Kurt Unterhuber - Mein Weg aus der Gewalt: Geschichte eines alkoholkranken Gewalttäters
Von Athesia
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Buchvorschau
Kurt Unterhuber - Mein Weg aus der Gewalt - Athesia
INHALT
ZU DIESEM BUCH
Meine Gedanken zu Kurt
Mein Freund Konrad
ELTERNHAUS UND HEIMAT
Vater und Mutter
Meine Geschwister
Die Familie
Letzte Ruhestätte im Friedhof von Weitental
KINDERJAHRE UND JUGENDZEIT
Meine Kindheit
Angst
Nochmals: meine Eltern
Sieben Jahre: Alkohol- und Nikotinvergiftung
Mit 14 Jahren ging das Saufen los
Erste Kollisionen mit der Polizei
Die täglichen Gasthofbesuche
Die Trinkkollegen
Wilde Wirtshausschlägereien
Abhängig vom Alkohol
Aggressiv und unberechenbar
Haschisch
Selbstzerstörerische Handlungen
DEM ALKOHOL VERFALLEN
Gründung einer Familie
Scheitern der Ehe
Auf der Straße
Meine neue „Heimat"
Ein wirklicher Freund
Getrennte Wege
Von Bozen bis zum Brenner
Scheidung
Frauengeschichten
Im Vollrausch auf der Bühne
Der falsche Freundeskreis
Gewalt und die Folgen
Auseinandersetzungen mit Ausländern
Gipfel der Gewalt
Mein Jähzorn
Angst vor mir selbst
Falsches Selbstbewusstsein
Gewalt in meiner Ehe
Die Verhaftungen
Der Banküberfall
Der Knast
Vom Knast in die Freiheit
Entzugserscheinungen
4,96 Promille
Krankenhausaufenthalte
Selbstmordversuche
Die Psychiatrie
Therapiezentrum Bad Bachgart
Der Rückfall
DER WEG INS NORMALE LEBEN
2008: Die Befreiung
Angst vor Veränderung
D. F. A. – Dienst für Abhängigkeitserkrankungen Brixen
HANDS – Selbsthilfegruppe
Die Therapien
Nach den Therapien
Die Spielautomaten
Willenskraft
Selbstkontrolle
Neues Denken gibt Kraft
Das Gute in mir
Meine Freundin
Über sieben Jahre kein Alkohol
Noch Verlangen?
Gesundheit aufs Spiel gesetzt
EIN NEUER KURT WURDE GEBOREN
Die Hoffnung auf ein besseres Leben
Jetzt fühle ich mich frei
Schlechtes Vorbild für meine Kinder
Aufarbeitung meiner Vergangenheit
Diese Wandlung hat niemand erwartet
Mein Rechtsanwalt
Das Gericht
Richter Albert Frötscher
Bankraub – Entschuldigung
Neuer Freundeskreis
Arbeit macht Freude
Mein neuer Arbeitsplatz
Ich danke Gott
Mutter schaut auf mich herunter
Geschafft
Mein Ziel: Menschen helfen
KLEINER RATGEBER
Das Finanzielle
Der Zeitfaktor
Worte an die Jugend
Ratschläge zum Ausstieg
Hinweis für Ex-Alkoholiker
Tipps für Nichtalkoholiker
Wo finde ich Hilfe und Beratung?
Gewalt – Was kann man dagegen tun?
Zum Nachdenken
Zusammenfassung
NACHWORT
DANKSAGUNG
ZU DIESEM BUCH
Liebe Leserinnen und Leser,
Sie haben soeben dieses Buch aufgeschlagen, um darin zu stöbern. Haben Sie sich eigentlich die Frage gestellt, warum Sie sich für dieses Buch entschieden haben? Wenn ja, nehmen Sie sich für diese wahre Lebensgeschichte genügend Zeit und sorgen dafür, dass Sie ungestört sind. Halten Sie einen Stift bereit, um wichtige Abschnitte, die Sie für wichtig halten, zu unterstreichen. Eines aber schon mal vorweg: Ein spannungsgeladener Tatsachenbericht erwartet Sie auf den nächsten Seiten.
Ich wende mich an Alkoholiker und Jugendliche; an Alkoholiker, die die Sauferei nicht mehr lassen können; an Jugendliche, die sich vom Alkohol angezogen fühlen. Den Alkoholikern erzähle ich, wie ich den Weg aus der Alkoholabhängigkeit fand. Die Jugendlichen möchte ich davor bewahren, vom Alkohol abhängig zu werden. So wie jeder Tropfen einen Stein aushöhlen kann, so höhlt jeder stetige Tropfen Alkohol das Gehirn und die Persönlichkeit aus. Diesen ständig wiederkehrenden Zwang zum Trinken erleben Sie, verehrte Leserinnen und Leser, in diesem Buch: Ich muss von diesem Zwang wieder und wieder erzählen, ich muss aus verschiedenen Blickwinkeln immer wieder die Aufmerksamkeit auf die verhängnisvolle Sucht lenken. Empfinden Sie dies als gewolltes Stilmittel, auch jeweils als meinen Hilferuf.
Mein Leben verlief nicht immer so, wie ich es mir gewünscht hätte. Ich habe mir meine Zukunft ganz anders vorgestellt. Heute habe ich das Gefühl, dass ich sehr viele Jahre meines Lebens durch den selbst verschuldeten Alkoholmissbrauch sinnlos weggeworfen habe. Wenn ich zurückblicke, kommt mir die Vergangenheit schauderhaft und beängstigend vor. Ich war sozusagen ein alkoholkrankes Wrack, bei dem das Gehirn nicht mehr funktionierte. Der Alkohol zerstörte meine Gefühle, mein Denken und die Freude am Leben. Ich fühlte mich oft einsam, nutzlos und als Versager. Durch mein negatives Auftreten entfernte ich mich immer mehr von den Menschen. Mir ging es von Jahr zu Jahr schlechter, ich hatte keine Arbeit und hing den ganzen Tag in Bars rum und berauschte mich. Die körperliche Gewalt kam hinzu. Der Alkohol war mein Tröster und zugleich mein Zerstörer. Er war aber auch das Einzige, was ich noch hatte. Ich wusste nicht, wie ich aus diesem Loch der Hölle wieder rauskommen sollte.
Heute habe ich es geschafft. Ich lebe alkohol- und gewaltfrei voller Hoffnung auf ein besseres Leben. Meine Vergangenheit, die ich nochmals in diesem Buch aufarbeite, macht mich nachdenklich. Sie tut weh. Oft überwältigen mich Furcht einflößende, schauderhafte Bilder, die ich niemandem wünsche. Mit dieser schrecklichen Vergangenheit muss ich alleine fertig werden und warne jeden, ein solches Leben zu leben. Ich will das Vergangene auf keinen Fall verdrängen. Im Gegenteil: Ich möchte mit diesem Buch aufrütteln und zum Nachdenken anregen. Ich möchte so viele Menschen wie möglich erreichen, damit sie nicht dasselbe Schicksal wie ich erleiden. Vor allem aber möchte ich die Jugend ansprechen.
Wer meine Lebensgeschichte liest, der wird erfahren, welche Zerstörungskraft Alkoholabhängigkeit hat. Mein Ziel ist, alkoholkranke Personen zum Umdenken zu veranlassen und sie davon zu überzeugen, dass man ohne Alkohol besser und freier leben kann. Ich möchte Betroffenen Mut machen, es selbst einmal zu probieren, mit einer Entzugstherapie zu beginnen, um den wirklichen Genuss des Lebens ohne Alkohol erfahren zu dürfen. Der Leser kann hautnah miterleben, was ich als Abhängiger gefühlt, empfunden und erlebt habe. Ich bin davon überzeugt, dass ich mit diesem Buch vielen Menschen helfen kann. Es soll Hoffnung geben, denn es gibt Möglichkeiten wieder in ein normales Leben zurückzufinden. Ich wünsche Ihnen viel Spannung beim Lesen.
Kurt Unterhuber
Meine Gedanken zu Kurt
Es war im Jahr 2010 an einem Sommertag am Hartmannsplatz in Brixen. Da stand Kurt plötzlich vor mir; wir sahen uns an und gaben uns die Hand. Spontan schoss es aus ihm hervor, dass er schon seit längerer Zeit mit den Gedanken spiele, seine Lebensgeschichte niederzuschreiben. Oh mein Gott, hoffentlich geht das nur gut, dachte ich im ersten Augenblick und ließ ihn erzählen. Ich hörte einen begeisterungsfähigen Kurt reden, der fest entschlossen war, seine Vergangenheit aufzuarbeiten. Die Worte, die aus seinem Mund kamen, klangen so überzeugend, dass sich mein Eindruck, den ich von ihm hatte, schlagartig änderte.
Seit elf Jahren kannte ich Kurt nur oberflächlich, da er seit 1999 wegen seiner Alkoholprobleme beim Dienst für Abhängigkeitserkrankungen (D. F. A.) im Krankenhaus Brixen in medizinischer und psychologischer Behandlung war. In dieser Abteilung arbeite ich seit 1992. Kurt war schon von Anfang an ein harter Brocken, und es war nicht einfach mit ihm.
Aber an diesem Tag sah ich einen anderen Kurt vor mir, einen Kurt, der es wirklich ernst meint. Der Blick von ihm, das war kein normaler Blick; es war der Blick eines Hilfesuchenden, der jemanden braucht, an den er sich wenden kann, um Halt zu finden. Ich erinnere mich noch sehr genau daran, wie Kurt mit hoffnungsvollen Augen vor mir stand. In diesem Augenblick überstürzten sich meine Gedanken. Auf einmal kamen Gefühle und Erlebnisse aus meiner Vergangenheit hoch; und ich sah im selben Moment in Kurts Zukunft, wie er sein Wissen und seine Erfahrungen in Vorträgen weitergeben wird. Es war fast so, als hätte ich hellseherische Fähigkeiten. Ich spürte zwischen mir und ihm Gemeinsamkeiten aus meiner Vergangenheit und fühlte, dass er vielen Menschen ein Ratgeber sein könnte. Es war ein außergewöhnlicher Moment, vor einer besonderen Person zu stehen, die einen ähnlichen Lebensweg gegangen war wie ich. Ich spürte, dass er etwas Neues aus sich machen wollte, und war überzeugt, dass er diese Fähigkeiten besitzt. „Dem Kurt muss eine zweite Chance gegeben werden", waren meine Gedanken, denn er könnte für die Gesellschaft sehr wertvoll sein. Wir brauchen einfach solche Menschen, wie Kurt einer ist. Denn wer aus Lebenserfahrung spricht, hat gute Aussichten, Suchtkranke zur Umkehr zu bewegen.
Kurt hat inzwischen verstanden, dass Alkoholmissbrauch und die damit verbundene Gewalt zu nichts führen. Dass diese Verhaltensweisen einen Menschen nur schädigen und zunichtemachen. Sein Geist hat gerade noch rechtzeitig erkannt, seinen abhängigen Körper zu bändigen. Nun hat er eine große Aufgabe vor sich, für die ihm viele Menschen dankbar sein werden. Kurt hat etwas erreicht, worauf er mächtig stolz sein kann. Er ist nun ein kleiner Wegweiser für Viele geworden; ja, ein hoffnungsvoller Wegweiser vor allem für Menschen mit Alkohol- und Gewaltproblemen. Kurt ist ein Kämpfer, der nie locker gelassen hat. Seine Willenskraft, Offenheit und Ehrlichkeit beeindruckten mich besonders.
Als ich zustimmte, sah ich Kurt an, wie er sich freute, jemanden gefunden zu haben, der seine Lebensgeschichte niederschreibt. Ich habe ihm aber gleich zu verstehen gegeben, dass der Weg vom Gedanken über das Manuskript bis hin zum Buch nicht leicht sein wird; und dass hier ungeheuer viel Energie und sehr viel Zeit investiert werden müssen. Diese Sache geht nicht von heute auf morgen, und es können Jahre vergehen. Dazu kam noch die Frage, wo finde ich den richtigen Verlag, der das Buch veröffentlicht? Am Ende war der Bücherdeal zwischen Kurt und mir abgeschlossen und der Verlag wurde gefunden. Kurt hat das erreicht, was er sich schon lange gewünscht hatte. Er war hochzufrieden, und ich fing an, darüber nachzudenken, wie ich den Buchinhalt gestalte.
Die Welt um Kurt herum ist anders geworden. Das, was er daraus macht, bestimmt nun sein Leben. Er hat den Sprung in ein neues Leben geschafft. Nun wird er selbst Verantwortung tragen müssen, denn Leben findet täglich statt. Ich wünsche Kurt für seine neuen Aufgaben und Herausforderungen gutes Gelingen.
Konrad Fissneider
Mein Freund Konrad
Ich lernte Konrad Fissneider um die Jahrtausendwende an seinem Arbeitsplatz kennen und bin sehr dankbar dafür. Ich war damals wegen schwerer Alkoholprobleme als Patient im Krankenhaus Brixen beim „Dienst für Abhängigkeitserkrankungen (D. F. A.)" in Behandlung. In den folgenden Jahren tauschten wir ab und zu einige Worte aus. Gelegentlich sahen wir uns im Vorbeigehen. Zehn Jahre danach wurden wir gute Freunde.
2008 machte ich im Rehabilitierungs- und Beratungszentrum für Alkoholprobleme „Hands" in Bozen eine Entzugstherapie und stieß auf das