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Der dunkle Planet
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eBook260 Seiten3 Stunden

Der dunkle Planet

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Über dieses E-Book

Der dunkle Planet

I  Das Vermächtnis der Wächter
II  Sirenen über Berlin
III  Die Steine des ersten Zeitalters

Nur noch 36 Stunden. Dann werde ich einer von ihnen sein! Eigentlich wären wir sieben. Aber keiner weiß, ob es die anderen drei oder ihre Nachfahren aus dem ersten Zeitalter noch gibt oder wo oder was mit ihnen geschehen ist. Bislang war Berlin meine kleine Welt und meine Zeitrechnung erstreckte sich von den einen Sommerferien zu den nächsten. Doch wir fanden das ‚Vermächtnis der Wächter‘ mitsamt diesen unglaublichen Technologien und dadurch, nachdem wir in Berlin einen gewaltigen ‚Arkstorm‘ überlebt hatten, die Steine aus dem ersten Zeitalter. Als wir diese an ihren Bestimmungsort in eine längst vergessene Stadt in den Anden brachten, dachten wir, wir wären am Ziel unserer Reise, doch da fing unser Abenteuer erst an...


Das Bahnbrechende an der neuen Fantasy/SciFi-Romanreihe ist neben der Tatsache, dass ab Band II von der Erde aus ferne Welten und Zeiten entdeckt werden, dass Co-Autoren bis zu je 1/3 der Bände mit gestalten. Alte Nebenhandlungen können fortgeführt, neue mit den alten Charakteren ersonnen werden als auch völlig neue Persönlichkeiten, Objekte, Motive und Themen eingebaut werden. Aber kein KuddelMuddel, sondern eher abgestimmt und koordiniert, wie Wissenschaftler, Forscher und Entdecker schreiben. In Labor- oder Arbeitsgruppen. Im weiteren wird dieser gestalterische Prozess über eine eigene Internetseite, den bereits eingeführten Tumblr, http://derdunkleplanet.tumblr.com, und Twitter, @DerDunklePlanet, @DerDunkleDrache, transparenter, noch kollaborativer und erfrischend vitaler. Erste Mitstreiter finden sich: „Ich habe übrigens fest vor auch einen Teil zum zweiten Band bei zu tragen, falls dies möglich ist. Finde das eine spitzen Idee“. Dem sei so.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum5. Sept. 2014
ISBN9783735749741
Der dunkle Planet
Autor

Thomas Schutz

Dr. rer.nat. Thomas Schutz ist Mikro- und Molekularbiologe, zertifizierter Lerntherapeut und lizensierter Analyst, Trainer und Berater für Talent- und Kompetenzdiagnostik und -entwicklung. Er besitzt jahrzehntelange Umsetzungserfahrung in den Bereichen Konzeption und Entwicklung mediengestützter Lernangebote (Mediendidaktik) als auch in der Konzeption, Leitung und Implementierung von lernerzentrierten Kompetenzentwicklungs- und Bildungsprogrammen. Darüber hinaus ist er seit 2007 selbstständiger Personalberater mit den Schwerpunkten individuelles, kollektives und organisationales Lernen und Lehren sowie kompetenzbasierte Lern- und Selbstorganisationsprozesse in Teams (wie multimodale Führungskompetenz) und in lernenden Organisationen. Konzeption und Implementierung strategieumsetzender Lern- und Talententfaltungsarchitekturen zählen ebenfalls zu seinen Arbeitsbereichen. Seit 2012 arbeitet er zudem im Rahmen des BMBF-"Qualitätspakt Lehre“-Projekt "Für die Zukunft gerüstet“ als Lehrkraft für besondere Aufgaben (Lern- und Schlüsselkompetenzen und Entwicklung neuer Didaktikkonzepte) und publiziert umfangreich zu den Themen Gehirn und Lernen, Talent und Kompetenz..

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    Buchvorschau

    Der dunkle Planet - Thomas Schutz

    KÖNIG.

    Das Vermächtnis

    der Wächter

    bermorgen ist mein 18. Geburtstag. Mein ganzes Leben habe ich mich auf diesen Tag gefreut und tue es auch jetzt noch. Vielleicht heute mehr denn je. Einige mögen meinen, dass dies ein ganz normaler Geburtstag sei, wie jeder andere auch. Mag sein. Aber für mich bedeutet er etwas ganz besonderes. Und jeder, der glaubt, mich zu kennen, und sich Freund nennt, weiß dies auch. Doch nie hätte ich gedacht, dass ich mich auf etwas anderes noch mehr freuen könnte. Auf Morgen. Nur noch 36 Stunden. Dann werde ich einer von ihnen sein: Victor, Aiyana, Thore und ich. Eigentlich wären wir sieben. Aber keiner weiß, ob es die anderen drei oder ihre Nachfahren aus dem ersten Zeitalter noch gibt oder wo oder was mit ihnen geschehen ist. Ja, wohl wahrlich, bislang war Berlin meine kleine Welt und meine Zeitrechnung erstreckte sich von den einen Sommerferien zu den nächsten. Doch jetzt weiß ich, dass sich meine Zeitrechnung bald etwas ausdehnen wird.

    Wohl an. Noch 36 Stunden. Es ist nicht die Frage, ob oder wie oder wann. Die Entscheidungen sind längst gefallen. Das ‚wie‘, ist mir zwar noch nicht bekannt, aber es blieb seit den Altvorderen nahezu unverändert. Es ist keine Mutprobe oder so was. Es geht vielmehr darum, dass man einer von ihnen wird, und um das, was man selber mit einbringt – nicht materiell, sondern eher die Person an sich. Das, was man ist. Nicht das, was man zu seien glaubt. Jack – mit diesem Namen lässt sich Victor heutzutage in Berlin anreden – gab mir die Aufgabe, mich für 36 Stunden zurückzuziehen und all das, was seit unserem ersten Treffen vor drei Jahren geschehen ist, aus meiner Sicht aufzuschreiben. Aber nicht abstrakt oder distanziert, sondern so, als würde ich, würden wir wieder dabei sein. Als würde man alles noch einmal erleben. Das Gute wie das Andere.

    Bevor er mich alleine ließ, sagte er, dass am Anfang das Schreiben noch holperig und langatmig wäre, aber dann würde es Fahrt bekommen, nur noch so fließen und man könne gar nicht so schnell schreiben, wie die Erinnerungen kommen und einen übermannen. Am Ende muss ich mich für drei Dinge entscheiden, die ich mit in die Gemeinschaft einbringe: Ein Gestein, eine Pflanze und ein Tier. Aber nicht drei, die ich gerne hätte oder die ich selbst gerne wäre. Alle drei müssen zu mir passen, zu meinem Innersten selbst passen. Dann verstärken und beschützen sie mich. Wähle ich die falschen, sind sie bestenfalls neutral oder stehen mir nur im Wege. Dann bin ich zwar einer der vier, stärke aber nicht die Gemeinschaft, wie ich es hätte können, wenn ich treffender gewählt hätte.

    Ein Gestein. Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Oder eine Pflanze. Ok, mein Lieblingstier, aber darum geht es ja nicht. Zugute halten kann ich mir, dass ich der Jüngste bin, der jemals die Möglichkeit erhielt, in die Gemeinschaft aufgenommen zu werden. Und das geht nur einstimmig. Welch ein Vertrauen! Von allen! Vorher war Jack mit 19 Jahren der Jüngste. Das wusste ich. Thore hat es mir mal in einer stillen Stunde berichtet. Keiner war je jünger. Seit den Altvorderen im ersten Zeitalter bis heute. Oh, Mann. Wenn einer erahnt, wie ich mich jetzt fühle, dann er. Und er hat zugestimmt und mir meine Aufgabe gegeben. Die Aufgabe, die jeder bekam. Alle immer die gleiche Aufgabe. Aber dadurch wird es nicht leichter. Es gibt keine Musterlösung, die man auswendig lernt, und dann, tata, eine Eins.

    Er denkt, ich könne es schaffen. Und das nach so kurze Zeit. Noch mehr Vertrauen. Er würde mich nicht in‘s Messer laufen lassen: hat er bislang nicht getan, also warum gerade jetzt? Außerdem wäre das Kinderkram, pillepalle, wie er zu sagen pflegt. Und wie lang er schon dabei ist. Immer auf der Suche nach den anderen dreien. Vor drei Jahren war Tjara noch dabei. Tjara, was so viel heißt wie „Engel oder auch „Engel der Zukunft. Und bei ihrer Erscheinung dachte man auch sofort an einen Engel. Doch auch Engel können fallen: Damals waren sie vier, aber sie starb, wurde gestorben, ging von uns. Morgen werde ich ihren Platz einnehmen. Aber nicht als Tjara, sondern als ich. Victor, also Jack, sagte, dass keiner den anderen ersetzen könne. Niemals. Man sollte es erst gar nicht versuchen. Warum auch: „Sie ging, Du kommst. So ist das". Er gab mir ein kleines schwarzes Buch und einen Bleistift. Klopfte mir voller Anerkennung für die bisherige Zeit auf die Schulter und ging. Na, toll.

    Ok, fangen wir an.

    Das kleine Buch war mit einer Art schwarzem Samt umschlagen und der hatte so eine Textur, wie es die Macs bei der Erstinstallation oft haben. Die Ecken des Buches waren mit feinen Silberarbeiten verziert und geschützt. Blank poliert. Keine Kratzer, kein Verschluss, kein Siegel. Ich schlug es auf. Kein Wasserzeichen, keine Symbole, keine Runen, kein Text. Nichts. Alles leer. Auch nicht so wie bei dem letzten Buch, das wir fanden. Nichts von all dem. Ok. Das Papier fühlte sich alt an und war es wohl auch. Ich möchte gar nicht wissen,…, aber fangen wir an. Wohl an.

    Berlin, der 10.04.2013

    Übermorgen ist mein 15. Geburtstag. Und am selben Tag hat auch mein ein Jahr jüngerer Bruder Julius Namenstag. Das wird ein Spaß. Horst, unser Vater,… hihi, welch‘ ein Name. Horst. Wie Bernd, das Brot, oder Karl. Ok, Beherrschung. Horst, unser Vater, ist nicht so ein typischer Horst. Ein echt guter Vater. Horst ist Hauptkommissar im Morddezernat und Anne, seine Frau, unsere Frau Mama, Innen- und Landschaftsarchitektin und leidenschaftliche Gärtnerin. Sie wollte früher Biologie studieren, doch da kam ich dazwischen. Anne und Horst werden sich für übermorgen wieder was prächtiges ausdenken. Speziell und spaßig. Wie immer. Schon cool die beiden. Es wird nie langweilig. Horst trägt immer so eine Puck-Brille mit Pornobrillentendenzen. Anne sagt, ich war schon als Baby immer von seiner Brille fasziniert und habe mit seiner Brille immer Faxen, sie aber nie kaputt gemacht oder sie fallen gelassen. Zu der Brille trägt Horst die Haare hellbraun, lang und glatt nach hinten gekämmt.

    Dazu sein mittellanger Schnurrbart. Oh, Mann. Lederjacke in braun und eine Harley-Davidson. So ist Horst. Und Anne vergöttert ihn und er vergöttert Anne. Da hab‘ ich wirklich Glück gehabt. Das wird mir jeden morgen bewusst, wenn wir, Julius und ich, in unsere Klasse kommen. 81% der Eltern sind geschieden, zwei- oder auch dreimal wiederverheiratet. Das haben wir mal in einem Projekt ermittelt und uns die Köpfe heiß diskutiert, was das so bedeuten könne. Naja, unsere Klasse. Das ist so eine Doppel-D-Zug-Klasse: Wir werden mit 16 unser Abi machen. Dazu hat mich eigentlich vor zwei Jahren Finn überredet. Ja, unser Finn. Mr. Spock, sein Spitzname, trifft es wohl besser. Nur Einsen. Gedächtnisweltmeister als Knirps. Wurde ihm dann zu langweilig: nicht die Sache an sich, sondern die Formate. Karten, die Zahl Pi auf fünftausend Nachkommastellen auswendig lernen und Reihen von Nullen und Einsen memorieren. Er war damals echt speziell. Ok, heute auch noch. Doch neben seiner Logik und seinem Hirn hat er noch eine unglaubliche Beobachtungsgabe, einen erfrischend trockenen Humor und Augen wie ein Adler. Oups, ok, Finn würde wohl einen Adler als Tier wählen. Aber für mich ist Finn in erste Linie ein sehr, sehr guter Freund. Und ich nenne nicht wirklich viele so. Eigentlich nur drei. Finn, seinen kleinen Bruder Nils und Tore. Tore ist zwar zwei Jahre älter als wir und nicht in unserer Supa Dupa-Klasse, aber was macht das schon. Tore lernte ich letztes Jahr am S-Bahnhof Alexanderplatz schätzen.

    „Der Tod lauert meist dort, wo man ihn am wenigsten erwartet", sagt ein altes Sprichwort. Es war so gegen 06:00 Uhr am Sonntagmorgen. Alles war noch dunkel und nur ein Paar Verstrahlte der Nacht irrten noch zu der nächsten Party. Alles wie immer, obwohl hier in der letzten Zeit viele zusammengeschlagen wurden. Einer so sehr, dass er starb. Ich hüpfte aus der S-Bahn direkt in eine Gruppe von älteren Mädels, die ich am Abend vorher mit vielen Flaschen Wodka am Bode-Ufer gesehen haben, als sie gerade umfielen. Ja, hier in Berlin fallen halt keine Kühe um, wie auf dem Land, sondern Mädels;) Bei diesen Mädels ein Rudel brünstiger, reicher Doppel-Nullen. Alle noch jenseits. Keine wirklich gute Kombination.

    „Bleib dicht hinter mir", sagte Tore, der aus dem Nichts auftauchte. Er jonglierte mich an der Gruppe vorbei, die mich als Ziel ihrer allwöchentlichen Morgenklatsche ausgewählt hatte. Schon sauste ein leere Flasche Wodka dicht an meinem Kopf vorbei und zerkrachte an einer Plakatwand neben mir. Vor uns die Rolltreppe. Da rollten zwei der Nullen heran, einer mit einer Flasche, einer mit einem Messer. Tore wich geschickt der Flasche aus und der Schwung des Angreifers beförderte ihn selber zu Boden. Als auch schon der Zweite über ihn zu Boden fiel: Tore hatte ihn mit einem Schulterwurf – oder wie das heißt – behänd herumgewirbelt. Alles in Sekunden. Alles stand still. Alle starrten. Nichts bewegte sich. Tore rannte mit mir die Rolltreppe runter zum nächsten Taxistand. –

    Verdammt. Jetzt hab ich einen Krampf in der Hand. Gerade habe ich mich so richtig gefreut, dass ich nach so langer Zeit noch so leserlich mit der Hand schreiben konnte, wie ich es vor Jahren im Kalligrafie-Kurs gelernt hatte. Und dann jetzt das. Krampf in der Hand und aus. Wenn ich jetzt… „Ah, na klar. Das hätte ich mir ja denken können". Kaum hatte ich an mein iPad gedacht, erschien auch schon auf der Seite des Buches eine Tastatur wie auf meinem iPad. Das nenn’ ich mal eine Technologie. Cool. Ok, dann kann’s ja weiter gehen…

    … Tore rannte mit mir die Rolltreppe runter zum nächsten Taxistand. Da standen zwei. Rein in‘s erste und weg. Horst sagte, als wir eine Weile später bei uns am Küchentisch saßen, dass die Aktion von Tore ziemlich riskant gewesen war: „Hätte auch anders ausgehen können". Anne weinte und nahm uns alle drei in die Arme. Tore ist jetzt ein enger Freund der Familie und Horst, glaube ich, wünscht sich, dass Tore später mal Kommissar bei ihm wird.

    Ich war mit Julius und Tore um 19:00 Uhr zur Doppelwurst bei Konnopke‘s verabredet, dem Kult-Imbiss von 1930 am historischen Standort unter den Hochbahn-Brücken der Linie U2 an der Eberswalder Straße. Eigentlich war es ein schöner Tag, der 99. Tag im Jahre 2013. Die Osterferien waren gerade vorbei und schon fiel wieder der Unterricht aus. Und zwar von heute, Mittwoch, bis erstmal Freitag wegen Lehrerstreiks. Nett. Das Wetter heute spielte bislang so lala mit. Bedeckt bei 8° Grad. Trotzdem, Wannsee: wir kommen! Aber ein Platzregen beendete unseren Ausflug schon auf dem Weg zur Tram-Haltestelle. Dazu ein kühler Wind und schon schnieften wir wieder gen Hause. „Ok, später Wurst statt Wannsee?, fragte Julius in die Runde. Alle stimmten zu. Ich traf so gegen 18:50 Uhr bei Konnopke‘s ein und stellte mich schon mal in die Schlange, die heute dank des usseligen Wetters recht lang war. Um genau 19:05 Uhr war ich an der Reihe, aber von den anderen beiden war noch keiner da. Auch keine SMS oder so. Naja. „Ok: Eine Doppelwurst, mittelscharf, und ein Bockbier, bitte! Und schwups, alles kam sofort: Eine Frau machte die Kasse und holte das Bierchen aus dem Kühlschrank. Eine andere nahm die beiden Würste vom Grill und jagte sie durch die Schneidemaschine. Die dritte Frau gab dann gleich die Sauce drauf und würzte anschließend ordentlich nach. Und, tata, fertig war die Doppelwurst. Ich nahm in der hinteren Sitzecke im nächsten Häuschen platz, hielt zwei Plätze frei und begann, erstmal die Flasche aufzuplöppen. Plöpp. Herrlich. 19:30 Uhr. Mhh. Ok, zweiter Gang. Die Schlange war jetzt bedeutend kürzer, was aber eher ungewöhnlich war. Als ich wieder zur Sitzecke zurück kam, waren meine Plätze belegt. Ich fand aber auf den Holzbänken an der Straße ein Plätzchen neben zwei Frauen, die ihre beiden kleinen Kinder irgendwo rumtoben ließen. Sie quatschten und rauchten und quatschten und tranken und…: Tantentratsch deluxe. Die zweite Doppelwurst war schärfer und mir schossen sogleich die Tränen in die Augen. So muss es sein. Aber dann durchzuckte mich ein Unwohlsein. Komisch, hatte ich sonst nie. Es ließ aber nicht nach, sondern verstärkte sich eher. Irgendwie hatte ich jetzt das Gefühl, als wenn ich beobachtet werde. Tore. Julius. Ich blickte mich um. Aber außer den tratschenden Tanten, ihren zwei Knirpsen und vier Leuten war da keiner. Seltsam. Da ging ein Mann in einem schwarzen Anzug an mir vorbei, bestellte zwei Bock und ein kleines Menü, setze sich jenseits der tratschenden Tanten hin und begann zu essen. Auf einmal hörte ich alles um mich herum viel deutlicher und klarer. Unheimlich, aber cool. Den Tantentratsch, die Gespräche der Damen am Grill, die Touristen auf der anderen Straßenseite, den Familienstreit im 2. OG und den Straßenverkehr. Eigentlich ist hier 50 km/h, „aber, naja, 70 und mehr fahren die schon", murmelte ich in mein Bockbier. Zu den lauteren Straßengeräuschen gesellte sich jetzt zum ersten Mal ein anfangs leises, dann immer lauter und höher werdendes Pfeifen, wie aus einer Hundepfeife für Menschen. Ich war auf einmal hellwach und angespannt. Gespannte Unruhe machte sich breit: Etwas stand kurz bevor. Plötzlich ging alles ganz schnell. Einer der Knirpse krabbelt unter dem Geländer direkt auf die Straße, die Ampeln sprangen auf grün und, zack, die Autos und LKWs sausten auf regennasser Fahrbahn los. Die Tanten tratschen weiter. Noch 40m. 35m. Der Mann im schwarzen Anzug sprang auf und in einem Satz über das Geländer. Ab jetzt sah ich alles in Super-Zeitlupe: Er ergriff den Knirps am Arm, während die Reifen quietschten, warf ihn und sich hoch auf die andere Seite. Bevor der Knirps auf den Boden klatschte, fing er ihn sicher auf. Kaum gelandet: Rums! Ein 40-Tonner krachte von hinten ungebremst in einen Transporter und schleuderte sie beide direkt auf sie zu.

    „JACK, schrie ich mit all meiner Kraft. Woher ich seinen Namen wußte, weiß ich bis heute nicht. Er verstand sofort. Machte, noch auf der Straße liegend, mit dem Knirps zwei Rollen zur Seite. Keine Sekunde zu spät. Einer der 40-Tonner krachte direkt neben ihnen auf den Gehsteig, schleuderte weiter und begrub eine alte Dame unter sich, bevor er gegen den Baum knallte. Stille. Aber nur kurz. Dann krachte der Transporter frontal in die wartende M1. Wieder Stille. Einer der daneben stehenden Passanten war wohl Arzt. Er alarmierte gleich alle und versorgte, so gut es ging, die alte Dame, die unter der Zugmaschine vor dem Baum eingequetscht war. Noch bevor der Notarzt eintraf, hörte er aber sichtlich betrübt auf und verdeckte den Ort mit einem Tuch vom einem nahegelegenen Obststand. Die tratschenden Tanten saßen immer noch neben mir und es dauerte eine Weile, bis die eine, wohl die Mutter, zu begreifen schien, was da gerade geschehen war. Jack hielt inzwischen den Knirps in seinen Armen und trug ihn über die Straße, an den vielen quer stehenden Autos vorbei zu der Mutter, die den beiden sitzend entgegen starrte. „Das nennt man wohl Schockstarre, dachte ich. Erst als der Kleine schluchzend seine leicht verschrammten Arme seiner Mutter entgegenstreckte, schossen ihr die Tränen in die Auge und drückte ihren Knirps fest an sich. „Danke, sagte nicht sie zu ihm, sondern Jack mit seiner Clint Eastwood-Stimme zu mir, „noch ein Bierchen? Ich nickte noch immer ganz verblüfft und benommen: „Ein Bierchen? Das Pfeifen war weg. Das Unwohlsein auch. Hinter mir stürzten Julius und Tore heran: „Alles klar mit Dir? Geht‘s Dir gut? „Ja, alles klar! Habt Ihr auch dieses Pfeifen gehört?, fragte ich in Richtung Julius. „Pfeifen? Ne, die Autos haben eher gequietscht und gekracht, antwortete er: „Schau! Alles ist ein einziger Schrotthaufen! Und überall Blaulicht! Es sind wohl einige LKWs und dutzend PKWs ineinander gerutscht. Zwei Trams hat‘s auch getroffen. Dazwischen eingeklemmte Fahrradfahrer und Fußgänger. Die Polizei hat alles abgesperrt und die Rettungswagen sausen nur so herum. „Und Du, Tore, hast Du es gehört? „Nope. Ich war erst hier, als Du laut JACK gerufen hast. Woher kennst Du denn Berlin‘s Helden des Tages?, fragte er voller Anerkennung. „Woher ich ihn kenne? Ich schaute sie hilfesuchend an: „Ich kenne ihn nicht. Nie vorher gesehen. Das ist es ja. Wie auf‘s Stichwort erschien Jack, der Mann in Schwarz, mit vier Flaschen Bockbier, stellte sie auf den Holztisch und wandte sich zu einem Polizisten, der von hinten auf ihn zukam. Er beantwortete all die Fragen des Polizisten und drehte sich dann wieder zu uns um. Wir hatten die Befragung aufmerksam verfolgt und selber noch eine Menge Fragen. „Erst ein Bier, dann die Fragen, sagte er und…. Plöpp. Unsere drei Plöpps folgten einstimmig. Wir alle mussten schmunzeln. „Na, dann mal Prost!, sagte er sichtlich amüsiert. Mann, hatten wir einen Durst! „Drüben starb eine alte Dame und wir trinken amüsiert ein Bier, schoss es mir durch den Kopf, sagte aber nichts. Der Mann in Schwarz blickte darauf hin zur stark ramponierten Zugmaschine, wo jetzt ein Leichenwagen vorfuhr: „Den Knirps gerettet, die alte Dame tot. Du hast heute mich gerettet, Linus. Nochmals Danke. Wann immer Du meine Hilfe brauchst, werde ich da sein! Kurze Pause. Dann drehten Julius und Tore ihren Kopf wie beim Tennis zu mir und erwarteten meine Antwort. „Woher kennen Sie meinen Namen?, war das Erste, was mir – neben einer Träne – wieder in den Kopf schoss. „Woher kennst Du meinen?, konterte er. „Das ist dann meine nächste Frage an Sie, brach es aus mir heraus, „Ich kenne Sie nicht. Nie vorher gesehen. Bevor Sie kamen, fühlte ich mich auf einmal beobachtet. Dann kamen Sie. Dann plötzlich dieses Pfeifen und dann ging alles los. Als der 40-Tonner Kurs auf Sie nahm, rief ich Ihren Namen. Er war einfach da. „Präkognition. Faszinierend! Das ist ja mal‘n Ding! Und dann gleich doppelt, ertönte es hinter mir voller Ehrfurcht. Finn hatte sich unbemerkt durch die Absperrungen geschlichen, ließ mich zu Ende berichten und brachte sich dann voller ‚Spok‘scher‘ Inbrunst in das Gespräch ein. Er war für Finn‘sche Verhältnisse einen kurzen Moment wirklich sehr aufgeregt. Dann kehrte er aber eiligst in den Spock-Modus zurück, bevor wir uns ‚Sorgen machen mussten‘. Der Mann in Schwarz blickte erst Finn, dann uns amüsiert an: „Ihr seid eine illustre Truppe. Finn verblüffte er dann mit einer nahezu perfekten Spock-Stimme: „Präkognition trifft es zwar nicht vollständig, aber in einer ersten Näherung: akzeptabel. Und weiter mit seine ‚normalen‘ Clint Eastwood-Stimme: „Auch ein Bier? Ihm hatte noch nie jemand ein Bier angeboten und, soweit ich mich erinnern kann, hat er auch noch nie eins getrunken. „Warum eigentlich nicht?, verblüffte Finn wiederum uns. Eine Dame von Konnopke‘s hatte es wohl gehört und kam mit einer Flasche

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