Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

DIE BRISE DES MEERES: Commissaire Arnoults erster Fall
DIE BRISE DES MEERES: Commissaire Arnoults erster Fall
DIE BRISE DES MEERES: Commissaire Arnoults erster Fall
eBook220 Seiten3 Stunden

DIE BRISE DES MEERES: Commissaire Arnoults erster Fall

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Die Brise des Meeres, ein Bistro im Hafen von Ajjaccio, ist der Treffpunkt eines Arms der korsischen Mafia, die sich den Namen der Bar zu eigen macht. An einem regnerischen Oktobermorgen des Jahres 1990 wird die UBS-Filiale in Genf von Mitgliedern dieser Mafia-Bande überfallen. Die Gangster erbeuten mehr als dreißig Millionen Schweizer Franken, drei Gemälde von Manet, Liebermann und Pissaro sowie etliches an Schmuck und Diamanten.

Ein Teil der Gemälde wird während einer Auktion veräußert. Die Räuber jedoch verschwinden spurlos. Wenige Jahre später beginnt ein gnadenloser Kampf der Männer um die Beute, den nur Sancarlo, der Kopf der Bande, überlebt.

2010 geht der Marseiller Polizei Columbiani, ein potentieller Überläufer, ins Netz: dieser soll angeworben werden, um Sancarlo zu verhaften.

Commissaire Arnoult, der seit Jahren die Ermittlungen zu dem Kunstraub und den verschwundenen Millionen leitet, bietet dem Mafiosi einen Deal an, den Columbiani jedoch ausschlägt. Auf der Fahrt ins Gefängnis wird Columbiani erschossen. Sein Mörder nimmt die Lebensgefährtin Arnoults als Geisel und verschwindet mit ihr in den korsischen Bergen.

Commissaire Arnoult ist bei der gnadenlosen Jagd nach Sancarlo und den Geiselnehmern auf sich allein gestellt, denn jeglicher Widerstand gegen die Brise des Meeres führt unweigerlich zum Tod...

 

Der Roman Die Brise des Meeres von Jost Baum (Jahrgang 1954) ist der Auftakt einer Serie von Kriminal-Romanen um Commissaire Arnoult.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum12. März 2023
ISBN9783755435389
DIE BRISE DES MEERES: Commissaire Arnoults erster Fall

Ähnlich wie DIE BRISE DES MEERES

Ähnliche E-Books

Mystery für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für DIE BRISE DES MEERES

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    DIE BRISE DES MEERES - Jost Baum

    Das Buch

    Die Brise des Meeres, ein Bistro im Hafen von Ajjaccio, ist der Treffpunkt eines Arms der korsischen Mafia, die sich den Namen der Bar zu eigen macht. An einem regnerischen Oktobermorgen des Jahres 1990 wird die UBS-Filiale in Genf von Mitgliedern dieser Mafia-Bande überfallen. Die Gangster erbeuten mehr als dreißig Millionen Schweizer Franken, drei Gemälde von Manet, Liebermann und  Pissaro sowie etliches an Schmuck und Diamanten.

    Ein Teil der Gemälde wird während einer Auktion veräußert. Die Räuber jedoch verschwinden spurlos. Wenige Jahre später beginnt ein gnadenloser Kampf der Männer um die Beute, den nur Sancarlo, der Kopf der Bande, überlebt.

    2010 geht der Marseiller Polizei Columbiani, ein potentieller Überläufer, ins Netz: dieser soll angeworben werden, um Sancarlo zu verhaften.

    Commissaire Arnoult, der seit Jahren die Ermittlungen zu dem Kunstraub und den verschwundenen Millionen leitet, bietet dem Mafiosi einen Deal an, den Columbiani jedoch ausschlägt. Auf der Fahrt ins Gefängnis wird Columbiani erschossen. Sein Mörder nimmt die Lebensgefährtin Arnoults als Geisel und verschwindet mit ihr in den korsischen Bergen.

    Commissaire Arnoult ist bei der gnadenlosen Jagd nach Sancarlo und den Geiselnehmern auf sich allein gestellt, denn jeglicher Widerstand gegen die Brise des Meeres führt unweigerlich zum Tod...

    Der Roman Die Brise des Meeres von Jost Baum (Jahrgang 1954) ist der Auftakt einer Serie von Kriminal-Romanen um Commissaire Arnoult.

    DIE BRISE DES MEERES

    Prolog

    Françoise schlug die Augen auf und starrte in die Dunkelheit. Ihre Blase war kurz davor zu platzen und ihr Kopf fühlte sich an, als hätte ihn jemand in einen Schraubstock gespannt. Sie versuchte sich aufzurichten. Dann spürte sie, dass sie ihre Arme und Beine nicht bewegen konnte. Sie lag wie eine Gekreuzigte auf einem Bett, die Arme und Beine an den Pfosten gefesselt und war nur mit einem dünnen Laken bedeckt. Die kalte Angst fuhr ihr wie eine Faust in den Magen.

    Wo bin ich?, dachte sie entsetzt. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals, Panik stieg in ihr auf. War sie wach? War das ein Albtraum? Ihr Hals war trocken wie Wüstensand. Versuche ruhig zu atmen, du musst dich beruhigen! Du musst dich erinnern! Wie spät ist es? Jetzt war es jedenfalls mitten in der Nacht...

    Während sie versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen, brach ihr der Schweiß aus und rann ihr den Rücken herunter. Bald fühlte es sich an, an läge sie in einer Wasserlache. Durch eine schmale Dachluke drang der fahle Schein des Mondes in das Zimmer und ließ das karge Mobiliar nur erahnen. Françoise erkannte die Umrisse eines Kleiderschrankes und eines dreibeinigen Kleiderständers. Sie spürte, dass sie etwas trug, das sich wie eine Jogginghose anfühlte, und ein T-Shirt, das ihr offensichtlich zu groß war. Sie riss verzweifelt an ihren Fesseln, die ihr das Blut abschnürten und ihre Haut wundrieben. Ihr Mund war staubtrocken. Sie hatte immer noch rasende Kopfschmerzen und ihre Blase fühlte sich an, als würde sie den Urin keine Sekunde länger halten können.

    »Hilfe, Hilfe, hört mich denn niemand!«, röchelte sie heiser und zog verzweifelt an den Seilen, mit denen sie irgendjemand gefesselt hatte. Erst dann entdeckte sie die Linse einer Videokamera, die unter der niedrigen Decke angebracht und auf sie gerichtet war.

    Plötzlich ging das Licht an und eine Tür, die sie in der Dunkelheit nicht erkannt hatte, öffnete sich vor ihren Augen. Eine junge Frau, vielleicht fünf, sechs Jahre jünger als sie, trat ein. Sie trug Jeans, Turnschuhe und ein Spiderman T-Shirt zu einem schwarzen Pagenschnitt. Eine Hasenscharte verunstaltete ihre Lippen und ließ sie lispeln. In der rechten Hand hielt sie einen altertümlichen Nachttopf.

    »Hi, mein Name tut nichts zur Sache. Dir ist nichts passiert, außer, dass wir dir ein Beruhigungsmittel gespritzt haben. Die Klamotten, die du trägst, stammen von mir. Wenn du schön brav bist, binde ich dich los und du kannst diesen Topf hier benutzen. Wenn du schreist, oder anderen Blödsinn machst, kannst du in deiner eigenen Pisse ertrinken. Hast du das verstanden?«

    Françoise nickte heftig.

    »Weißt du was, nenn’ mich einfach Charlie, so wollte ich immer schon mal heißen«, kicherte sie wie jemand, der gerade aus einer Irrenanstalt entsprungen war, als sie die Knoten der Seile löste, die Françoise festhielten.

    »Wo bin ich?«, flüsterte Françoise heiser.

    »Bei Freunden. Übrigens, Angelo hat noch viel mit dir vor, sei also schön brav, damit du ihn nicht verärgerst und er es sich anders überlegt.« Sie klang wie die gute Kindergartentante, die ihre Schützlinge auf einen Zoobesuch vorbereiten wollte. Françoise nahm den Nachttopf, den Charlie ihr reichte, stellte ihn auf den Boden, zog die Jogginghose herunter und bemerkte erleichtert, dass sie ihren Slip noch trug. Dann hockte sie sich hin um zu urinieren.

    »Kannst du bitte weggucken, es klappt sonst nicht«, sagte sie leise, und blickte Charlie dabei flehentlich an.

    »Na schön, wenn du auf dumme Gedanken kommen solltest, da oben ist die Kamera. Eine falsche Bewegung und Angelo ist hier. Dann kannst du was erleben, der ist verdammt nicht zimperlich, das weißt du doch, oder?«, erwiderte Charlie hämisch grinsend und wandte sich ab.

    Als Françoise sich erleichtert hatte, ließ sie sich kraftlos auf das Bett fallen. »Was habt ihr mit mir vor?«, fragte sie ängstlich. Aus dem Augenwinkel hatte sie ihre Handtasche entdeckt, die jemand achtlos auf einen Sessel hatte fallen lassen, der schräg gegenüber des Bettes stand. Mein Handy!, schoss es ihr durch den Kopf.

    »Das wirst du noch früh genug erfahren. Jetzt streck mal schön deine Arme aus, damit ich dich wieder fesseln kann.«

    »Muss das sein, ich verspreche...«

    »Jetzt halt mal die Klappe, du blöde Schlampe«, tobte Charlie plötzlich los. »Ich hab՚ schon genug Ärger wegen dir am Hals, also wenn du willst, dass dir nichts passiert, musst du tun, was ich dir sage, kapiert?«

    »Ja, ja, ich wollte ja nur...«, erwiderte Françoise leise. Mit einem Ruck zog Charlie das erste Seil fest. »Bitte, du schnürst mir das Blut ab«, begann Françoise verzweifelt.

    »Das hast du dir selbst zuzuschreiben!«, grinste Charlie höhnisch und legte ihr das zweite Seil an. Sie verließ das Zimmer und schlug die Tür hinter sich zu, eilte den Flur entlang, und betrat eine kleine Kammer, die am Ende des Flurs lag.

    Nur das Flimmern eines Monitors beleuchtete das Zimmer und trat hinter den Mann, der regungslos auf den Bildschirm starrte.

    »Hast du gesehen, was ich mit der Schlampe gemacht habe?«, flüsterte sie zufrieden als sie hinter ihn trat und ihre Hände auf den Nacken legte. »Was hast du mit ihr vor? Du wirst sie doch nicht vernaschen, oder?«, fügte sie misstrauisch an und begann, mit rhythmischen Bewegungen seine Schultern zu massieren.

    »Aber nein, mach dir keine Sorgen, Charlie. Sie ist meine Lebensversicherung. Wenn die ganze Sache vorbei ist und ich das Geld habe, hole ich dich ab und wir gehen irgendwo hin, wo uns keiner kennt«, flüsterte er, lehnte sich zurück und schloss die Augen.

    »Versprochen?«, fragte Charlie. Dabei verstärkte sie den Druck ihrer Finger auf die verspannte Nackenmuskulatur. Das Licht ging an und Pascal Loupine trat auf sie zu. Der kleine, dicke Mann mit dem feisten Gesicht eines Gourmands hatte eine Lupe in die Speckfalten seines rechten Auges geklemmt.

    »Na, ihr Turteltäubchen, Geheimnisse?«, grinste er hämisch. »Das, und mein Schweigen, wird euch eine Menge kosten«, fügte er an und wedelte dabei mit einem Pass, den er in der Hand hielt, als wolle er mit der Bewegung die Tinte trocknen.

      Erstes Kapitel

    Genf, 8. Oktober 1990, 10.33 Uhr

    Ein kalter Wind, der vom Seeufer in Richtung der Schweizer Berge strich und Regenwolken vor sich her trieb, ließ erahnen, dass ein strenger Winter bevorstand. Die Passanten, die im Bahnhofsviertel von Genf unterwegs waren, hatten sich mit Regenschirmen, dicken Jacken und Wollmützen gegen das nasskalte Herbstwetter gewappnet und waren damit beschäftigt, nicht in die Pfützen zu treten, die sich in dem Kopfsteinpflaster gesammelt hatten. Ein dunkelgrauer gepanzerter Kastenwagen, auf dessen Seiten das Logo der Secutrans prangte, hielt vor der Eingangshalle der Filiale der UBS Bank, in der Rue de la Conféderation.

    Vier Männer, die mit der Uniform von Wachleuten bekleidet waren, Handschuhe trugen und eine Pistolentasche mit einer Beretta am Gürtel, die Mütze tief ins Gesicht gezogen, stiegen aus. Sie öffneten die Seitentür und entluden zwei Transportwagen, auf denen sie Geldkassetten und leere Jutesäcke stapelten.

    Anschließend machten sich die Männer auf den Weg zum Eingang der UBS Bank, während ein fünfter in der Fahrerkabine sitzen blieb, sich eine Zigarette ansteckte und die Männer beobachtete, wie sie die Glastür des mehrgeschossigen Gebäudes mit der Beton- und Glasfassade öffneten, um die riesige Eingangshalle der Bank zu betreten, in der sich lange Schlangen vor den Schaltern gebildet hatten.

    Die Männer steuerten auf einen Bankschalter zu, der rechter Hand in dem Foyer der Bank stand, an dem Carmen Lucien, eine hübsche junge Frau, mit blonden langen Haaren in Blazer und knielangem Rock, damit beschäftigt war, Belege in einem Aktenordner abzuheften und ein Schild mit dem Wort Fermé, geschlossen, aufgestellt hatte.

    »Sie haben sicherlich nicht heute mit uns gerechnet, aber der Termin ist verschoben worden«, begann einer der Männer, der den Spitznamen Casanova trug. In seinem Gesicht, das für jede Rasierwasserreklame die erste Wahl gewesen wäre, blitzte ein strahlendes Lächeln, wobei er der Frau einen Ausweis entgegenhielt.

    »Aber das macht doch nichts, was kann ich für Sie tun?«, lächelte Carmen zurück. »Wir bringen das Geld in den Tresor, Sie zählen die Scheinchen, dann lassen wir uns eine Quittung geben und anschließend sind wir auch schon weg...« Damit deutete er auf die drei Männer, die hinter ihm standen, und offensichtlich darauf warteten, dass jemand ihnen die schwere Last abnahm, die sich auf den Rollwagen befand.

    »Da muss ich aber erst...«, erwiderte sie und wollte zum Hörer eines Telefons greifen, das vor ihr auf dem Tresen stand.

    »Das lässt du besser bleiben, Schätzchen«, erwiderte Casanova. Er hatte die Pistolentasche geöffnet und die Beretta gezogen.

    »Was fällt Ihnen ein?«, stotterte Carmen, plötzlich blass um die Nase, während ihr Herz bis zum Hals pochte. »Wenn du dir nichts anmerken lässt, passiert dir nichts, solltest du auf dumme Gedanken kommen, werden wir hier ein Blutbad anrichten und genauso wie wir gekommen sind verschwinden, hast du mich verstanden?«

    »Und jetzt ab! Alléz si, direction Tresor.«

    Niemand nahm Notiz von der Kolonne, die sich in Richtung des gläsernen Fahrstuhls aufmachte, dessen beiden Gondeln pausenlos in Betrieb waren. Unten angekommen, zwangen die Gangster Carmen Lucien den Geheimcode einzugeben, sodass sich die Tresortür lautlos öffnen ließ. Sancarlo, klein, drahtig, wieselflink, mit kurzen, schwarz-gegelten Haaren, die unter der Schirmmütze fast verschwanden, war für die Sprengung der Schließfächer verantwortlich. Seine sexuellen Vorlieben, die Entjungferung minderjähriger Mädchen, mit rotblonden Haaren, hatte ihm bereits sechs Jahre Gefängnis eingebracht, von denen er nur zwei abgesessen hatte. Der Gefängnisaufenthalt formte aus einem Bauernjungen einen Schwerverbrecher, der sich nun mit Sprengstoff auskannte.

    Kurz nachdem die Männer den Tresorraum betreten hatten, öffnete er eine der Kassetten und brachte in wenigen Minuten Plastiksprengstoff an allen Schließfächern an, die an den vier Wänden, bis zur Decke hinauf, eingelassen waren. Colombani war klein, gedrungen und mit Muskeln bepackt, die er sich als Hafenarbeiter in Ajaccio antrainiert hatte. Er konnte ohne Schwierigkeiten das Doppelte seines Körpergewichtes heben, ohne dabei ins Schwitzen zu geraten. Sein kantiges Gesicht war glattrasiert, die Augen klar und tiefschwarz. Colombani galt als kalt und skrupellos, nur das, was zu seinem persönlichen Profit und das seiner Familie beitrug, war ihm wichtig. Guazelli, der vierte der Männer, war groß und schlaksig, seine Bewegungen glichen einer Marionette, die an zu langen Fäden aufgehängt waren. Sein Gesicht hatte die Akne zerfressen und sah aus, als hätte er sich verbrüht.

    Farrid Berhama, der Mann der draußen in dem gepanzerten Wagen auf sie wartete, war der jüngste der Mafiosi. Er war dünn wie eine Bohnenstange, aber geschickt im Umgang mit Motoren und hatte die harten und kalten Augen einer Schlange.

    Alle fünf Männer waren auf Korsika geboren und aufgewachsen. Bis auf Casanova hatte keiner von ihnen die Insel für längere Zeit verlassen. Sie wurden von Casanova darüber informiert, was sie zu tun und zu lassen hatten. Sie reisten für ihre Beutezüge nach Südfrankreich, oder in den Französisch sprechenden Teil der Schweiz. Bis auf Casanova sprachen sie nur gebrochen Französisch. Untereinander unterhielten sie sich in Korsisch, das mit dem toskanischen Italienisch verwandt ist und in einer Zeit entstanden ist, als Korsika nichts anderes, als eine Kolonie von Pisa und Genua war. Ein Garant dafür, dass sie keiner verstand, der nicht von der Insel stammte und damit in der Lage war, ihre Geheimnisse zu entschlüsseln.

    Guazelli hatte die Tresortür hinter sich zugezogen und behielt die Fahrstuhltür im Auge. Er hatte seine Beretta gezogen, bereit jeden zu erschießen, der es wagte, sich dem Tresorraum zu nähern. Im Inneren des Tresors erfolgten rasch hintereinander kleine ohrenbetäubende Explosionen, die die Türen des Banksafes aufsprengten. Die Wände des Raumes waren allerdings so dick, dass Guazelli nur jeweils ein schwaches Ploppen hörte, so, als hätte jemand einen Korken aus einer Weinflasche gezogen. Als die Türen aufsprangen, gaben sie den Blick auf Millionenwerte frei.

    Nun kam Colombani ins Spiel, mit affenartiger Geschwindigkeit, die ihm niemand zugetraut hätte, packte er, zusammen mit Sancarlo, den Inhalt der Schließfächer, Banknoten, Schmuck, Edelsteine, Aktienpapiere und Goldbarren, in die mitgebrachten leeren Geldkassetten und stapelte diese geschickt auf die beiden Rollwagen. Sie erbeuteten Gemälde von Manet, Pissaro und Liebermann, die einen unschätzbaren Wert besaßen. Die Bilder verhüllten sie mit den mitgebrachten Jutesäcken und legten sie oben, als Abschluss, auf die Geldkassetten.

    Carmen spürte währenddessen die Mündung der Beretta, den ihr Casanova in die Hüfte drückte.

    »Solltest du auch nur auf den Gedanken kommen, dich bemerkbar zu machen, mache ich dich kalt und deine Gedärme spritzen auf den wunderschönen Marmorfußboden, haben wir uns verstanden?«

    Carmen zitterte am ganzen Leib, sie war den Tränen nahe und betete im Stillen ein Vaterunser nach dem anderen. Als sie das vierzigste Mal von vorne anfing, schoben Colombani und Sancarlo die Transportwagen durch die Tresortüre in Richtung des Fahrstuhls. Es dauert nur wenige Augenblicke, bis der Fahrstuhl das Kellergeschoss erreicht hatte, und sich die Türen lautlos, wie von Geisterhand, öffneten.

    Die Kabine ächzte und stöhnte, als die vier Männer, das Mädchen und die Rollwagen langsam in das Erdgeschoss glitten.

    Oben angekommen, öffnete sich die Fahrstuhltüre und entließ die Kolonne in eine Schalterhalle, in der sich die Kunden vor den Bankschaltern drängelten. Niemand achtete auf die vier Männer und das Mädchen, die sich samt dem Rollwagen, an ihnen vorbeischoben.

    Es schüttete wie aus Kübeln, als sie den gepanzerten Kastenwagen der Secutrans erreichten. Rasch öffneten sie die Seitentür und brachten als erstes die kostbaren Gemälde in Sicherheit. Bald waren auch die Geldkassetten und die beiden Rollwagen im Inneren des Wagens verschwunden.

    Casanova schubste Carmen Lucien mit dem Pistolenlauf vor sich her.

    Hinter ihnen stieg Guazelli in das Heck des Wagens, während sich Colombani und Sancarlo in die Fahrerkabine zwängten.

    Farrid Berhama schnippte die letzte Zigarette aus dem Fenster, die rasch von den Wassermassen in einen Gully gespült wurde, und startete den Motor.

    Wenige Augenblicke später waren die Gangster spurlos mit ihrer Millionenbeute verschwunden.

    Am Abend des neunten Oktobers, wurde die Leiche von Carmen Lucien von einem LKW-Fahrer auf einem Rastplatz der N 1, nahe der französischen Grenze, entdeckt. Der Mann war mit der Taschenlampe in

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1