Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Historisches Wörterbuch des Mediengebrauchs: Band 1
Historisches Wörterbuch des Mediengebrauchs: Band 1
Historisches Wörterbuch des Mediengebrauchs: Band 1
eBook1.142 Seiten13 Stunden

Historisches Wörterbuch des Mediengebrauchs: Band 1

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Schnelle und leicht zugängliche Orientierung im Problemfeld der Medien ermöglicht das Historische Wörterbuch des Mediengebrauchs in neuartiger Form. Als umfassende Informationsquelle im Bereich für Forschung, Lehre und Selbststudium liefert es nicht nur eine Analyse der Verwendung medialer Begrifflichkeiten, sondern bietet auch eine historische Sicht auf die Wechselwirkung zwischen Medien und ihrem Gebrauch. Vergleichende Beobachtungen unterschiedlicher Umgangsformen und Gebrauchsweisen mit der Medienwelt werden dadurch fassbar. Die Sammlung disziplinärer Grundbegriffe vereint etablierte Formen des Mediengebrauchs wie "schreiben" und "inszenieren" mit aktuellen Wortschöpfungen wie "twittern" und "liken". Diese werden von ausgewiesenen Fachleuten besprochen und analysiert. Anhand einer Anekdote aus Politik, Literatur oder Alltag eröffnet sich dem Leser die Gebrauchsweise des Begriffs. Anschließend wird die Etymologie erläutert und die überlieferten Verwendungskontexte ergänzt. Danach wird der Leser mit Schwankungen in der Semantik und im Sprachgebrauch vertraut gemacht. Die Erläuterung von Gegenbegrifflichkeiten und Einblicke in die Anwendbarkeits- und Forschungsperspektive sowie eine ergänzende Literaturliste vervollständigen die Artikel. So wird die Verwendungsgeschichte der Medien historisch transparent.
SpracheDeutsch
HerausgeberBöhlau Köln
Erscheinungsdatum3. Nov. 2014
ISBN9783412218126
Historisches Wörterbuch des Mediengebrauchs: Band 1

Mehr von Heiko Christians lesen

Ähnliche Autoren

Ähnlich wie Historisches Wörterbuch des Mediengebrauchs

Ähnliche E-Books

Geschäftskommunikation für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Historisches Wörterbuch des Mediengebrauchs

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Historisches Wörterbuch des Mediengebrauchs - Heiko Christians

    ABHÄNGEN

    JANNES SCHWENTUCHOWSKI

    ANEKDOTE

    Als Ende Januar 2008 zwei wichtige Internet-Seekabel vor der Küste Ägyptens von einem Schiffsanker durchtrennt werden, verringert sich die Bandbreite im Nahen Osten und in Indien massiv. Die Süddeutsche Zeitung berichtet am 1. Februar auf Seite 1 nicht zuletzt über die akute Beeinträchtigung des Wirtschaftslebens in der Region.¹ Ein Folgebericht im Wissensteil beschäftigt sich tags darauf mit der „Verwundbarkeit des Internets" und den damit einhergehenden Unwägbarkeiten der Globalisierung – allein das Outsourcing von Dienstleistungen amerikanischer und britischer Unternehmen nach Indien habe ein geschätztes jährliches Volumen von etwa 35 Milliarden Euro.² Schließlich erscheint am 4. Februar eine kurze Agenturmeldung über ein weiteres beschädigtes Datenkabel, dieses Mal vor der Küste Dubais, quasi folgerichtig im Wirtschaftsteil.³

    Ungefähr zwei Monate später ist auch eine fiktive Kleinstadt im US-Bundesstaat Colorado plötzlich vom Internet abgeschnitten.⁴ Unter den Bewohnern von SOUTH PARK bricht Panik aus, zumal die Ursache für den Netzausfall unergründlich scheint: „There’s no Internet to find out why there’s no Internet!⁵ Nach Tagen des vegetativen Ausharrens entschließt sich die Familie Marsh, nach Kalifornien aufzubrechen, wo es Gerüchten zufolge noch Internetzugang gibt. Es entwickelt sich eine Parodie von John Steinbecks „Great Depression-Klassiker THE GRAPES OF WRATH (FRÜCHTE DES ZORNS), in der jedoch weniger wirtschaftliche als vielmehr individuell-psychologische Probleme im Mittelpunkt stehen: Tochter Shelly etwa verzweifelt an der vom Internetausfall bedingten Trennung von ihrem Onlinefreund, mit dem sie, als sie ihn schließlich [<<33||34>>] im kalifornischen Internet-Flüchtlingslager zufällig „offline" trifft, nicht von Angesicht zu Angesicht zu kommunizieren vermag. Vater Randy hingegen sucht krampfhaft nach einer Möglichkeit, sein Verlangen nach Onlinepornografie zu stillen und verbraucht, nachdem auch ein Internet-Porn-Simulator keine Befriedigung bringt, heimlich die gesamten Internetvorräte des Camps.

    ETYMOLOGIE DAS HERKUNFTSWÖRTERBUCH

    enthält leider keinen eigenen Eintrag abhängen; bei den verwandten Begriffen „Abhang und „abhängig wird immerhin auf die Stammform „hängen" verwiesen.⁶ Zu dieser heißt es:

    Das alte gemeingerm. starke Verb *hanhan ‚hängen‘ (mhd. hahen, ahd. hahan, got. hahan, aengl. hon, aisl. hanga), dessen außergerm. Beziehungen nicht sicher geklärt sind, hat sich in den jüngeren Sprachzuständen mit den von ihm abgeleiteten schwachen Verben (1. ahd. hangen, mhd. hangen, nhd., mdal. und schweiz. hangen, 2. ahd., mhd. hengen, nhd. hängen, 3. ahd., mhd., nhd. henken) vermischt. Um das Verb ‚hängen‘ gruppiert sich im Dt. eine Reihe von Ableitungen und Zusammensetzungen: […] Abhang ‚abschüssige Stelle, Halde‘ (15. Jh.), abhängig (15. Jh.; zunächst ‚abschüssig, geneigt‘, dann ‚durch etwas bedingt, bestimmt; angewiesen; unselbstständig‘) […].

    Eine ähnlich unklare Ausgangslage wie bei der Etymologie offenbart sich bei der Palette heutiger Verwendungsmöglichkeiten: Im DEUTSCHEN UNIVERSALWÖRTERBUCH finden sich gleich zwei Lemmata abhängen – in Form eines starken sowie eines schwachen Verbs.⁸ Beiden wird jeweils eine Reihe unterschiedlicher Bedeutungen beigestellt, weshalb hier ein konkreter Schwerpunkt gesetzt wird: Das schwache, transitive Verb abhängen soll, obwohl es in seiner Bedeutung „aus der Verbindung mit etw. lösen"⁹ im Fall der zerstörten Seekabel indirekt mitschwingt, von geringem Interesse sein. Im Mittelpunkt [<<34||35>>] steht stattdessen das starke, intransitiv verwendete Abhängen, insbesondere im Sinne von „a) durch etw. bedingt sein; jmds. Willen od. Macht unterworfen sein […] b) auf jmdn. od. etw. angewiesen, von jmdm. od. etw. abhängig sein"¹⁰. Weiterhin wird der Historie des individuellen „abhängigen Mediengebrauchs – und sei dieser, wie in der eingangs erwähnten SOUTH PARK-Folge dargestellt, massenhaft – Vorrang gegenüber der Geschichtsschreibung einer kollektiven, gesamtgesellschaftlichen „Medienabhängigkeit eingeräumt. Dabei wird sich schnell zeigen, dass für die Untersuchung die Einführung einer weiteren, zentralen Vokabel unerlässlich ist.

    KONTEXTE

    „Das Internet ist aus unserer heutigen Welt kaum mehr wegzudenken. Seit etwa zehn Jahren lässt sich aber auch eine exzessive Computer- und vor allem Internetnutzung beobachten, die mit einer Abhängigkeitsstörung vergleichbar ist"¹¹, heißt es in dem im Mai 2012 von der Drogenbeauftragten der Bundesregierung herausgegebenen DROGEN- UND SUCHTBERICHT. Kurz darauf warnt der Hirnforscher Manfred Spitzer, auf Platz eins der Bestsellerlisten,¹² vor ‚digitaler Demenz‘ und beschreibt titelgebend, ‚wie wir uns und unsere Kinder‘ durch die Nutzung digitaler Medien ‚um den Verstand bringen‘.¹³

    „Schwächere als ich können damit nicht umgehen! ist eines der Argumente, die Kathrin Passig in den STANDARDSITUATIONEN DER TECHNOLOGIEKRITIK ausmacht: „Medizinische oder psychologische Studien werden ins Feld geführt, die einen bestimmten Niedergang belegen und einen Zusammenhang mit der gerade die Gemüter erregenden Technologie postulieren. […] Ein Urahn dieser Bedenken ist natürlich die Lesekritik.¹⁴

    Im ausgehenden 18. Jh. kulminiert letztere im deutschsprachigen Raum unter dem Schlagwort der „Lesesucht", das Joachim Heinrich Campe 1809 in sein WÖRTERBUCH DER DEUTSCHEN SPRACHE aufnimmt: „Die Lesesucht, [<<35||36>>] […] die Sucht, d. h. die unmäßige, ungeregelte auf Kosten anderer nöthiger Beschäftigungen befriedigte Begierde zu lesen, sich durch Bücherlesen zu vergnügen. ‚Die Lesesucht unserer Weiber.‘ C. [=Campe, J.S.] Den höchsten Grad dieser Begierde bezeichnet man durch […] Lesewut."¹⁵

    Festzuhalten ist, dass zum Zeitpunkt dieser Wortschöpfung die heutige Primärbedeutung des Suchtbegriffs („krankhafte Abhängigkeit von einem bestimmten Genuss- od. Rauschmittel o.Ä."¹⁶) noch nicht existiert. Campe selbst definiert „Sucht in seinem Wörterbuch zunächst auch als körperliche Krankheit.¹⁷ Weiterhin – und dies ist Grundlage der Komposition „Lesesucht – bezeichne der Begriff jedoch „[e]ine anhaltende oder herrschende, sehr heftige und ungeordnete Begierde, welche als eine Krankheit der Seele zu betrachten ist. […] Eifersucht, Geldsucht, Herrschsucht, Rachsucht, Ruhmsucht, Spielsucht […]. In allen diesen ist der Begriff des Tadels und Mißbilligens damit verbunden"¹⁸.

    Als Vorbedingungen dafür, dass das Lesen im späten 18. Jh. in hohem Maße die „Gemüter erregt", identifiziert Dominik von König in seinem präzisen, hier richtungsweisenden Beitrag zu LESESUCHT UND LESEWUT fünf entscheidende Entwicklungen¹⁹: die starke Zunahme der Buchproduktion, insbesondere belletristischer Literatur; den großen Anteil der Kolportage am Vertrieb; eine Beunruhigung durch „das Übergreifen der Literatur in die sogenannten ‚niederen Stände‘"²⁰ sowie miteinander verbunden: das Aufkommen [<<36||37>>] des empfindsamen Lesens und die neuen Literaturinhalte, von denen Goethes WERTHER (1774) besondere Bedeutung zukommt.

    Die Idee der Lesesucht richtet sich – wir befinden uns in der Spätphase der Aufklärung – also nicht gegen das Lesen im Allgemeinen, sondern das neuartige, zerstreute Vergnügungslesen. So schreibt Campe an anderer Stelle:

    Es kann mir […] nicht einfallen, das Lesen überhaupt, als etwas Schädliches verwerfen zu wollen. Aber so wie der Genuß der Speisen für die Gesundheit des Körpers zerstörend wird, wenn man theils zu viel, theils zu vielerlei, theils wirklich ungesunde Nahrungsmittel zu sich nimmt: so kann und muß, unter gleichen Bedingen, auch der Genuß der geistigen Speisen, ich meine das übertriebene und unzwekmäßige Lesen, zu einer sehr verderblichen Sache für das Wohlbefinden unsers Geistes, und zu gleicher Zeit für die häusliche und öffentliche Glükseligkeit werden.²¹

    Nimmt man hinzu, dass es neben der Jugend zumeist die Frauen sind, welchen eine Lesesucht nachgesagt wird²², und verknüpft dies mit der angeblichen Gefahr für die ‚häusliche Glükseligkeit‘, so zeigt sich ein moralischer Kern des Diskurses: Tadel und Missbilligung gelten u. a. dem im Lesen ausgemachten Müßiggang der Hausfrau, ihrem – modern ausgedrückt – zeitverschwenderischen „Abhängen" mit dem Roman; denn, um ein letztes Mal Campe²³ zu zitieren,

    die Art, wie ein Frauenzimmer sich in ihrem Hause zu beschäftigen und in der Abwartung häuslicher Geschäfte ihr Vergnügen zu finden weiß, erhebt die Häuslichkeit zu dem Range einer Tugend […]. Also nicht jene schlaffe Trägheit, welche einige Personen deines Geschlechts bewegt, sich nicht bloß in ihrem Hause, sondern auch in ihrem Zimmer einzusperren, und sich auf ein unthätiges, weichliches und träges Lehnstuhlleben einzuschränken; […] so fliehe, mein Kind, [<<37||38>>] zuvörderst und vor allen Dingen den Müßiggang; jenes verderbliche Nichtsthun, welches oft noch schlimmere Folgen, als sogar das Uebelthun, hat.²⁴

    Eingebettet ist die Lesesucht in die Diätetik, eine Art ganzheitliche Heilkunde, die „in weiten Teilen noch durchaus vorwissenschaftlich ist".²⁵ Somit bestätigt sich für diesen Fall gewissermaßen Passigs These der vorgeschobenen medizinischen Studien. Wird schon oben bei Campe das Lesen sprachlich in den Kontext der Nahrungsaufnahme gestellt, sind die Ausführungen des Arztes Hans Caspar Hirzel noch konkreter:

    Das Gedächtniß kann von den besten Sachen angefüllt seyn: aber, wenn man sich nicht Zeit nimmt, diese genaue zu besehen, und zu zergliedern; sie mit seinen schon vorhandnen Begriffen zu verbinden, und im Zusammenhang zu betrachten; so sind und bleiben sie im Gedächtniß ein unverdauter druckender Klumpe, welcher nur imer schaden, niemal [sic!] nützen kann. […] Das Gedächtniß gleicht dem Magen, den die Natur zur Zubereitung des Nahrungssafts bestimmt hat.²⁶

    Und wie Spitzer heute sorgte sich auch Friedrich Burchard Beneken um den Verstand seiner Mitmenschen, genauer: um den des jungen S., welcher „von der verderblichen Lesesucht angesteckt"²⁷ ist:

    Wollen Sie Sich durch Ihr unmäßiges Lesen für alle reinen Freuden der Natur und der wirklichen Welt auf immer unfähig machen? Wollen Sie Sich nur in die Bücher-Welt hineinträumen, allen Sinn für wahres Menschenleben auf ewig verlieren, und ein unglücklicher bloßer Buchstaben-Mensch werden?²⁸

    KONJUNKTUREN

    Mit der Beschreibung der „Opiumsucht" führt der Mediziner Christoph Wilhelm Hufeland 1836 – zu diesem Zeitpunkt hat die Lesesucht ihren Zenit bereits überschritten²⁹ – die heute bekannte Definition des [<<38||39>>] Suchtbegriffs ein. Zwar wird dieser 1964 von der Weltgesundheitsorganisation offiziell durch „(Drogen-)Abhängigkeit" ersetzt³⁰, beinahe synonym verwendet werden beide Begriffe aber weiterhin nicht nur in der Alltagssprache, sondern auch in Fachpublikationen – es sei an den DROGEN- UND SUCHTBERICHT der Drogenbeauftragten erinnert.

    Ab den 1980er Jahren schließlich kommen im Rahmen der zum Teil erbittert geführten Diskussion³¹ über „neue, nicht-stoffgebundene Süchte" auch neue Mediensüchte ins Gespräch. So erklingen allgemeine Warnungen vor

    der alltäglichen Abhängigkeit von Apparaten und Surrogaten […]: Es ist jetzt die Rede von den Problemen, die die ‚neuen Medien‘ uns bringen werden, von der Breitbandverkabelung, von Bildschirm- und Video-Text […] von Film, Funk, Fernsehen und Video – von Video-Filmen, Video-Automaten, Video-Spielen und von Tele-Spielen …. Es muß auch die Rede sein von der die Menschen voneinander isolierenden Rolle, die Computer nicht nur in der Arbeitswelt, sondern auch im Privat- und Freizeitbereich spielen werden […] Gerade wächst ja die erste Generation der ‚Computer-Kids‘ heran.³²

    Im Hinblick auf das Fernsehen stellt Raphael Gaßmann 1988 fest, „[d]aß allgemein hoher Fernsehkonsum sehr wohl psychische (Isolierung, Antriebslosigkeit, inadäquate Realitätswahrnehmung etc.) als auch im klassischen Sinn medizinische Konsequenzen (Gefährdung der Sehkraft, Schlafstörungen, Folgen von Bewegungsmangel) hervorrufen kann"³³. Allerdings gibt er einer Diagnose „Fernsehsucht schon zu diesem Zeitpunkt keine Chance mehr, denn angesichts „der bald hundertprozentigen Fernsehgesellschaft[:] Wer wagte sich schon ernsthaft an die Beschreibung einer Sucht, deren Resultat die Konstatierung umfassender Massensucht wäre?³⁴

    [<<39||40>>] Es scheint, als käme die Debatte über die „neuen Süchte für das Objekt Fernsehen zu spät. Die von Hasso Spode beschriebenen sehr frühen „Klagen intellektueller ‚Mandarine‘ […], Fernsehen mache Lesen und Denken überflüssig³⁵ sowie die wenig später auch im „Bildungsbürgertum verstärkte […] Abneigung gegen die phantasietötende ‚Flimmerkiste‘³⁶ sind trotz der langjährigen Gewöhnung an das Medium vielleicht nicht komplett verschwunden. Eine Pathologisierung des Fernsehverhaltens zur „Sucht bietet sich jedoch nicht an, wenn nur eine verschwindend geringe Anzahl „Gesunder" übrig bliebe.

    Der Fokus verlagert sich zuletzt dann auch zunehmend auf ein neueres Medium: das Internet. Dass der Übergang dabei gewissermaßen fließend ist, zeigt der Abschnitt DAS INTERNET: DAS FERNSEHEN DES NÄCHSTEN JAHRTAUSENDS?³⁷ im frühen Internetsucht-Selbsthilferatgeber CAUGHT IN THE NET. SUCHTGEFAHR INTERNET (1999) der US-amerikanischen Psychologin Kimberly Young:

    Besonders für Kinder wartet das Internet mit vielen Merkmalen auf, die auch das Fernsehen zur Sucht machen können und ihr Wachstum und ihre Entwicklung potenziell gefährden. Auf beiden Bildschirmen wird die Information passiv vermittelt; das Kind liest kein Buch, baut keine Burg aus Klötzchen oder erfindet mit Freunden und Nachbarn Spiele im Freien. […] Abgesehen von den Gemeinsamkeiten unterscheidet sich das Internet ganz wesentlich dadurch vom Fernsehen, dass es eher zu einer technologischen Zeitbombe wird.³⁸

    Wie schon einst beim Lesen wird also auch beim Fernsehen (Gaßmann: Antriebslosigkeit) und beim Internetgebrauch (Young: Passivität) der Mangel anderweitiger, lohnenswerter Beschäftigung kritisiert. Und während Gaßmann noch gemäßigt eine „inadäquate Realitätswahrnehmung" beschreibt, reichen Wolfgang Bergmanns und Gerald Hüthers einleitende Ausführungen über [<<40||41>>] computersüchtige KINDER IM SOG DER MODERNEN MEDIEN (2006) durchaus an das Pathos Benekens heran:

    Wer in den Strudel virtueller Welten eintaucht, bekommt ein Gehirn, das zwar für ein virtuelles Leben optimal angepasst ist, mit dem man sich aber im realen Leben nicht mehr zurechtfindet. Der Rest ist einfach: Wer dort angekommen ist, für den ist die Fiktion zur lebendigen Wirklichkeit und das reale Leben zur bloßen Fiktion geworden. Ein solcher Mensch ist dann nicht einfach nur abhängig von den Maschinen und Programmen, die seine virtuellen Welten erzeugen. Er kann in der realen Welt nicht mehr überleben.³⁹

    Letztlich vervollständigt sich das Spektrum argumentativer Parallelen auf höchst ironische Weise, sobald auch Spitzer, zwar eindeutig metaphorisch und zugleich bezeichnend trivial, in seiner Abrechnung mit digitalen Medien den Vergleich von Geist und Magen bemüht:

    Nicht nur unser Körper braucht Nahrung, sondern auch unser Geist – geistige Nahrung, d. h. Informationen, die er aufnimmt, um zu wachsen und sich zu bilden. Und auch hier kann die falsche Nahrung viel Schlimmes anrichten. […] So wie unsere Ernährung zu unserer Verdauung passen sollte, muss unsere geistige Nahrung auch zu unserem Geist passen.⁴⁰

    GEGENBEGRIFFE

    Es drängt sich eine Überlegung auf, die oben schon kurz angeklungen ist: Seit den 1990er Jahren hat sich aus der Jugendsprache ein umgangssprachliches abhängen im Sinne von „sich, oft zusammen mit anderen, passiv entspannen und so die Zeit verbringen"⁴¹ etabliert. Dabei ist diese Neubedeutung nicht auf das hier bisher vornehmlich behandelte abhängen als „(von Drogen etc.) abhängig sein zurückzuführen, sondern eher als Entsprechung des engl. „(to) hang out zu verstehen.⁴² Bringen nun beide Bedeutungen eine [<<41||42>>] Passivität des Subjekts zum Ausdruck, so ist diese im Falle des „passiv entspannen immerhin selbst – man könnte sagen: bewusst und aktiv – gewählt. Eine negative Konnotation („Zeit verschwenden) mag zwar auch hier oft implizit sein⁴³, einer Pathologisierung entspricht diese aber nicht. In gewisser Weise trägt abhängen – zumindest für den Fall des Mediengebrauchs – somit seine eigene Gegenbegrifflichkeit in sich, wobei die verwendete Präposition den Ton angibt.

    Es sollte, der Gefahr sprachlicher Spitzfindigkeit zum Trotz, dann auch nach dem Verhältnis gefragt werden zwischen dem von Büchern abhängigen Lesesüchtigen und der mit Büchern abhängenden „Leseratte; dem der Macht des Fernsehens ausgelieferten TV-Junkie und der vor dem Gerät abhängenden „Couch-Potato⁴⁴; dem internet- und computerspielabhängigen Jugendlichen und jenem, der in seiner Freizeit (vernetzt mit anderen) in virtuellen Welten oder sozialen Netzwerken abhängt. Der Unterschied könnte im Ausmaß des Gebrauchs liegen; der Psychiater Ivan Goldberg jedoch merkt 1997 hinsichtlich einer Diagnose „Internetsucht kritisch an: „To medicalize every behavior by putting it into psychiatric nomenclature is ridiculous. If you expand the concept of addiction to include everything people can overdo, then you must talk about people being addicted to books, addicted to jogging, addicted to other people.⁴⁵

    Somit blieben Mediensuchtdebatten eher ideologischer, nicht medizinischer Natur – im Mittelpunkt des Interesses stünde die Frage nach einer sinnvollen (Frei-)Zeitgestaltung. Dies würde auch erklären, warum dem Büroangestellten, der den Arbeitstag über vor dem Computer oder am Telefon „hängt", keine Sucht nachgesagt wird. Seine Abhängigkeit von Medien wird zwar offenbar, sobald die Technik versagt, ist ansonsten aber als notwendig akzeptiert.

    PERSPEKTIVEN

    Wie sich der Themenkomplex der Mediensüchte im medizinisch-psychologischen Bereich entwickeln wird, bleibt abzuwarten. Mit der exzessiven Nutzung von Online-Computerspielen und sozialen Netzwerken, insbesondere durch Jugendliche, sind es 2012 v. a. spezifische Unterkategorien [<<42||43>>] einer verallgemeinerten „Internet- oder „Onlinesucht, die einigen Gesundheitsexperten Sorgen bereiten, bisher jedoch nicht als eigenständige Krankheitsbilder anerkannt sind⁴⁶ – wie übrigens auch alle weiteren diskutierten Mediensüchte.⁴⁷

    Die Historie des „abhängigen Mediengebrauchs lässt jedoch vermuten, dass auch in Zukunft neue Medien bzw. sich verbreitende, neuartige Nutzungsweisen bereits bekannter Medientechniken Suchtdebatten ausgesetzt sein werden. TELEPOLIS-Autor Florian Rötzer schreibt 2000 über die „angebliche Internetsucht: „Heute mag es ja noch chic sein, von einer möglichen Internetsucht zu sprechen, während man von der Lesesucht, sowieso eine aussterbende, wenn auch einst ebenfalls bedrohlich [sic!] Kulturtechnik, oder Fernsehsucht nicht mehr so gerne spricht. Die Handysucht wartet womöglich noch auf uns"⁴⁸. Und bei Spode heißt es: „Difficile est satiram non scribere: Apokalyptische Reiter begleiteten auch die Ausbreitung der heute als ‚wertvoll‘ geltenden Medien."⁴⁹

    Eine Satire zeichnen in der Tat die SOUTH PARK-Autoren, wenn sie uns – aufs Schärfste überzogen – eine individuell jeweils unterschiedlich geartete, stets krankhafte Abhängigkeit von der Ressource oder Droge „Internet vor Augen führen. An Absurdität kaum zu übertreffen ist jedoch eine Anekdote aus der Fachwelt: Die erste Beschreibung einer „Internet addiction disorder geht auf eben jenen New Yorker Psychiater zurück, der oben als Kritiker des [<<43||44>>] Konzepts zitiert wurde: Ivan Goldberg. Die 1995 auf seiner Website veröffentlichten Diagnosekriterien sind lediglich als Scherz gedacht, doch die Idee der „Internetsucht entwickelt sich fortan zum Selbstläufer. Goldberg gebührt somit die zweifelhafte Ehre, „Entdecker einer Krankheit zu sein, von der er selbst sagt, dass sie gar nicht existiert.⁵⁰

    FORSCHUNG

    Wurde hier vornehmlich die individuelle, vermeintlich krankhafte Abhängigkeit von mehr oder weniger spezifischen Einzelmedien (Buch, Fernsehen, Internet, Computerspiel) thematisiert, öffnet eine Ausweitung des Medienbegriffs ein größeres Problemfeld, das es noch zu bearbeiten gilt: Im Hinblick auf das der Jugendsprache entnommene abhängen⁵¹ – mit und vor, v. a. aber in Medien – kann der Fokus auch auf mediale Umgebungen, Medien in einem weiteren Sinne, gelegt werden: die Kneipe, das Einkaufszentrum, die Straße, den Park, den Urlaub etc. Zu untersuchen wäre, ob sich in der medizinisch-psychologischen Disziplin auch diesbezüglich Suchtdebatten oder zumindest ähnliche Diskurse anschließen oder das Konzept von „Mediensüchten bzw. „krankhaften Medienabhängigkeiten sich im Bereich eines sehr eng gefassten, „klassischen" Medienbegriffs erschöpft. Im Umkehrschluss wäre natürlich ebenso denkbar, allgemein anerkannte Substanzabhängigkeiten in einem anderen Kontext zu betrachten: der Ge- und Missbrauch von Drogen als Schlüssel zu einem medialen Raum; das Abhängen im Rausch; Alkohol, Medikamente, Cannabis, Heroin und Co. als Medien.

    LITERATUREMPFEHLUNGEN

    König, Dominik von: Lesesucht und Lesewut. In: Göpfert, Herbert G. (Hrsg.): Buch und Leser. Vorträge des ersten Jahrestreffens des Wolfenbütteler Arbeitskreises für Geschichte des Buchwesens. 13. und 14. Mai 1976. Hamburg (1977), S. 89–124. In Reihe erschienen: Schriften d. Wolfenbütteler Arbeitskreises f. Geschichte d. Buchwesens, Bd. 1.

    Parker, Trey (Autor u. Regisseur): South Park: Make Love, Not Warcraft. Season 10, Episode 8, 04.10.2006 (Erstausstrahlung).

    Rogge, Jan-Uwe: Medien und Süchte – eine exemplarische Bestandsaufnahme. In: Poppelreuter, Stefan/Gross, Werner (Hrsg.): Nicht nur Drogen machen süchtig. Entstehung und Behandlung von stoffungebundenen Süchten, Weinheim (2000), S. 233–255.

    [<<44||45>>] Roß, Dieter: Traditionen und Tendenzen der Medienkritik. In: Weßler, Hartmut et al. (Hrsg.): Perspektiven der Medienkritik. Die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit öffentlicher Kommunikation in der Mediengesellschaft; Dieter Roß zum 60. Geburtstag, Opladen (1997), S. 29–45.

    Spode, Hasso: Fernseh-Sucht. Ein Beitrag zur Geschichte der Medienkritik. In: Barlösius, Eva/Kürşat-Ahlers, Elçin/Waldhoff, Hans-Peter (Hrsg.): Distanzierte Verstrickungen. Die ambivalente Bindung soziologisch Forschender an ihren Gegenstand. Festschrift für Peter Gleichmann zum 65. Geburtstag, Berlin (1997), S. 295–312.

    VERWEISE

    fernsehen |225|, gamen |288|, zappen |653|

    BIBLIOGRAFIE

    (Art.) Abhang; abhängig. In: Duden. Das Herkunftswörterbuch. Etymologie der deutschen Sprache, 4., neu bearb. Aufl., Mannheim (2007), S. 17.

    (Art.) abhangen. In: Grimm. Deutsches Wörterbuch, Bd. 1, Leipzig (1854). Fotomechan. Nachdr. d. Erstausg., München (1991), Sp. 54f.

    (Art.) abhängen. In: Duden. Deutsches Universalwörterbuch, 6., überarb. u. erw. Aufl., Mannheim (2007), S. 86f.

    (Art.) abhängen. In: Duden. Deutsches Universalwörterbuch, 7., überarb. u. erw. Aufl., Mannheim (2011), S. 87.

    (Art.) abhängen. In: Herberg, Dieter et al.: Neuer Wortschatz. Neologismen der 90er Jahre im Deutschen. Berlin (2004), S. 1f. In Reihe erschienen: Schriften d. Instituts f. Dt. Sprache, Bd. 11.

    (Art.) hängen. In: Duden. Das Herkunftswörterbuch. Etymologie der deutschen Sprache, 4., neu bearb. Aufl., Mannheim (2007), S. 315f.

    (Art.) Lesesucht. In: Campe, Joachim H. (Hrsg.): Wörterbuch der Deutschen Sprache, Bd. 3, Braunschweig (1809), S. 107.

    (Art.) Sucht. In: Campe, Joachim H. (Hrsg.): Wörterbuch der Deutschen Sprache, Bd. 4, Braunschweig (1810), S. 745.

    (Art.) Sucht. In: Duden. Das Herkunftswörterbuch. Etymologie der deutschen Sprache, 4., neu bearb. Aufl., Mannheim (2007), S. 828.

    (Art.) Sucht. In: Duden. Deutsches Universalwörterbuch, 7., überarb. u. erw. Aufl., Mannheim (2011), S. 1711.

    AFP: Weitere Kabelpanne. In: Süddeutsche Zeitung, 04.02.2008, S. 19.

    Androutsopoulos, Jannis K.: Deutsche Jugendsprache. Untersuchungen zu ihren Strukturen und Funktionen, Frankfurt/M. (1998). In Reihe erschienen: VarioLingua, Bd. 6.

    Beneken, Friedrich B.: Vielleserey. In: Ders. (Hrsg.): Weltklugheit und Lebensgenuß; oder praktische Beyträge zur Philosophie des Lebens, Bd. 1, 3. verbess. Aufl., Hannover (1806), S. 247–255.

    Bergmann, Wolfgang/Hüther, Gerald: Computersüchtig. Kinder im Sog der modernen Medien, 3. Aufl., Düsseldorf (2006).

    Campe, Joachim H.: Väterlicher Rath für meine Tochter. Ein Gegenstück zum Theophron.

    Der erwachsenen weiblichen Jugend gewidmet. Ausg. d. letzten Hand, i. d. Reihe d. siebente, Braunschweig (1809).

    —: Von den Erfordernissen einer guten Erziehung von Seiten der Eltern vor und nach der Geburt des Kindes. In: Ders. (Hrsg.): Allgemeine Revision des gesammten Schul- und Erziehungswesens von einer Gesellschaft praktischer Erzieher. Erster Theil, Hamburg (1785), S. 125–232.

    Dahlkamp, Jürgen: Stoned vor dem Schirm. In: Der Spiegel, Nr. 12 (2009), S. 48–55.

    Eichenberg, Christiane/Ott, Ralf: Suchtmaschine. Internetabhängigkeit: Massenphänomen oder Erfindung der Medien? In: c‘t Magazin für Computertechnik, Nr. 19 (1999), S. 106–111.

    Enzensberger, Hans M.: Die vollkommene Leere. Das Nullmedium Oder Warum alle Klagen [<<45||46>>] über das Fernsehen gegenstandslos sind. In: Der Spiegel, Nr. 20 (1988), S. 234–244.

    Gaßmann, Raphael: Neue Süchte. Streit um ein gesellschaftliches Phänomen, Hamburg (1988).

    Hirzel, Hans C.: Neue Prüfung des Philosophischen Bauers, nebst einigen Bliken auf den Genius dieses Jahrhunderts und andere den Menschen intreßierende Gegenstände, Zürich (1785).

    König, Dominik von: Lesesucht und Lesewut. In: Göpfert, Herbert G. (Hrsg.): Buch und Leser. Vorträge des ersten Jahrestreffens des Wolfenbütteler Arbeitskreises für Geschichte des Buchwesens. 13. und 14. Mai 1976, Hamburg (1977), S. 89–124. In Reihe erschienen: Schriften d. Wolfenbütteler Arbeitskreises f. Geschichte d. Buchwesens, Bd. 1.

    Lehmann, Andreas: Vom Roulette bis zu den Geldspielautomaten: Glücksspiel – zwischen Freizeitvergnügen und Abhängigkeit. Referat. In: Landschaftsverband Westfalen-Lippe, Abt. Gesundheitswesen, Koordinationsstelle f. Drogenfragen u. Fortbildung (Hrsg.): Tagungsbericht der Fachtagungen „Neue Süchte" am 20./21.02.1985 und 12./13.06.1985 im Jugendhof Vlotho, 2. erw. Aufl., Münster (1986), S. 5–26.

    Maes, Jochen: Der Suchtbegriff zwischen Kommerz und Ideologie. In: Die Berliner Ärztekammer, 20. Jg., Nr. 11 (1983), S. 733–740.

    Martin-Jung, Helmut: Asien offline. Vor Alexandria zerreißt ein Anker die Internet-Hauptleitung. In: Süddeutsche Zeitung, 01.02.2008, S. 1.

    —: Tröpfeln in der Leitung. Seekabel-Unfall zeigt die Verwundbarkeit des Internets. In: Süddeutsche Zeitung, 02./03.02.2008, S. 22.

    o.A.: Bestsellerliste. In: Der Spiegel, Nr. 35 (2012), S. 139.

    Passig, Kathrin: Internetkolumne. Standardsituationen der Technologiekritik. In: Merkur. Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken, 63. Jg., Nr. 12 (2009), S. 1144–1150.

    Parker, Trey (Autor u. Regisseur)/Stone, Matt (Autor): South Park: Over Logging. Season 12, Episode 6, 16.04.2008 (Erstausstrahlung). Dt. Titel d. Folge: Keine Verbindung.

    Schenda, Rudolf: Volk ohne Buch. Studien zur Sozialgeschichte der populären Lesestoffe 1770–1910, Frankfurt/M. (1970). In Reihe erschienen: Studien z. Philosophie u. Literatur d. neunzehnten Jahrhunderts, Bd. 5.

    Spitzer, Manfred: Digitale Demenz. Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen, München (2012).

    Spode, Hasso: Fernseh-Sucht. Ein Beitrag zur Geschichte der Medienkritik. In: Barlösius, Eva/Kürşat-Ahlers, Elçin/Waldhoff, Hans-Peter (Hrsg.): Distanzierte Verstrickungen. Die ambivalente Bindung soziologisch Forschender an ihren Gegenstand. Festschrift für Peter Gleichmann zum 65. Geburtstag, Berlin (1997), S. 295–312.

    Wallis, David: The Talk Of The Town. „Just Click No". In: The New Yorker, 13.01.1997, S. 28–29.

    Winn, Marie: The Plug-In Drug. Television, Children, And The Family, New York (1977).

    Wittmann, Reinhard: Gibt es eine Leserevolution am Ende des 18. Jahrhunderts? In: Chartier, Roger/Cavallo, Guglielmo (Hrsg.): Die Welt des Lesens. Von der Schriftrolle zum Bildschirm, Frankfurt/M. (1999), S. 419–454.

    Young, Kimberly S.: Caught in the Net. Suchtgefahr Internet, München (1999).

    Internet

    Drogenbeauftragte der Bundesregierung (Hrsg.): Drogen- und Suchtbericht. Mai 2012. Unter: http://drogenbeauftragte.de/fileadmin/dateien-dba/Presse/Downloads/12-05-22_DrogensuchtBericht_2012.pdf [aufgerufen am 19.12.2012].

    Rötzer, Florian: Aufmerksamkeit für die angebliche Internetsucht (2000). Unter: http://www.heise.de/tp/artikel/8/8715/1.html [aufgerufen am 19.12.2012]. [<<46||47>>]

    1 Vgl. Martin-Jung: Asien offline. Vor Alexandria zerreißt ein Anker die Internet-Hauptleitung. In: SZ, 01.02.2008, S. 1.

    2 Vgl. ders.: Tröpfeln in der Leitung. In: SZ, 02./03.02.2008, S. 22.

    3 Vgl. AFP: Weitere Kabelpanne. In: SZ, 04.02.2008, S. 19.

    4 Vgl. Parker/Stone: South Park: Over Logging. Season 12, Episode 6. Dt. Titel d. Folge: Keine Verbindung.

    5 Ebd. (Ausgesprochen durch Gerald Broflovski.)

    6 Vgl. (Art.) Abhang, (Art.) abhängig. In: Duden. Das Herkunftswörterbuch, S. 17.

    7 (Art.) hängen. In: Duden. Das Herkunftswörterbuch, S. 315f.

    8 Vgl. (Art.) abhängen. In: Duden. Deutsches Universalwörterbuch (2011), S. 87. Analog hierzu unterscheidet das GRIMMSCHE WÖRTERBUCH von 1854 noch zwischen einem Intransitivum „abhangen und einem Transitivum „abhängen, „doch die mischung beider formen ist auch bei guten schriftstellern zu tief eingerissen, als dasz sie ganz vermieden oder getilgt werden könnte" [(Art.) abhangen. In: Grimm. Deutsches Wörterbuch, Sp. 54].

    9 (Art.) abhängen. In: Duden. Deutsches Universalwörterbuch (2011), S. 87.

    10 Ebd.

    11 Drogenbeauftragte der Bundesregierung (Hrsg.): Drogen- und Suchtbericht. Mai 2012. Unter: http://drogenbeauftragte.de/fileadmin/dateien-dba/Presse/Downloads/12-05-22_DrogensuchtBericht_2012.pdf [aufgerufen am 19.12.2012], S. 42.

    12 Vgl. Bestsellerliste. In: Der Spiegel, Nr. 35 (2012), S. 139.

    13 Vgl. Spitzer: Digitale Demenz.

    14 Passig: Internetkolumne. In: Merkur, S. 1147.

    15 (Art.) Lesesucht. In: Campe (Hrsg.): Wörterbuch der Deutschen Sprache, Bd. 3, S. 107.

    16 (Art.) Sucht. In: Duden. Deutsches Universalwörterbuch (2011), S. 1711.

    17 Vgl. (Art.) Sucht. In: Campe (Hrsg.): Wörterbuch der Deutschen Sprache, Bd. 4, S. 745. Tatsächlich geht der Suchtbegriff auf „siechen („krank sein) zurück [vgl. (Art.) Sucht. In: Duden. Das Herkunftswörterbuch, S. 828.]. In der Bedeutung „Krankheit findet es sich heute jedoch nur noch in veralteten Wendungen wie z. B. „fallende S. (Epilepsie) [vgl. (Art.) Sucht. In: Duden. Deutsches Universalwörterbuch (2011), S. 1711].

    18 Vgl. (Art.) Sucht. In: Campe (Hrsg.): Wörterbuch der Deutschen Sprache, Bd. 4, S. 745. Diese Definition existiert weiterhin in der Bedeutung „übersteigertes Verlangen nach etw., einem bestimmten Tun" [(Art.) Sucht. In: Duden. Deutsches Universalwörterbuch (2011), S. 1711].

    19 Vgl. König: Lesesucht und Lesewut. In: Göpfert (Hrsg.): Buch und Leser, S. 94ff.

    20 Ebd., S. 94. Das Ausmaß dieser Entwicklung sollte allerdings nicht überschätzt werden [vgl. ebd., S. 95.]. Zur weiter niedrigen Alphabetisierungsrate in dieser Zeit siehe Wittmann: Gibt es eine Leserevolution am Ende des 18. Jahrhunderts? In: Chartier/Cavallo (Hrsg.): Die Welt des Lesens, S. 425–427.

    21 Campe: Von den Erfordernissen einer guten Erziehung von Seiten der Eltern vor und nach der Geburt des Kindes. In: Ders. (Hrsg.): Allgemeine Revision des gesammten Schul- und Erziehungswesens von einer Gesellschaft praktischer Erzieher, S. 172f.

    22 Vgl. König: Lesesucht und Lesewut. In: Göpfert (Hrsg.): Buch und Leser, S. 97; Wittmann: Gibt es eine Leserevolution am Ende des 18. Jahrhunderts? In: Chartier/Cavallo (Hrsg.): Die Welt des Lesens, S. 440. Auch sei an das Eigenzitat in Campes Wörterbucheintrag erinnert.

    23 Campe zählt zu den besonders vehementen zeitgenössischen Lesesucht-Mahnern [vgl. König: Lesesucht und Lesewut. In: Göpfert (Hrsg.): Buch und Leser, S. 93].

    24 Campe: Väterlicher Rath für meine Tochter, S. 330f. Für ähnliche zeitgenössische Beiträge über die Rolle der Frau sei auf König: Lesesucht und Lesewut. In: Göpfert (Hrsg.): Buch und Leser, S. 97ff. verwiesen.

    25 Vgl. König: Lesesucht und Lesewut. In: Göpfert (Hrsg.): Buch und Leser, S. 99ff. Zitat: Ebd., S. 100.

    26 Hirzel: Neue Prüfung des Philosophischen Bauers, S. 144f.

    27 Beneken: Vielleserey. In: Ders. (Hrsg.): Weltklugheit und Lebensgenuß, S. 251.

    28 Ebd., S. 253.

    29 Ohne jedoch endgültig eliminiert zu sein [vgl. etwa Schenda: Volk ohne Buch, S. 63].

    30 Vgl. Maes: Der Suchtbegriff zwischen Kommerz und Ideologie. In: Die Berliner Ärztekammer, S. 733f.

    31 Vgl. Gaßmann: Neue Süchte, S. 12. Jochen Maes etwa beklagt bereits 1983 eine „‚Inflation der Suchtbegriffe‘" [Maes: Der Suchtbegriff zwischen Kommerz und Ideologie. In: Die Berliner Ärztekammer, S. 733].

    32 Lehmann: Vom Roulette bis zu den Geldspielautomaten. In: Landschaftsverband Westfalen-Lippe (Hrsg.): Tagungsbericht der Fachtagungen „Neue Süchte", S. 24.

    33 Gaßmann: Neue Süchte, S. 44.

    34 Ebd., S. 44f.

    35 Spode: Fernseh-Sucht. In: Barlösius/Kürşat-Ahlers/Waldhoff (Hrsg.): Distanzierte Verstrickungen, S. 296.

    36 Ebd., S. 297.

    37 Vgl. Young: Caught in the Net, S. 215–218. Young zitiert in diesem Abschnitt mit Marie Winns THE PLUG-IN DRUG. TELEVISION, CHILDREN, AND THE FAMILY (New York (1977)), dt. Titel: DIE DROGE IM WOHNZIMMER, auch einen Klassiker der populären Fernsehkritik.

    38 Ebd., S. 216f.

    39 Bergmann/Hüther: Computersüchtig, S. 12.

    40 Spitzer: Digitale Demenz, S. 135.

    41 (Art.) abhängen. In: Herberg et al.: Neuer Wortschatz, S. 1.

    42 Vgl. Androutsopoulos: Deutsche Jugendsprache, S. 626. Interessanterweise listet die 6. Auflage des UNIVERSALWÖRTERBUCHS die Neubedeutung noch als Übertragung des auf Schlachtfleisch bezogenen abhängen, die 7. hingegen als eigenständige Bedeutung [vgl. (Art.) abhängen. In: Duden. Deutsches Universalwörterbuch (2007), S. 86f.; (Art.) abhängen. In: Duden. Deutsches Universalwörterbuch (2011), S. 87].

    43 Vgl. ebd.

    44 Hans Magnus Enzensberger etwa bricht die Funktion des Fernsehens herunter auf: „Man schaltet das Gerät ein, um abzuschalten." [Enzensberger: Die vollkommene Leere. In: Der Spiegel, Nr. 20/1988, S. 244].

    45 Zit.n. Wallis: The Talk Of The Town. In: The New Yorker, S. 29.

    46 Vgl. Drogenbeauftragte der Bundesregierung (Hrsg.): Drogen- und Suchtbericht, S. 42f. Bzgl. Online-Computerspielen werden u. a. „soziale Spielernetzwerke [ebd., S. 42.] als Suchtfaktor gehandelt. Die Prognose der „die Menschen voneinander isolierenden Rolle der Computer wirkt in diesem Kontext zumindest fragwürdig. Besondere Aufmerksamkeit in der Diskussion um die Computerspielsucht genießt das MMORPG WORLD OF WARCRAFT [vgl. z. B. Dahlkamp: Stoned vor dem Schirm. In: Der Spiegel, Nr. 12/2009, S. 48–55. Bemerkenswert an diesem konkreten Artikel ist, dass er im Rahmen einer Titelstory über den Amoklauf von Winnenden erscheint. Es sei an Passigs Argument erinnert.].

    47 Überhaupt ist von den „neuen Süchten bisher nur die „(Glücks-)Spielsucht offiziell anerkannt [vgl. auch Spode: Fernseh-Sucht. In: Barlösius/Kürşat-Ahlers/Waldhoff (Hrsg.): Distanzierte Verstrickungen, S. 303].

    48 Rötzer: Aufmerksamkeit für die angebliche Internetsucht. Unter: http://www.heise.de/tp/artikel/8/8715/1.html [aufgerufen am 19.12.2012].

    49 Spode: Fernseh-Sucht. In: Barlösius/Kürşat-Ahlers/Waldhoff (Hrsg.): Distanzierte Verstrikkungen, S. 303.

    50 Vgl. Wallis: The Talk Of The Town. In: The New Yorker, S. 28; Eichenberg/Ott: Suchtmaschine. In: c‘t Magazin für Computertechnik, S. 106–111.

    51 Wobei freilich abzuwarten bleibt, inwiefern diese Bedeutung im allgemeinen Sprachgebrauch zukünftig Bestand hat.

    ADRESSIEREN

    ANTON TANTNER

    ANEKDOTE

    Im Jahr 1770 beginnt in den westlichen Provinzen der Habsburgermonarchie ein gigantisches Unternehmen: Aus Zivilbeamten und Militärs zusammengesetzte Kommissionen bereisen noch die kleinsten Dörfer und malen auf die Häuser eine Nummer. Die Aktion dauert mehrere Monate und ist mit einer Volkszählung verbunden; von der Bevölkerung wird sie zuweilen mit Misstrauen und Argwohn betrachtet, als Eingriff in die Integrität ihrer Wohnorte. Am Schluss werden 1.100.399 Häuser nummeriert sein, wobei in jeder Ortschaft die Häuser von Eins an durchnummeriert wurden.

    Zweck dieser so genannten „Seelenkonskription und Hausnummerierung war es nicht, den in den Häusern lebenden Menschen oder Reisenden die Orientierung zu erleichtern bzw. die bessere Zustellung der Briefe durch die Post zu ermöglichen, sondern ein neues Rekrutierungssystem vorzubereiten: Die „Konskriptionsnummern sollten den Rekrutierungsoffizieren den Zugriff auf die in den Häusern lebenden wehrfähigen Männer erleichtern, wobei den habsburgischen Behörden bewusst war, dass die Hausnummern auch für andere administrative Zwecke, seien es die Besteuerung oder die polizeiliche Beaufsichtigung der Bevölkerung herangezogen werden konnten. – Die Einführung der Hausnummerierung ist ein im 18. Jh. europaweit feststellbares Phänomen; der „absolutistische" Staat konstituiert sich, indem er die Subjekte für sich adressierbar macht.¹

    ETYMOLOGIE

    Nach der bisherigen etymologischen Forschung wurde der deutsche Begriff adressieren Ende des 16. Jhs. aus dem Frz. adresser im Sinne von „richten an, ausrichten auf, in eine bestimmte Richtung, Ordnung bringen, ordnen, verbessern, ausstaffieren, helfen"² entlehnt; letzterer wiederum war bereits [<<47||48>>] im 13. Jh. aus dem frühromanischen addirectiare (ausrichten) entstanden.³ 1695 führt Kaspar Stieler für Adressiren die Bedeutungen „Anfördern / Empfehlen / an einen Richten / Stellen / Schreiben⁴ an, ZEDLERS UNIVERSALLEXICON von 1732 enthält den Eintrag: „Addresser, addressiren, an- oder zuweisen, berichten, übermachen, zusenden; Briefe an einen addreßiren, das ist zusenden; item sich bey einem melden.⁵ Für den zunächst v. a. in der Kaufmannssprache gebräuchlichen Begriff Adresse im Sinne von Aufenthaltsort einer Person⁶ entstand im 17. Jh. die Eindeutschung Anschrift, gegen die noch 1921 Karl Kraus polemisieren sollte.⁸

    KONTEXTE

    Adressieren meint das durch einen Sender vorgenommene Richten eines Kommunikationsinhalts an einen oder mehrere Empfänger; dies kann bei physischer Nähe von Sender und Empfänger durch eine unspezifische „Anrufung – als Beispiel diene hier der von Louis Althusser angeführte Ruf „He Sie da!⁹ eines Polizisten – oder durch Nennung des Eigennamens der zu adressierenden Person erfolgen, bei Abwesenheit des Empfängers durch Verwendung eines in der Regel aus Namen und/oder Nummern bestehenden Codes, der seinen Aufenthaltsort – etwa eine Wohnung –, ein in Verfügung des Empfängers befindliches technisches Gerät – ein Mobiltelefon – oder einen durch den Empfänger asynchron abrufbaren elektronischen Speicherplatz – einen E-Mail-Account – angibt.

    Lange Zeit bedurfte das Adressieren der Angabe eines Orts: „Keine Adresse ohne Ort"¹⁰. Bis ins Spätmittelalter war allerdings neben der Verwendung eines Eigennamens – sei es der zu adressierenden Person oder zusätzlich der einer ranghöheren Person, z. B. des „Hausvaters" – nur eine ungefähre [<<48||49>>] Ortsangabe (Ortsname, in Städten eventuell Angabe der Wohngegend, des Straßennamen oder des Namens eines Häuserblocks) zur Adressierung ausreichend, da die meisten Beziehungen auf persönlicher Bekanntschaft beruhten und die Erreichbarkeit des Empfängers damit in der Regel sichergestellt war; noch im Marseille des 14. Jhs. ließen Gläubiger nur rudimentäre Adressen – z. B. den Straßennamen – ihrer Schuldner notieren, da ihnen dies genügte, um im Bedarfsfall der Schuldner habhaft zu werden.¹¹

    Präzisere und standardisierte Adressierungen bilden sich im Laufe der Moderne im Zusammenhang mit dem Bevölkerungswachstum und der Entstehung zunehmend komplexerer Gesellschaften heraus; die damit einhergehende Lösung traditioneller Bindungen ließ gelingendes Adressieren zu einem Problem werden, was schon im 17. Jh. in den großen europäischen Metropolen Paris und London zur Gründung so genannter Adressbüros führte: Das 1630 in Paris vom Arzt Théophraste Renaudot eingerichtete Bureau d’adresse und seine Nachfolger dienten vorwiegend der Verkaufs-, Immobilien- und Arbeitsvermittlung und sollten sicherstellen, dass auch bei zunehmender Anonymität Angebot und Nachfrage aufeinandertreffen konnten. Die Namen und Aufenthaltsorte der Klienten wurden dabei handschriftlich in Register eingetragen und bei Bedarf Informationssuchenden gegen Gebühr ausgehändigt; unter der angegebenen Adresse konnten diese dann die Transaktionen – z. B. den Kauf einer Ware, das Ausleihen von Kapital oder das Antreten einer Bedienstung – zu einem Ende bringen.¹²

    Ab dem 18. Jh. wurden im Zuge der Regierbarmachung der Bevölkerung und der Entstehung moderner Staaten Adressen zum Bestandteil der bürokratischen Identität der Subjekte¹³, wozu insbesondere die Eigennamen der Subjekte als auch der Ortschaften standardisiert werden mussten und staatliche [<<49||50>>] Adressierungssysteme (Hausnummern, aber auch präzise parzellierte Ortsgemeinden) eingeführt wurden.¹⁴

    Als rezente Entwicklung gilt die Entstehung ortsunabhängiger Formen der Adressierung von Subjekten: Sender brauchen nicht mehr Bescheid über den Aufenthaltsort einer Person zu wissen, um diese zu adressieren, es reicht die Verwendung einer E-Mail-Adresse oder einer Mobiltelefonnummer, um diese erreichen zu können. Die Lokalisierung erfolgt damit ausschließlich auf technischer Ebene.¹⁵

    KONJUNKTUREN

    Die Wissenschaft hat sich bislang nur zögerlich und zumeist wenig systematisch mit dem Thema des Adressierens und der Adresse befasst; Ansätze dazu gab es ab Ende des 20. Jhs. in der Systemtheorie und in der Medienwissenschaft¹⁶: So schlug Peter Fuchs den Neologismus „Adressabilität vor und plädierte dafür, diesen zu einen Grundbegriff der Systemtheorie zu machen. Er versteht darunter das Vermögen eines Bewusstseins, Mitteilungen zugerechnet zu bekommen; „adressabel zu sein, über eine „soziale Adresse zu verfügen, ist für Fuchs „eine Frage des Überlebens.¹⁷ Demgegenüber sind die vom Medienwissenschaftler Friedrich Kittler an verschiedenen Stellen seines Werks angestellten Überlegungen zur Adressierung weniger anthropozentrisch: „Von der Staatspost über das Selbstwahltelefon bis zum Autokennzeichen arbeiten Medien daran, die Leute durch ihre Adressen zu ersetzen.¹⁸ Weiterhin postulierte er: „Auf dem Dreischritt von Adressierung, Verarbeitung und Speicherung beruhen Mediensysteme als solche.¹⁹

    [<<50||51>>] GEGENBEGRIFFE

    Eine Voraussetzung für das Gelingen von Adressieren ist das vorhergehende Identifizieren: Es braucht die Vergabe eines Namens oder einer Nummer an ein Subjekt und/oder seinen Aufenthaltsort, um diese ansprechen oder anrufen zu können; benennen und nummerieren sind somit Teil der Schaffung von Adresssystemen und implizieren oft ein Ordnen und Klassifizieren. Diese Kulturtechniken, zu denen auch das Gliedern, Listen, Rastern, Serialisieren und Systematisieren gehören, machen Menschen zu wiederauffindbaren Dingen²⁰ und sollen deren Lokalisieren – ein „Spezialfall […] der Adressierung"²¹ – ermöglichen, auf dass an diese Botschaften kanalisiert werden können.

    PERSPEKTIVEN

    Der Begriff des „Adressierens eröffnet ein weites Feld, das so unterschiedliche Bereiche wie die Anrede eines antiken Theaterpublikums, das Nummerieren von frühneuzeitlichen Spitalsbetten oder basale technische Vorgänge in einem Computer umfasst. Er kann einerseits dazu dienen, Lokalisierungsvorgänge zu untersuchen, andererseits geraten mit ihm durch (Massen-) Medien vorgenommene Zuweisungen von Kommunikationsinhalten in den Blick. Für die Medientheorie hängen Medien-Werden und Adressierung eng zusammen: „Technologisch sind die Begriffe der Medialität und der Adressierbarkeit deckungsgleich. Es handelt sich um ein Verhältnis auf Gegenseitigkeit. Medien sind als Bedingung von Adressierung zu begreifen, und umgekehrt: Adressen als Bedingung von Medien.²² Eine detaillierte Beschäftigung mit Adressierungen bedeutet demnach auch eine Arbeit am Medienbegriff und kann dazu beitragen, diesen praktikabler zu machen.

    FORSCHUNG

    Die bisherige Forschung zum Thema des Adressierens ist zumeist sehr theorieorientiert und beruht oft auf nur spärlichem, empirischem Material; demgegenüber wären mehr historisch ausgerichtete Arbeiten wünschenswert, die die Einführung von Adresssystemen (wie Hausnummern, [<<51||52>>] Straßennamen, standardisierte Familiennamen, Postleitzahlen, IP-Adressen), im Speziellen die Kulturtechnik der Nummerierung und das Funktionieren sowie eventuelle Scheitern von Adressierungsvorgängen näher untersuchen.

    Bislang sind selbst basale Fragen unklar, so die nach dem Verhältnis von Eigennamen und Adressen, von Benennen und Adressieren:²³ Sind Eigennamen die „einfachste Form der Adressenbildung²⁴? Oder aber gilt: „Namen sind keine Adressen. Namen haben vielmehr Adressen²⁵?

    Ein weiteres Forschungsdesiderat wäre eine anhand von konkreten Fallbeispielen vorzunehmende Entfaltung des von Bernhard Siegert konstatierten Vorgangs der „Trennung von Daten und Adressen. Laut Siegert werden „Personen (private oder rechtliche) […] Daten, die an Adressen abgespeichert werden, die ihnen logisch und zeitlich vorausgehen²⁶; Daten benötigen zumindest seit dem Ende der Personenverbandstaaten Adressen; letztere seien „aus den Daten ausgewandert²⁷. Davon ausgehend wäre nach dem Verhältnis von Daten und Adressen zu fragen: Ist es zutreffend, wie Friedrich Kittler behauptete, dass „ADRESSEN […] Daten [sind], unter denen andere Daten überhaupt erst erscheinen können²⁸?

    Schließlich wären Adressierungen in den Blick zu nehmen, die alternativ bzw. vorgängig zum Postsystem²⁹ bestehen und sich nicht auf Redefiguren in Philosophie und Literatur beschränken:³⁰ Es gab und gibt Kommunikationskanäle, die jenseits der offiziellen Post bestehen, als Beispiele seien die Beauftragung von Kindern mit Botendiensten oder die Essensausträger in Mumbai genannt.³¹

    [<<52||53>>] LITERATUREMPFEHLUNGEN

    Allerkamp, Andrea: Anruf, Adresse, Appell. Figurationen der Kommunikation in Philosophie und Literatur, Bielefeld (2005).

    Andriopoulos, Stefan et al. (Hrsg.): Die Adresse des Mediums, Köln (2001).

    Siegert, Bernhard: Relais. Geschicke der Literatur als Epoche der Post. 1751 – 1913, Berlin (1993).

    Smail, Daniel Lord: Imaginary Cartographies. Possession and Identity in Late Medieval Marseille, Ithaca/London (2000).

    Tantner, Anton: Ordnung der Häuser, Beschreibung der Seelen. Hausnummerierung und Seelenkonskription in der Habsburgermonarchie, Innsbruck u. a. (2007).

    VERWEISE

    benachrichtigen |105|, kanalisieren |322|, telefonieren |573|

    BIBLIOGRAFIE

    (Art.) adressieren. In: Duden. Deutsches Fremdwörterbuch, Bd. 1, Berlin u. a. (1995), S. 139–141.

    (Art.) Adresser, addresiren. In: Zedler. Großes vollständiges Universal-Lexikon, Bd. 1, Halle/Leipzig (1732), Sp. 465.

    Allerkamp, Andrea: Anruf, Adresse, Appell. Figurationen der Kommunikation in Philosophie und Literatur, Bielefeld (2005).

    Althusser, Louis: Ideologie und ideologische Staatsapparate, Hamburg/Berlin (1977).

    Bernecker, Roland: (Art.) Adressant/Adressat. In: Ueding, Gert (Hrsg.): Historisches Wörterbuch der Rhetorik, Bd. 1, Tübingen (1992), Sp. 119–130.

    Dotzler, Bernhard et al.: Die Adresse des Mediums. Einleitung. In: Andriopoulos, Stefan et al. (Hrsg.): Die Adresse des Mediums, Köln (2001). S. 9–15.

    Farge, Arlette: Das brüchige Leben. Verführung und Aufruhr im Paris des 18. Jahrhunderts, Berlin (1989).

    Fuchs, Peter: Adressabilität als Grundbegriff der soziologischen Systemtheorie. In: Soziale Systeme, Nr. 3 (1997), S. 57–79.

    Hillner, Julia: Die Berufsangaben und Adressen auf den stadtrömischen Sklavenhalsbändern. In: Historia, Nr. 50 (2001), S. 193–216.

    Jäger, Ludwig: Die Verfahren der Medien: Transkribieren – Adressieren – Lokalisieren. In: Fohrmann, Jürgen/Schüttpelz, Erhard (Hrsg.): Die Kommunikation der Medien, Tübingen (2004), S. 69–79.

    Kittler, Friedrich A.: Die Stadt ist ein Medium. In: Fuchs, Gotthard et al. (Hrsg.): Mythos Metropole, Frankfurt/M. (1995), S. 228–244.

    —: Draculas Vermächtnis. Technische Schriften, Leipzig (1993).

    Kraus, Karl: An die Anschrift der Sprachreiniger. In: Ders.: Die Sprache, 6. Aufl., Frankfurt/M. (2008), S. 12–16.

    Ling, Roger: A Stranger in Town: Finding the Way in an Ancient City. In: Greece & Rome (1990), Nr. 37, S. 204–214.

    Neubert, Christoph: Elektronische Adressenordnung. In: Andriopoulos, Stefan et al. (Hrsg.): Die Adresse des Mediums, Köln (2001), S. 34–63.

    Schabacher, Gabriele: Adressenordnungen: Lokalisierbarkeit – Materialität – Technik. In: Andriopoulos, Stefan et al. (Hrsg.): Die Adresse des Mediums, Köln (2001), S. 19–24. Schumacher, Eckhard: Adresse. In: Bartz, Christina et al. (Hrsg.): Handbuch der Mediologie. Signaturen des Medialen, München (2012), S. 16–21.

    Scott, James C. et al.: The Production of Legal Identities Proper to States: The Case of the Permanent Family Surname. In: Comparative Studies in Society and History, Nr. 44 (2002), S. 4–44.

    [<<53||54>>] Serres, Michel: Der Mensch ohne Fähigkeiten. Die neuen Technologien und die Ökonomie des Vergessens. In: Transit. Europäische Revue, Nr. 22 (2002), S. 193–206.

    Siegert, Bernhard: (Nicht) Am Ort. Zum Raster als Kulturtechnik. In: Thesis. Wissenschaftliche Zeitschrift der Bauhaus-Universität Weimar, Bd. 49, Nr. 3 (2003), S. 92–104.

    —: Passage des Digitalen. Zeichenpraktiken der neuzeitlichen Wissenschaften 1500 – 1900, Berlin (2003).

    —: Passagiere und Papiere. Schreibakte auf der Schwelle zwischen Spanien und Amerika, München (2006).

    —: Relais. Geschicke der Literatur als Epoche der Post. 1751 – 1913, Berlin (1993).

    Smail, Daniel Lord: Imaginary Cartographies. Possession and Identity in Late Medieval Marseille, Ithaca/London (2000).

    Stichweh, Rudolf: Adresse und Lokalisierung in einem globalen Kommunikationssystem. In: Andriopoulos, Stefan u. a. (Hrsg.): Die Adresse des Mediums, Köln (2001), S. 25–33.

    Stieler, Kaspar: Zeitungs Lust und Nutz (1695), Bremen (1969).

    —: Ordnung der Häuser, Beschreibung der Seelen. Hausnummerierung und Seelenkonskription in der Habsburgermonarchie, Innsbruck u. a. (2007).

    Waldher, Gerhard: Der Weg der vielen Hände. 17,5 Millionen Menschen wollen Essen. Und die Dabbawallas bringen es ihnen. Eine Erfolgsgeschichte aus Indien. In: Brand Eins, Nr. 7 (2005), S. 118–123.

    Internet

    (Art.) Adresse. In: Kluge online. Unter: http://www.degruyter.com.degruyterebooks.han.onb.ac.at/view/Kluge/kluge.161 [aufgerufen am 10.10.2013].

    Tantner, Anton: Adressbüros im Europa der Frühen Neuzeit. Habilitationsschrift an der Universität Wien (2011). Unter: http://phaidra.univie.ac.at/o:128115 [aufgerufen am 27.05.2013]. [<<54||55>>]

    1 Vgl. Tantner: Ordnung der Häuser, Beschreibung der Seelen.

    2 (Art.) adressieren. In: Deutsches Fremdwörterbuch, S. 139.

    3 Vgl. Bernecker: (Art.) Adressant/Adressat. In: Ueding, Sp. 119–130; (Art.) Adresse. In: Kluge online. Unter: http://www.degruyter.com.degruyterebooks.han.onb.ac.at/view/Kluge/kluge.161 [aufgerufen am 10.10.2013].

    4 Stieler: Zeitungs Lust und Nutz, S. 175.

    5 (Art.) Adresser, addresiren. In: Zedler, Sp. 465.

    6 Vgl. (Art.) Adresse. In: Duden. Deutsches Fremdwörterbuch, S. 135–139.

    7 Vgl. (Art.) Adresse. In: Kluge online. Unter: http://www.degruyter.com.degruyterebooks.han.onb.ac.at/view/Kluge/kluge.161 [aufgerufen am 10.10.2013].

    8 Vgl. Kraus: An die Anschrift der Sprachreiniger. In: Ders.: Die Sprache, S. 12–16.

    9 Althusser: Ideologie und ideologische Staatsapparate, S. 142.

    10 Serres: Der Mensch ohne Fähigkeiten. In: Transit, S. 199.

    11 Vgl. Ling: A Stranger in Town: Finding the Way in an Ancient City. In: Greece & Rome, S. 204–214; Hillner: Die Berufsangaben und Adressen auf den stadtrömischen Sklavenhalsbändern. In: Historia, S. 193–216; Smail: Imaginary Cartographies, S. 220f.

    12 Vgl. Tantner: Adressbüros im Europa der Frühen Neuzeit. Unter: http://phaidra.univie.ac.at/o:128115 [aufgerufen am 27.05.2013].

    13 Vgl. Smail: Imaginary Cartographies, S. 192, 220f.

    14 Vgl. Scott et al.: The Production of Legal Identities Proper to States: The Case of the Permanent Family Surname. In: Comparative Studies in Society and History, S. 4–44; Tantner: Ordnung der Häuser, Beschreibung der Seelen.

    15 Vgl. Neubert: Elektronische Adressenordnung. In: Andriopoulos et al. (Hrsg.): Die Adresse des Mediums, S. 34–63; Serres: Der Mensch ohne Fähigkeit, S. 198; Schumacher: Adresse. In: Bartz et al. (Hrsg.): Handbuch der Mediologie, S. 16–21.

    16 Vgl. Andriopoulos et al. (Hrsg.): Die Adresse des Mediums; Schumacher: Adresse. In: Bartz et al. (Hrsg.): Handbuch der Mediologie, S. 16–21. Sowie die in der Literaturliste angeführten Arbeiten von Siegert.

    17 Fuchs: Adressabilität als Grundbegriff der soziologischen Systemtheorie. In: Soziale Systeme, S. 61.

    18 Kittler: Die Stadt ist ein Medium. In: Fuchs et al. (Hrsg.): Mythos Metropole, S. 238.

    19 Ders.: Draculas Vermächtnis, S. 41.

    20 Vgl. Siegert: (Nicht) Am Ort. In: Thesis. S. 92–104; ders.: Passagiere und Papiere. S. 142.

    21 Jäger: Die Verfahren der Medien: Transkribieren – Adressieren – Lokalisieren. In: Fohrmann/Schüttpelz (Hrsg.): Die Kommunikation der Medien, S. 77.

    22 Dotzler et al.: Die Adresse des Mediums. Einleitung. In: Andriopoulos et al. (Hrsg.): Die Adresse des Mediums, S. 13.

    23 Vgl. Schabacher: Adressenordnungen: Lokalisierbarkeit – Materialität – Technik. In: Andriopoulos et al. (Hrsg.): Die Adresse des Mediums, S. 21.

    24 Stichweh: Adresse und Lokalisierung in einem globalen Kommunikationssystem. In: Andriopoulos et al. (Hrsg.): Die Adresse des Mediums, S. 25.

    25 Neubert: Elektronische Adressenordnung. In: Andriopoulos et al. (Hrsg.): Die Adresse des Mediums, S. 56.

    26 Siegert: Passagiere und Papiere, S. 150.

    27 Ders.: Passage des Digitalen, S. 104.

    28 Kittler: Die Stadt ist ein Medium. In: Fuchs et al. (Hrsg.): Mythos Metropole, S. 238.

    29 Zur Post siehe neben Siegert: Relais; Behringer: Im Zeichen des Merkur.

    30 Als Beispiel für eine solche Untersuchung: Allerkamp: Anruf, Adresse, Appell.

    31 Vgl. Farge: Das brüchige Leben. S. 77–83; Waldher: Der Weg der vielen Hände. In: Brand Eins, S. 118–123.

    ARCHIVIEREN

    DENNIS BASALDELLA

    ANEKDOTE

    Als Fritz Langs METROPOLIS seine Premiere in Berlin feierte, dachte wohl niemand daran, dass der Film 83 Jahre später, auf der Berlinale 2010, eine zweite Premiere feiern würde. METROPOLIS, der als einziger Film von der Unesco in das Weltdokumentenerbe aufgenommen wurde, avancierte über die Jahrzehnte nicht nur zu einem der wichtigsten Filme der Kinogeschichte, sondern hat mit seiner spektakulären Wiederentdeckung Geschichte geschrieben und zählt aus filmhistorischer und archivarischer Sicht zu den interessantesten Fällen. Der bis dato wohl teuerste Monumentalfilm der UFA feierte im Januar 1927 seine Premiere. Was jedoch zu Beginn als Angriff auf die Vorherrschaft von Hollywood gedacht war, entpuppte sich als kommerzieller Flop. Der Film fiel beim Publikum und den Kritikern durch und wurde kurz nach seiner Aufführung – wie so oft in diesen Fällen – Opfer von Kürzungen. So galt die vollständige Premierenfassung von 1927 lange Zeit als verloren.¹ Während sich die Historiker, in der Hoffnung doch eine vollständige Kopie zu finden in den folgenden Jahrzehnten immer wieder in den Filmarchiven weltweit auf die Suche nach den verlorenen Szenen des Films machten, ahnte keiner, dass eine Kopie der vollständigen Fassung 1928 mit dem argentinischen Verleihchef Adolfo Z. Wilson nach Südamerika gelangt war. Mit den Jahren ging der mittlerweile auf 16mm umkopierte Film in den Bestand des Museo del Cine in Buenos Aires über und wurde dort – also in einem Archiv, dessen genuine Aufgabe es ist, Dinge zu bewahren –, bei genauerer Sichtung der vorhandenen Kopie, als fast vollständige Fassung von METROPOLIS (wieder-)entdeckt.²

    Es gehört wohl zu den zentralen Eigenschaften eines Filmarchivs bzw. eines jeden Archivs, dass es sammelt und somit die Möglichkeit bietet ein ganzes kulturelles und historisches Erbe unterschiedlichster Art zu archivieren, [<<55||56>>] zu bewahren und zugänglich zu machen. Zur gleichen Zeit ist es aber auch wieder eine zentrale Eigenschaft des Archivs, dass es auch wieder „vergisst", was es bewahren soll und ihm anvertraut wurde.

    ETYMOLOGIE

    Im heutigen allgemeinen Sprachgebrauch, wie auch die Anekdote nahelegt, erscheinen der Begriff des „Archivs (genauso wie der des „Filmarchivs) und der damit zusammenhängende Akt des „Archivierens" als eindeutig und selbstverständlich. So steht z. B. im DUDEN folgendes zum Archiv:

    Ar|chiv, das; – s, -e [spätlat. archivum < griech. archeion = Regierungs-, Amtsgebäude, zu árchein = regieren, herrschen, zu arche, Architekt]: a) Einrichtung zur systematischen Erfassung, Erhaltung u. Betreuung von Schriftstücken, Dokumenten, Urkunden, Akten, insbes. soweit sie historisch, rechtlich od. politisch von Belang sind […]; b) geordnete Sammlung von [historisch, rechtlich, politisch belangvollen] Schriftstücken, Dokumenten, Urkunden, Akten […].³

    Ein ähnlicher Eintrag findet sich auch im ETYMOLOGISCHEN WÖRTERBUCH DER DEUTSCHEN SPRACHE:

    Archiv n. erw. fach. Aufbewahrungsort für öffentliche Urkunden und Dokumente‘ (< 15. Jh.). Entlehnt aus ml. archīvum, dieses aus spl. archīvum, einer Nebenform von l. archīum, das auf gr. archeĩon ‚Amtsgebäude‘ zurückgeht, einem Nomen loci zu gr. árchein ‚regieren, herrschen‘. Eine Täterbeschreibung ist Archivar; Verb: archivieren.

    Auf den ersten Blick erscheinen die zitierten Definitionen eindeutig und beschreiben genau das, was das Archiv im heutigen Verständnis ist: Ein Ort, an dem relevante historische Objekte aufbewahrt werden. Zur gleichen Zeit sind die Definitionen jedoch unvollständig. Gerade mit ihrem Vermerk auf das „Regierungs- und Amtsgebäude und die Begriffe des „Regierens und des „Herrschens", verweisen sie indirekt auf den historischen Ursprung des Begriffs, ohne ihn dabei jedoch genau zu beschreiben. Zweifelsohne erlaubt es der begrenzte Platz eines sprachlichen Wörterbuchs nicht, den Ursprung [<<56||57>>] genauer auszuführen, jedoch erscheint es gerade im Kontext des Archivs wichtig, dies zu tun, weil die Funktion oder besser gesagt das Ziel des Archivs im heutigen Sinne, sich von dem Archiv im Zusammenhang mit einem „Regierungs- und Amtsgebäude unterscheidet und erst im Lauf der Geschichte so geworden ist, wie wir es heute verstehen. Das Archiv und der Begriff des Archivierens müssen somit im historischen Kontext betrachtet und nicht auf eine reine Etymologie des Wortes begrenzt werden. Der Begriff des „historischen Archivs ist erst aus heutiger Sicht entstanden bzw. auch eng mit der Entwicklung und Nutzung des Archivs gekoppelt.

    Darüber hinaus werfen die Begriffe der „belangvollen" Dokumente, wie sie im DUDEN genannt werden, die Frage nach dem „Was archivieren" auf, die für das Verständnis des Archivs und besonders des Archivierens wichtig ist und genauer diskutiert werden muss.

    KONTEXTE

    Wie Aleida Assmann in ihrem Buch ERINNERUNGSRÄUME. FORMEN UND WANDLUNGEN DES KULTURELLEN GEDÄCHTNISSES zum Punkt des Archivs schreibt, kommt „[v]or dem Archiv als Gedächtnis der Historie […] das Archiv als Gedächtnis der Herrschaft"⁵. Während schon in der griechischen Antike das Archiv als Aufbewahrungsort genutzt wird,⁶ ist es „[i]n Rom […] die Praxis des Aufschreibens, welche das Archiv hervorbringt. Das, was die Magistrate der römischen Republik zur eigenen Erinnerung notieren, bewahren diese auch auf. Erst privat, dann offiziell"⁷. Dahingehend markiert das Jahr 79/78 v. Chr., wie Cornelia Vismann weiter in ARCHÉ, ARCHIV, GESETZESHERRSCHAFT vermerkt, das Datum, an dem die Notizen in ein zentrales Archiv gebracht wurden, dem Tabularium, um dort aufbewahrt zu werden.⁸ Das Archiv war somit in seinem Ursprung ein Instrument der Macht und Verwaltung. In diesem physischen Ort lagerten all die – hauptsächlich schriftlichen – Dokumente, Urkunden und Akten, die eine aktuelle Legitimationsfunktion hatten und somit auch als [<<57||58>>] Beweis für Macht und Besitz dienten.⁹ Die ursprünglichen Archive waren jedoch nicht nur Aufbewahrungsort für Gesetze, sondern dienten auch – wie Knut Ebeling in DAS GESETZ DES ARCHIVS mit Verweis auf die Archive im Nahen Osten, Mesopotamien und Ägypten schreibt – dazu, ökonomische Vorgänge und Prozesse zu dokumentieren.¹⁰ Mit dem Aufkommen des späten Mittelalters stieg auch das Aufkommen der geschriebenen Dokumente, so dass sich in den Archiven immer mehr nicht gebrauchte Akten stapelten.¹¹

    Diese stark vereinfachte Übersicht der Geschichte des Archivs,¹² beschreibt dessen ursprüngliche Funktion, wie sie auch in der Beschreibung der Wörter bereits gesehen wurde. Erst mit der Französischen Revolution wurde das Archiv zu dem, wie wir es heute kennen und begreifen, also zu einem Aufbewahrungsort für vermeintlich historische Spuren und Objekte. Durch den Aufbruch der bis dato bestehende Machtstrukturen und in dem Moment, in dem die Institutionen, die die Dokumente zur Legitimation ihrer eigenen Handlung nutzten, nicht mehr existierten, verloren die aufbewahrten Dokumente ihre ursprünglichen Legitimationsfunktionen und bekamen eine historische Funktion.¹³

    Wenn in diesem Kontext der Begriff „historisch" genannt wird, ist es notwendig, bereits hier auf zwei grundlegende Punkte zu verweisen, die für das Verständnis des Archivs im heutigen Sinne wichtig sind.

    Die Tatsache, dass nur bestimmte Dokumente aufbewahrt wurden, ist nicht nur aus rechtshistorischer Sicht wichtig, sondern offenbart ein grundlegendes „Problem bzw. eine grundlegende Eigenschaft des Archivs als Aufbewahrungsort (historisch oder nicht), nämlich, dass das Archiv nur das Aussagen kann, was es weiß bzw. „[d]as Gedächtnis des Archivs ist […] nicht allwissend und deshalb nicht göttlich; es weiß nur, was man ihm anvertraut hat¹⁴. Die Aussagekraft [<<58||59>>] eines Archivs ist somit immer an die Informationen gekoppelt, die es enthält. Betrachtet man nun das Archiv aus einer historischen Sicht, dann bedeutet dies wiederum, dass die Geschichte, die aus ihm gelesen wird, sich nur auf die Fakten bezieht, die dem Archiv entstammen. So schreibt Wolfgang Ernst: „Das Gedächtnis des Forschers nimmt gespeicherte Informationen über bestimmte Episoden auf, ergänzt sie um weitere aus vielleicht ganz anderen Quellen und rekonstruiert so ein vermeintlich originalgetreues Bild"¹⁵.

    Das Archiv selbst gibt keine Geschichte vor oder schreibt sie gar – erst im Nachhinein wird diese geschaffen. Der Forscher, der Nutzer des Archivs fügt die ihm vorliegenden Objekte und Informationen zusammen und formt ein Bild der Vergangenheit. Dabei handelt es sich aber um ein Bild, eine Erinnerung an die Vergangenheit, wie es sie so nicht gegeben hat und nur der Interpretation der vorliegenden Informationen entspringt.¹⁶ „Das Archiv erzählt nicht, es registriert. Seine metaphorische Angleichung an Funktionen der menschlichen Erinnerung (also Anthropomorphisierung) findet erst auf der Ebene der Geschichtsschreibung statt¹⁷. Wohl auch in diesem Aspekt, liegt die Tatsache begründet, dass das Archiv Anziehungspunkt für unterschiedliche wissenschaftliche Strömungen ist, die wiederum die Inhalte des Archivs aus ihrem Blickwinkel lesen und eine weitere „Geschichte schaffen.¹⁸

    Es darf an dieser Stelle aber nicht unerwähnt bleiben – auch in Hinblick auf die bisher gemachten Anmerkungen –, dass bereits der vorbereitende Akt zum Archivieren, die Auswahl, die Geschichte die aus dem Archiv gelesen wird, mitbestimmt und vorgibt.

    KONJUNKTUREN

    Das Filmarchiv, ohne das es eine erneute Premiere der Originalfassung von METROPOLIS nie gegeben hätte, kann stellvertretend für alle Archive gesehen werden. Seine Geschichte reflektiert in gewisser Hinsicht die bereits beschriebene Entwicklung und Spezifika des klassischen Archivs. Im Gegensatz zum einen klassischen Archiv bzw. dem klassischen [<<59||60>>] Aufbewahrungsort, existiert das Filmarchiv jedoch nicht direkt seit der Erfindung des Films und somit seit Beginn des Mediums, das es archivieren soll.

    Wie Raymond Borde schon auf den ersten Seiten seines Buches LES CINÉ-MATHÈQUES schreibt, ist der Gedanke des Konservierens und Archivierens von Film keineswegs von Anfang an selbstverständlich. Das zentrale Problem zu Beginn der Filmgeschichte war, dass der Film nicht den gleichen ökonomischen Wert hatte, wie es heute der Fall ist. Film war nicht ein eigenes geschaffenes Werk, das gelagert und immer wieder verwendet wurde, wie es z. B. mit der DVD und Blu-ray der Fall ist. Die Filme der Zeit wurden vielmehr als ein vergängliches, temporäres Produkt angesehen, das aus inhaltlicher Sicht nur dem aktuellen Geschmack und Interesse genützt hat und eben auch nur dafür geschaffen wurde. Weil sich auch der Geschmack der Zuschauer mit der Zeit veränderte, waren die Filme oft nicht mehr interessant und wurden nicht mehr genutzt. Der Gedanke, dass die Filme für zukünftige Generationen interessant sein könnten, war noch nicht ausgeprägt. So passierte es, dass selbst Georges Méliès, einer der Urväter der Kinematographie, im Wissen nicht mehr den Geschmack der Zeit zu treffen, 1923 seine von ihm gelagerten Filmkopien verbrannte und die Negative an einen Pariser Altmaterialsammler vermachte. Wegen dieses Verhältnisses zum Film beziffert sich die weltweite Verlustrate – so Borde – für den Zeitraum von 1895 und 1918 auf 80%.¹⁹

    Trotz des anfänglichen Unterschieds lässt sich auch im Kontext des Filmarchivs eine Parallele zum Archiv als Legitimationsgrundlage ausmachen. Aus rechtlicher, und somit im Schluss auch ökonomischer, Sicht beginnt die Lagerung von Film in den USA mit Inkrafttreten des Copyright Law, das die Rechte der Autoren schützt. Die Lagerung in diesem Fall ist jedoch nicht aus konservatorischer Sicht eines Archivs zu sehen, sondern einfach nur dazu da, die Urheberschaft des jeweiligen Autors zu beweisen und zu sichern.²⁰ Die erste bekannte Eintragung von Filmen in das Copyright Register ist wohl der wenige Sekunden lange Film EDISON KINETOSCOPIC RECORD OF A SNEEZE von Edison aus dem Jahr 1894.²¹

    [<<60||61>>] Der erste Gedanke einer Sammlung von Filmen ist auf das Jahr 1898 und den Polen Bolesƚaw Matuszewski zurückzuführen. Für Matuszewski, ab 1897 Fotograf des russischen Zaren, bietet sich die Möglichkeit die wichtigen Momente des Besuchs des französischen Präsidenten in St. Petersburg mit der Kamera festzuhalten. Besonders prägend war hier laut Borde, dass der Franzose Félix Faure fälschlicherweise von Bismarck beschuldigt wurde, sich nicht respektvoll gegenüber der russischen Flagge verhalten zu haben. Mithilfe der Filmaufnahmen konnte die Anschuldigung entkräftet werden. Es war somit die in diesem Kontext entdeckte dokumentarische Eigenschaft des Films als Beweismittel, die Matuszewski im Folgenden auch zu seinem Plan führte, ein Archiv von Filmen zu schaffen. In diesem Zusammenhang veröffentlich Matuszewski im Jahr 1898 in Paris ein schriftliches Plädoyer für die Einrichtung eines Lagerortes für Filme.²²

    Auch in den folgenden Jahren entstanden immer wieder Konzepte für Filmarchive, wie z. B. die des Pariser Stadtrats Henri Turot, der 1906 die Gründung eines Filmarchivs vorschlägt, das dazu dienen sollte, die Filmaufnahmen zu konservieren, die Feste, Paraden und Ereignisse in Paris zu zeigen und zu dokumentieren. Das Problem dieser Idee und der vielen darauffolgenden Vorschläge in der Pariser Stadtverwaltung ist – wie auch im Fall der in den 1910er Jahren in Deutschland entstandenen Militärarchive wie dem der Bufa (Bild- und Filmamt) –, dass sie aufgrund ihrer begrenzten und sehr spezifischen Ausrichtung eben nur diejenigen archivieren, die in das Themenfeld passen und dabei andere Filme außer Acht lassen.²³

    Das wohl erste Filmarchiv, das sich bewusst zum Ziel gesetzt hat, das Filmerbe im Allgemeinen zu archivieren und zu retten, ist das Svenska Filmsamfundet, das 1933 vom schwedischen Journalisten und Filmhistoriker Bengt Idestam-Almquist initiiert wurde. Es ist somit das erste Archiv, das sich nicht mehr nur auf spezifische Filminhalte beschränkt und damit das Filmerbe im Sinne eines allgemeinen Unterhaltungsmediums versteht und archiviert und sich somit „historisch" nennen könnte.²⁴

    [<<61||62>>] Jenseits der politischen Bedeutung der Institution ist in diesem kurzen historischen Überblick als Beispiel auch das 1934 von Joseph Goebbels initiierte Reichsfilmarchiv zu nennen, das „neben Filmen aus der Frühzeit des Kinos und den Produktionen der Weimarer Republik vor allem sämtliche Produktionen der UFA [versammelte]"²⁵. Abgesehen von den durch die deutsche Teilung entstandenen Wendungen, bildet das Reichsfilmarchiv die materielle Basis für die Abteilung „Filmarchiv" des Bundesarchivs, das die Sicherung des deutschen Filmerbes, des kulturellen Gedächtnisses des deutschen Films, zur Aufgabe hat.

    Die Begriffe „Film" und Archivieren beziehen sich jedoch nicht nur auf das Filmarchiv, sondern auch auf die Archivierung mit Film.

    Es ist eine Tatsache, dass jedes zu konservierende Objekt irgendwann dem Verfall preisgegeben ist und damit die Gefahr besteht, dass nicht nur das Objekt/Trägermedium selbst verloren geht, sondern auch die Informationen, die es auf unterschiedlichste Art und Weise gespeichert hat. Die Konservierung des eingelagerten Objekts ist daher ein wichtiges Element der Archivierung. Dahingehend schreibt das Bundesarchiv z. B.:

    Im Bundesarchiv ist es Aufgabe der ‚Bestandserhaltung‘, das Archivgut vor Gefahren zu schützen, es zu konservieren und zu restaurieren oder, falls die Originalerhaltung nicht mehr möglich ist oder unwirtschaftlich wäre, die Informationen auf neues, haltbareres Trägermaterial zu übertragen.²⁶

    Wie das Zitat zeigt, werden die Daten, oder wie im Fall des Filmarchivs die Filme, auch weiterhin auf ihrem Original-Trägermedium konserviert. Dafür werden sie immer wieder auf 35mm bzw. 16mm Film umkopiert. Damit hängt aber auch die grundlegende medienwissenschaftliche Frage nach der Lesbarkeit der jeweiligen Informationen zusammen. Während es im Fall von Schrift – abgesehen von der notwendigen Sprachkenntnis – noch relativ einfach ist, die Information auszulesen, wird es bei anderen Speichermedien, wie z. B. einer Diskette, schwieriger. Um die Informationen der archivierten Diskette lesen zu können, ist es notwendig, auch das dafür vorgesehene Lesegerät mit zu [<<62||63>>] archivieren, damit auch in Zukunft die Informationen genutzt werden können. Im Gegensatz zu dieser Art von Speichermedien oder auch den digitalen Informationen ist der Vorteil des Mediums Films, dass nur Licht und das eigene Auge notwendig sind, um die dort gespeicherten Informationen einzusehen.

    GEGENBEGRIFFE

    Im Kontext des Archivierens erscheint es schwierig, von Gegenbegrifflichkeiten zu sprechen, da es so etwas wie „nicht Archivieren" als eigenen Begriff streng genommen nicht gibt. Es wäre möglich, zu sagen, dass das Löschen eine Gegenbegrifflichkeit darstellt. Zu argumentieren wäre jedoch, dass das Löschen bereits voraussetzt, dass etwas archiviert wurde und somit durch das Löschen aus dem Speicher gelöscht wird. Letzteres würde wiederum aber im Gegensatz zum eigentlichen Sinn des Archivierens, dem Archivieren als (Auf-)Bewahrung, stehen. Darüber hinaus setzt der Begriff des Löschens auch ein gewisses Maß an Vorsätzlichkeit voraus, während der Akt des „nicht Archivierens" auch impliziert, dass etwas für die Archivierung einfach nicht in Betracht gezogen bzw. bewusst nicht aufgenommen wird. Es wäre dahingehend vielmehr zu sagen, dass die Gegenbegrifflichkeit zum Archivieren im oder genauer gesagt aus dem Akt des Archivierens selbst entsteht. Wie schon erwähnt, ist kein Archiv allmächtig und allwissend. In diesem Zusammenhang kann es – schon aus rein logistischer Sicht – nicht alles beinhalten, was es zu archivieren gilt. Jedes Archiv braucht daher eine gewisse Richtlinie und Ausrichtung, die bestimmt, was archiviert wird und was nicht. Die Tatsache, dass ein Archiv sich eine bestimmte Ausrichtung gibt, führt jedoch auch unweigerlich dazu, dass bestimmte Objekte zwar archiviert und damit auch konserviert werden, um später als historische Dokumente oder Objekte genutzt zu werden. Zur gleichen Zeit bestimmt die Ausrichtung aber auch, welche Objekte nicht in das Schema passen und somit eben „nicht archiviert" werden und damit möglicherweise dem Vergessen und Verfall preisgegeben werden.

    PERSPEKTIVEN

    Ein Archiv kann aus mehreren Gründen nur eine begrenzte und v. a. spezifische Art von Objekten und Informationen archivieren. In Hinblick auf den Zentralen Bergungsort der Bundesrepublik Deutschland (Barbarastollen im Schwarzwald) – in dem auf Mikrofilmen die Informationen sämtlicher archivierter Dokumente aufbewahrt werden –, wurde des Öfteren der Begriff des „kulturellen Gedächtnisses" genannt, der im Kontext des Archivierens [<<63||64>>] eine wichtige Rolle spielt. Es stellt sich die Frage, was genau dieses „kulturelle Gedächtnis" ist, das quasi das Erbe einer ganzen Nation umfassen soll.

    Aleida Assmann unterteilt diesen Begriff in ihrem Text ARCHIVE IM WANDEL DER MEDIENGESCHICHTE wiederum in das Speicher- und Funktionsgedächtnis.²⁷ Sie wählt den Begriff des kulturellen Gedächtnisses, weil dieser zwei Aktionen umfasst: „Erinnern und Vergessen"²⁸. Das Archiv als Speicherort und Gedächtnis bewahrt Objekte und Informationen nicht nur auf, sondern vergisst sie auch. Dieses Vergessen ist in zweierlei Hinsicht zu verstehen: Zum einen führt die Tatsache, dass bestimmte

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1