Gefangen in der belagerten Stadt: Tatort Mittelalter, #4
Von Alfred Bekker
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Über dieses E-Book
Gefangen in der belagerten Stadt
Tatort Mittelalter Band 4
von Alfred Bekker
Der Umfang dieses Buchs entspricht 116 Taschenbuchseiten.
Der 14-jährige Ortwin wünscht sich nichts mehr, als in der nahen Stadt bei einem Handwerker in die Lehre gehen zu dürfen. Heimlich flieht er mit Wolframs Hilfe dorthin. Plötzlich wird die Stadt von einer feindlichen Macht bedroht. Ortwin findet sich mitten in einem spannenden Krimi wieder.
Alfred Bekker
Alfred Bekker wurde am 27.9.1964 in Borghorst (heute Steinfurt) geboren und wuchs in den münsterländischen Gemeinden Ladbergen und Lengerich auf. 1984 machte er Abitur, leistete danach Zivildienst auf der Pflegestation eines Altenheims und studierte an der Universität Osnabrück für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen. Insgesamt 13 Jahre war er danach im Schuldienst tätig, bevor er sich ausschließlich der Schriftstellerei widmete. Schon als Student veröffentlichte Bekker zahlreiche Romane und Kurzgeschichten. Er war Mitautor zugkräftiger Romanserien wie Kommissar X, Jerry Cotton, Rhen Dhark, Bad Earth und Sternenfaust und schrieb eine Reihe von Kriminalromanen. Angeregt durch seine Tätigkeit als Lehrer wandte er sich schließlich auch dem Kinder- und Jugendbuch zu, wo er Buchserien wie 'Tatort Mittelalter', 'Da Vincis Fälle', 'Elbenkinder' und 'Die wilden Orks' entwickelte. Seine Fantasy-Romane um 'Das Reich der Elben', die 'DrachenErde-Saga' und die 'Gorian'-Trilogie machten ihn einem großen Publikum bekannt. Darüber hinaus schreibt er weiterhin Krimis und gemeinsam mit seiner Frau unter dem Pseudonym Conny Walden historische Romane. Einige Gruselromane für Teenager verfasste er unter dem Namen John Devlin. Für Krimis verwendete er auch das Pseudonym Neal Chadwick. Seine Romane erschienen u.a. bei Blanvalet, BVK, Goldmann, Lyx, Schneiderbuch, Arena, dtv, Ueberreuter und Bastei Lübbe und wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt.
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Gefangen in der belagerten Stadt - Alfred Bekker
Gefangen in der belagerten Stadt
Tatort Mittelalter Band 4
von Alfred Bekker
Der Umfang dieses Buchs entspricht 116 Taschenbuchseiten.
Der 14-jährige Ortwin wünscht sich nichts mehr, als in der nahen Stadt bei einem Handwerker in die Lehre gehen zu dürfen. Heimlich flieht er mit Wolframs Hilfe dorthin. Plötzlich wird die Stadt von einer feindlichen Macht bedroht. Ortwin findet sich mitten in einem spannenden Krimi wieder.
Copyright
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker
© by Author
© dieser Ausgabe 2015 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
www.AlfredBekker.de
postmaster@alfredbekker.de
1
Zwei Tage war Ortwin ununterbrochen gelaufen. Jetzt schmerzten ihn seine Füße. Als er einen Bach erreichte, setzte er sich nieder und hielt die bloßen Füße in das eiskalte Wasser.
Dieser Bach, so wusste er, war die Grenze des Landes, das von der Burg Wildenstein aus beherrscht wurde. Hinter den Bergen lag die Stadt Barenberg. Dort wollte Ortwin hin. Einen weiteren Tag plante er für den Weg bis dahin ein.
Gerade fünfzehn Jahre alt war er – alt genug also, um allein in die Welt zu ziehen, wie er fand.
Ein Knacken im nahen Wald ließ ihn zusammenzucken. Er griff nach dem kleinen Bündel und dem Wanderstab. Abgesehen von seiner Kleidung besaß er auch gar nicht mehr.
Verfolgte man ihn?
Oder war das nur ein Reh, das in das dichte Unterholz geraten war und jetzt Schwierigkeiten hatte, durch das Gestrüpp wieder ins Freie zu finden?
Das Herz schlug dem Jungen bis zum Hals.
Was sollte er tun? Durch den Bach waten und dort einfach weiter in Richtung Barenberg laufen? Aber bis zu den Bergen gab es keine Deckung. Flache Wiesen erstreckten sich dort. Nur ab und zu gab es ein paar vereinzelte Bäume. Manche waren offenbar vom Blitz getroffen worden, weil sie so allein standen. Sie wirkten verwachsen. So als hätte sie vor langer Zeit mal jemand mit einer Riesenaxt gespalten.
Ortwin blickte sich nach einer Möglichkeit um, sich zu verstecken.
Aber die nächsten Gebüsche waren zu weit entfernt, als dass er sie noch hätte erreichen können, bevor ihn jemand sah.
Stimmen drangen aus dem Wald.
Männerstimmen.
Ortwin schluckte.
Jetzt oder nie! , dachte er. Eigentlich hatte er schon gedacht, es geschafft zu haben. Nie hätte er geglaubt, dass man ihn so hartnäckig verfolgen würde!
Für einen Moment stand Ortwin noch wie gelähmt da – ein sehr dünner Junge mit blonden Haaren.
Die Augen waren weit aufgerissen, als der Junge den ersten Reiter aus dem Wald kommen sah. Wie ein Schatten sah er aus. Als er wenig später ins Sonnenlicht ritt, glänzte sein Helm.
„Da ist er!", brüllte der Mann.
Ein weiterer Reiter folgte ihm aus dem Unterholz und da es dort immer noch knackte, war wohl auch mindestens noch ein weiterer Verfolger hinter Ortwin her.
Der Junge gab sich einen Ruck.
Er watete durch das eiskalte Wasser des Baches.
Bis zu den Knien sank er ein. Der Boden unter seinen Füßen war weich und glitschig. So schnell er konnte, versuchte er, dass andere Ufer zu erreichen. Dort zog er sich an dem langen, harten Gras am Ufer hoch und rannte, so schnell er konnte.
Er rannte um sein Leben und seine Freiheit, denn er wusste, dass die Männer, die hinter ihm her waren, ihn einfangen und einsperren würden.
Mit dem Traum, in die Stadt Barenberg zu gelangen, war es dann vorbei.
Wahrscheinlich würde man ihm nie wieder eine Chance lassen, zu entkommen.
Er keuchte. Der Schweiß perlte ihm von der Stirn und die schmerzenden Füße spürte er nicht mehr.
Alles, was an Kraft in ihm steckte, konzentrierte er jetzt darauf, davonzurennen.
Er wandte den Kopf zur Seite.
Aus den Augenwinkeln heraus bemerkte er eine Bewegung. Er hörte den Hufschlag der Pferde hinter sich, hörte, wie das Wasser des Bachs aufspritzte, während die Reiter ihre Tiere ans andere Ufer trieben.
Immer näher und näher kamen diese Geräusche.
Der Hufschlag hämmerte dumpf auf dem weichen,
grasbewachsenen Boden.
Ich schaffe es nicht! , erkannte er. Kein Mensch konnte es mit einem Pferd aufnehmen. Aber sich einfach gefangen nehmen zu lassen, das wollte Ortwin auch nicht.
Er fühlte, wie ihn von hinten jemand an der Kleidung packte.
Ortwin strauchelte zu Boden.
Er fiel ins Gras, blickte auf und sah als Erstes die Hufe von mehreren Pferden, die ihn umkreisten.
„Wir haben ihn!", sagte eine raue Stimme.
Die Männer waren bewaffnet. Sie trugen Schwerter und Streitäxte. Außerdem tellerförmige Helme aus Eisen, von denen manche schon recht verbeult waren und ihrem Besitzer offenbar das Leben gerettet hatten.
Sie alle trugen ein Übergewand mit dem Wappen des Burgherrn Norbert von Wildenstein.
Ortwin wusste allerdings, dass es sich bei den Männern keineswegs zum Ritter handelte, sondern nur um Burgmannen. So nannte man die Wächter, die der Baron dafür bezahlte, dass sie die Burg bewachten.
Dass der Baron sie hoch zu Ross reiten ließ, war eher ungewöhnlich. Normalerweise verrichteten sie ihren Dienst zu Fuß – aber in diesem Fall hätten sie dann wohl keine Chance gehabt, ihren Auftrag auszuführen und Ortwin gefangen zu nehmen.
Er wäre längst über alle Berge gewesen.
Und für einen Ritter wäre es normalerweise unter seiner Würde gewesen, einen flüchtenden Bauernjungen wie Ortwin gefangen zu nehmen.
Der Kampf gegen einen unbewaffneten Jungen brachte schließlich keine Ehre ein – und so hatte Baron Norbert das von der Burgwache erledigen lassen.
Ortwin stand auf. Die Knie drohten ihm zu versagen.
Die Burgmannen umringten ihn. Einer von ihnen stieg vom Pferd. „Deine Flucht ist zu Ende, Ortwin!", sagte er.
„Eins muss man ihm lassen! Er ist weiter gekommen, als wir gedacht hätten!", rief einer der anderen Männer.
Die anderen lachten heiser.
Der Mann, der abgestiegen war, nahm einen Strick vom Knauf seines Sattels.
„Streck deine Hände aus!, befahl er an Ortwin gerichtet. „Wir müssen dich fesseln.
„Was geschieht jetzt mit mir?", fragte der Junge.
„Das liegt nicht in unserer Hand", sagte der Burgmann.
„Darüber entscheidet einzig und allein Baron Norbert!"
2
Zur gleichen Zeit auf Burg Wildenstein...
„Höher mit der Lanze!", rief Ritter Ferdinand von Walden nun schon zum dritten Mal.
Ansgar hielt mit der Linken die Zügel des prächtig herausgeputzten Streitrosses. Unter dem rechten Arm klemmte er die Lanze. Dann ließ er das Pferd voranpreschen und bemühte sich dabei, die Lanzenspitze etwas höher zu halten, wie Ferdinand es von ihm forderte.
Aber das war sehr schwer.
Das Pferd hatte diese Übung schon so oft hinter sich gebracht, dass es von allein wusste, was es zu tun hatte. Es wurde immer schneller und galoppierte geradewegs auf den leicht hin und her schwingenden Sandsack zu, der an einem Holzgestell hing.
Damit sich Ansgar besser vorstellen konnte, dass dieser Sandsack eigentlich ein Ritter sein sollte, der ihm im Turnierkampf gegenüberstand, hatte Ferdinand von Walden ihm ein altes, zerrissenes Hemd umgehängt und außerdem seinen eigenen Ritterhelm oben festgebunden.
Ansgars Lanzenspitze traf den Sandsack genau in der Mitte mit solcher Wucht, dass die Spitze eine ganze Handbreit eindrang und sich verhakte. Der Sack schwang zurück – und wieder vor. Ansgar klammerte sich so fest er konnte an der Lanze fest, spürte aber, dass er regelrecht aus dem Sattel gehoben wurde.
Das Pferd jagte davon und lief auf dem Stück bis zur Burgmauer langsam aus.
Ansgar landete jedoch unsanft auf dem Pflaster im inneren Burghof von Burg Wildenstein. Der hölzerne Lanzenschaft schlug gegen seinen Kopf und außerdem taten ihm Po und Rücken weh.
„So ein Mist!, rief er. „So ein verfluchter Mist! Ich werde das nie schaffen!
„Doch, das wirst du!, widersprach Ferdinand von Walden, bei dem Ansgar als Knappe in der Ausbildung war. „Und das sah auch schon sehr gut aus.
„Und wieso liege ich dann im Dreck?"
„Weil du die Lanze loslassen musst, wenn sie sich verhakt.
Wenn du dich daran festklammerst, hebelt sie dich aus dem Sattel, das ist doch klar!"
Der Ritter kam herbei und reichte Ansgar die Hand. „Hör mal, du bist gerade fünfzehn und wir haben erst vor kurzem mit dem Lanzentraining begonnen."
Ansgar rappelte sich wieder auf.
„Trotzdem..."
„In einem echten Turnier wäre es übrigens auch sehr unwahrscheinlich, dass die Lanze feststeckt, weil dein Gegner dann eine Rüstung trägt, die nicht durchdrungen wird. Und damit das beim nächsten Versuch nicht noch mal passiert, werde ich eine Holzkugel auf der Spitze befestigen. Ich glaube, das ist besser!" Ansgar nickte.
Er blickte etwas verschämt zu seinem Freund Wolfram hinüber.
Dieser hatte sich das Spektakel auf dem inneren Burghof natürlich ebenso wenig entgehen lassen, wie ein Dutzend Küchenkinder, die eigentlich dem Küchenmeister hätten helfen müssen. Aber der Küchenmeister von Burg Wildenstein besprach gerade mit der Burgherrin die Mahlzeiten der