Schilddrüsenunterfunktion: Besser auf die Symptome achten! Ein Ratgeber für Patienten
Von Joachim Strienz
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Buchvorschau
Schilddrüsenunterfunktion - Joachim Strienz
Entscheidungen.
Wie zeigt sich eine Schilddrüsenunterfunktion?
Eine Unterfunktion können Sie an typischen Symptomen erkennen. Wir werden sie später genauer besprechen. Die meisten Menschen kennen die Schilddrüse, wissen jedoch nicht viel über sie. Sie wissen, dass sich die Schilddrüse am Hals befindet. Viele verbinden eine Vergrößerung der Schilddrüse mit einer Kropfbildung. In Wirklichkeit ist die Schilddrüse jedoch ein lebensnotwendiges Organ. Ohne sie ist kein Leben möglich. Ihre Hormone steuern wichtige Körperfunktionen.
Die Schilddrüse
Die Schilddrüse hat die Form eines Schmetterlings. Sie liegt an der Vorderseite des Halses, direkt vor der Luftröhre. Der obere Rand grenzt an den Kehlkopf. Die medizinische Bezeichnung lautet „Glandula thyreoidea. Die beiden „Flügel
des Schmetterlings werden als Lappen der Schilddrüse bezeichnet, die Verbindung zwischen dem rechten und linken Lappen heißt Isthmus.
Jeweils an den oberen und unteren Polen beider Schilddrüsenlappen befinden sich die Nebenschilddrüsen. Sie haben richtig gezählt, es sind vier Stück. Es sind kleine linsengroße Gebilde, die für den Kalziumstoffwechsel verantwortlich sind. Sie liegen außerhalb der Kapsel aus Bindegewebe. Seitlich grenzen rechts und links die Halsschlagader (Arteria carotis) und die Halsvene (Vena jugularis) an die Schilddrüse. Der Nervus laryngeus recurrens befindet sich seitlich hinter der Schilddrüse – er ist für die Beweglichkeit der Stimmbänder verantwortlich. Er darf bei einer Schilddrüsenoperation nicht verletzt werden, sonst sind die Stimmbildung und die Atmung behindert.
Aufbau der Schilddrüse
Eine Drüse, lateinisch Glandula, ist ein Organ, das mehrere besondere Substanzen bildet und diese als Sekret entweder nach außen oder als Hormon in die Blutbahn abgibt. Dieser letztere Vorgang wird auch als innere Sekretion bezeichnet. Die Schilddrüse ist eine solche Drüse. Die Hauptaufgabe der Schilddrüse ist die Bildung zweier Hormone. Sie heißen Thyroxin und Trijodthyronin.
Die Zellen der Schilddrüse sind die einzigen im Körper, die Jod aus dem Blut aufnehmen können, das Jod stammt normalerweise aus der Nahrung. Deshalb enthalten die Schilddrüsenhormone Jod. Thyroxin enthält vier Jodatome pro Molekül und wird mit T4 abgekürzt. Trijodthyronin hat drei Jodatome und heißt T3. Der andere Hauptbestandteil ist die Aminosäure Tyrosin, die ebenfalls mit der Nahrung aufgenommen wird. Beim Menschen beträgt normalerweise das Verhältnis von T4 zu T3 etwa 10 : 1, bei anderen Lebewesen kann das T3 in höherer Konzentration vorliegen. Beim Schwein z. B. beträgt das Verhältnis T4 zu T3 etwa 4 : 1. T3 ist das aktive Schilddrüsenhormon. T4 wird manchmal als Vorstufe oder als Speicherhormon bezeichnet.
Wenn die Schilddrüse normal funktioniert, erzeugt sie eine für alle Körperfunktionen ausreichende Menge der Schilddrüsenhormone T3 und T4. Sie wird dabei vom Steuerungssystem der Hirnanhangsdrüse, medizinisch als Hypophyse bezeichnet, kontrolliert. Die Hypophyse ihrerseits erhält Impulse vom Hypothalamus. Dieses Steuerungssystem sammelt alle Informationen, z. B. über die Körpertemperatur oder die Stressbelastung, wie ein großer Computer und gibt dann die Informationen an die Hypophyse weiter.
Dieses System funktioniert nach dem Gesetz der negativen Rückkoppelung. Wie bei einem Thermostat, der dafür sorgt, dass bei einem Abfall der Zimmertemperatur die Heizung anspringt, so wird bei der Schilddrüse nach einem Abfall der Schilddrüsenhormone das TSH verstärkt aus der Hypophyse ausgeschüttet. Damit wird die Schilddrüse aufgefordert, mehr von den Schilddrüsenhormonen zu bilden. Dieser Regelkreis kann allerdings durch zahlreiche Faktoren gestört werden und es ist für den Therapeuten wichtig, diese zu kennen.
TSH heißt Thyroidea (Schilddrüse) stimulierendes Hormon. Die Substanz aus dem Hypothalamus heißt TRH und bedeutet Thyreotropin(gemeint ist TSH)-Releasing-Hormon.
Auf der folgenden Übersicht werden die Zusammenhänge noch einmal verdeutlicht:
Größe der Schilddrüse
Die Größe der Schilddrüse, also ihr Volumen, kann leicht mithilfe der Sonografie bestimmt werden. Das Volumen ist abhängig von der Körpergröße, dem Alter und dem Geschlecht des Menschen. Das Volumen in ml entspricht dem Gewicht in Gramm. Wenn die Schilddrüse zu groß ist, spricht man von einer Struma. Die operative Entfernung der Schilddrüse wird Strumektomie genannt. Richtwerte für Frauen sind 12 bis 18 ml und für Männer 15 bis 25 ml.
Transport der Schilddrüsenhormone
Thyroxin und Trijodthyronin sind im Serum zu über 99 % an Transporteiweiße gebunden. Nur 0,03 % des Thyroxins und 0,3 % des Trijodthyronins liegen in freier Form vor. Die wichtigsten Transporteiweiße für die Schilddrüsenhormone sind das Thyroxin bindende Globulin (TBG) und das Albumin. Da T4 stärker an die Transporteiweiße gebunden ist als T3, unterscheiden sich beide in der biologischen Halbwertszeit. Sie beträgt beim T4 etwa eine Woche, beim T3 nur einen Tag.
Schilddrüsenunterfunktion
Bei einer Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) werden die Körperzellen mit Schilddrüsenhormonen unterversorgt. Der Stoffwechsel funktioniert so nur noch eingeschränkt, eine Mangelversorgung tritt ein. Je nachdem wie groß das Ausmaß des Hormonmangels ist, zeigt sich ein breites Krankheitsspektrum. Es reicht von der latenten oder subklinischen Hypothyreose, bei der der TSH-Wert bereits leicht erhöht ist, die Schilddrüsenhormone aber noch im Normbereich liegen, bis zur manifesten Hypothyreose, bei der auch die Konzentration der freien Hormone abfällt. Das sehr seltene hypothyreote Koma, eine Bewusstlosigkeit durch das Fehlen der Schilddrüsenhormone, stellt den Extremfall dar.
Frauen sind achtmal häufiger betroffen als Männer. Die Erkrankung tritt mit steigendem Lebensalter häufiger auf. Etwa 5 % der Bevölkerung leiden an einer manifesten und 10 % an einer latenten Schilddrüsenunterfunktion.
Primäre und sekundäre Hypothyreose
Unterschieden wird zwischen einer primären und einer sekundären Hypothyreose. Bei der primären Hypothyreose ist die Hormonproduktion der Schilddrüse unzureichend. Die sekundäre Hypothyreose entsteht durch eine fehlende Stimulation der Schilddrüse durch die Hypophyse. Theoretisch gibt es auch eine tertiäre Hypothyreose durch eine fehlende TRH-Produktion im Hypothalamus. Doch diese Form wird in Wirklichkeit nie diagnostiziert. Die meisten Hypothyreosen sind nicht reversibel, verschwinden also nicht von alleine.
Die häufigsten Ursachen beim Erwachsenen sind Schilddrüsenentzündungen, insbesondere die chronische Autoimmunthyreoiditis vom Typ Basedow oder Hashimoto oder sind Folgen „therapeutischer Maßnahmen" wie einer Radiojodtherapie oder einer Schilddrüsenoperation. Die sekundäre Hypothyreose tritt im Rahmen einer Hypophysenstörung auf, bei der auch andere Hormone, wie z. B. die Geschlechtshormone, fehlen können. Auch Medikamente wie Thyreostatika, Jod, Röntgenkontrastmittel, Lithium oder Amiodaron können eine Hypothyreose herbeiführen.
Eine besondere Gruppe bilden Patienten, bei denen wegen eines Schilddrüsenkarzinoms die gesamte Schilddrüse entfernt wurde und die sich danach einer Radiojodtherapie unterziehen mussten. Auch in der Schwangerschaft, bei Neugeborenen und Kindern, bei alten Menschen oder Menschen mit schweren anderen Erkrankungen, bei denen ein Absinken der Schilddrüsenhormone einen Schutzmechanismus darstellt (Low-T3- und Low-T4-Syndrom) zeigen sich ganz besondere Situationen. Eine autosomal dominant vererbte Schilddrüsenhormonresistenz mit Mutationen am T3-Rezeptor-Gen ist dagegen sehr selten.
Symptome der Schilddrüsenunterfunktion
Charakteristisch für die Schilddrüsenunterfunktion ist, dass sie sowohl bei Kindern und Jugendlichen als auch bei Erwachsenen aufgrund des schleichenden Verlaufs und der anfangs nur wenig ausgeprägten Symptome häufig erst spät erkannt wird. Die Mangelsituation zeigt sich erst allmählich, wenn mehrere Organsysteme betroffen