Jungschar XXL: Kinder, Action, Glaube: 12 praktische Entwürfe
Von Beate Hofmann, Olaf Hofmann und Frank E. W. Ortmann
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Über dieses E-Book
Jungschar ist eine Mischung aus Singen, Erzählen, Spielen und Andacht. Diese 12 Entwürfe für variable Kleingruppen und flexible Zeitrahmen bieten Kindern Erlebnisräume. Biblische Geschichten - frech erzählt aus dem Rabenschnabel - werden in kurzen Spielszenen originell umgesetzt und mit kreativen Vertiefungsangeboten, Spielen und Liedern kombiniert. Jeder Entwurf umfasst die Vorbereitung für das Mitarbeiterteam, Plenum und Anspiel, Programmideen für die Kleingruppe mit kreativen Spielentwürfen, Schlussplenum, Lied und Materialhinweisen.
Praktisches Know-how, fundiertes Wissen und wertvolle Impulse für die Arbeit mit Kindern.
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Buchvorschau
Jungschar XXL - Beate Hofmann
Autoren
A
GRUNDLAGEN
Einige Basisinfos
„Oh Gott, es ist eine traurige Zeit. Mein Vater will für eine Weile wegziehen, denn er hat sich mit meiner Mutter gestritten. Hilf mir, das durchzustehen."
Ein neunjähriges Mädchen schrieb dieses Gebet anonym für unsere Gebetskiste in der Jungschar. Es hat mich stark bewegt. Traurige Zeiten gibt es in vielfältiger Weise und fast jedes Kind kennt Zeiten der Traurigkeit und Einsamkeit. Trennung der Eltern, Krankheit, Beziehungsabbrüche durch Wohnortwechsel, Ärger in der Schule, Ausgrenzung unter Gleichaltrigen – es gibt viele belastende Situationen für Kinder. Eltern, Familie, Lehrer und auch die Gesellschaft wünschen sich starke Kinder. Wir wollen Persönlichkeiten, die durch Zeiten der Trauer gestärkt hindurch kommen, die dem Leben mit Neugier, Freude und Zuversicht begegnen. Doch das geht nicht indem man Kindern Hindernisse aus dem Weg räumt.
Was macht Kinder stark?
Wir können sie nicht nur schützen, sondern wir möchten sie stützen und begleiten. Es ist gut, wenn sie in – oder außerhalb – der Familie Menschen haben, denen sie vertrauen. Die Trauer aushalten, mittragen oder Rat geben, wenn sie danach gefragt werden. Kinder brauchen Orte, an denen sie angenommen und willkommen sind. Tiefe Stärkung erfahren Kinder (wie auch Erwachsene) aus dem Vertrauen in Gottes liebevolle Nähe. Wir sind davon überzeugt, dass eine tragfähige Gemeinschaft und eine positive Glaubensentwicklung Kinder stark machen. Deshalb brauchen wir immer wieder attraktive Angebote, in denen Kinder Gemeinschaft erleben, biblische Geschichten auf kindgemäße Art vermittelt bekommen und ihren Glauben entwickeln können.
In sieben Punkten wird dieses Modell für die Arbeit mit 6- bis 13-jährigen Kindern vorgestellt. Sieben als symbolische Zahl ist nicht zufällig gewählt. Hier soll ein Schöpfungsprozess deutlich werden. Wir freuen uns, wenn dieses Buch zur Reflexion bestehender und zur Schaffung neuer Angebote für Kinder innerhalb der Kirche anregt.
Wichtig erscheint uns im Autorenteam, dass sich Menschen für Kinder engagieren, Zeit, Ideen und viel Liebe investieren. Mit diesem Praxisbuch wollen wir diese Menschen unterstützen. Gemeinsam wollen wir Kinder stark für das Leben machen, indem sie sich von Gott geborgen, getragen und beflügelt wissen.
Ein Gedicht von Nora
(7 Jahre alt)
Stark geliebt.
Wer hat mich eigentlich lieb?
Ja, so fragen viele Kinder,
denn sie wissen nicht,
wer ihr richtiger Vater ist.
Sie fürchten sich in der Dunkelheit.
Doch ich glaube an dich
und gehe durch die dunklen Gassen
und fürchte mich nicht.
Seit zwei Jahren bin ich wieder live dabei. Ich halte Jungschar, wöchentlich, zusammen mit vier jugendlichen Mitarbeiterinnen. Jeden Mittwoch kommen fünfundzwanzig Mädchen im Grundschulalter ins Gemeindehaus. Da gibt es schon mal Platzprobleme – aber das ist ein angenehmes und leicht lösbares Problem. Was lockt die Mädchen trotz vollem Terminkalender und zahlreichen anderen Angeboten in diese Gruppe?
Wir haben Gemeinschaft, singen witzige oder tiefsinnige Lieder und haben jede Menge Spaß. Das Zentrale jedoch ist unser Erzählkreis mit anschließendem Gebetskreis. Hier bekommt jedes Kind Achtung, Wertschätzung und den Freiraum, etwas Persönliches einzubringen. Andere hören zu, sind fasziniert von den Erfahrungen, trauern mit um ein verstorbenes Haustier, freuen sich über Geburtstage oder gelungene Noten und wissen diese Lebenserfahrungen letztlich geborgen im Gebet vor Gott. Gebetskärtchen mit selbst formulierten Texten der Kinder werden begeistert gezogen. Fünf Kinder dürfen stellvertretend lesen und eine von uns Mitarbeiterinnen bindet das Erzählte in einem frei formulierten Gebet zusammen. Wir sind gemeinsam auf dem Weg des Glaubens unterwegs. Biblische Geschichten spielen wir den Kindern in kurzen Anspielen vor. Danach ist Raum für kreative Vertiefung oder auch ein spannendes Geländespiel.
Damit sind wir sehr nah dran an den Wurzeln der Jungschararbeit. Ein Kanon aus Singen, Erzählen, Spielen und Andacht soll den Kindern die schönste Stunde der Woche bescheren.
Der Name Jungschar entstand in der Zeit des ersten Weltkrieges. Anlässlich des Geburtstages des württembergischen Königs gab es eine Parade, bei der die Knabenabteilungen des Stuttgarter CVJM mitliefen und als „Jungschar-Regiment" vorgestellt wurden. Der Name blieb, die Bedeutung hat sich inzwischen vielfach erweitert.
Es gibt Minijungscharen für die Altersgruppe 6 bis 7 Jahre, traditionelle Gruppen für das Alter 8 bis 13, koedukative und geschlechtshomogene Gruppen. Die Anzahl der teilnehmenden Kinder schwankt zwischen 5 und 15. Nur wenige Gruppen haben mehr Mitglieder. Abhängig ist die Form und Gruppengröße von vielen Faktoren (Mitarbeiterteam, Kontinuität, Programm, örtliche Tradition etc.).
„Mein Kind kommt ja gerne in die Mädchengruppe, aber was ist das eigentlich, eine Jungschar?", so fragte mich neulich eine Mutter. Offensichtlich ist sie nicht die einzige, die diesen Begriff nicht kennt. Wer nicht aus der traditionellen kirchlichen Arbeit oder aus einem CVJM kommt, für den deutet der Begriff eher auf eine Jungengruppe als auf ein spezielles Angebot für Kinder hin.
Im 2007 vom Comenius-Institut herausgegebenen „Handbuch – Arbeit mit Kindern – evangelische Perspektiven, immerhin ein Buch mit 583 Seiten, findet sich kein Verweis auf die Jungschararbeit. Da gibt es unter der Rubrik „Evangelische Arbeit mit Kindern
alles von A bis Z, aber keine Jungschar. Sehr merkwürdig, wenn man die gleichzeitig erschienene Statistik des ejw „Jugendarbeit in Zahlen" dazu heranzieht. Hier wird die Jungschararbeit zahlenmäßig mit insgesamt 3.300 Gruppen als häufigster Gruppentyp evangelischer Kinder- und Jugendarbeit ausgewiesen. Circa ein Drittel der Gruppen ist koedukativ, ein Drittel nur für Mädchen und ein Drittel nur für Jungen. 86 % aller evangelischen Kirchengemeinden haben mindestens eine Jungschar. Das umfasst allein in Württemberg 42.675 Kinder im Alter von 6 bis 13 Jahren.
Mehr als 10.000 meist junge Menschen engagieren sich wöchentlich für diese Kinder als Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Ich finde, Jungschararbeit verdient jede Menge Beachtung!
Folgende Punkte sind Kernaussagen, die wir in der Jungschar für Kinder mit Leben füllen wollen:
Werteerziehung und Herzensbildung
Jungschar will Kinder stark machen. Die Kinder erfahren Begleitung im Leben und auf ihrem Glaubensweg. Jungschar ist Werteerziehung und Herzensbildung für Kinder gleichermaßen.
Glaube wird vorgelebt und erlebt
Glaube wächst in dem Maße, in dem Kinder positive Lebensbilder und persönlich praktizierten Glauben erfahren. Jungschar ist ein Ort, an dem Kinder biblischen Geschichten auf der Spur sind und handlungsorientiert erfahren, was es bedeutet, von Gottes Liebe getragen zu sein. Wir können voneinander lernen, denn Kinder haben oft einen sehr ursprünglichen und klaren Blick für das, was zählt.
Lebenskraft entwickeln
Soziale Nähe, tragfähige Beziehung, Zuwendung und Echtheit – das sind Wurzeln, aus denen Grundvertrauen und Lebensmut erwachsen. Nicht immer erfahren das Kinder in ihren Familien. Wie gut, wenn die Gruppe hier ausgleichen und Halt bieten kann.
Kostet nichts und ist dennoch gut!
Das Thema „Kinderarmut" macht die Runde durch die Medien. Jungschar ist ein ganz praktischer Baustein dagegen. Dieses kostenlose Angebot von CVJM und Kirchengemeinden ist offen für alle Kinder. Schade, wenn dies nicht bekannt wird.
Doch Jungschargruppen brauchen Investition. Räume und Materialien, vor allem aber Menschen, die Zeit investieren. Mitarbeitende zu finden, die wöchentlich verbindlich dabei sind, ist schwierig. Gerade eine Kombination aus verlässlichen, älteren Mitarbeitern und jungen, engagierten Menschen ist für die Kinder genial. Je mehr Mitarbeiter sich zusammentun, desto leichter wird die Vorbereitung für den Einzelnen und desto mehr Spaß macht das Ganze.
Kirche als Erlebnisraum für Kinder
Jungscharen fristen oft ein Nischendasein in alten Gemeindehauskellern, argwöhnisch beäugt, ob die Kinder nicht wieder zu viel Dreck machen. So kann das nicht funktionieren, wenn wir uns eine wachsende Kirche wünschen. Wir brauchen eine Lobby für Kinder. Menschen, die ein Ja zu aller Lebendigkeit, Mühe und Innovationsfreude von Kindern haben. Wie schön, wenn Jungschargruppen erleben, dass der Kirchenraum vom Glauben erzählt. Eine Kirchenübernachtung oder eine erlebnisreiche ChurchNight für Kinder kann ganze Familien aktivieren. Wer Gemeinde bauen will, muss bei den Kindern beginnen. Jungschar hat nicht ausgedient, aber diese Gruppenarbeit mit Kindern muss sich verändern, nach den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen fragen und nach vorne denken.
Stark für Kinder?
Ja, wir können viel bewegen. Mit neuen Jungschar-Modellen angesichts einer sich wandelnden Schullandschaft. Mit Schulungen für Erwachsene, die sich wieder in der Arbeit mit Kindern engagieren möchten, mit Wertschätzung für ehrenamtliches Engagement und mit einem offenen Herzen für Kinder.
Die aktuelle Situation der Arbeit mit Kindern ist sehr unterschiedlich. Einige Gemeinden werden mit ihren Angeboten fast überlaufen (Abenteuerland-Modelle, Kinderbibelwochen und -tage, Singkids-Angebote). Andere profitieren von gewachsenen Ortsstrukturen und dem örtlichen „Monopol" in der Angebotspalette für Kinder. Vor allem aber im städtischen Raum geht die Gruppenarbeit mit Kindern ebenso wie der Kindergottesdienst oft stark zurück. Hier einige Beobachtungen, die zwar erklären, aber noch keine neue Zielrichtung liefern können.
3.1. Kleine Gruppen – wenig Kinder
Kleine und kleinste Gruppen machen viele Programmangebote unattraktiv. Kinderangebote leben von der Vielfalt und Dynamik einer Gruppe. Aber auch in der Kirche und deren Angeboten wird der demografische Wandel unserer Gesellschaft spürbar.
Die Kinderzahlen gehen stetig zurück. Somit wird die Zielgruppe von vielen Gruppierungen unserer Gesellschaft stark umworben. Dies wird deutlich, wenn man die Angebote von Musikvereinen, Sportvereinen, etc. analysiert. Kinder werden zum kostbaren „Nachwuchsgut".
3.2. Angebotsvielfalt und Zeitmangel
Das zunehmende Angebot wird äußerst attraktiv an die Zielgruppe gebracht. Banken laden die Jüngsten zu Festen, Ausfahrten in Freizeitparks, etc. ein. Krankenkassen bieten attraktive Veranstaltungen. Sportvereine und Jugendfeuerwehr locken mit interessanten Programmen. Wenn dann noch Englisch für die Kleinen, „fit für die Schule-Kurse" oder das Programm der Musikschulen hinzukommt, kann man sich die Qual der Wahl für manche Familien vorstellen.
Eltern sind vielfach besorgt um die Zukunft ihrer Kinder. Der berufliche Werdegang beginnt gedanklich im Kindergarten. Das Kind soll wettbewerbsfähig sein in einer kälter und härter werdenden Gesellschaft.
Da muss der Nutzen von kirchlichen Angeboten sehr deutlich formuliert werden – allein aus Tradition wird bald niemand mehr sein Kind zu solchen Angeboten schicken. Zeit wird nicht nur bei Erwachsenen zum kostbaren Gut. Auch jüngere Kinder verfügen nur noch selten über unverplante Zeiten. Wir alle stehen unter dem Stress uns zwischen vielen unterschiedlichen Optionen entscheiden zu müssen. Wie kann Jungschar deutlich machen, dass gerade die unverzweckte Zeit des Gemeinschaftserlebens, das Entdecken biblischer Geschichten und die Entwicklung eines eigenen Glaubens wichtig sind?
3.3. Schule verändert sich
Ganz wesentlichen Einfluss auf die Jungschararbeit haben die Veränderungen im gesamten Schulbereich. Sie betreffen teilnehmende Kinder wie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gleichermaßen.
Die Ganztagesschule kommt mittlerweile auch für den Grundschulbereich. Zumindest die verlässliche Grundschule mit einer enormen Palette an zusätzlichen Arbeitsgemeinschaften (AGs) und nachmittäglichen Angeboten ist an vielen Orten Realität. Die Kinder haben einen randvollen Wochenplan. So ist es nicht verwunderlich, wenn unspezifische Angebote von den Eltern nicht unterstützt werden.
Hinzu kommt das achtjährige Gymnasium, welches eine Komprimierung des Lernens und eine zeitliche Ausweitung der schulischen Anwesenheit für die Schüler mit sich bringt. Jugendliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben immer weniger Freiraum für ein ehrenamtliches Engagement. Eine wöchentliche Jungschar zu halten erfordert nicht nur die Zeit zur Durchführung, sondern auch