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Das Vermächtnis - Fraktale: ein Kurzgeschichtensonderband
Das Vermächtnis - Fraktale: ein Kurzgeschichtensonderband
Das Vermächtnis - Fraktale: ein Kurzgeschichtensonderband
eBook234 Seiten2 Stunden

Das Vermächtnis - Fraktale: ein Kurzgeschichtensonderband

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Über dieses E-Book

Der Zirkelkrieg rückt näher – doch wer mischt eigentlich mit?
 
 
Im aufkommenden Zirkelkrieg spielen die zwölf Großzirkeloberhäupter und ihre Streitkräfte eine entscheidende Rolle. In diesem Sonderband der Vermächtnis-Serie werfen wir einen Blick auf ausgewählte Mitglieder dieser zwölf mächtigen Anführer.
Zusätzlich werden einige Lore-Hintergründe erläutert um auch das alltägliche Leben auf den Stadtinseln greifbarer zu machen.
 
Vorkenntnisse zur E-Book Serie „Das Vermächtnis des Engels Nekro“ bis einschließlich „Das Vermächtnis des Engels Nekro – Gottes Krieg: Akt II – Aufstieg des Sterns“ sind zum größeren Verständnis der Lektüre erforderlich.
 
 
Triggerwarnung: diese Erzählungen enthalten Alkohol, Prostitution, Gewalt, Okkultismus, psychische Probleme, Sklaverei, Rassismus etc.
SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum8. Feb. 2023
ISBN9783755431886
Das Vermächtnis - Fraktale: ein Kurzgeschichtensonderband

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    Buchvorschau

    Das Vermächtnis - Fraktale - Akandor Andor

    Vorwort

    Dieser Sonderband ist entstanden, weil zwischen DVdEN Akt I und Akt II viele Charaktere vorgestellt und behandelt wurden, die ein viel größeres, erzählerisches Potenzial in sich tragen und ich dies würdigen wollte. Diese Hintergrundgeschichten oder tieferen Einblicke in die Strukturen der Stadtinseln hatten keinen Platz in der Hauptgeschichte. Deswegen habe ich mich dazu entschlossen, einen Sonderband zu erstellen, der die neueren Charaktere beleuchtet und ihnen Gewichtung verleiht.

    Gleichzeitig habe ich die Chance genutzt um die erwähnten Strukturen, sowohl gesellschaftlicher als auch wirtschaftlicher Natur, zu beschreiben und das dynamische Leben auf den Stadtinseln darzustellen.

    Grundsätzlich wird es zum weiteren Verständnis nicht nötig sein, diesen Sonderband gelesen zu haben – aber es kann helfen die Charaktere in ihrer Persönlichkeit und ihre Taten besser nachzuvollziehen.

    Zudem werden ein paar historische Details benannt, die man aber als trivial einstufen kann.

    Apropo – zwischen den Kapiteln sind Trivia Fakten eingestreut, die einen frischen, neuen Einblick hinter die Kulissen gewähren!

    Auch sind Hinweise auf zukünftige Geschichten aus dem Vermächtnis-Universum innerhalb der hier vorliegenden Erzählungen versteckt.

    Damit ist alles notwendige erwähnt. Ich wünsche viel Spaß beim Lesen!

    Völkerübersicht

    Menschen

    Ohne Zweifel hat die Menschheit das größte Comeback von allen Rassen gefeiert. Waren sie nach Beginn der Apokalypse annähernd mit einem Wisch nahe der vollständigen Auslöschung, so sind sie nun ein durchwachsener, aber stabiler Teil der Gesellschaft. Allerdings haben sie das weniger sich selbst zu verdanken – als vielmehr dem Umstand, dass ihre Blutlinien sich mit den nie durch Aphila erlösten Engeln vermischten und ihnen so ein neues, magisches Potenzial eröffnete.

    Bis heute sind Menschen mit näherer Verwandtschaft zu den einstigen Urvätern – den in Menschengestalt versiegelten Engeln – die mächtigeren Astralmagier.

    Verwunderlicherweise haben sie es trotz des Fakts, dass sie das schwächste Glied der Zivilisation darstellen, geschafft, sich zu integrieren und leben ein verhältnismäßig gutes Leben unter den Überwesen um sie herum.

    Das größte gesellschaftliche Problem der Menschen stellt die Entführung für den illegalen Menschenfleischhandel dar. Dennoch gibt man sich genügsam, denn die meisten Menschen sehen und akzeptieren, dass die Obrigkeit gegen diesen Umstand vorgeht.

    Nephilim

    Die Nephilim sind in ein besonders hartes Schicksal hineingeboren. Jeder Nephil steht vor einer Wahl mit zwei Pfaden. Unauffällig durchs Leben gehend, mit dem Opfer der eigenen Flügel – oder das gegebene Machtpensum ausbauend und stur nach vorne hinarbeiten.

    Nephilim sind geächtet und teilweise sogar verhasst, denn viele fürchten ihr magisches Talent und ihre Gabe mit geringem Aufwand große Macht zu erlangen.

    Darum hat es Tradition, dass Nephilim, die sich für ein normales Leben entscheiden, ihre Flügel amputieren lassen. Damit legen sie optisch ihre Identität ab und es wird allgemein als ein Akt der Unterordnung zu den anderen Völkern verstanden. Natürlich entlarvt ein kurzer Blick auf die Aura und dessen Energiesignatur für das geschulte Auge nur allzu einfach einen gestutzten Nephil – aber die Geste der entfernten Flügel ist dennoch anerkannt und mildert meistens die Gemüter.

    Zudem verlangt es ein gewisses Niveau ab, diese energetische Unterscheidung zu treffen und in diesen Rängen spielt der Nephilimhass eine zumindest eher reduzierte Rolle.

    Trotzdem sind die Nephilim in ihrer Gesellschaftsposition die wohl tragischste Rasse – und in ihrer Moral und Weltansicht gespalten, aufgrund der gegebenen Entscheidungsgegebenheit.

    Aufgrund dieser Umstände hat es sich auch ergeben, dass die Nephilim das Geheimnis ihrer Macht vorlieb in ihren eigenen Reihen halten und selbst dort nicht alle aufgeklärt sind. Über die Generationen ist somit die natürliche Stärkung durch den Verzehr von Herzen zu einem Mythos verkommen, von denen viele nicht einmal etwas wissen.

    Doch gerade das führt dazu, dass jene Nephil, die darum wissen, schnell und effizient aufsteigen und ihren gewünschten Platz in der Gesellschaft einnehmen. Egal, wie viel Verachtung ihnen das einbringt. Denn dieser sind sie durch ihre Herkunft so oder so ausgeliefert.

    Der Blutrausch-Instinkt

    Das Wissen um das Erbe der Nephilim ist über die Jahrhunderte zu einer Legende verkommen. Nur noch Wenigen ist bewusst, was es damit aufsich hat. Die Ironie daran ist, dass die verächtliche Angst der anderen Völker aufgrund des Machtpotenzials der Nephilim bestehen blieb. So haben sie einen mysteriösen, gar okkulten Ruf erlangt.

    Das Geheimnis ihres Erbes liegt darin, dass sie durch den Verzehr von Herzen jedweder Sorte gesteigerte Macht erhalten. Die Steigerung hängt dabei vom magischen Niveau des Opfers ab.

    Nephilim verfallen durch den Verzehr des Herzens, aber auch bei Notlagen, in einen instinkthaften Zustand. Sie werden schneller, stärker und eben instinkthafter. Von Nephil zu Nephil unterschiedlich ausgeprägt, kommt auch ein animalisches Verhalten dabei durch. Innerhalb dieses Zustandes sind sie in der Lage die wahren Absichten und die „wahre Gestalt" eines Lebewesens zu erkennen. Allerdings verfallen untrainierte Nephil auch schnell der Gier nach mehr Herzen.

    Der Schlüssel zur Beherrschung dieser gefürchteten Macht liegt in der Kontrolle über die eigenen Gefühle. Mit der Erweckung des Instinkts geht auch ein emotionaler Schub einher, der zu einem hitzigen und aggressiven Verhalten führt. Schafft der Nephil dies zu bändigen und zu lenken, kann er den Blutrausch-Instinkt, ohne in Raserei zu verfallen, nutzen.

    Engel

    Eine tiefe Spaltung hat sich zwischen den Engeln der alten und neuen Ordnung ergeben. Dieser zieht sich sowohl durch die Gesellschaft als auch durch ihre Moralansichten.

    Die Engel der alten Ordnung sehnen sich im Kollektiv nach den früheren Zeiten, als sie Gott noch nah waren. Gleichzeitig ging ihr Vertrauen in ihn teilweise zu Bruch, nachdem er sich ihnen in seiner neuen Gestalt offenbarte – nur um danach wieder abzutauchen.

    Durch die Äonen gab es immense Verluste unter den Engeln der alten Ordnung und die Überlebenden haben sich an die neue Gesellschaft angepasst, auch wenn es manchen von ihnen schwerfällt.

    Sie werden als konservativ und erhaben eingeschätzt, jedoch muss man auch hier, wie bei jeder der Rassen, zwischen dem kollektiven Gesamtbild und dem Individuum unterscheiden.

    Die Engel der neuen Ordnung haben nur eine lose Bindung zu ihrem Schöpfer.

    Vielleicht aber gerade deshalb fühlen sie mit den Menschen mit die, wie sie, kaum etwas von Gott hatten.

    Tatsächlich haben sie sich gut in die Gesellschaft integriert und leben, wie Gott es als Neuanfang wollte, mit den Menschen zusammen.

    Anders als die alte Ordnung, haben sie keine Berührungsangst vor der Fortpflanzung gehabt.

    Daher gibt es sie in allen Altersklassen.

    Worunter beide Engelsordnungen gleichermaßen leiden ist der Handel mit ihrem Fleisch im Untergrund. Es ist eine begehrte Delikatesse, wenngleich die Beschaffung dessen fast immer in die Illegalität verläuft.

    Neo-Angels

    Die schwarzgefiederten, humanoiden Dämonenwesen, die als „Neo-Angels" bekannt wurden, stellen das jüngste der Völker dar. Im Chaos der apokalyptischen Abläufe entstanden und nach kurzer Zeit unter Meister Methos' Herrschaft vereint, unterscheidet sich ihr gesellschaftliches Verständnis von den herarchieüberzeugten Ordnungen der Engel. Anders als die Himmelsdiener, hat es für die Neo-Angels und ihren direkten Verwandten – den klassischen Dämonenstämmigen – keine Bewandtnis woher sie stammen oder welcher Moral sie folgen.

    Ironischerweise litt ihr Volk über die Zeit verteilt immer wieder unter dem gelebten Rassismus der anderen Völker ihnen gegenüber. Sowohl die Engel, als auch die Menschen taten sich immer wieder mehr als schwer damit, sie in ihrer Mitte zu akzeptieren. Nicht zuletzt eben, weil Neo-Angels aufgrund ihres dämonischen Ursprungs als hinterlistig, gierig und egoistisch galten.

    Im Laufe der neuen Weltgeschichte mussten sie sich darum besonders beweisen.

    Das gelang ihnen auch soweit, dass die Einsicht über ihren gesellschaftlichen Nutzen – als Aasfresser in einer durchgehend von offenen Straßenkämpfen geprägten Zivilisation – dem Argwohn überwog.

    Sie sind zumeist egogeprägte Individuen, die aber durchaus den Stärkevorteil einer Gruppierung verstehen. Auch stehen sie nicht selten ihren Wurzeln nahe, haben also Kontakt zu Dämonen.

    Allerdings bindet sie dabei kein Einheitsgefühl, wie die Engelsriegen es als kollektiv notwendig betrachten.

    Neo-Angels sind hin und wieder auf den Verzehr von menschlichem Fleisch angewiesen, um bei Kräften zu bleiben. Der notwendige Bedarf dessen wird zwar von den Straßenkämpfen grob abgedeckt – aber so manchen hungrigen und einflussreichen Neo-Angel giert es nach frischer Ware.

    Gerade in der Moderne der Stadtinseln hat sich diese Nachfrage im Untergrund zu einem florierenden Schwarzmarkt entwickelt.

    Man munkelt, dass dieser verbotene Handel von hoher Hand geleitet wird, da selbst die höchsten politischen Ränge mit dieser Problematik zu kämpfen haben.

    Trotzdem hat sich die Ablehnung gegenüber ihrem Volk mittlerweile beruhigt, da die Nephilim als potenzielle Bedrohung im Macht- und Ränkespiel eine Ablenkung dazu bieten.

    Wer jedoch mit Sympathie und Mitgefühl für die Nephilim rechnet, hat das Wesen der Neo-Angels nicht verstanden.

    Die Dämonin mit dem Rosenkranz

    ???? w. WZ. d. M.

    (während Weltherrschaftszeit des Methos)

    Der Tempel lag in einem zivilisationsleeren, begrüntem Tal. Morgens kämpfte sich die Sonne ihren Weg die - das Tal umschließende - Bergkette hoch und beschien sowohl den Wald als auch den großen, in einen Felsen gehauenen Tempel.

    Die ursprüngliche Verwendung der weitläufigen Räumlichkeiten war längst vergessen. Wandreliefs unterschiedlicher Epochen und Kulturen zeugten vom Wechsel der Völker, die diesen Ort beansprucht hatten.

    Heute Nacht wurde er von Besuchern heimgesucht. Gäste, gänzlich in pechschwarze Kutten gewandet, trugen unter hallenden Gesängen rituelle Opfergaben zusammen. Utensilien okkulter Natur wurden bereitgelegt.

    Die Stimmung hatte einen feierlichen Anklang, doch der in der Luft liegende Geist des Tempels wusste das Flüstern der kaum hörbaren Angst im Rhythmus der Herzschläge der Kuttenträger zu hören.

    Sie waren als Kreis aufgestellt mit einem ausschweifend gestikulierendem Mann, der seine Ansprache mit großen, leeren Worten füllte.

    Macht, Herrschaft, den Tod besiegen. All diesen Quatsch.

    Sterbliche Gesinnungen, die der Tempel allesamt überdauert hatte.

    Die Gruppe begann ihr Ritual. Es sollte Stunden dauern. Am interessantesten war ihr Anführer zu beobachten. Er wich hier und da immer wieder in winzigen Nuancen vom gleichschwingendem Atem seiner Anhänger ab und verlieh sich damit augenscheinlich gänzlich unbemerkt die Position, den magischen Vorgang im Resultat zu lenken.

    Für wenige Stunden war der Tempel wie zu alter Zeit mit lebhaften Gesängen, mitschwingenden Wünschen und egoistisch-kleingeistigen Erwartungen gefüllt.

    Vielleicht hatte aber doch jemand etwas geahnt. Wusste vom dunklen Fleck in der Gesinnung ihres Anführers. Denn als der sein Überraschungsmanöver beging und alle Anwesenden von der entfesselten Macht seiner Worte – gebündelt von ihren eigenen Gebeten – in den Tod gerissen und die Seelen in den Strudel der Dunkelheit gezwungen wurden, um selbst als wiedergeborene Schattenwesen daraus hervorzugehen und seinem Wort folgeleistend in kleine Keramikfläschchen versiegelt wurden – da widerstrebte sich einer der im wirbelnden Chaos herumfliegenden Dämonen. Er brach, trotz des gebärenden Kommandos des Astralmagiers, aus dem Strudel aus und besetzte ihn.

    Die restlichen Dämonen landeten dennoch in den Fläschchen und waren gefangen.

    Ihr triumphaler Kumpane scherte sich nicht um sie.

    Er genoss seine neue Position auf Erden, die Möglichkeiten seiner Magie und ward nie wieder in diesem Tal gesehen.

    So vergingen viele, viele Jahre mit Reih um Reih verschlossenen Keramikfläschchen, schön drapiert und vergessen auf dem mitgebrachten Altartisch stehend.

    Dunkel. So... dunkel. Eng. Erstickend eng.

    Verwirrung und Verzweiflung jagten einander mal ums mal im endlosen, sich nie ändernden Strudel aus finsterer Leere. Doch wie konnte ein Strudel da sein, wenn es nur Leere gab? Diese Frage bohrte an Shiranei heute wie schon vor.... wann auch immer dann war, als sie es sich zum ersten Mal fragte.

    Man sollte meinen, wenn man einen Zustand nur lang genug immer gleichbleibend erfährt, müsste er irgendwann gewohnt sein. So war es leider nicht. Nicht in dieser orientierungslosen Enge aus purer Schwärze. Vielleicht war sie schon lange verrückt geworden. Doch das war sie nicht imstande zu beurteilen. Sie wusste hier keinen Maßstab für Verrücktheit zu setzen. War es verrückt, hier Angst zu haben oder war es noch verrückter sich der Lethargie hinzugeben und diese fürchterliche Existenz hinzunehmen?

    Wenn man vom Verrückt sein, verrückt wurde – war man dann wieder normal?

    Schon viel zu oft war sie alles davon durchgegangen. Zu oft, aber hier blieben ihr nichts als diese Gedanken, sodass es ein „zu oft" gar nicht gab.

    Eine Erschütterung des Flaschenbodens löste sowohl tiefes Erschrecken, als auch eine kaum zuordnungsbare Freude aus. Ihre Empfindungen zu einer Wahrnehmung außerhalb ihres Kosmos waren ihr ebenso fremd wie verzückend. Noch nie waren da neue Gefühle angeregt worden. Was war dieses neu?

    Beinahe wollte sie sich der Frage widmen, was die Ursache dieser Bewegung gewesen war – als ihr klar wurde, dass das Bild vor ihrem geistigen Auge in dunkles Nichts stürzte und erlosch. Sie wusste nichts von außerhalb der dunklen Enge.

    Alles was ihr blieb, war die Erinnerung an einen Moment der Andersartigkeit.

    Gab es wirklich nichts anderes? Wenn diese Empfindung von woanders herkam und sie nicht die Ursache war, dann musste es zwangsläufig etwas geben.

    In der nächsten Zeit wurde ihr Geist immer wieder von wesentlich kleineren, aber existenten Erschütterungen in schieres Staunen versetzt. Ihre Neugier brannte sich gefühlt einen Weg durch die dunkle Leere, ohne je irgendwo anzukommen.

    Die Bewegungen um die Flasche und mit der Flasche wurden immer ausführlicher und direkter. Shiranei glaubte mittlerweile einer anderen Verrücktheit verfallen zu sein, einer spaßigen Verrücktheit!

    Sie fand gefallen an dem Hin-und Her einer Bewegung, die nicht vom finsteren Strudel abhängig war und auch nicht davon beherrscht wurde. Es war zwar unbegreiflich, aber sie genoss es sehr und saugte alles an Empfindungen, Gefühlen und Wahrnehmungen abseits ihrer immerwährenden Norm detailliert auf. Selbst die Angst, dass es wieder aufhören könnte und sie wieder in unbeweglicher Leere verblieb, war ihr willkommen, weil sie neu war.

    Plötzlich setzte sich einfach alles in Bewegung. Die Flasche, die Leere, der Strudel, sie selbst und alles was sie kannte und darüber hinaus. Eine wahnsinnig schnelle Empfindung als sei sie in einen viel, viel größeren Strudel geraten, der sie herumwarf.

    Dann zerbrach das versiegelte Fläschchen am Tempelboden vor der Frau, die es im Versehen bei den Transportvorbereitungen umgeworfen hatte.

    Ein neuerlicher, überaus überwältigender Schock durchfuhr Shiraneis dämonische Substanz bei ihrer Freisetzung. Aufgrund ihres eigentümlichen Zeitempfindens war die Szenerie für sie wie ein Standbild in dem nur sie sich natürlich vorkam. Ihre Aufmerksamkeit galt zuerst den herumfliegenden Scherben des Fläschchens. Da sie es immer nur von innen in tiefster Dunkelheit erlebt hatte, war ihr der Schluss aus dieser zu stammen, gar nicht gewahr. Auch wenn der Anblick der Scherben den Hauch eines Funken Ahnungs hervorrief. Doch da war kein ausformulierter Gedanke oder gar eine Schlussfolgerung ihrerseits.

    Ihre Aufmerksamkeit wanderte empor. Von der Rauchschwade, die sie selbst war – das Ich-Verständnis besaß sie, da es bis dahin ihr einziges Empfinden gewesen war – schaute sie zu der Person vor ihr.

    Dieses Etwas stand starr und unbeweglich dort. Shiranei überkam Mitgefühl und Sympathie – zwei faszinierende, aber auch seltsame Gefühle. Sie glaubte, dass dieses Etwas genau wie sie in einer Art von unendlicher Gefangenschaft festsaß und darum zwar lebendig, aber auch unfähig zur Wahrnehmung Shiraneis war.

    Schlecht getroffen hatte es das Etwas ja nun nicht. Im Vergleich zu Shiraneis Verbleib wirkte ihr dieses Gefäß unvorstellbar riesig und gemütlich.

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