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Ein Gramm Liebe, bitte: Schicksalsroman
Ein Gramm Liebe, bitte: Schicksalsroman
Ein Gramm Liebe, bitte: Schicksalsroman
eBook229 Seiten2 Stunden

Ein Gramm Liebe, bitte: Schicksalsroman

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Über dieses E-Book

Edithas Schicksal ist, leben und zu funktionieren. Sie kämpft sich durch die Zeit, in der das weibliche Geschlecht weder ein Wahlrecht, noch Arbeitsrecht und auch kein Entscheidungsrecht hatte. Den Frauen war die Mutterrolle zugeteilt. Uneheliche und nicht arische Kinder, sowie deren Mütter sind von der Gesellschaft ausgeschlossen. Über Edithas Herkunft schwebt eine geheimnisvolle Wolke. Sie ist nicht mal siebzehn Jahre und wird schwanger. Um frei zu sein, läßt sie ihr noch ungeborenes Kind von ihren Arbeitgebern adoptieren. Ihre vermeintliche Mutter erfährt von dieser Adoption erst nach Geburt des Kindes. Noch im Spital versucht sie mit einem brutal energischen Auftritt die Kindesübergabe zu verhindern. Editha wird beschimpft, geschlagen und aus dem Haus geworfen. Die Fürsorge nimmt sich der jungen Mutter an. Das Neugeborene kommt in die Obhut der Großmutter.
Editha versucht ein solides Leben zu führen. Muss jedoch Missbrauch und Verlust ertragen. Kurz vor einer geplanten Heirat bricht die Vergangenheit endgültig über sie ein, und sie sinnt auf Rache.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum16. Apr. 2018
ISBN9783739271781
Ein Gramm Liebe, bitte: Schicksalsroman
Autor

Chistl Schimpl

Liebe zu geben und zu bekommen ist Glück. Glück ist auch, gesund zu sein und in einer friedvollen Welt leben zu können. Friedvolle Welt ist, gib Liebe aus dem Herzen. Herz ist, was Dein Wesen ausmacht. Es kann hart, kalt und auch weich und gütig sein. Was das Leben dir bietet und auch nicht - Du selbst steuerst den Wagen deines Schicksals. Willenskraft und eine riesige Portion Glück bringen einen Menschen aus der Problematik einer miesen Atmosphäre. Gewalt und Demütigung ist grausam

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    Buchvorschau

    Ein Gramm Liebe, bitte - Chistl Schimpl

    Ein Roman über Liebe, Leid und Leidenschaft

    Namen und Orte sowie Handlung sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit Personen und Handlung sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

    Edithas Schicksal ist, leben und zu funktionieren. Sie kämpft sich durch die Zeit, in der das weibliche Geschlecht weder ein Wahlrecht, noch Arbeitsrecht und auch kein Entscheidungsrecht hatte. Den Frauen war die Mutterrolle zugeteilt. In der Öffentlichkeit sollte die Frau ein moralisches und musterhaftes Auftreten haben. Uneheliche und nicht arische Kinder, sowie deren Mütter sind von der Gesellschaft ausgeschlossen.

    Über Edithas Herkunft schwebt eine geheimnisvolle Wolke. Sie ist nicht mal siebzehn Jahre und wird schwanger. Um frei zu sein, lässt sie ihr noch ungeborenes Kind von ihren Arbeitgebern adoptieren.

    Von dieser Adoption erfährt Ihre vermeintliche Mutter erst nach Geburt des Kindes. Noch im Spital versucht sie mit einem brutal energischen Auftritt die Kindesübergabe zu verhindern.

    Editha wird beschimpft, geschlagen und aus dem Haus geworfen. Die Fürsorge nimmt sich der jungen Mutter an. Das Neugeborene kommt in die Obhut der Großmutter.

    Editha versucht ein solides Leben zu führen. Muss jedoch Missbrauch und Verlust ertragen. Kurz vor einer geplanten Heirat bricht die Vergangenheit endgültig über sie ein und sie sinnt auf Rache.

    Wien, du geliebte, schöne Stadt ich will dich nie

    verlassen.

    Inhaltsverzeichnis

    Editha

    Die Entbindung

    Die Adoptiveltern

    Der Kindesvater

    Mutter und Kind

    Wieder zu Hause

    Edithas steiniger Weg

    Sehnsucht nach Liebe

    Schlimmes Erwachen

    Die Detektivarbeit

    Die Hochzeit ist geplant

    Neuanfang

    Die Heirat ist geplant

    Editha

    Unbarmherzig und eiskalt kam der Winter im Dezember 1943 in Wien an. Ebenso grausam mitleidlos schien die Zeit für Editha Handel, die nachdenklich und bekümmert in ihrer kleinen hellen Mansarde hin und her wanderte. Kuschelig wohlige Wärme erzeugte lediglich ein gusseiserner zylinderförmiger Kanonen-Ofen. Er hatte wunderschöne Verzierungen. Durch die kunstvoll gearbeiteten Ornamente war dieser Ofen der einzige Glanzpunkt des Raumes.

    Editha runzelte ihre Stirn. Der Kohlen-Eimer war schon wieder leer. Vom Keller das schwarze Gold hoch zu schleppen; wurde für sie von Tag zu Tag beschwerlicher. Es fehlten auch so manch wichtige Einrichtungen und Bequemlichkeiten. Wohlfühlen konnte sich Editha nie in diesem Haus. Wasser schöpfte man mühselig aus Brunnen. Anfangs kam meist nur spärlich rostiger Gänsewein. Erst nach mehrmals anstrengenden, kraftvollen Pumpen floss nach und nach das brauchbare nasse Element. Oft kam gar kein Wasser. Auch nicht nach strapaziösen, schweißtreibenden, schnellen betätigen des Schwengels. So füllte Editha Wasser in die Öffnung, in der die Kolbenstange steckte. Sie pumpte so lange, bis nützliches Nass ausgespuckt wurde. Brunnen befanden sich in der Waschküche im Kellergeschoß und im Garten. Dieser war aufgefroren – kaputt. Er hätte vor Einbruch des Winters abgebaut werden müssen. Entweder es wurde vergessen oder man war nicht fähig es zu tun.

    Auch noch allgemeine Stromsperre. Das war furchtbar. Es betraf achtunddreißig bewohnte Häuser der Parzelle eines Randbezirks in Wien. So standen in einem dieser Häuser, ein zweistöckiges unverputztes Gebäude, an jedem Tür-Eingang Petroleum-Lampen und Kerzen bereit. In dem Haus wohnten nicht nur die Besitzer mit ihren Kindern, auch Flüchtlinge. Viel zu viele Leute fummelten an diesen Lampen rum. Editha ärgerte sich oft darüber. Brannte die Flamme einmal so wie`s sein sollte, weiß und hell, wurde der Docht aus Sparmaßnahmen verstellt und das Glas verrußte. Petroleum wurde entweder vergessen nachzufüllen, oder die Flaschen und Kanister waren leer. Streichhölzer fand Editha ebenfalls keine mehr vor. Tja, die wurden immer und überall geklaut. Das gab oft Streit im dem Haus, denn keiner wollte es gewesen sein.

    Editha Handel war in ihren jungen Jahren ein kleiner Bücherwurm, der Bücher, jedes Romanheft und Zeitschriften wissbegierig verschlang. Das Mädchen ließ jedes Mal ihren Lesestoff ganz schnell unterm Kopfkissen verschwinden, sobald sie Rufe oder Schritte der Mutter hörte. Diese sah es gar nicht gerne, wenn die kleine Leseratte versunken schmökerte, anstatt im Haushalt zu helfen. Vor allem sollte sie ihre drei Halbgeschwister versorgen und schleunigst ihr Brot selbst verdienen. Deshalb wurde sie als Hilfskraft in die naheliegende Metallfabrik geschickt.

    In ihrer Schulzeit bekam Editha öfter mal Chancen sich zu beweisen, sie könne mehr, sie könnte Vorzugsschülerin sein. Wissensdurstig verschlang sie förmlich den Unterrichtsstoff und bestand jegliche Prüfung mit der besten Note und sogar mal mit einem Stern. Ihre Schuljahre hätte sie mit Glanz und Gloria abschließen können, wenn die Fehleintragungen nicht gewesen wären. Tja, sie musste nicht nur im Haushalt helfen. Sogar beim Hausbau hat man von ihr erlangt, mit zu arbeiten. Überall dort, wo die Arbeiter nach ihr riefen, musste sie helfen. Das Wohnhaus attraktiver und behaglich, sowie heimelig zu gestalten, war eine unendliche Lebensaufgabe. Wahrscheinlich für mehrere Generationen. Auf die Sanitären Anlagen hatte man wohl vergessen. Es fehlten Wasserleitungen und Toiletten. Die Zimmer waren unverputzt. Blanke Ziegel mit den mörtelverschmierten Fugen strotzten in die Räume. Der Errichter des Wohnhauses, Vater Maximilian Prochazka, wurde in den Krieg einberufen und das Haus musste er unfertig verlassen, so dass die Lebensbedingungen sehr schlecht und ärmlich waren. Erst wenn wieder Geld und Material vorhanden war, konnte weiter an dem Gebäude gearbeitet werden. Maximilian Prochazka, der Vater, fehlte überall. Agnes Prochazka musste das Regiment alleine führen.

    Das junge Mädchen Editha half wie ein ausgewachsener Mann am Bau. Sie rührte den Mörtel, schupfte die Ziegelsteine zu den Arbeitern hoch. Sie kletterte furchtlos auf den höchsten Giebel. Ein Arbeitstier wurde ran gezogen – so sah man sie gerne.

    Ja, aber für was und für WEN die ganze Müh` und Plag? Trübsinnig erkannte Editha, dass nichts, aber wirklich nichts für sie selbst nützlich sein würde. Sie arbeitet für eine große Familie. Ihre Hände waren rau und rissig. Und weil diese oft bluteten, konnte sie nicht mal an ihrer Aussteuer nähen. Die Zeit dafür fehlte ebenfalls. Ihre Tüchtigkeit und ihr Fleißig wurde nicht belohnt. Man sollte mit ihr zufrieden sein, denn sie fürchtete das Wort „Schmarotzerin". So nannte sie mal ihre Mutter Agnes Prochazka. Wenn sich Editha entspannen wollte und sie keiner vermisste, zog sie sich in die kleine Mansarde zum Lesen zurück.

    Editha wurde nach einer kurzen Liebesaffäre zu ihrem Unglück schwanger. Nicht mal siebzehn Jahre war sie und auch noch unverheiratet. Das passte nicht zusammen! Eine minderjährig, ledige Mutter, die ein Kind von einem Ausländer austragen sollte. Sie wäre der Spott der ganzen Parzelle. Was tun? Abtreiben lassen! Schoss es ihr in den Kopf. Aber wer macht so etwas ohne Geld?

    Tja, was hätte aus ihr alles werden können. Sie war tüchtig, hatte eine schnelle Auffassungsgabe und war begabt für Vielerlei. Opernsängerin, ja, das wäre es gewesen! In schönen Kleidern im Rampenlicht der Öffentlichkeit stehen. Singen und Theater spielen und dabei viel Geld verdienen. Der ganzen Familie hätte sie es zu gerne mal so richtig zeigen wollen:

    „Seht ihr!? Ihr habt mich nicht gewollt, und nun bringe ich euch so viel von meinem verdienten Geld womit Ihr euch alles leisten könnt. Eure sämtlichen Wünsche erfüllt die Nichtssagende, Verkommene, die Schmarotzerin, Editha!"

    Aus der Traum!

    Als sie noch zu Schule ging, ermunterte sie eine Lehrkraft:

    „Editha du hast das Zeug und die Begabung zum Studieren. Besuche wenigstens die Handelsschule."

    „Danke Frau Lehrerin. Das kann ich mir aus dem Kopf schlagen."

    Hm – naja. Editha hätte, könnte und täte! Doch ein Studium war zu gegebener Zeit utopisch und unerreichbar. Nicht allein wegen der Kosten. Sie kam zu falschen Zeit auf die Welt. Es herrschte der Nationalsozialismus. Vor diesem Krieg hätte sie sicher gute Chancen gehabt.

    „Ein Studium widerspräche der Natur der Frau. Die Emanzipation wurde als Erfindung des jüdischen Intellekts bezeichnet, die die vorbestimmte Geschlechterordnung zerstöre."

    Hirngespinste!

    Die Rolle der Frau war Hausfrau und Mutter zu sein. Frauen hatten keinen Anteil an der Weltgeschichte, da die Politik allein den Männern vorbehalten war. Frauen waren sozusagen entmündigt.

    Nur ein Junge, ein Mann war für ein Studium geeignet. Wer aus arischer Rasse stammte, aus gutem Hause und aus Akademikerkreisen kam, der hatte gute Voraussetzungen einen Studienplatz zu bekommen. Aber doch niemals ein weibliches Arbeiterkind! Für ein Mädchen genügte es, die Hausarbeit verrichten zu können. Eine Aussteuer, die sogenannte Mitgift, die man sich selbst nähte, in eine Ehe einzubringen. heiraten, Kinder kriegen. Je mehr umso ehrenvoller. Das war eine pflichtbewusste Mutter. Die arische deutsche Mutter erhielt ab vier Kinder das bronzene, ab sechs Kinder das silberne und ab acht Kinder das goldene Mutterkreuz. Es war ganz normal sich vom Ehemann ernähren lassen.

    Aha, so funktionierte das!

    Nun ja, für die Fortpflanzung hätte Editha bereits gesorgt, wenn auch ungewollt. Eine Gebärmaschine für Führer und Vaterland, heiraten und Familie umsorgen – oh nein! Davon wollte Editha nichts wissen. Sie hatte ihre Nase von Männern gestrichen voll – für immer!

    Dass sie so gar keine in die Zukunft gerichteten Überlegungen anstellen konnte, dafür gab sie sich selbst die Schuld. Warum bringt sie den Mut nicht auf, einfach ihrer Mutter gegenüber ungehorsam zu sein, sich aufzulehnen. Beschimpfungen und Dresche bekam sie je nach deren ihrer Laune, oft ohne Grund. Wie andere ihr tägliches Brot. Die Hiebe erfolgten mal mit dem Pracker (Teppichklopfer), dem Kochlöffel und mit Agnes Prochazkas fürchterlich brennenden, bloßen Händen. Ja, eben, deswegen – Editha hatte Angst. Nach den Schlägen verspürte sie nicht selten Schmerzen am und im Kopf, sowie am Körper. Sie musste trotz allem weiter ihre Arbeit verrichten.

    Wie sah sie denn Edithas Zukunft aus? Diese lag in dichten schwarzen, total finsteren Wolken vor ihr. Ihr Leben sei bereits schon durch die Schwangerschaft versaut. Oft kamen Erinnerungen in ihr hoch – aber nur ganz vage. Sie dachte an eine andere Mutter, einen anderen Vater. Sie glaubte, sich an nette liebe Menschen erinnern zu können. War es nur ein Wunsch von ihr oder auch nur ein Traum? Ihre Vermutung und Gedanken, wagte sie nicht laut auszusprechen. Sie vergrub sich dann all zu gerne in die Romanheftchen. Sie versetzten Editha für kurze Zeit in eine andere, heile und liebevollere Welt. Eine Welt der Träume.

    Regelmäßig hörte sie sich die Nachrichten aus dem Volksempfänger an.

    „Luftangriffe durch US-Bomber. Es trifft den wichtigsten Verkehrsknotenpunkt an der Versorgungslinie nach Italien und Innsbruck. Bahnanlagen und das Stadtgebiet sind schwer in Mitleidenschaft gezogen, es gibt über zweihunderteinundachtzig Tote."

    Editha saß an einem runden Tisch, mit aufgestützten Ellenbogen ganz dicht neben dem Radio. Beklommen spricht sie zu sich selbst:

    „Dieser schreckliche Krieg. Und Mitten in diese gefahrenträchtige Zeit werde in Bälde ein Kind gebären. Angst und bange wird mir."

    Am 19. Dezember 1943 lauschte Editha wieder die Nachrichten. Die US-Bomber hatten nochmals Innsbruck angegriffen. Wegen schlechtem Wetter und dichter Wolkenschicht über Österreich, wurden dann Angriffe auf österreichischem Gebiet vorübergehend eingestellt.

    „Vorübergehend? Können die uns denn nicht ganz gar vergessen?" Murmelte sie missgestimmt. Sie hielt sich ununterbrochen fast schon unbewusst ihren kugelig, schweren, großen Bauch. In letzter Zeit beulte er sich öfter als sonst mal rechts und links gewaltig aus.

    „Es wird ganz bestimmt ein Junge. So ein kräftiges wildes Strampeln. Das kann nur ein Junge sein. Er schlägt jetzt schon um sich. Ha – der lässt sich mal bestimmt nicht alles gefallen, so wie ich!"

    Es wurde dunkel in dem kleinen Giebelzimmer. Aha, die Fensterluke war völlig vom Schnee bedeckt. Um diese frei zu fegen, stellte sich Editha bauchhaltend auf das Stockerl, einem Schemel.

    „Nur jetzt keinen falschen Schritt tun".

    Mit großer Anstrengung und schmerzverzerrter Mimik schob sie die Luke aus der Halterung. Wumm! Sogleich rutschte die weiße Ladung übers Dach. Den Restschnee schob sie mit bloßer Hand weg und kratze mit den Fingernägeln die eisigen Rillen frei.

    „Huuch. Brrrr - so bitter, eisig kalt ist`s".

    Sie schüttelte sich fröstelnd. Es schneite immer noch. Doch der Wind hatte nachgelassen und die dicken großen Flocken tanzten durch die Dachluke in die Kammer hinein. Dort hinterließen sie nasse kleine Tropfen. Editha befestigte einen Jutesack um das kleine Giebelfenster, damit war die Kälte besser abgehalten, aber dafür wiederum finster in der Kammer. Eine Schaufel der Kohlen schüttete sie noch in den Kanonenofen, erwärmte sich reibend ihre Hände daran und entzündete den Docht der Öllampe. Öffnete den vorbereiteten Koffer für den Krankenhausaufenthalt, steckte Zahnbürste, Creme, ein Scherzel (Randstück eines Brotlaibes) und ein Heft eines alten, bereits gelesenen Liebesromans rein. Anschließend legte sie sich voll angezogen mit einer dicken Wolldecke aufs Bett und versank lesend unterm spärlichen Licht der Petroleumlampe im Buch „Die göttliche Lady", das ihr Elvira Wichert schenkte.

    Endlich war Ruhe im Haus. Kein Geschrei der Mutter und der Halbgeschwister war mehr zu hören. Nur der kleine Junge in Edithas Bauch streckte ab und zu sein Fäustchen. Oder waren es seine Füße? Der Wecker am Nachtkästchen zeigte bereits eine Stunde nach Mitternacht. Sie dürften jetzt alle schon schlafen. So dreht Editha an der Petroleumlampe den Docht runter schlief ebenfalls tief und fest die restlichen Stunden bis zum nächsten Morgen.

    Die Entbindung

    Es war der vierundzwanzigste Dezember. Der Tag vor dem „Heiligabend" und sieben Tage nur, bis zum Jahresende. Der Himmel war an diesem Morgen besonders milchig grau. Die Erde weiß und ein kräftiger Wind wehte den Schnee in undurchsichtigen Schleiern durch die Straßen und Gassen. In der Mansarde trippelte Editha von einem Bein auf das andere. Sie klagte und jammert vor sich hin.

    „Oh, oh, Es wird bald so weit sein. Der Bursche will raus. Oh, diese stechenden Schmerzen, Au – au – au"

    Sie biss ihre Zähne zusammen und verzog vor Schmerz ihren Mund. Die Höllenqualen waren zum Glück nach einigen Sekunden wieder weg.

    „Och, tat DAS weh!"

    Aufseufzend und stöhnend sank sie auf ihr Bett zurück. Sie setzte sich mit gespreizten Beinen lediglich auf die Bettkante, um den schweren Babybauch darauf stützen zu können. Ihr Blick streifte das kleine fertig gepackte Köfferchen, das sie unterm Tisch liegen

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