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Der rote Gatter: Religionskrimi
Der rote Gatter: Religionskrimi
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eBook186 Seiten2 Stunden

Der rote Gatter: Religionskrimi

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Über dieses E-Book

Religionskrimis? Wie und warum soll sich ein Religions-krimi von einem üblichen Krimi unterscheiden? Es gibt viele Facetten von Unrecht das unter dem Mantel der Religiononen begangen wird. Denken wir nur an die rund 150 Millionen sexuell verstümmelten Mädchen und Frauen. An Teufelsaustreibung, Morde an Ärzten von Abtreibungskliniken, der Verfolgung von Andersgläubigen, bis zu deren physischen Vernichtung. An Morde wie zum Beispiel dem Holländer und Filmemacher „Theo, van Gogh“ oder Morddrohungen hier als berühmtes Beispiel „Salman Rushdie.“ Die Beispielsliste könnte noch sehr viel länger werden. Die Idee hinter den Religionskrimis, ist es in erster Linie, Menschen für diese Themen zu sensibilisieren die mit religionskritischer Literatur nur schwer, oder gar nicht erreichbar sind. Der Krimi als Vehikel um auf Unrecht aufmerksam zu machen, das uns leider auch heute noch vor unserer Haustür begegnet.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum16. Nov. 2013
ISBN9783732205936
Der rote Gatter: Religionskrimi
Autor

Kurt Schmid

Kurt Schmid studierte Volkswirtschaft an der Universität Wien. Seit 1998 ist er Bildungsökonom und Projektleiter am Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft (ibw). Er verfasste zahlreiche Publikationen zu Themen der beruflichen Bildung mit Arbeitsschwerpunkten in den Feldern: Schulwahl und Bildungsstromprognosen, Nutzen beruflicher Weiterbildung, Qualifikationsbedarfsforschung sowie diverse internationale Vergleichsstudien zu Berufsbildungssystemen, SchülerInnenleistungen, Schulgovernance, Schulfinanzierung sowie zu Berufsbildungsreformprozessen (Know-how Transfer Lehre / WBL work based learning).

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    Buchvorschau

    Der rote Gatter - Kurt Schmid

    Ich danke Jetti Netser für Ihre Hilfe und Beratung.

    Vorwort

    Der Titel „Der rote Gatter geht auf eine Kapelle in der Ostschweiz zurück. Abt Diethelm Blarer von Wartensee (reg. 1530-64) erweitert die Pfalz 1540 nach Osten mit dem „roten Gatter. Diese Kapelle mit ihrem damals rot gegitterten Tor wird als der rote Gatter bezeichnet. Wohl in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts entsteht in der Gegend, wo seit 754 ein alemannischer Hof stand, eine Burg. Gründer sind die Herren von Toggenburg, welche damals ihre Hausmacht im oberen Thurtal, an der Murg und am oberen Zürichsee ausbauen. In der Folge entsteht um 1200 im Annex zur Burg ein Städtchen. Beide, Hof und Städtchen, bleiben nicht lange im Besitz der Herren von Toggenburg. 1226, nach dem Brudermord von Renggerswil bei Wängi, tritt Graf Diethelm I. die Feste Toggenburg seinem Lehensherrn Abt Konrad von Bussnang ab. Unter Abt Berchtold von Falkenstein weist die Abtei den grössten Besitzstand auf, der unter seinen Nachfolgern aber bald wieder zerrinnt. Der rote Gatter bleibt über Jahrhunderte im Besitz und Einfluss der katholischen Kirche. Politik, Macht und Einfluss der Religion prägen Jahrhunderte lang die Landschaft.

    Gruppierungen, die sich nach dieser Zeit zurücksehnen, gibt es tatsächlich immer noch. Die den Machtverlust der heiligen Mutter Kirche nicht einfach hinnehmen wollen. Die das Rad zurückdrehen, die alte Ordnung wieder einführen und das Volk disziplinieren und unterdrücken möchten.

    Der Roman befasst sich mit einer solchen Sekte im engeren Umfeld der katholischen Kirche. Die Handlungen sowie die Personen sind fiktiv. Nicht jedoch gewisse Passagen mit Aussagen von Personen, die im Roman vorkommen. Aussagen, die sehr nahe an den beschriebenen sind, können auf verschiedenen Portalen nachgelesen werden. Es sind dies zum Beispiel;

    http://www.kreuz-net.at/

    http://kathzdw.ch/maria/beweise.existenz.gottes.html

    http://www.nowakpredigtbuch.de/46.htm

    http://www.womenpriests.org/de/traditio/law_gen.asp#inferior

    Es ist eine erfundene Geschichte, jedoch stützt sie sich auf Vorkommnisse, die in den letzten Jahren an unterschiedlichsten Orten auf dieser Welt, so oder vergleichbar, stattfanden. So kommt es speziell in den USA zu Tötungen von Ärzten an Abtreibungskliniken, auch das Ermorden von Homosexuellen oder Prostituierten durch religiöse Fanatiker ist leider eine Tatsache. Generell passieren immer noch zu viele Gewaltexzesse unter dem Namen obskurer Religionsgruppierungen, stets im Namen ihres Gottes.

    Kurt Schmid

    Dezember 2013

    Ein nicht gerade typisches Altstadthaus, im Parterre ein Blumenladen, der über das ganze Jahr in einer kaum zu überbietenden Kreativlosigkeit immer die gleichen Blumen und Stauden feilbot.

    Ein verlotterter, rostiger Türrahmen verhinderte, dass sich die Tür ganz schloss. Schaden konnte es dem immergrünen Efeu wie auch den Stauden kaum, wenn der Wind im Winter eisig kalt durch alle Ritzen pfiff.

    Auch an der Fassade war nicht zu übersehen, dass der Vermieter seine Mieteinkünfte für etwas anderes als zur Renovation seiner Liegenschaft einsetzte. Ein Ärgernis auch die Kehrichtsäcke, die einfach vor das Haus geschmissen wurden, meistens noch aufgerissen und der intime Inhalt zerstreut neben der Treppe liegend.

    Kurz und gut, der Ruf des Hauses war nicht nur seines Äusseren wegen angeschlagen. Auf der Wetterseite die Eingangstüre, die zu den schmuddeligen, auf drei Stockwerken verteilten Appartementen führte.

    Dass in den Räumen wenigstens optisch einigermassen Ordnung herrschte, dafür war Frau Hungerbühler, eine von Religiosität und Alter gezeichnete Frau, zuständig.

    Eine Sisyphusarbeit, machten es ihr doch die Mieter nicht gerade leicht, wenn sie den Müll einfach vor das Haus schmissen.

    Seit die Müllabfuhr aber nur noch einmal die Woche den Abfall einsammelte, war dieses Bemühen auch optisch unübersehbar zum Scheitern verurteilt. Besonders im Sommer war der faulige Geruch der Küchenabfälle in den oft halbvollen, neben der Treppe und vor dem Haus hingeworfenen Abfallsäcken ein Ärgernis.

    Daran änderte der Duft der Rosen, die sich, in besseren Zeiten gepflanzt, in stiller Blütenpracht die Wand hoch rankten, auch nichts. Immer wieder reklamierten die Nachbarn - Frau Hungerbühler musste sich vieles an Vorwürfen anhören.

    Auch bei der Gemeinde gingen immer wieder Beschwerden ein, oft mit dem Zusatz, dass auch sonst in diesem Haus nicht immer alles so ganz sauber sei.

    Das war vermutlich auch der Grund, dass der süssliche Gestank der aus der Wohnung der hübschen, aber nach Frau Hungerbühler’s Meinung recht liederlichen Isabel drang, niemandem besonders auffiel. Frau Hungerbühler schüttelte immer wieder den Kopf, wenn sie Isabel begegnete, denn wer so hübsch ist und dazu noch so kurze Röcke trägt, sich so auffällig schminkt, der musste einfach liederlich sein.

    Eine solche Person konnte kein gottgefälliges Leben führen. Wie oft schon war unverhohlene Wut in Frau Hungerbühler hochgestiegen.

    Wie ungerecht diese Welt doch war. Isabels schlanke, lange Beine, das wunderschöne, etwas exotische Gesicht, der so gekonnte Hüftschwung - eine Erscheinung, die Männer begierig in ihren Bann zog. Auf der anderen Seite die Erinnerungen an ihre eigene Jugend. Ihr, der Frau Hungerbühler, schaute auch als junges Mädchen kein Bursche hinterher. Aufgewachsen auf einem Bauernhof und in jungen Jahren schon von der harten Arbeit auf dem väterlichen Hof gezeichnet, mit einer eher rundlichen Figur - halt bodenständig, wie Mutter einmal bemerkte - gelang es ihr nicht, die Aufmerksamkeit des männlichen Geschlechts auf sich zu ziehen. Ein langer Oberkörper auf viel zu dicken, kurzen Beinen, und ein rundes, pausbäckiges Gesicht - nicht gerade das, was Männer zum Schwärmen bringt. Mit einer Ausnahme: ihr Beichtpfarrer. Dieser schwärmte manchmal von ihrem madonnenhaften Gesicht, das ausschaue, wie das der Muttergottes auf den alten Bildern und Ikonen.

    Aber was nützte es ihr, dass nur der alte Pfarrer sie hübsch fand, wobei sie natürlich auch zweifelte, ob es der Kerl überhaupt ehrlich meinte, oder ihr nur Trost spenden wollte. Doch – einen gab es noch, den italienische Knecht des Nachbarbauers.

    Er machte ihr oft schwülstige Komplimente und versuchte dabei immer, ihr zwischen die Beine zu greifen. Nicht, dass sie das nicht gemocht hätte, aber Herrgott im Himmel, wie hatte ihr die Mutter immer eingebläut ja keine Schande nach Hause zu bringen. Und was Schande war, lernte sie schon früh bei den frommen Schwestern im Religionsunterricht.

    So vergingen ihre Jugendjahre und hinterliessen ihre Spuren. Ihr Gesicht wurde nicht hübscher und sinnlicher, wie das oft bei nicht mehr ganz so jungen Frauen der Fall ist, wenn die Liebe, die Reife und Erotik sie erblühen lassen. Frau Hungerbühlers Gesicht wurde ob der verlorenen Jugend immer verbitterter und vergrämter. Auch loderte kein Feuer in ihren müden Augen. Die Schulzeit war keine Kompensation für die fehlende Schönheit, nein, im Gegenteil, nachdem sie die dritte und anschliessend auch noch die fünfte Klasse wiederholen musste, war klar, dass auch an eine erfolgreiche berufliche Laufbahn nicht zu denken war.

    So erstaunte es nicht, dass der Vater eines Tages beim Mittagstisch verlangte, sie solle so rasch als möglich die Schule verlassen und in eine Haushaltslehre gehen.

    Der Verdacht liess sie nie los, dass der Vater sie nur nicht länger durchfüttern wollte.

    So absolvierte sie ein Haushaltslehrjahr, das ohne nennenswerte Ereignisse vorüberging. Sie war erleichtert, als Frau Leib, Inhaberin eines Ladens mit Schürzen, hochgeschlossenen Blusen und Faltenröcken, sie nach einem Kirchgang ansprach und ohne Umschweife fragte, ob sie nicht eine Verkäuferinnenlehre bei ihr machen wolle.

    Frau Hungerbühler, oder besser Fräulein Hungerbühler, nickte eifrig, so kam sie ohne grosse eigene Anstrengung zu einer Lehrstelle.

    Die Lehrmeisterin war ein in die Jahre gekommenes Fräulein, das jedes Mal fuchsteufelswild wurde, wenn eine Kundin sie mit Frau ansprach. In dieser Umgebung empfand Fräulein Hungerbühler ihr männerloses Dasein als gottgewollte und gottgefällige Prüfung.

    So verflogen die Jahre. Am Ende der Lehrzeit war sie froh, bleiben zu können, um in dieser christlichen Umgebung, geprägt von bigotter Heuchelei und Getue, weitere Jahre ihres Lebens, ohne besondere Freuden und Sorgen verbringen zu können.

    Das Warenangebot, ausgerichtet auf diese freudlosen frommen Damen, konnte kaum neue Kundschaft ansprechen. So kam es, wie es kommen musste: Die Kundschaft starb langsam aber sicher weg.

    Eines Morgens begrüsste sie die Chefin mit den Worten, sie solle am Feierabend noch zu ihr in die Wohnung hochkommen, sie hätte ihr etwas mitzuteilen.

    Sie spürte, dass sich etwas anbahnte und sich ihr Leben verändern würde. Schweren Herzens kam sie nach Ladenschluss der Aufforderung nach, um dann bei einer Tasse Tee zu hören, dass ihre Chefin nun endlich in den wohlverdienten Ruhestand gehen wolle und in den nächsten Tagen mit der Liquidation des Ladens beginnen würde.

    An einem Spätsommertag fragte eine Kundin, ob sie schon etwas Neues in Aussicht hätte, sie wüsste eine Stelle als Hauswartin. Frau Hungerbühler war froh, nicht auf Stellensuche gehen zu müssen, bewarb sich und bekam die Stelle.

    Seither waren über neunzehn Jahre vergangen. In all den Jahren erlebte sie viele Mieter. Sie kamen und gingen, Angenehme und weniger Angenehme. Nach ihren Begriffen christlich moralische und weniger moralische.

    Die meisten Bewohner lachten, wenn Frau Hungerbühler ihre strengen Moralvorstellungen zum Besten gab. So stellte sie doch tatsächlich beim Hausbesitzer den Antrag, er solle doch bitte eine Tafel im Korridor anbringen, mit der Anweisung „Besucher haben das Haus um spätestens 22.00 Uhr zu verlassen".

    Kaum einer ihrer Mieter und Mieterinnen kümmerte sich um diese, ach so moralisch gemeinten Worte. Ausser einer, Fräulein Stettler, eine mit Pickeln übersäte Unschönheit, eine giftige graue Maus, die nie Besuch bekam und es genoss, immer wieder Mitbewohner anzuschwärzen, die sich nicht an die Regeln hielten. Es kam immer wieder vor, dass die Sünde höchstpersönlich unter diesem Dache zu wohnen kam. Im Dachgeschoss mietete sich vor ein paar Jahren ein schlaksiger Bursche ein, der sehr viel Wert auf sein Äusseres gab und kaum Interesse am schwachen Geschlecht zeigte.

    Seine Besucher waren männlich und in jedem Alter und verliessen oft erst am Morgen das Haus. Herren in einer Art, die selbst der kindlich naiven Frau Hungerbühler auffielen.

    Viele sah Frau Hungerbühler kommen und gehen, nicht nur Bewohner, nein auch Besucher und Besucherinnen. Manch einer auch, von dem sie wusste, dass er verheiratet und als angesehener Bürger dieser Stadt in Amt und Würde war. Immer wieder redete sie sich ein, dass da ausser väterlicher Freundschaft sicher nichts sein könne. Zweifel kamen ihr aber besonders dann, wenn eine ihrer jungen Mieterinnen mit teuren Geschenken prahlte und überall herumzeigte.

    Natürlich wurde auch viel getratscht. Hier tat sich besonders, wie nicht anders zu erwarten, die pickelgesichtige Frau Stettler hervor. Aus lauter Frust, weil sie immer leer ausging, erzählte sie Frau Hungerbühler manchmal die tollsten Geschichten. Drei Nächte zuvor sei es im ersten Stock bei der hübschen Isabel ganz wild zu und her gegangen. Dies hatte ihr die Stettler gerade heute Morgen erzählt. Sie bekam dabei ganz hektische Flecken vor lauter Eifer. Sie habe ein so komisches Geräusch gehört, anschliessend einen Schrei, dann sei es ganz still geworden. Frau Hungerbühler tat dies in das Reich der Fantasie ab und kümmerte sich weiter um das Polieren des Treppengeländers.

    Als sie am Zimmer Isabels vorbei schlurfte, kam ihr das Ganze wieder in den Sinn. Hatte sie Isabel während den letzten drei Tagen einmal gesehen? Sie dachte nach und wurde dabei immer unruhiger. Isabel war zwar hochnäsig, aber grüssen, ja grüssen, das tat sie immer. Nur, in den letzten drei Tagen hatte sie doch Isabel tatsächlich nicht gesehen. „Ach, was kümmert es mich", dachte sie und schlurfte weiter, um im Keller WC Papier zu holen.

    Während des Tagwerkes kam ihr das Gespräch mit der Stettler immer wieder in den Sinn. Ihre Unruhe wurde grösser. Wenn die Stettler nicht nur aus Frust das Ganze daher gesponnen hatte, sondern tatsächlich etwas mit Isabel geschehen war? Man hörte ja immer wieder von so bösen Geschichten. Schreie in Isabels Zimmer? Natürlich hatte sie im Verlauf der letzten zwei, drei Jahre gemerkt, dass Isabel -vorsichtig ausgedrückt - sehr lebensfreudig war, mehr als es sich für ein anständiges Mädchen gehört.

    Aber Schreie – und dann dieser komisch süssliche Geruch? Küchenabfall roch anders. Die Unruhe steigerte sich. Sie fing an, den Gang zu wischen, aber die Gedanken an das Gehörte liessen sie nicht mehr los. Ein Ruck durchzuckte sie, sie musste Gewissheit haben. So rasch, wie man es sich bei ihr gar nicht gewohnt war, rannte sie mehr als dass sie ging die Treppe hinauf, Richtung Isabels Zimmer.

    Vor der Tür stehend, war ihr, als umklammere eine eisige Hand ihr Herz. Sie spürte deutlich, wie es in ihren Ohren rauschte. Allen Mut zusammennehmend, klopfte sie, zuerst leise, dann kräftiger – nichts tat sich – Totenstille. Und doch, irgendetwas war anders. Aber was? Sie verwarf den Gedanken, was sollte der auch, Isabel konnte ja zu dieser Zeit gar nicht zu Hause sein. Sie arbeitete ja auswärts, in Zürich als Parfümerie-Verkäuferin.

    Sie klopfte noch einmal. Alles nur Einbildung? Oder eine dieser Vorahnungen, die uns manchmal überkommen und die niemand erklären kann? Sie presste das Ohr an die Tür – nichts. Kopfschüttelnd schlurfte sie davon. Bei der Treppe stockte sie, hielt inne – griff in die Schürzentasche, klaubte den Passepartout heraus und ging zielstrebig zurück zur Tür, steckte den Passepartout in das Schloss, drehte ihn um und hieb mit der linken Hand auf die Türklinke. Sie stiess die Tür auf und stand vor einem abgedunkelten Raum.

    Im ersten Moment sah sie eigentlich gar nichts. Auf der Türschwelle stehend, öffnete sie die Tür ganz und sah als Erstes durch die zugezogenen Vorhänge einige Sonnenstrahlen blitzen. Es gab dem Raum etwas Mystisches, aber auch etwas, dass ihr den Hals zuschnürte. Ein unangenehm süsslicher Geruch schlug ihr wie eine Wand entgegen. Mehr konnte sie nicht bemerken. Sie betrat den Raum. Ganz vorsichtig setzte sie einen Fuss vor den andern. Nach etwa zwei Metern stockte sie und liess ihren Blick durch den halbdunklen Raum schweifen.

    Rechts stand ein kleiner Salontisch, darauf eine fast leere Champagnerflasche. Ein umgeworfenes Glas auf dem Tischchen, ein zerbrochenes daneben auf dem Boden. Direkt vor ihr das Bett, das Lacken halb zurückgeschlagen. Ein weiblicher Körper! Der Kopf hing über die Bettkante. Ein eiskalter Schauer lief ihr über den Rücken. Wer war das? Isabel konnte es nicht sein. Isabel hatte ein feines, schmales, exotisches Gesicht. Diese Frau hatte zwar die gleichen langen Haare, aber ein aufgedunsenes, fratzenhaftes Gesicht.

    Die Frau war auch komisch gekleidet. Sie, Frau Hungerbühler, trug immer blumenbedruckte Nachthemden. Diese Frau trug etwas, das aussah wie eine Plastikpelerine, aber als Overall geschnitten. Durch den rot transparenten Plastik sah man die bleiche Haut durchschimmern. Überall waren kleine schwarze Flecken, die sich bewegten.

    Ein Schaudern überkam sie. Sie schrie auf, aber kein Laut kam über ihre Lippen. Sie machte kehrt, fing an zu rennen, aus dem Zimmer, durch den Gang hinaus auf die Strasse. Am Kastanienbaum gleich neben der Aussentreppe musste sie sich übergeben. Tränen schossen ihr in die Augen, ihre Knie zitterten. So stand sie angelehnt am Kastanienbaum. Wie lange, wusste sie im Nachhinein nicht mehr. Irgendwann, es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, löste sie sich vom Baum und torkelte in das Blumengeschäft. „Sie ist tot, kam es über ihre verkotzten Lippen: „Sie ist tot. „Was erzählen sie, was ist los?"

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