Shutdown - Ausnahmezustand USA
Von Andreas Krämer
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Über dieses E-Book
Wie lange war Stephen schon hier? Was hatte er verbrochen, dass er hier in diesem heißen, stickigen Loch saß? Die dünne Luft raubte ihm den Atem und seine Kehle fühlte sich trocken an.
Auf der einfachen Pritsche konnte er nicht mehr sitzen. Ihm schmerzten all seine Gelenke und er wollte einfach nur aus dem Verlies verschwinden. Durch das kleine Fenster bahnten sich die Sonnenstrahlen eines beginnenden nächsten Tages, als sich die schwere Stahltür öffnete und Nathaniel, sein Erzfeind, vor ihm stand...
Wo war Kristin, seine geliebte Freundin, und würde die Welt jemals wieder so sein wie einst vor der Katastrophe, die die USA heimsuchte?
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Buchvorschau
Shutdown - Ausnahmezustand USA - Andreas Krämer
Titel
Andreas Krämer
Shutdown - Ausnahmezustand USA
1.Kapitel - Zeit der Veränderung
Das Städtchen Coalville erwachte aus seinem Tiefschlaf. Die National Security Agency, auch NSA genannt, hatte sich aufgrund der örtlichen Geografie dazu entschieden, hier das brandneue Datenverarbeitungszentrum zu eröffnen. Das Data Center bestand schon seit fünf Jahren und hatte mit seinen zweitausend Mitarbeitern für einen großen, wirtschaftlichen Aufschwung gesorgt. Das Datenverarbeitungs- und Analysezentrum der NSA lockte Unternehmen aus der IT-Branche, Gastronomie, Hotellerie, Sport und Freizeit an. In der Folge verdoppelte sich durch den Zuzug der Mitarbeiter und ihrer Familien die Einwohnerzahl. In der Boomtown herrschte bis auf ein paar Ausnahmen keine Arbeitslosigkeit mehr. Morgen war es wieder einmal soweit: Die Stadt feierlich geschmückt, die Musikkapelle bestellt und die Lokal-Prominenz geladen. Ein fröhliches Stadtfest würde zelebriert werden.
Die Morgensonne erschien geruhsam am Firmament, ihre Strahlen kitzelten Jack aus dem Schlaf, der sich bereits eine Woche zuvor günstig in der einzigen verbliebenen örtlichen Pension einquartiert hatte. Eines der neuen teuren Hotels in der seit Jahren boomenden Kleinstadt konnte er sich nicht leisten. In der minderwertigen Absteige fiel der Putz von den Wänden, überall roch es nach Verfall. Bei zehn Dollar pro Übernachtung ohne Frühstück erwartete Jack keine Luxusherberge. Nur mühsam konnte er sich aus den Daunenfedern erheben. Er gönnte sich noch eine Viertelstunde Schlaf, bis es plötzlich an seiner Zimmertür klopfte und er wie von einer Tarantel gestochen aus seinem Bett aufsprang. Das zwielichtige Pensionszimmer sah chaotisch aus: Überall lagen geöffnete Tüten mit Resten von Snacks herum. Es herrschte eine unerträgliche Hitze und es stank erbärmlich. Jack schlüpfte in seine Sandalen, zog seine Jogginghose und ein T-Shirt über, bevor er die Tür einen Spalt weit öffnete.
„Guten Morgen, Jack!", begrüßte ihn ein leger gekleideter, etwa dreißigjähriger Mann.
„Ich habe gefunden, wonach du suchst."
„Komm rein Stephen, wenn du eine Schwachstelle entdeckt hast dann immer her damit", bat Jack. Sein ehemaliger Studienkollege trat in das unaufgeräumte, stickige Pensionszimmer. Der Atem stockte ihm und würgte leicht.
„Hier stinkt´s abartig...", kommentierte der stets auf Sauberkeit achtende Stephen ohne eine Reaktion von seinem ehemaligen Zimmerkameraden erwarten zu wollen, dem es egal schien, wie er herumlief.
Er unternahm einen kläglichen Versuch, die Jalousie hochzuziehen, unterließ es aber, als Jack ihn missbilligend musterte. Nicht einmal das Fenster durfte er einen Spalt breit öffnen.
„Wir sind im Erdgeschoss", mahnte Jack zur Vorsicht.
„Jeder Sancho und Pancho kann mir ins Zimmer schauen. Bei dem was ich plane, kann ich auf unnötige Aufmerksamkeit verzichten."
Seufzend setzte sich Stephen auf einen quietschenden harten Plastikstuhl und musterte mit seinen braunen Augen das Notebook, welches auf dem Esstisch stand. Zögerlich kramte er eine Speicherkarte aus seinem grauen Jacket hervor.
Jack nahm das unscheinbare Ding an sich und legte es auf den Laserscanner seines pechschwarzen Ultrablack 5000 Hybridtablets. In Sekundenschnelle waren die Daten eingelesen. Noch immer kämpfte Stephen mit dem Brechreiz.
„Die Baupläne waren nur über Umwege zu bekommen. Es hat mich 750 000 US-Dollar und eine erhebliche moralische Überwindung gekostet. Generell besteche ich keine verbitterten Staatsdiener, die in der kürzlich überstandenen Immobilienkrise ihr Eigenheim verloren haben. Was du mit den Plänen machst, ist dein Ding und geht mich nichts an. Als ehemaliger Studienkollege hoffe ich aber, dass du den richtigen Weg einschlägst, und dich für die gute Sache entscheidest. Ich bin dann weg zu einer Solarfirma, die abgewickelt und in Einzelteilen verkauft werden soll. Man hört sich!", verabschiedete sich Stephen und sog voller Inbrunst die frische Luft in sich auf. Er stieg in seinen Sportwagen und brauste davon. Jack vertiefte sich in die Baupläne. Er aß und trank nichts – bis er schließlich, nach endlosen Stunden fand, wonach er von oben bis unten gesucht hatte.
„Heureka, die Wasserkühlung..", murmelte er. Auf dem Bildschirm erschien das Schema der Serverkühlung und verwies auf den heimischen Fluss Chalk Creek als Quelle der Wasserkühlung. Er musste einen Weg finden, diese Flüssigkeitskühlung zu sabotieren, ohne Aufmerksamkeit zu erregen.
In den darauffolgenden Tagen beobachtete er aus sicherer Entfernung, mit Hilfe einer superkleinen fliegenden Hummingbird-Cam das Geschehen auf dem Gelände der NSA-Einrichtung. Seine besondere Aufmerksamkeit galt den vier wuchtigen Wasserturbinen, die das Flusswasser in die Kühlleitungen der Serverräume pumpten und für die nötige Abkühlung sorgten.
Die Turbinen waren jedoch durch Laserschranken und Absperrgitter von außen effizient geschützt, wie Jack auf seinen Videoaufnahmen feststellen musste. Da war kein Ding zu drehen, und so musste er sich auf sein gutes, altes Handwerk als Hacker verlassen. Stunden vergingen. Jack bekämpfte seine Müdigkeit mit seinen geliebten scharfen Smoothies. Gegen fünf Uhr morgens war es endlich soweit. Der Ex-Programmierer hatte die letzten Codezeilen seines Spezialprogramms geschrieben und das Sicherheitsleck im Serversystem entdeckt. Die morgendlichen Sonnenstrahlen schienen durch die einzigen fünf Schlitze der ansonsten heruntergezogenen Jalousie und kitzelten seine Nase.
Er führte noch ein paar Eingaben aus und gab dann mit Wischgesten den Startbefehl ein.
„Programm ausführen?, erschien in grüner Schrift auf dem ultraflachen Touchscreen. Jack rieb sich das Kinn. Die Gedanken in seinem Kopf schlugen Saltos. Er wog die Folgen seiner Handlungen ab. Sein Zeigefinger kreiste über der virtuellen Tastatur und traf eine Entscheidung. Das Programm wurde ausgeführt, und über die Schwachstelle des Serversystems in die Steuerungsanlage der Wasserkühlung eingeschleust. Zugleich gab es Jack die Gelegenheit, eine Handvoll sensibler Dokumente über ein mysteriöses streng geheimes schwarzes Projekt von einem der gesicherten Server mithilfe seiner Hacker-Software herunterzuladen und auf die Speicherkarte zu kopieren. Er überflog die Projektbeschreibung kurz. „Schattenregierung? Infiltration?
, las er leise und wollte die Datei wieder löschen. Zu brisante Informationen, die in den falschen Händen ein echtes Unheil anrichten könnten.
„Ach was solls....", sprach er beruhigend zu sich selbst, wartete den Download ab und nahm die Speicherkarte in die Hand. Jetzt musste er sich beeilen, denn die NSA würde sein virtuelles Eindringen rasch bemerken und ihn ausfindig machen.
Der Ex-Hacker packte seine sieben Sachen zusammen, legte das robuste Hybridtablet auf die Rückbank seines silbernen, fast schrottreifen rostigen Jeeps und warf den Rucksack auf den Beifahrersitz. Als er den Zündschlüssel umdrehte, stotterte der Motor, dann ein zweites mal, erst dann setzte sich der kleine Geländewagen endlich in Bewegung. Zügig verließ er das beschauliche Coalville und fuhr auf den nächsten Highway. Ihm war bewusst, dass er bald ganz oben auf der Fahndungsliste der NSA, FBI und CIA stand. Egal, er wollte die Menschen aufrütteln und dafür schien ihm jedes Mittel recht.
Nach einer stundenlangen Irrfahrt durch drei Bundesstaaten hielt er bei einem Postamt und holte sich Briefmarken. Die Speicherkarte versteckte er in einer Schachtel Pralinen, die er in eine gepolsterte Versandtasche packte, den er an einen bekannten Whistleblower adressierte. Der Empfänger hatte vormals für die NSA gearbeitet. Als Absender verwendete er den Namen einer Frau, seiner vor acht Jahren tödlich verunglückten Schwester Tabetha. Zwei Stunden später warf er die Versandtasche in einen öffentlichen Briefkasten einer kleinen Gemeinde und machte sich aus dem Staub.
Der Abend brach herein und Jack entschied sich zur Übernachtung in einem Motel in Daybreak bei Salt Lake City, wo er mit Spannung die Nachrichten verfolgte. Sein Programm hatte ordentliche Arbeit geleistet: Es hatte die Leistung der Wasserturbinen über den normalen Wasserdruck hinaus erhöht und damit eine Überflutung herbeigeführt. Sieben der acht Serverräume trugen irreparable Schäden davon und in einem Nebenraum kam es durch einen Kurzschluss zu einem heftigen Feuerausbruch. Nur ein Großeinsatz der Feuerwehr konnte das Ausbreiten der Flammen auf die gesamte Stadt verhindern. Das Stadtfest wurde aus Sicherheitsgründen abgesagt. Die NSA fand erste Hinweise für die Ursache des heimtückischen Anschlags in einem unaufgeräumten, stickigen Zimmer einer in der Nähe gelegenen, heruntergekommenen Pension.
„Scheiße...", dachte Jack, als er die Aufnahmen sah. Sein Handy klingelte.
„Hey Jack! Du hast tolle Arbeit geleistet!", sagte die Stimme am anderen Ende ironisch.
„Jetzt bist Du sicher auf der Flucht. Was planst du?"
„Stephen, weißt du was? Die NSA kriegt mich nicht. Bin denen ein paar Schritte voraus. Ich tauche eine Weile unter. Wir werden ab sofort keinen Kontakt mehr haben", erwiderte Jack, legte auf, und entfernte die SIM-Karte aus seinem Smartphone. Er zerbrach sie und warf das Smartphone nach dem Verlassen des Motels während der Fahrt auf einer