Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

..wo der Pfeffer wächst: Tropische Alltäglichkeiten
..wo der Pfeffer wächst: Tropische Alltäglichkeiten
..wo der Pfeffer wächst: Tropische Alltäglichkeiten
eBook253 Seiten2 Stunden

..wo der Pfeffer wächst: Tropische Alltäglichkeiten

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Kleine Einführung in Tropenzauber und Charakterwildwuchs abseits von Luxus-Tourismus, Weltkultur-Beuteln und Rucksack-Sandalismus. Der in siebzehn schonungslosen Episoden analysierte Alltag multi­kultureller Tropen-Communities hält dem erfahrenen Übersee-Kommunarden einen augenzwinkernden Spiegel vor. Ambitionierte Weltverbesserer, Ich-Finder mit Kultur-Tauch-Anspruch und klischeemüde Auswanderungswillige hingegen finden darin behutsam vorbereitende Ernüchterung.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum30. Mai 2011
ISBN9783844881905
..wo der Pfeffer wächst: Tropische Alltäglichkeiten
Autor

Claudine du Cyprès

Geheime und weniger geheime wissenschaftliche Missionen und unheimliche Abenteuerlust ließen die Autorin schon in vielen exotischen Biotopen weilen. Dort kolportierte sie dann unter verschiedensten Pseudonymen zu Frust und Lust der Compatrioten und anderer Unterhaltungssuchender ganz natürliches Alltagsleben.

Ähnlich wie ..wo der Pfeffer wächst

Ähnliche E-Books

Ähnliche Artikel

Rezensionen für ..wo der Pfeffer wächst

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    ..wo der Pfeffer wächst - Claudine du Cyprès

    VOLTAIRE

    Aus Winterfrust zu Tropenlust

    Just als unsere Überwinterung in Europa unabwendbar schien, riss uns ein Telegramm aus novemberlichem Trübsinn: neue Destination 10° West, 7° Nord. Unser Wirkungskreis sollte zukünftig ziemlich genau 6.000 km weiter südlich liegen und damit mitten in den Tropen. Ab sofort galt es also nicht mehr, sich auf den Winter, sondern auf eine weitere Übersee-Expedition vorzubereiten.

    Basis zu jeder Vorbereitung aber ist Information, die uns auch sehr hochglänzend und seitenzahlintensiv vorlag, jedoch mit dem Makel behaftet war, eben der Company zu entstammen, in deren Auftrag wir reisen und schaffen sollten. Da aber, wie jeder weiß, Werbung und Realität zwei verschiedene Dimensionen haben, zogen wir es vor, individuelle Informationsquellen - sozusagen unabhängig und überparteilich - zu recherchieren.

    Obwohl ansonsten eher nonkonformistisch, waren wir für diesen Problemkreis durchaus auch der landläufigen Meinung, dass in deutschen Buchhandlungen und Bibliotheken praktisch über jeden Zipfel unserer Erde Literatur vorläge. Statistisch gesehen erwies sich das auch als zutreffend, nur hatten wir mit Peppercountry gerade die Ausnahme erwischt, die nötig ist, um solches als Regel zu manifestieren. Sämtliche Kulturen - Sub- bis Hoch- - waren führermäßig greifbar, nur unser Gastland in Spe wurde selbst bei den Rucksacksafari-Abenteuern im unbekannten Afrika nicht berücksichtigt.

    Ein wirklich sehr geduldiger und hilfsbereiter Agenturinhaber förderte schließlich aus seinen Archiven immerhin die Information zutage, dass es sich um ein afrikanisches Land handele, in dem Pfeffer gedeihe. Leider war dies gerade einer der Fundamentalsätze der Companywegleitung, die wir nicht angezweifelt hatten. Gewisse Klimarichtwerte entnahmen wir dann noch einem neueren Atlas und Fauna und Florainfos steuerte der Große Brockhaus von 1904 bei. Eben da fand sich auch ein Leckerbissen für Hobbysprachler in Form eines Hinweises auf die 77 Arten umfassende Dialektvielfalt des Landes. Dermaßen weitgehend informiert, fühlten wir uns immer noch nicht alltagstauglich vorbereitet und unternahmen einen kühnen Vorstoß zur Botschaft - telefonisch. Der diplomatische Vertreter ließ zunächst den erwarteten Kommunikationsenthusiasmus missen und begehrte zu wissen, welchem Personenkreis wir angehörten. Erst nach Aufklärung darüber, dass wir mitnichten der Entwicklungshilfe zuzurechnen seien, sondern der High-Tech Szene angehörten, fand er zu dem diplomatischen Korpsgeist zurück, den wir auch später bei seinen Landsleuten so schätzen lernen sollten. Nachdem er kurz referiert hatte, dass die Liebe zur Freiheit die Ursache für die Staatsgründung gewesen sei und dementsprechend auch keine koloniale Vergangenheit zu bewältigen sei und also auch kein Tourismus stattfände, stellte er sich unseren Fragen.

    In diplomatischer Anpassung pauschalierten wir unsere Fragen zu der Bitte, uns doch für den geplanten Aufenthalt einige Empfehlungen zu geben. Offensichtlich hatten wir damit den richtigen Ton getroffen, denn nach kurzer Überlegung schlug unser Gesprächspartner ganz unbürokratisch vor, uns - nach Rücksprache - mit der Adresse einer schon länger in Peppercountry residierenden europäischen Familie zu versorgen.

    Tatsächlich eröffneten wir schon bald darauf den Briefwechsel mit einem Mitarbeiter der DUC in Peppertown/Peppercountry. Die Digging United Corporation war offenbar die Konkurrenz der PUMC, der Peppercountry United Mining Company. Die nachfolgenden Wochen waren wir dann vollauf damit beschäftigt, die erforderlichen bürokratischen Nachweise unserer Existenz und moralischer Integrität, sowie unserer gesundheitlichen Disposition zu erbringen. Diese Beschäftigung verhalf uns, neben einem immensen Stapel amtlichen Papiers, auch ganz zwanglos zu der beglückenden Erkenntnis, dass unsere Belastbarkeit wahrlich überdurchschnittlich ist. So vermochten wir zum Beispiel, kaltblütig aus der sehr umfangreichen Impfempfehlungsliste die beiden Krankheitsprophylaxen auszuwählen, die unabdingbar waren. Es zeigte sich nach späterem Erfahrungsaustausch, dass uns dadurch so manche missliche Impffolge-Maladie erspart blieb.

    Mit so gestärktem Selbstbewusstsein überstanden wir auch die Inquisition einer kommunalen Behörde, die - zu amtlich statistischen Zwecken vermutlich - zu erforschen suchte, ob wir nun also als Landesverräter, Alternative oder Auszuweisende einzustufen seien. Der Fehler lag natürlich ganz allein bei uns. Hatten wir doch die rhetorisch-süffisante Anmerkung Waffenhandel, hä? entschieden entrüstet von uns gewiesen und damit zwangsläufig einen unpatriotischen Mangel an gesamtwirtschaftlichem Weitblick dokumentiert.

    Im Laufe dieser stressintensiven Phase wähnten wir denn auch unseren initiierten Briefwechsel mit den Diggern als dem compatriotischen Konkurrenzdenken zum Opfer gefallen. Wir bemühten also den viel zitierten gesunden Menschenverstand und stellten, mit Blick auf Koffer- und Freigepäckvolumina eine ganz individuelle Bedarfsliste für den Packfall auf. Als dann aber, zusammen mit den heißersehnten Flugtickets - zwei Tage vor Abflug - ein voluminöser Brief aus Peppercountry bei uns eintraf, waren wir sehr beschämt ob unserer voreiligen Unterstellungen. Der Inhalt der Postsendung erklärte den Zeitverschleiß sofort: handelte es sich doch um ein veritables Recherchepaket aus verschiedensten Quellen. Die unbekannten Mueller-Lamperts hatten hilfsbereiterweise keine Mühe gescheut und offensichtlich eine Fragebogenaktion unter den Diggern gestartet. Das Ergebnis hatten wir jetzt in Form eines stattlichen Aktenbündels vorliegen, dazu noch in sehr vielfältiger Papier-, Schrift- und Inhaltsqualität.

    In die diversen Packlisten und Tipps und Tricks für alle Lebenslagen waren auch gleich Dringlichkeits-Entscheidungshilfen in Form von fluoreszierenden Markierungen eingearbeitet. Einige zur Gänze gehighlighteten Seiten - DIN A4 - wirkten auf mich allerdings mehr schockierend als hilfreich. Mir wurde hier zum ersten Mal klar, was alles ein zivilisierter Europäer unbedingt braucht. Diese Erkenntnis führte allerdings bei uns nur zu dem spontanen - und packmäßig günstigen - Entschluss, auch in tropischen Fernen an unserer spartanischen Art des Vegetierens festzuhalten. Dadurch ergab sich ein ziemlich rigoroser Zusammenstrich der Unterlagen. Eine weitere Ausdünnung erreichten wir durch das Ausklammern gewisser voluminöser Gegenstände für eine Containernachsendung in spe. Gewisse Schwierigkeiten verursachte ein immer wieder - listenmäßig - auftauchender Wäschetrockner, der jedoch nach Rücksprache mit Herstellerfirmen auch gestrichen wurde. Selbst der Marktführer für dererlei Gerät hatte mit Bedauern zugeben müssen, dass er nicht mit einem kofferfähigen Modell aufwarten könne. Eine in mehreren Varianten vorliegende Markennamenliste, die sich recht haushaltsbenötigt las, übergab ich unserer derzeitigen Haushälterin mit der Bitte um Revision. Die gute Frau Eiselmann war zuerst etwas ratlos, besann sich dann aber auf das Werbefernsehen der letzten zwei Jahre und erklärte darob respektlos, dass es sich genaugenommen nur um Waschmittel handele. Also erhielt sie von mir den Vertrauen beweisenden Auftrag, unter schnöder Markenmissachtung eine größere Menge dieses in Peppercountry offensichtlich ungeläufigen Reinigungspulvers für den Container bereitzustellen.

    Die treue Seele, die schon eine Mallorcareise als zu exotisch von sich wies und sich ansonsten in Bad Kuschl von den Drangsalen unseres Haushaltes zu erholen pflegte, bewies dann wieder einmal, dass Menschenkenntnis nichts mit Länderkenntnis zu tun hat. Sie gab nämlich zu bedenken, dass es wohl auch in Afrika üblich sei, Wäsche zu waschen und vielleicht die Digger nur Markenfreaks seien und also für uns eine solche Beiladung nicht unabdingbar sei. Mir schien jedoch das Risiko, letztendlich in fernen Landen mit schmutziger Kleidung den Führungskräften der alten Welt Schande zu machen nicht gänzlich auszuschließen zu sein und also blieb es bei dem Auftrag.

    Mit ihrer - von uns ansonsten sehr geförderten - resoluten Eigenständigkeit stellte Frau Eiselmann auch gleich ein paar Großpackungen Kleinkinderfuttermittel bereit und als Ergänzung des Handgepäcks sah sie eine staufreundliche Reisepackung für alle Fälle vor. Jean-Claude war darob genauso irritiert wie ich. Vermeinten wir doch, unsere Sprösslinge speisten normal. Unsere Haushaltsorganisatorin bestätigte diese Vermutung auch sogleich und begründete ihre Maßnahme damit, dass sie in Sachen Ernährung hinwiederum den exotischen Bräuchen nicht traue - respektive ihnen alles zutraue.

    Um der Gerechtigkeit willen sei angemerkt, dass Frau Eiselmanns Einschätzungen durchaus pepperianische Alltagstauglichkeit bewiesen. Hätten wir sie und die Zeit uns gewähren lassen, wäre unsere Vorbereitung sicher perfekt geworden. So aber blieb mir nichts als der Mut zur Lücke, mit dem ich die Listenvielfalt im Jettempo durchflippte. Fußnotentrainiert wie ich bin - einige meiner brilliantesten Examensantworten entstammen diesem sublinearen Bereich - erspähte ich auch auf einem der Bögen eine solche Anmerkung. Sie lautete: Put money in thy purse. Nun wird zweifelsohne jeder, so er hat, Geld in seine Börse stecken, auch ohne Überseereiseabsichten, aber dermaßen in eine Fußnote verpackt, schien mir doch ein weniger lapidarer Tipp damit verbunden. Mancher mag einwenden, es habe sich bei dem Schreiber, wenn nicht um einen Witzbold, so doch möglicherweise um einen Shakespearefan gehandelt, der Othellozitate reimportieren wollte. Mich hingegen brachte der Satz - ganz unliterarisch - dazu, eine größere Menge kleiner Dollarscheine - die meisten sind ja grün, wozu also große Notierungen? - zu ertauschen, um so dem etwaigen Subventionsbegehren amtlicher und sonstiger Stellen nicht ungewappnet gegenüber zu stehen. Selbst Jean-Claude beglückwünschte mich nachträglich zu dieser banalen Zitatinterpretation.

    Dermaßen - lückenhaft - präpariert traten wir dann in die Endoder Packphase ein. Mit Frau Eiselmanns tatkräftiger Unterstützung, sowie der Hilfe einiger guter Freunde, die die Pausen gestalteten, welche wir uns - zeitmäßig - nicht leisten konnten, gelang es uns heilen Geistes und gestopften Koffers noch vor Abflugsollzeit auf dem Flughafen einzutreffen. Dies bedeutete allerdings, dass uns noch eine letzte Ratschlagsphase dräute.

    Bevor jedoch die Besorgnis ausufern konnte, wurde die abschiedsschwangere Runde infolge der Sprachkenntnisse unseres ältesten Sohnes entschieden vitalisiert. Mitten in einer - meiner Meinung nach französischen – rauschintensiven Durchsage sprang Jean-Luc, alle Erziehungsversuche lügenstrafend, von seinem VIP-Komfortsessel auf, wies drohend deckenwärts und verkündete, d a s wären wir!

    Wir rechnen nun durchaus auch bei unseren Kindern mit stressbedingten Verhaltensänderungen, aber eine derartige Überreaktion hatten wir doch nicht erwartet. Unsere Sorge um die Psyche unseres Familienmitglieds wurde aber sogleich in mehr physische Bereiche umgeleitet, indem uns von ihm erklärt wurde, die lautsprechende Dame hätte soeben - unter unmusikalischem Krächzen - ein heimatloses Dreirad als in irgendeinem Zwischenstock herumirrend gemeldet. Bei diesem Geisterfahrzeug handele es sich zweifelsfrei um den Besitz Jean-Pauls, lautete seine ungeduldige Schlussfolgerung. Kurze Rekapitulation von Art und Stückzahl der mitgeführten und aufgegebenen Gepäckteile verifizierte seine Behauptung. Wir schwärmten sofort in verschiedene Richtungen aus und dank der international vielschichtigen Ausschilderung und der Kooperation einer Obstständlerin gelang es uns, das Vehikel zu orten, zu verluftfrachten und außerdem die Zahl der Abschiedgeber auf eine Minigruppe zu reduzieren. Nachdem wir diese - angemessen eilig mit Küsschen rechts, Küsschen links - auch hinter uns gelassen hatten, enterten wir ohne weitere Verzögerungen die Maschine einer renommierten zentraleuropäischen Airline.

    Ein Rundumblick ergab, dass erstens die Besetzung dieser Klasse - platzmäßig - ziemlich vollständig war und zweitens das Aufkommen an erstklassigen Läppchen auf transkontinentalen Flügen offensichtlich um einen Faktor zwei größer war als auf transatlantischen solchen. Die Lage unserer Plätze ließ im Prinzip nichts zu wünschen übrig, nur dass sie leider nicht ganz Jean-Lucs Postulat nach Aus- und guter Filmsicht gleichzeitig entsprach. Als dann noch ein Spähblick in die C-Klasse dort gähnende Leere vorfand, war unser Umzug unumgänglich. Klassenverpflichtung hin oder her, finden wir es entschieden komfortabler, ein paar leere Plätze statt ein paar überflüssige weiße Läppchen um uns zu haben. Die zuständige Stewardess war dieser Art Snobismus nicht ganz gewachsen, fand aber zu ihrem charmanten Dienstselbst zurück, nachdem wir ihr versicherten, unser Ansinnen stelle in keiner Weise eine Reklamation dar und wir trachteten auch nach keinerlei Preisdifferenzausgleich.

    Die Zeit bis zur letzten Zwischenlandung auf europäischem Boden verging dann sozusagen im Umziehen. Nach erneutem Abheben und dem obligatorischen Verteilen der üblichen Kleinigkeiten, die die Airlines konkurrenzfähig halten sollen, stand dann Jean-Lucs Bordkinogelüsten nichts mehr im Wege. Ein Blick in das Programmheft beruhigte unser erzieherisches Gewissen dahingehend, dass wir entspannt zurückgelehnt die Augen schlossen. Allzu bald aber schrillten die Stimmen unserer Sprösslinge in unsere Entspannungstraumversuche. Untermalt von Jean-Pauls beifälligem Gekrähe schmetterte Jean-Luc, wir möchten doch ganz schnell schauen, d i e seien alle andersrum! Nun praktizieren wir zwar von jeher eine freizügige Erziehung und vermeiden durchaus keine heiklen Themen, aber ich konnte mich wirklich nicht entsinnen, jemals in der Familienrunde derartige Bereiche der Zwischenmenschlichkeit auch nur gestreift zu haben. Dennoch zwang ich meine Augen auf, wild entschlossen, auch in der Luft nicht mit dem Tabuisieren anzufangen. Was ich dann sah, enthob mich sofort derartiger Verpflichtungen, denn die andersartigen Geschöpfe entpuppten sich als ganz normale Menschen, die nur aus sozusagen technischen Gründen auf dem Kopf stehend rückwärts liefen. Leider waren unsere beiden Knaben die einzigen, die für eine Fortführung des Spektakels plädierten und wurden also streng demokratisch als Minorität nicht berücksichtigt. Bevor sich allerdings der kindliche Missmut allzu sehr breitmachen konnte waren schon zwei Flugbegleiter um das Wohl - unterhaltungsmäßig - der kleinen Lieblinge besorgt. Zufälligerweise traf es sich, dass unsere die einzigen Kinder an Bord waren, sodass sich all die kleinen und großen Aufmerksamkeiten, die die Kinderfreundlichkeit der Gesellschaft werbewirksam dokumentieren sollen, über sie ergossen. Ein weiterer Zufall war die ausschließlich männliche Kabinencrew in dieser Klasse, was zu ungeahnten Vorteilen führen sollte.

    Unsere Söhne sahen nicht nur weit mehr als jeder noch so VIPe Passagier jemals zu sehen bekommt, sie wurden auch noch dabei herumgetragen, was, zumindest bei Jean-Luc, eine längst überwundene Art der Fortbewegung war. Zwischendurch machten die beiden dann einen kurzen Stopover bei uns, um sich Getränke und Snacks servieren zu lassen. Alsbald wurden sie jedoch dann, unter Belobigung ihres Wohlverhaltens zu weiteren Exkursionen entführt.

    Jean-Claude und ich hatten derweil Muße, zu enträtseln, welche der raren Mitfliegenden wohl dasselbe Ziel wie wir erreichen wollten, hatte man uns doch firmenseitig beruhigend versichert, es wären eine Anzahl Pepperianer im Begriff mit derselben Maschine aus ihrem Urlaub zurückzukehren. Besonders war in Aussicht gestellt worden, dass diese uns dann hilfestellend durch Zoll- und andere Barrieren schleusen würden. Leider war es uns trotz Einsatz unser beider kriminalistischer Fähigkeiten unmöglich derlei Individuen zu orten. Ganz allgemein wurde die Wahrnehmung der näheren Umgebung immer schwieriger, aber erst als Jean-Claude beim sich Aufstützen befremdliche Quiekgeräusche von sich zu geben schien, fiel uns auf, dass alle umliegenden Sitze mit Gummitieren der verschiedensten Rassen besetzt waren. Als wandelnde Erklärung kam dann auch gerade unser Ältester in einem Schwimmring mit lebensgroßem Delphin den Gang entlanggewankt und verkündete stolz, seiner sei aus dem fünften Regal! Bereitwilligst klärte er uns dann darüber auf, dass es einen verborgenen Schrank gäbe, der in seinen Regalen derlei Schätze berge. Alle reizenden Flugbegleiter hätten nun auf ihren Runden diesen Schrank frequentiert und je nach Größe - also körpersolcher - seien die vielfältigsten Spielzeuge erreicht worden. Natürlich waren wir in gewisser Weise froh, dass das Personal nicht von anderen, die Flugsicherheit betreffenden Pflichten in Anspruch genommen war, jedoch wünschten wir, in Hinblick auf etwaige Dschungeltransportprobleme, immerhin ein paar Pausenstreiks. Die Emsigkeit der Betreuer blieb jedoch ungebrochen und auf dem flugroutentechnischen Stopover in subäquatorialer Zone bekamen daher unsere Söhne schon eine Atemprobe Tropenluft, während alle anderen Passagiere zu - vollklimatisiertem - Abwarten verdammt waren. Die Auswirkungen derartiger Vorzugsbehandlung dauern übrigens immer noch an und schlagen sich in unserem Flugbudget sehr unangenehm nieder. Obwohl ansonsten erstaunlich gefeit gegen Werbe- und Reklameeinflüsse, bestehen Jean-Luc und Jean-Paul in Sachen Flugreisen stets unisono und vehement auf Benutzung eben dieser Renommier-Linie. Allerdings muss ich bekennen, dass der verspulte Film der einzige Flop des Fluges blieb und die Spielzeuge sich als äußerst durabel erwiesen.

    Den mehrere Stunden dauernden Anflug auf eine afrikanische Metropole frankophonen Gepräges, die unsere vorletzte Station sein sollte, vertrieben wir uns in kulinarischen Genüssen schwelgend - quasi henkersmahlmäßig - um dermaßen physisch konditioniert den Unbilden des Urwaldes entgegen zu gehen. Unser ansonsten höchst gedämpfter Gemütszustand schlug auch beim Hinab-Blick auf ein grandioses - und sehr pariserisch wirkendes - Lichtermeer nicht in die Euphorie um, die unsere Sprösslinge umso lebhafter demonstrierten.

    Zu unserem leicht entsetzten Erstaunen fand nach Landung der Exodus der noch verbliebenen Europäer statt. Alsbald aber fand dann eine noch viel erstaunlichere Auffüllung durch afrikanische Größen recht abenteuerlicher Gewandung statt. Die Neuankömmlinge ließen sich in respektvollem Abstand zu unserer, nunmehr auf acht Sitzplätze angewachsenen Gruppe nieder und verhehlten kaum,

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1