiert. Noch nie war jemand so unfreundlich zu mir. Was bildet sich dieser Jason eigentlich ein? Ich wollte doch nur helfen. Ich bin so verdutzt, dass ich im Treppenhaus seines Hauses stehe und einfach nur sprachlos bin. Dann schleiche ich langsam die Treppe herunter. Fast unten angekommen

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