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Moto-Hiker: Reisetagebuch von Susi und Jens
Moto-Hiker: Reisetagebuch von Susi und Jens
Moto-Hiker: Reisetagebuch von Susi und Jens
eBook389 Seiten4 Stunden

Moto-Hiker: Reisetagebuch von Susi und Jens

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Über dieses E-Book

Zwei Motorräder, ein Pärchen in den besten Jahren, ein Traum. Jetzt wird´s Zeit, denkt sich Jens, der treibende Part der beiden. Nach vielen 3 wöchigen Motorradreisen durch fast ganz Europa liegen neue Ziele immer weiter weg. Das Konzept stimmt nicht mehr, also muss ein neues her. Motorradfahren, ohne an die Rückreise denken zu müssen. Länder und seine Menschen kennenlernen, das ist das Ziel. Den Horizont erweitern. Das Buch ist im Stil eines Reiseberichtes geschrieben. Manches lässt den Leser schmunzeln, manches stimmt nachdenklich. Auf jeden
Fall - Lebensfreude.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum1. Apr. 2024
ISBN9783384176103
Moto-Hiker: Reisetagebuch von Susi und Jens
Autor

Jens Radewald

Jens Radewald ist Jahrgang 71, wurde in Schwerin geboren, ist heute selbständiger Elektrotechniker und lebt mit seiner zweiten Frau Susanne in Parchim, Mecklenburg. Sein erstes Motorrad, eine ETZ 150 von MZ, hatte er mit 16. Bis heute ist er diesem Hobby treu geblieben, die Maschinen haben immer wieder gewechselt. Seine Susi war seit ihrer Kindheit ein Camperkind und so verbinden die beiden ihre Hobbys in ihren gemeinsamen Reisen. Diese wurden über die Jahre immer länger und zeitintensiver. Aus den Reiseberichten für Freunde und Familie entstand so dieses erste Buch. Aktuell fährt er eine 10 Jahre alte BMW R 1200 GS.

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    Buchvorschau

    Moto-Hiker - Jens Radewald

    08.-13.07.2022, KM 868, Start

    Aus traurigem Anlass hat sich unser Start um mehr als 2 Monate verzögert. Meine geliebte Mutter und somit natürlich Susis geliebte Schwiegermutti (ist laut Onkel Uwe gar nicht so natürlich, stimmt aber in unserem Fall) ist auf ihre letzte Reise gegangen und wir hatten die Möglichkeit, sie auf diesem Weg begleiten zu können. Da kann man planen wie man will, das Leben kommt manchmal einfach dazwischen. Da sie eine gute Mutter war, hat sie mit Sicherheit einen Platz im Himmel bekommen, wo Vater schon auf sie gewartet hat. Gemeinsam werden sie jetzt unsere Reisen von da oben verfolgen und auf uns aufpassen.

    So sind wir also am 08. Juli gestartet, haben dem kranken Druschek noch einen kurzen Besuch abgestattet, um dann im Kinderferienlager in Zislow am Plauer See unsere erste Nacht zu verbringen. Warum? Na bis vor der Pandemie war das unser Baby, also mehr das von Susi, ich war nur Statist. Da Susi nun aber für unsere Reisepläne ihren Job quittiert hat, haben ehemalige Teilnehmer mit Susis altem Kollegen Micha einen Neustart versucht. Und genau das wollten wir uns mal anschauen. Jugend voran, wie es so schön heißt oder alles bleibt anders.

    Tags darauf haben wir es dann bis in die Nähe von Wandlitz geschafft, wo wir entsetzt feststellen mussten, dass Susis Batterie schlappmacht. Als frisch gebackene ADAC-Mitglieder haben wir gleich mal gecheckt, was die so drauf haben. Jedenfalls keine Batterie, schade. Camping am Liepnitzsee war das Resultat, da am Wochenende keine Werkstatt auf ist. Am Montag konnten wir endlich eine bestellen, die wir uns dann am Dienstag in Lichtenberg abholen durften.

    Von Kai aus unserer BMW-Werkstatt hatten wir ein Original-Kommunikationset gesponsert bekommen, in der Hoffnung, dass es wie sonst alles von BMW super funktionieren würde. Leider mussten wir feststellen, dass sie an der Stelle vielleicht mal bei Schuberth oder Sena abkupfern sollten. So haben wir uns kurzerhand eines von Sena zugelegt und schicken das gesponserte an Kai zurück. Die Soziusvariante mag ganz gut funktionieren, aber über längere Entfernungen ist es unbrauchbar. Dankeschön an Kai, es war nett gemeint und einen Versuch wert.

    Wieder haben wir eine Menge Zeit verplempert und deshalb ausnahmsweise die Autobahn genommen, um rechtzeitig zum Grillen bei unserem Neffen Peter und seiner Familie in Zittau zu sein. Wir werden herzlich aufgenommen und beköstigt und haben bis spät in die Nacht geschnattert und zum Leidwesen seiner Frau Maddel auch ein bis zwei abgebissen. Wer weiß, wann wir wieder so jung zusammen kommen werden.

    Heute endlich lassen wir den deutschen Asphalt hinter uns und wenn alles so klappt, wie wir uns das vorstellen, werden unsere Mopeds diesen erst in ein paar Jahren wiedersehen, wenn überhaupt. Der Plan ist nämlich, sie im Iran oder in der Türkei zurückzulassen, während wir im Winter eine Stippvisite in der Heimat machen. Somit haben wir im kommenden Jahr eine bessere Pole-Position Richtung Osten. Na, schaun wir mal. Jetzt sitzen wir hier auf einem idyllischen Campingplatz in Tschechien und ganz langsam kommt das Reisegefühl.

    14.-18.07.2022, KM 1903, Maramures / Rumänien

    Ganz gemütlich geht es weiter Richtung Slowakei. Im Konibar-Kemp im Westen treffen wir den Niederländer Arie aus Deutschland mit seiner 1250er GS Triple Black. Er ist 10 Jahre älter als ich, also 49 , und fährt erst seit 4 Jahren. In Rumänien wird er sich mit anderen zu einer geführten Tour treffen. Kameras vorn und hinten sollen alles festhalten. Stolz zeigt er mir beim Bierchen erste Aufnahmen. Na, viel Spaß beim Schneiden. Als der Betreiber des Camps von unseren Plänen erfährt, guckt er zunächst skeptisch, erzählt dann aber von seinen Begegnungen mit der Bevölkerung in Afghanistan, wo er 7 Monate stationiert war. Die, die am wenigsten haben, geben davon noch gerne etwas ab. Zum Schluss sind wir uns einig, dass auch die Iraner ein gastfreundliches Volk sein werden. Ich bin mir da ohnehin sicher, weil lesen bekanntlich bildet. Mit seinen besten Wünschen machen wir uns auf in den Osten der Slowakei und finden ein Nachtlager bei Kosice. Morgens geht es auf zum Endspurt durch Ungarn nach Rumänien.

    Wer uns kennt, weiß, dass Rumänien unser Reise-Lieblingsland Nummer 2 ist. Alle Grenzen bis hierher waren kaum zu bemerken. Ein Hoch auf die EU. Haben wir bei Rumänien auch nicht anders erwartet und doch, es gibt ihn noch, den Stau an einer innereuropäischen Grenze. Warum, ist uns schleierhaft. So nutzen wir die Wartezeit für einige Sporteinlagen in Form von 330kg schwere Motorräder schieben. Bei 30°C und Sonne! Dann eine kurze Passkontrolle und wir rollen durch endlos langgezogene Dörfer nach Maramures. Das liegt im Nordwesten des Landes, grenzt im Norden an die ukrainischen Karpaten und ist einfach herrlich idyllisch. Beeindruckend sind die vielen Holzportale vor den Höfen, die wohl das Ansehen oder den Stand des Besitzers widerspiegeln sollen. Wir fahren nach Babou Maramures, einem Camper, den wir noch von unserer ersten Rumänienreise in hervorragender Erinnerung hatten. Eine tolle Serpentinenstraße führt uns in die Berge. Ein kurzes Stück offroad und wir sind da.

    Die Besitzer haben zwar gewechselt, sind aber immer noch Holländer und Bram ist genauso nett wie seine Vorgänger. Wir stellen unser Zelt neben die von 2 rumänischen Familien. Wenn uns ihr Stromkabel stören sollte, würden sie es natürlich umlegen, erklärt uns Patrick in einwandfreiem Deutsch. Patrick ist nämlich gebürtiger Österreicher und lebt seit 17 Jahren mehr oder weniger in Rumänien.

    Einmal wegen der Arbeit und zum anderen wegen der Liebe. Diese heißt Bianca und er hat sich wirklich die Schönste aller Rumäninnen ausgesucht, der Schlawiner. Ihr Sohn Alexander wächst dreisprachig auf und wir sind fasziniert, wie die 3 zwischen den Sprachen hin und her pendeln. Vater und Sohn sprechen nur Deutsch, Sohn und Mutter Rumänisch und die Eltern untereinander reden Englisch. Außerdem spricht Bianca noch 3 weitere Sprachen, was mich natürlich etwas neidisch macht. Wir werden zum Wein eingeladen und reden bis nach Mitternacht. Am Morgen gibt es Weißwurst, die sich dann aber als gekochte Bratwurst entpuppt und gar nicht mal so schlecht schmeckt, Hauptsache vegan . Ich esse glatt 2, hab schließlich Geburtstag. Patrick vermisst das Hamsterrad der westlichen Gesellschaft nicht im Geringsten. Hier geht es noch um das Miteinander, selbstlos einander zu helfen, einfach glücklich zu sein und nicht ein Leben lang danach zu suchen. Nun sind natürlich nicht alle so, es gibt sie auch hier, die, die immer mehr wollen oder nicht genug kriegen können, aber im Grunde merken wir, was er meint. Und recht hat er. Sie packen ihre Sachen und fahren zurück nach Baja Mare, wo sie wohnen, nicht, ohne uns für den nächsten Tag zu sich einzuladen. Patrick möchte unseren Proviant mit wilden Würsten und Speck aufstocken, - selbst geschossen. Also nicht die Würste, aber die entsprechenden Vorbesitzer, nämlich Hirsch und Schwein.

    Wir bleiben noch bis zum nächsten Tag auf dem Camper, fahren zu einer tollen Klosteranlage nach Barsana und zu der mit 78 Meter höchsten Holzkirche Rumäniens nach Sapanta an der ukrainischen Grenze. Außerdem ist sie das höchste Eichenbauwerk der Welt. Wir sind beeindruckt und schauen uns 2 km weiter noch einen „Fröhlichen Friedhof an. Wer nun glaubt, das sei ein Widerspruch in sich, der irrt. Hier stehen keine trostlosen Grabsteine, sondern Holzkreuze, mit denen der Schreiner Stan Ioan Patras ab 1935 die Verstorbenen in besonderer Weise ehren wollte. Die Kreuze werden seitdem individuell mit Bildern gestaltet und jedes erhält noch einen persönlichen Spruch, etwa in der Art: „Unter diesem schweren Kreuz liegt meine arme Schwiegermutter. Hätte sie noch 3 Tage länger gelebt, würde wohl ich hier liegen …. Es verleiht dem Friedhof etwas Fröhliches, warum auch nicht. Die Verstorbenen wollen bestimmt nicht ständig traurige Gesichter sehen, waren sie doch zu Lebzeiten sicher auch keine Kinder von Traurigkeit, jedenfalls die meisten.

    So, jetzt geht’s aber um die Wurst. Patrick und Familie warten auf uns. Wir freuen uns, haben uns schließlich 24h nicht gesehen. Bianca spendiert uns Selbstgebrannten, Patrick versorgt uns gefühlt für die nächsten 4 Wochen und gibt uns noch einen Tipp, den wir direkt morgen ansteuern werden. Die Transalpina gibt es schließlich schon seit 83 Jahren, dann wird sie in 3 Tagen bestimmt auch noch da sein.

    19.-22.07.2022, KM 2890, Colibitza, Transalpina,

    Mit Wurst und 2 kleinen Bier im Gepäck fahren wir auf den total niedlichen, privaten Camping Noroc Maramures ganz in der Nähe von Baja Mare. Besonders der Sanitärpavillon hat es uns angetan. Ein Viertel ist offen für Abwasch- und Handwaschbecken und der Rest des Rundells beherbergt 2 WC’s, 2 Duschen und sogar 1 Waschmaschine. Der Spiegel auf dem Klo ist einfach ein großes Kork-Smiley, man ist sofort gut gelaunt. Ist `ne tolle Idee für so manch griesgrämigen Zeitgenossen . Die Wurst sparen wir uns noch ein bisschen auf, aber das Bier trinken wir natürlich sofort, soll ja nicht warm werden.

    Patricks Tipp folgend, fahren wir am nächsten Tag nach Osten zum See Colibitza. Bilder aus einem Hochglanzprospekt erscheinen vielversprechend. Natur pur. Patrick will demnächst mit seiner Familie auch dort campen. Wir fühlen schon mal vor und sind total enttäuscht. Wild campen erscheint unmöglich, vor lauter Zäunen und Privatbesitz kommt man gar nicht an den See heran. Im Süden finden wir etwas, was einem Campingplatz nahe kommt und somit auch dem Ufer. Was soll´s, irgendwo müssen wir ja schlafen. 10,-€ kassiert ein Mütterchen von nebenan, wegen der Toiletten hätte sie uns eigentlich 5 wiedergeben müssen. Zum Schlafen reicht es und nach einem Geburtstagsfrühstück geht es jetzt aber Richtung Transalpina. Die Landschaft ist schön hügelig, so dass man immer wieder über üppige Felder schauen kann. Eines mit Sonnenblumen schenke ich einfach meiner Susi zum Geburtstag, von wegen Blumenstrauß.

    Am Fuß der Transalpina fahren wir einen Camper an, der auf den ersten Blick trostlos aussieht, sich aber auf den zweiten als kleine Oase entpuppt. Wir schaukeln in den Hängematten unter Schatten spendenden Obstbäumen, Susi checkt ihre Geburtstagsnachrichten und ich lese. Mircea, unser Gastgeber, spendiert einen Selbstgebrannten und für jeden einen Transalpina-Aufkleber. Der kommt natürlich erst auf die Koffer, wenn es vollbracht ist. Der Platz für die Zelte liegt in der prallen Sonne und so warten wir bis zu deren Untergang mit dem Aufbau. Wir sind die Einzigen mit Zelt und haben somit die Camperdusche und WC exklusiv für uns. 5 Sterne, würde ich sagen. Mit Paletten, etwas Schaumstoff und Kunstleder hat Mircea eine richtig kleine Lounge gezimmert. Wir genießen. Am Morgen sponsert er uns noch einen Kaffee und dann nehmen wir nach 3 Jahren die Transalpina zum zweiten Mal in Angriff.

    2019 mussten wir unseren Urlaub wegen eines Sturzes und dem damit einhergehenden Motorblockschaden abbrechen. Aber jetzt! Da ich ja in den letzten 3 Jahren noch mehr reifen durfte, wie z.B. guter Wein, fahren wir also recht entspannt, folgen noch einem kleinen Abstecher und halten schließlich an einem Stausee. Hier gibt’s Langos mit Käse und Knobi und das mögen wir. Weiter oben treffen wir dann Claus aus Würzburg und als er uns androht, mit uns zu fahren und zu zelten-bisher hat er wohl nur pensioniert- müssen wir wohl so doof geguckt haben, dass wir uns danach irgendwie nicht mehr begegnet sind. Er hat's wahrscheinlich verstanden. Die Chemie sollte schon stimmen. Alles in allem hat uns die Transalpina jetzt nicht so umgehauen, also fahrtechnisch. Die Landschaft ist natürlich toll, allerdings wurde die Straße häufiger geflickt, das heißt, die Längsrisse wurden mit Teer oder Bitumen ausgebessert, was in den Kurven schon mal gefährlich werden kann, also für uns Zweiradfahrer. Müssten wir wählen zwischen den beiden berühmtesten Passstraßen Rumäniens, wir würden uns für die Transfaragasan entscheiden. Der Camper, den wir dann aufspüren, bietet ganz gut Schatten, eine Menge Hunde und Grotte-Sanitäranlagen. Der Preis ist mit 6,-€ dem angemessen. Alles Gute ist nie beisammen.

    Nachdem wir jetzt den Hauptgrund unseres Rumänienbesuches abgehakt haben, kann es weitergehen Richtung Bulgarien. In Rumänien gelten wie in Deutschland auch 50 km/h innerorts. Daran hält sich zwar keine Sau und wir somit auch nicht, aber so schnell wie vor 4 Jahren (90 km/h) jagt dann auch keiner mehr. Das soll, laut Patrick, mit der erhöhten Polizeipräsenz zusammenhängen. Die Ortschaften sind aber auch lang. In den Dörfern an den Ausfallstraßen steht jedes Haus an genau derselben. Dahinter hat dann jeder noch sein kleines Stück Acker. Vor den Häusern, quasi an der Straße, bieten die Bewohner dann Eingemachtes, Säfte, Obst und Gemüse zum Kauf an. Das Leben findet hier noch auf der Straße statt. Außerdem ist es vorne ja viel interessanter als auf dem Hof und man trifft auch mal die Nachbarn. Wie ist es nochmal bei uns in Deutschland? Na gut, unsere blöde Nachbarin wollen wir auch nicht jeden Tag sehen. Jedenfalls ist so ein Dorf locker mal 10 Kilometer lang, da kann man sich gar nicht an die Geschwindigkeitsbegrenzung halten. Dementsprechend kommt man doch zügig voran. Heute hatten wir der Dörfer nicht so viele und somit lief es noch besser.

    Die Donau bildet hier die Grenze zu Bulgarien und wir nehmen die Fähre. Auf dieser treffen wir Gregor mit Familie aus Hannover. Sie sind griechischer Herkunft und wollen im Land ihrer Väter 5 Wochen Urlaub machen. Aufgrund der Coronaauflagen hat er seinen Job im Gesundheitswesen quittiert, er wird wohl nicht der letzte sein. Wir legen an und unsere Wege trennen sich. Hier ist nichts zum Geld tauschen, daher müssen wir einen Markt finden, der Visa akzeptiert. Gefunden! Wir halten Ausschau nach einer Übernachtungsmöglichkeit, entscheiden uns für ein Wildcamp in den Bergen und stehen plötzlich vor einer Holzbrücke. Diese ist nicht das Problem, aber der aufsteigende Weg dahinter. Ein Plätzchen 20 Meter links rein macht es auch. Das Wasser plätschert, die Grillen grillen und die Hunde hoffen auf einen Leckerbissen. Heute gibt es Salat. Tja, Pech gehabt.

    23.-27.07.2022, KM 3687, Bulgarien

    Was wollen wir in Bulgarien? Zum einen liegt es auf unserem Weg in die Türkei und zum anderen haben wir Bulgarien bisher immer links liegen lassen. Auf unserer letzten Reise sind wir die bulgarische Schwarzmeerküste quasi von Nord nach Süd durchgeflogen. Coronabedingt, aber auch, weil uns derartige touristische Gegenden einfach nicht liegen. Ob man nun auf Malle, in Rimini oder an der kroatischen Adria entlang fährt (wobei letztere wirklich bezaubernd ist), überall stehen entsprechende Betonburgen, Werbeschilder für diverse Urlaubsaktivitäten und natürlich die tollsten Restaurants, in die man seine Liebsten im Urlaubsmodus gerne einlädt.

    Also fahren wir ins Gebirge. Bulgarien hat einige davon. Neben dem Balkangebirge, welches vom Schwarzen Meer bis hinein nach Serbien reicht und vielen anderen gibt es da noch das Pirin- und das Rila-Gebirge. Beide liegen südlich von Sofia und weil es im Rila eine Monastry, also das Rila-Kloster gibt, entscheiden wir uns für dieses. Wir suchen uns einen Camper in unmittelbarer Nähe zum Kloster, um hier einen klassischen Sonntag zu verbringen. Die Motorräder haben auch mal einen Sonntag verdient. So schlafen wir also aus, gerade so, wie die Sonne es zulässt, frühstücken, lesen bis der Hintern brennt und wandern dann zum Kloster. Es ist echt beeindruckend, was hier im 10. Jahrhundert bzw. nach der Zerstörung im frühen 19. Jahrhundert wieder aufgebaut wurde. Heute gehört es zum UNESCO-Weltkulturerbe. Wie immer genießen wir die Atmosphäre, wenn auch mit zahlreichen Touristen und gönnen uns ein Mittagessen. Schließlich ist Sonntag. Okay, dass das typisch bulgarische Steak einfaches Bauchfleisch ist, haben wir uns so nicht vorgestellt. Aber egal, wir brauchen Eiweiß und das Bier schmeckt trotzdem.

    In der Nacht dürfen wir noch ein typisches Gewitter in den Bergen erleben und den dazugehörigen Regen. Morgens ist wieder eitel Sonnenschein, das Zelt trocknet während des Frühstücks und wir fahren bis vor die Tore von Plovdiv. Hier haben die Römer wohl ein paar Fußabdrücke hinterlassen und die wollen wir uns mal anschauen.

    Vor Plovdiv kommen wir bei Dimitri und Helena unter. Helena öffnet uns das Tor zu ihrem Garten und als sie uns erzählt, sie sei aus Charkow/Ukraine, sind wir Feuer und Flamme. Allerdings kommen ihr die Tränen bei dem Thema Ukraine und wir wechseln in Smalltalk. Dimitri ist da wesentlich, ja wie soll ich sagen, vielleicht entspannter oder so. Er erzählt, was ihn bewegt, hat eine Community in der Ukraine, mit der er gemeinsam Panzer der ukrainischen Armee modifiziert. Er zeigt uns entsprechende Bilder und lässt uns seinen Selbstgebrannten probieren. Für den Eigenbedarf ist es hier sogar legal.

    Bulgarien mag landschaftlich schön und für Wanderer ein Paradies sein, aber wenn man durchs Land fährt, springen einem marode, zerfallende Industrie-und Wohngebäude ins Auge. Neue Häuser verblassen neben dem ungepflegten Umfeld. Wenn wir uns in Deutschland über unsere Steuern zwar aufregen, sind wir doch froh, dass ein Teil davon investiert wird, um das öffentliche Erscheinungsbild aufzuhübschen. Hier sind Gewege unter dem wuchernden Unkraut nicht mehr zu erkennen, Straßen wachsen an ihren Rändern zu, so dass man bei Schräglage schon mal Blätter zwischen den Zähnen hat. Einige von ihnen gleichen einem Flickenteppich aus Asphalt, wobei der älteste sicher noch die kommunistische Ära miterlebt hat. Ein durchschnittliches Jahreseinkommen, sofern man Arbeit hat, beträgt ca. 9000,-€, wovon dann ca. 2000,-€ Steuern und Versicherung abgezogen werden. Wo soll also das Geld herkommen für die Instandhaltung öffentlicher Anlagen?

    Plovdiv erscheint etwas gepflegter. Die Einbindung antiker, römischer Elemente in das „moderne" Stadtbild ist gelungen. Wir schauen uns das Stadion von Phillipopolis an, schlendern durch die gemütliche Altstadt und ziehen weiter. In Haskovo klettern wir noch auf den Bell Tower, von dem man eine tolle Aussicht über die Stadt und das weite Land hat.

    Die Grenze zur Türkei ist rappelvoll. All die über Europa verstreuten Türken sind auf dem Weg zu ihren Familien, um dort den Urlaub zu verbringen. Als wir uns vordrängeln, um im Schatten zu stehen, meckert keiner. Es dauert trotzdem eine geschlagene Stunde, bis wir durch sind. Dann nochmal eine knappe Stunde, bis wir eine türkische Telefonkarte unser Eigen nennen dürfen. Noch schnell ´ne kalte Cola und dann geht’s über Super-Straßen mit 120km/h Richtung Marmarameer. Da wir keinen Tekelladen mehr finden, gibt es heute Abend mal Kaffee und Tee vor wunderbarer Kulisse. Das Zelt ist kaum aufgebaut, dann ist es zappenduster. Ein Igel raschelt im Gestrüpp. Der Sonnenaufgang ist ein Traum und wir baden das erste Mal in diesem Jahr im Meer.

    28.7.-02.08.2022, KM 4382, Turkey Motocycle Festival

    Wir verbringen einen Tag in der Hängematte an unserem privaten, wilden Strand in der Nähe von Uçmakdere. Ich fahre zwischendurch zum Einkaufen, schließlich muss man ja von etwas leben,-Luft und Liebe sind ja recht nett, aber auf Dauer…? Abends gibt es dann ein Wiedersehen mit unserem alten Freund Ceko und ab sofort unseren neuen Freunden Hassan, Hussein und Gürsel. Hussein hat Gürsel huckepack auf seiner GS und Ceko dessen Gitarre. Ihre Zelte sind schnell Aufgebaut, dann kommen wir zum gemütlichen Teil. Wir genießen einen wundervollen, musikalischen Abend mit den Vieren und lernen einander kennen. Was uns am nächsten Morgen etwas durcheinander bringt, ist die Tatsache, dass unsere türkischen Freunde nicht frühstücken. Sie trinken maximal einen Kaffee und dann, zack zack, fahren sie los, weil unterwegs gefrühstückt wird. Aber okay, wir versuchen, uns darauf einzustellen. Wo bleibt die südländische Gelassenheit? Nach einem türkischen Frühstück machen wir uns auf den Weg nach Alpullu bei Lüleburgaz zu einem Motorrad-Festival. Der Eintritt ist kostenlos und warum auch immer, wir haben wohl die richtigen Leute dabei, uns werden die Getränke mit Motorrollern bis vor das Zelt geliefert. Ein Service, der in Deutschland unvorstellbar ist. Wir fühlen uns ein bisschen wie Pfingsten zu Hause auf dem Zeltplatz. Sitzen, Reden und diese anderen schöngeistigen Dinge. Freitag drehen wir noch eine größere Runde, man muss schließlich irgendwo frühstücken, am Samstag ersparen wir uns das und bleiben am Platz. Abends gibt es einen Motorradkorso beim Bürgermeister vorbei, welcher uns später auf der Party eine Medaille für die weiteste Anreise verleiht. Die Party selbst ist feucht-fröhlich und Hussein und ich buhlen um dieselbe Dame. Letztendlich überlasse ich ihm das Feld, schließlich muss ich mich auch noch um meine Susi kümmern, obwohl auch hier Hussein alles gibt .

    Unser Joker ist allerdings der 62jährige Gürsel mit seiner Gitarre und hinreißender türkischer, aber auch westlicher Musik. So bekommen wir hier von allen Seiten besondere Aufmerksamkeit. Es herrscht eine entspannte Atmosphäre. Am Sonntag erwartet uns dann wieder das uns schon bekannte Spiel, zack zack,- Abbauen und los. Wir sind noch nicht mal richtig nüchtern, aber das spielt hier sowieso keine Rolle. Unser Frühstück wird eher ein Mittagessen, danach können wir so langsam wieder klar denken. Wir erkunden mit 400 Kilometer noch die halbe Westtürkei, und wenn wir in Deutschland maximal ein alkoholfreies Radler trinken, haben die türkischen Kollegen doch glattweg noch einen Jack Daniels und die passenden Becher dabei.

    Wir nehmen die Fähre nach Asien und sehen wieder das trojanische Pferd im Hafen von Çannakale. Es hat sich in einem Jahr nicht einen Schritt bewegt . An einem der Straßenstände gönnen wir uns Muscheln mit eingefülltem Reis und Zitrone. Die Sonne macht sich fertig für die Nacht, aber das ist für unsere Freunde kein Grund, hektisch zu werden. Im Gegenteil, Hassan zeigt uns noch ein Edelhotel, auf dessen Terrasse uns Osman, der Besitzer, auf ein Efes einlädt und von der aus wir die griechische Insel Lesbos in der einbrechenden Dunkelheit erkennen können. Osman zeigt uns voller Stolz einige Suiten und wir sind beeindruckt. Knapp 10 Jahre und ca. 10 Mio Euro hat ihn das Projekt gekostet. Aber jetzt läuft es.

    Irgendwann fahren wir weiter, es ist bereits stockdunkel und wir passieren die

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