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Aufstehen und heilen: Missbrauch und Exerzitien
Aufstehen und heilen: Missbrauch und Exerzitien
Aufstehen und heilen: Missbrauch und Exerzitien
eBook71 Seiten51 Minuten

Aufstehen und heilen: Missbrauch und Exerzitien

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Über dieses E-Book

Sexuell missbraucht: Zwar hat frau überlebt, aber sie ist im Innersten verletzt, immer wieder auch gelähmt und blockiert in Beziehungen. Oft weiß sie nicht, warum, oder sie weiß nicht, wie sie mit diesen Verletzungen leben und Beziehungen gestalten soll. Was hilft in dieser Situation, heil zu werden? Aus ihrer Lebensgeschichte heraus zeigt Elke Rüegger-Haller, wie es mit Hilfe ignatianischer Exerzitien gelingen kann, aufzustehen und zu heilen - frau muss selbst den Weg gehen, selbst aufstehen und selbst aktiv heilen. Das Buch erschließt biblische Geschichten für das Betrachten und gibt Anregungen für Betroffene und für jene, die sie begleiten.
SpracheDeutsch
HerausgeberEchter Verlag
Erscheinungsdatum1. Feb. 2009
ISBN9783429061166
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    Buchvorschau

    Aufstehen und heilen - Elke Rüegger-Haller

    Einleitung

    Missbrauchserfahrungen und Exerzitien – das ist ein Thema, das sich nicht umfassend auf 64 Seiten abhandeln lässt! Aber es lässt sich Wichtiges dazu sagen, und das möchte ich versuchen. Aus mehreren Gründen habe ich dieses heiße Eisen angepackt. Noch immer wird es ja, nicht nur in kirchlichen Kreisen, weitgehend verschwiegen.

    Zum einen bin ich selbst eine Überlebende. Ich möchte bewusst nicht von »Opfer« sprechen, sondern von »Überlebende«. Die Rede vom Opfer macht passiv, bringt Bedauern zum Ausdruck, auch ein wenig: »Da kann man eben nichts machen, damit muss man leben lernen.« »Opfer« betont auch das Wehrlossein. Ganz anders das Wort »Überlebende«: Es betont nicht nur die Dramatik der Verletzung, sondern auch die Kraft und den Mut der Frauen, mit diesem Trauma zu leben, sowie die aktive Auseinandersetzung damit, um sich aus der Opferrolle herauszuarbeiten.¹ Fast drei Jahre lang wurde ich als junge Frau von einem Pfarrer sexuell missbraucht. Der Kirche und ihren Würdenträgern habe ich nicht den Rücken gekehrt – im Gegenteil: Heute bin ich selbst Pfarrerin.

    Zum anderen habe ich für diese Missbrauchserfahrungen viel Heilendes erlebt auf dem Weg der Exerzitien des Ignatius von Loyola. Heute lebe ich in einer lebendigen und beglückenden Partnerbeziehung. Es gibt also Heilung – auch für dieses Trauma! Und eine lebensfördernde Spiritualität wie die ignatianische kann dazu wesentliche Hilfe leisten.

    Jeder Mensch geht einen eigenen Heilungsweg, so dass sich der eine Weg nicht einfach auf andere übertragen lässt. Aber es gibt Gemeinsamkeiten; auf diese hinzuweisen ist hilfreich und wichtig. Oft sieht alles hoffnungslos auf diesem Heilungsweg aus, auch für den Partner oder die Partnerin, die das alles ja miterleben. Vielleicht denkt ein Partner manchmal:

    »Manchmal hätte ich

    wirklich gerne

    eine Frau, bei der alles stimmt.

    Ich möchte nach Hause kommen,

    und sie ist da,

    sieht frisch und ausgeglichen aus,

    es duftet nach Kuchen …

    Stattdessen kommt sie mir entgegen,

    total schlampig,

    und muss mir unbedingt

    von einer neuen Erinnerung erzählen.

    Sie ist keine von diesen fröhlichen, adretten Frauen

    aus dem Fernsehen.«²

    Missbrauchsüberlebende brauchen neben dem Begleitetwerden auch Menschen, die einfach zuhören, am besten solche, die selbst erlebt haben, was es heißt, Überlebende zu sein. Selbsthilfegruppen oder auch Bücher mit Erfahrungsberichten können beim Dranbleiben helfen und ermutigen, weiterzugehen: »Stecke genauso viel Energie und Entschlossenheit in deine Heilung wie in dein Überleben in den letzten zehn oder fünfzehn Jahren.« So schreibt Dorianne, eine 35-jährige Überlebende.

    »Lauf nicht davor weg. Vergrab es nicht. Versuch nicht, eine neue Realität zu schaffen, indem du dich in irgendetwas hineinsteigerst oder dich durch deine Gefühle hindurchfrisst. Schneid dir nicht die Pulsadern auf. Pack das einfach an, denn es kommt sowieso immer wieder, wenn du weiterlebst. Es tut weh, aber du musst weitermachen. Das gehört einfach zu deinem Leben.« So Soledad, eine 28-jährige Überlebende.³

    Zwischenzeitlich begleite ich selbst Menschen auf dem Exerzitienweg – auch Überlebende. Oft bin ich schockiert, wie viele Frauen sexuellen Missbrauch erlebt haben. Immer wieder höre ich: »Ich gehöre auch dazu« – oder: »Das habe ich auch erlebt.« Was noch dazukommt: Nicht jede Frau weiß von ihrem Missbrauch, manche entdeckt ihn erst, wenn sie anderen zuhört oder ein Buch liest oder einen Text meditiert. Missbrauchserfahrungen sind oft ganz tief in uns verschlossen! Versteckt und verdeckt, und wenn sie dann angestoßen werden, kommen sie oft eruptiv. Was wir erlebt haben, ist tief in unserem Körper gespeichert – auch wenn wir das nicht (mehr) wissen (wollen).

    Ich bin Pfarrerin und vertrete entschieden eine Erfahrungstheologie. Was ich theologisch denke und weitergebe, muss sich in der Wirklichkeit überprüfen lassen. So prägen die Erfahrungen meine Theologie – Theologie und Leben stehen in einem ständigen Austausch und beeinflussen sich gegenseitig. Auch Ignatius war ein Erfahrungstheologe, daher fasziniert er mich immer wieder. Mit seinen Exerzitien half er biblische Texte erfahrbar zu machen und unser Leben ins Gespräch mit biblischen Geschichten zu bringen. Biblische Texte erleben kann jeder und jede, nicht nur die, die Theologie studiert haben. Er schreibt selbst: »Denn wenn der Betrachtende die wahre Grundlage der Geschichte so kennenlernt, dass er selbständig sie überdenken und auf ihren Grund dringen kann, und wenn er dabei irgendetwas findet, was die Geschichte ein wenig mehr erhellt und kosten lässt – mag dies nun durch eigenes Eindringen sein oder sofern die Einsicht durch göttliche Kraft erleuchtet wird –, so gewährt dies mehr Geschmack und geistliche Frucht, als wenn der, der die Übungen gibt, den Sinn der Geschichte

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