Kongo
Von Éric Vuillard
()
Über dieses E-Book
Éric Vuillard
Éric Vuillard, 1968 in Lyon geboren, ist Schriftsteller und Regisseur. Für seine Bücher, in denen er große Momente der Geschichte neu erzählt und damit ein eigenes Genre begründete, wurde er u. a. mit dem Prix de l’Inaperçu, dem Franz-Hessel-Preis und dem Prix Goncourt ausgezeichnet.
Mehr von éric Vuillard lesen
Traurigkeit der Erde: Eine Geschichte von Buffalo Bill Cody Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Tagesordnung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEin ehrenhafter Abgang Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Krieg der Armen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen14. Jul Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBallade vom Abendland Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Ähnlich wie Kongo
Ähnliche E-Books
Ballade vom Abendland Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEine Geschichte aus zwei Städten: Illustrierte Ausgabe Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Die Belagerung von Krishnapur Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTransparenztraum: Literatur, Politik, Medien und das Unmögliche Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Wiedergutwerdung der Deutschen: Essays & Polemiken Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Opferfalle: Wie die Vergangenheit die Zukunft fesselt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKindheit hinter Stacheldraht Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAußer Kontrolle: Deutschland 1923 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWildes Denken: Europa im Dialog mit spirituellen Kulturen der Welt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie bösen Buben von Wien: Gauner, Strizzis & Hallodris Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGeschichte(n) von Macht und Ohnmacht: Narrative von Männlichkeit und Gewalt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Recht auf Faulheit: mit einem Essay von Guillaume Paoli Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMolekulares Rot: Theorie für das Anthropozän Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenPartyinsel Ibiza: Alles über die legendären Clubs und DJs Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen"Bodhisattvaweg" und "Imitatio Christi" im Lebensgang Rudolf Steiners: Eine esoterisch-biografische Studie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEin russischer Roman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie tiefen Flüsse Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Der Allerhöchste Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGeneration 9/11: Die verhinderte Aufklärung des 11. Septembers im Zeitalter der Desinformation Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenNS-Verfolgte nach der Befreiung: Ausgrenzungserfahrungen und Neubeginn Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenJacques der Fatalist und sein Herr Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Diese bittere Erde (ist womöglich nicht, was sie scheint) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDIE EUROPA TRILOGIE / THE EUROPE TRILOGY: The Civil Wars, The Dark Ages, Empire (deutsch/englisch) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas unwirkliche Leben des Sergej Nabokow: Roman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWas kommt. Was geht. Was bleibt.: Kluge Texte über die wichtigsten Fragen unserer Zeit Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Geruch von Heu: Erzählungen Bewertung: 3 von 5 Sternen3/5Heul doch Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSpinnen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAufbruch und Aufstieg: Erinnerungen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenArmageddon: Roman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Fiktion für Sie
Hotel Berlin Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTabu: Sexgeschichten - Heiss und Obszön: Erotik-Geschichten ab 18 unzensiert deutsch Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHeiße Sexgeschichten: Ich liebe Sex: Sex und Erotik ab 18 Jahre Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Intimes Geständnis: Erotik-Geschichten ab 18 unzensiert deutsch Hardcore Sex-Geschichten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDresden: Roman einer Familie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Reich Gottes Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenRimbaud: Leben – Werk – Briefe Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenArmageddon: Roman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Große Garten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBe Dirty! - erotische Sexgeschichten: Erotikroman für Erwachsene ab 18 Jahren | unzensiert | deutsch Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Wie man die Frauen verführt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWo die Liebe ist, da ist auch Gott: Erzählungen Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Karl Kraus lernt Dummdeutsch: Oder Neue Worte für eine neue Welt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Katze und der General Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBabalon: Erzählungen Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Freuds Schwester Bewertung: 3 von 5 Sternen3/5Der Duft von Schokolade (eBook) Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Der große Gatsby Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Dantes Inferno I: Der Astroführer durch die Unterwelt, Frey nach Dantes "Göttlicher Komödie" Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Sommerfrische Bewertung: 3 von 5 Sternen3/5Das Geschenk Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEin Lied über der Stadt (eBook) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEin Zimmer für sich allein Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWovon wir träumten Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Amerika Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Das Haus in der Mango Street Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAusweitung der Kampfzone Bewertung: 3 von 5 Sternen3/5Das achte Leben (Für Brilka) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBriefe an Milena: Ausgewählte Briefe an Kafkas große Liebe Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIm Sparadies der Friseure: Eine kleine Sprachkritik Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Rezensionen für Kongo
0 Bewertungen0 Rezensionen
Buchvorschau
Kongo - Éric Vuillard
selbst.
DIE KOMÖDIE
Die Franzosen langweilten sich, die Engländer langweilten sich, die Belgier, die Deutschen, die Portugiesen und viele andere Regierungen Europas langweilten sich zu Tode; und da die Zerstreuung wohl ein menschliches Bedürfnis ist und eine immer grimmigere Abhängigkeit von diesem Zerstreuungsbedürfnis entstand, organisierte man zur Zerstreuung ganz Europas die größte Schatzsuche aller Zeiten. Zwei oder drei Jahrhunderte zuvor war Europa bereits ein erstes Mal über die Welt hergefallen, und der alte Kontinent hatte sich in der Gnade dieses ersten Appetits mehrere Überseeimperien einverleibt; dann war die Zeit vergangen, die Völker hatten sich ihre Unabhängigkeit genommen, und sobald dieses Scheitern verdaut war, erwachte Europa aufs Neue und fand plötzlich wieder Geschmack an der Eroberung. Diesmal wandten sich die Blicke in alle vier Himmelsrichtungen, denn mittlerweile kannte man die Grenzen der Welt besser, und genau innerhalb dieser Grenzen würde man sich ein Stückchen nehmen. Vorbei, die verwegenen Entdeckungen, die Reisen in Karavellen, die langen Expeditionen in unbekannte Landstriche. Künftig sollten der Telegraf und der Dampf die Werkzeuge des Erfolgs sein. Sie waren es, die wie Halbgötter die Welt durchquerten, nicht mehr auf der Suche nach Gewürzen oder Gold, sondern auf dass sich das Versprechen erfülle: die letzte Verwandlung der Menschen und der Erde in jene bildsame und grenzenlos nutzbare Materie, die wir kennen. Die ganze Welt wurde unversehens zum Rohstoff. Das war die letzte Verzückung, die Befriedigung all unserer Dürste.
All das ging zunächst ungeordnet vonstatten. Unmöglich zu sagen, wann die Sache angefangen hatte oder wieder anfing. England hatte einen kleinen Vorsprung, die alten Reiche zersetzten sich langsam. Man lebt immer zwischen zwei Welten, zwischen zwei Augenblicken der Geschichte, zwischen zwei Strömungen, die miteinander ringen und nie endgültig über die jeweils andere siegen, so als kämpften unsere Kräfte, unsere inneren Widersprüche, hier, vor unseren Augen, um uns das blutige Schauspiel unserer lächerlichen Händel darzubieten.
Schnell wollte man es besser machen. Es lohnte, sich abzusprechen, man würde weniger Zeit verlieren. Doch seltsamerweise organisierten weder Franzosen noch Engländer die unerlässliche Verhandlung, die zwischen den Eroberern einen Verhaltenskodex festschreiben sollte; es war Bismarck, der Kanzler eines in der Materie noch gänzlich unbewanderten Reichs, ohne Kolonialerfahrung, der dreizehn der entschlossensten Nationen einlud. Er, der seinen Namen einem Heringsgericht geben sollte, einem Farbstoff mit sensationellen chemischen Eigenschaften sowie der Pflanzengattung Bismarckia – ein Blätterfächer oben auf einem fasrigen Stamm, mit anderen Worten: die Bismarckpalme –, er, dem zu Ehren ein Archipel, mehrere Berge, ein Meer und sogar, weiß Gott warum, die Hauptstadt von North Dakota, ein trauriger Staat im Mittleren Westen der Vereinigten Staaten, ein Kaff mit kaum mehr Einwohnern als Bourg-en-Bresse, auf seinen Namen getauft wurden; er also, dem zu Ehren all diese Dinge seinen Namen annehmen sollten oder bereits angenommen hatten, lud Frankreich, Großbritannien, die Vereinigten Staaten, Portugal, Österreich-Ungarn, Belgien, Dänemark, Spanien, Italien, die Niederlande, Russland, Schweden und die Türkei nach Berlin ein; dazu die unzähligen Krankheiten, die ihn Tag für Tag begleiteten, Rheuma, chronische Kolitis, Magenbrennen, Venenentzündungen, Schlafstörungen und einiges mehr, um, im Namen des Allmächtigen Gottes die für die Entwickelung des Handels und der Civilisation in gewissen Gegenden Afrikas günstigsten Bedingungen im Geiste guten gegenseitigen Einvernehmens zu regeln, wie die Generalakte vom 26. Februar 1885 stipulierte, unterzeichnet von Bismarck, van der Straeten-Pontholz, Henry Sandford, Chodron de Courcel, Edward B. Malet, und neun weiteren Flaschen, die unterschrieben, je nachdem, in gotischer Schönschrift oder mit ihren Krähenfüßen.
Das hatte man noch nie gesehen. Man hatte noch nie gesehen, wie sich so viele Staaten auf eine böse Tat zu einigen versuchten. Es bedurfte vonseiten Deutschlands einer gehörigen Portion Macht und vonseiten Bismarcks einer gehörigen Portion Geschick, um diese ganze feine Gesellschaft einzubestellen und die Konferenz anzuberaumen. Zweifelsohne ein politisches Meisterstück.
DAS PALAIS RADZIWILL
Am Samstag, dem 15. November 1884, fand man sich ein. Langsam strebten die Bevollmächtigten in ihren Fräcken in den großen Salon. Die Kronleuchter warfen ihr Licht auf die Holzvertäfelungen, auch die hohen Terrassentüren taten ihre Arbeit. Die Stöcke stießen leicht an das Parkett, man verbeugte sich, begrüßte einander leise, umrundete gesittet den Tisch. Tische gab es ausgesprochen früh in der Menschheitsgeschichte, aber anfangs sind es bewegliche Platten auf Böcken, und erst in der Renaissance erscheint der Tisch, den wir kennen, der sich, am 15. November 1884, in der Mitte des großen Salons im Palais Radziwill in Berlin befindet. Bekanntlich eignet ihm ein emotionaler Wert, ist der Tisch gleichbedeutend mit dem Heim, weil sich die Familie um den Tisch versammelt, und er verkörpert für uns – die wir nicht der Teppichkultur angehören – Gemeinschaft und Teilen.
Hinter den Kulissen machen sich Heerscharen von Dienstboten zu schaffen.