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Fogwood 2: Neue Welten
Fogwood 2: Neue Welten
Fogwood 2: Neue Welten
eBook502 Seiten6 Stunden

Fogwood 2: Neue Welten

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Über dieses E-Book

Fogwood 2 - Neue Welten

Siebzehn Jahre hat Scarlet in einer anderen Welt gelebt, jetzt ist sie endlich in Oak Land, ihrer wahren Heimat, angekommen.

Fantastische Tiere, außergewöhnliche Pflanzen, Zauberer, Hexen, Lurgen und Erdstäbchen, das alles lernt Scarlet in der neuen Welt kennen.

Kaum angekommen trifft sie den bösen Zauberer Malentis. Er hat die Schattenwölfe vor vielen Jahren mit einem Fluch belegt, den nur Scarlet von den magischen Geschöpfen nehmen kann. Doch wie soll sie das anstellen?

Auf der Suche nach dem passenden Zauberspruch, erlebt Scarlet in Begleitung ihrer Freundinnen Betty, Suzanna und Mood unglaubliche Abenteuer.

Durch die Elbenzauberin Argana erfährt Scarlet, was es mit der Liebe zu Luis auf sich hat und warum sie ihn seit ihrer Ankunft in Oak Land nicht mehr gesehen hat.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum7. Dez. 2018
ISBN9783743888326
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    Buchvorschau

    Fogwood 2 - Sandra Eckervogt

    Fogwood Neue Welten

    Fogwood

    Teil 2

    „Neue Welten"

    Von Sandra Eckervogt

    Vergesse nie die Fantasie in dir – ohne sie bist du verloren.

    Sandra

    Lektor: Jörg Querner, Pforzheim

    Covergestaltung:

    Wolkenart

    Marie-Katharina Wölk

    www.wolkenart.com

    Das Werk ist einschließlich aller seiner Teile geschützt. Jede Verwertung und Vervielfältigung des Werkes ist ohne Zustimmung des Autors unzulässig und strafbar. Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks und der Übersetzung, sind vorbehalten! Ohne ausdrückliche schriftliche Erlaubnis des Autors/Verlages darf das Werk, auch nicht Teile daraus, weder reproduziert, übertragen noch kopiert werden, wie zum Beispiel manuell oder mithilfe elektronischer und mechanischer Systeme inklusive Fotokopien, Bandaufzeichnungen und Datenspeicherung. Zuwiderhandlung verpflichtet zu Schadenersatz.

    Alle im Buch enthaltenen Angaben, Ergebnisse usw. wurden vom Autor nach bestem Wissen erstellt. Die Personen und Handlung des Buches sind vom Autor frei erfunden. ©Sandra Eckervogt, 2018

    Kapitel

    Wie alles begann:

    Verborgene Schätze

    Nimbus Ripa

    Die Nachricht

    Das Tannenzapfenfest

    Malentis’ Racheplan

    Überstürzte Abreise

    Fogwood

    Wie alles weitergeht:

    Die Ankunft

    Hokuspokus

    Fauler Zauber

    Eine neue Welt

    Shiva

    Cantus-Larva

    Der erlösende Spruch

    Pihela und Nephele

    Der Untergang von Desert Rose

    Scarlet, die Auserwählte

    Drei Mal Langeweile

    Verrückte Hühner

    Laurence

    Vapor-Drache

    Schattenwolf & Eiswaldfee

    Würmchen hat Geburtstag

    Die Befreiung

    Luis?

    Drachenschuppe

    Die Suche kann beginnen

    Kadir

    Abschied von Wakur

    Der Sandtempel von Shazar

    Die fehlenden Seiten

    Der Fluch des Sandes

    Die Rettung

    Die Ruhe vor dem Sturm

    Der Visum-Fragum-Tee

    Träume sind Schäume

    Falsche Schlange

    Amicus oder Hostis?

    Fortuna – Schicksal

    Scarlet hat Geburtstag

    Verborgene Schätze

    Wie alles begann …

    Der Wind rauschte durch die regenbogenfarbenden Gräser. Die Blätter an den Bäumen wiegten sich im Takt und ein großer Schwarm von bunten, großen Schmetterlingen ließ sich einfach so mitreißen. Ein weißes Großohrreh knabberte vergnügt auf der saftigen Wiese. Zwei Schmetterlinge ließen sich auf das rechte Ohr nieder. Das kitzelte und durch ein sanftes Schütteln beförderte das Großohrreh sie wieder in die warme Abendluft.

    Plötzlich spürte das Reh, wie der Waldboden unter seinen Hufen zu beben begann. Schlagartig hob es sein Köpfchen und schaute grasmümmelnd nach vorn. Sein weißes Fell schimmerte im Abendlicht, als sei feiner Diamantenstaub darauf verteilt. Was verursachte dieses Geräusch?

    Die Schmetterlinge spürten die Gefahr ebenfalls und suchten schnellstmöglich ein Versteck in den dichten Baumkronen. Sie schmiegten sich ganz nah an die leicht schwingenden Äste, schlossen ihre großen Flügel und nahmen zur Tarnung die Farbe des Astes an. Sogar die feinen Gesänge des Abendpickers verstummten augenblicklich und er eilte in seine Baumhöhle. Er traute sich jedoch und warf einen Blick aus dem Astloch.

    Das Dröhnen wurde stärker, es klang wie ein grollender Donner, so, als würde sich ein böses Unwetter zusammenbrauen.

    Das Großohrreh setzte mit einem Sprung in den Busch und duckte sich, als plötzlich ein Pferd aus dem Geäst preschte.

    Das Pferd galoppierte, als wäre der Teufel persönlich hinter ihm her. Die Reiterin blickte sich stetig um, doch bis jetzt folgte ihr niemand. Sie hatte es geschafft. Sie hatte ihre Verfolger abgehängt. Doch plötzlich bremste das Pferd ab, ging mit den Vorderhufen in die Höhe und wieherte angsterfüllt.

    Esmeralda hatte Mühe, sich im Sattel zu halten. „Ruhig, Stormcloud, ganz ruhig." Sie tätschelte den Hals des Hengstes und suchte die Ursache für den abrupten Halt.

    Schwarzer Nebel stieg aus dem moosbedeckten Waldboden empor. Stormcloud wieherte und tänzelte. Der Nebel um seine Hufe wurde dichter und legte sich wie starke Fesseln um seine Gelenke. Der Hengst versuchte sich von der Stelle zu bewegen, doch die Schattenbänder drückten seine Hufe fest an den Boden. Esmeralda tätschelte Stormcloud erneut und sprach beruhigende Worte.

    Langsam formten sich Gestalten aus dem Nebel, die wie große Hunde aussahen. Sie waren schwarz wie die Nacht. Ihre leuchtend roten Augen stachen hervor und silberne Zähne säumten ihre Mäuler. Es waren keine Hunde. Es waren Schattenwölfe.

    „Wo ist das Mädchen mit dem Namen Scarlet?", sprach einer der Schattenwölfe zu ihr.

    „Welches Mädchen?", wiederholte Esmeralda.

    „Wo können wir sie finden? Du hast sie doch versteckt!", knurrte er.

    „Tut mir leid, ich weiß nicht, was du von mir willst."

    Der Schattenwolf kam näher. Stormcloud versuchte seine Beine zu bewegen, doch die Fesseln waren zu stark. Er schaffte es nicht, den Zauberbann zu lösen. Der Hengst schnaufte und rief sich selbst zur Ruhe. Er konnte die Kraft seiner Reiterin spüren.

    Esmeralda blickte direkt in die glühenden Augen des Schattenwolfes, der die Größe des Pferdes erreicht hatte.

    Er kam gefährlich nah. „Du wirst es mir auf der Stelle sagen, ansonsten wird es Krieg in deinem Land geben!"

    „Es wird keinen Krieg in Oak Land geben." Esmeralda griff langsam in ihre grüne Ledertasche, die sie auf der rechten Seite ihres Umhanges trug.

    „Ihr werdet es alle bereuen", schnarrte der Schattenwolf zornig und fletschte seine spitzen Zähne. Die anderen vier Schattenwölfe ahmten seine Geste nach und brachten sich in Angriffsposition. Bereit zum Sprung.

    „Abacinare!", rief Esmeralda und zog etwas aus ihrer Tasche. Weiße, stark blendende Schnipsel flogen durch die Luft. Sie gaben ein grelles Licht ab, worauf die Schattenwölfe vor Schmerzen jaulten, da es in ihren Augen brannte. Sie konnten nichts mehr sehen.

    Die Fesseln, die um Stormclouds Gelenke lagen, lockerten sich augenblicklich. Er wieherte, strampelte die schwarzen Schattenbänder von sich und stellte sich auf seine Hinterbeine.

    „Los, Stormcloud, wir müssen schnell weiter." Esmeralda schnalzte mit der Zunge und das Pferd galoppierte los.

    Der schwarze Nebel verschwand mit kreischenden und windenden Lauten in dem moosbedeckten Waldboden.

    Dann herrschte wieder angenehme Stille.

    Das Großohrreh wagte sich aus dem Gebüsch. Die Schmetterlinge öffneten ihre bunten Flüge und ließen sich vom Abendwind durch die Lüfte treiben. Der Abendpicker verließ sein Astloch und begab sich auf Futtersuche.

    Snow Hills – Stadt Regia

    „Und es waren wirklich Schattenwölfe?", wiederholte Breen Zengaruz überrascht.

    Esmeralda nickte mehrmals. „Sie sahen wie welche aus. Und sie waren zu fünft. Einer von ihnen hat mich bedroht. Er wollte unbedingt den Aufenthaltsort deiner Enkeltochter wissen."

    Jetzt blickte Breen die Zauberin ungläubig an. „Aber was wollen denn Schattenwölfe von Scarlet? Außerdem sind Schattenwölfe friedliche Geschöpfe."

    „Diese leider nicht. Sie drohen damit, dass es einen Krieg in Oak Land geben wird. Vielleicht hat es mit dem bösen Zauberer zu tun, den Argana vorhergesagt hat."

    „Dann werden wir sie benachrichtigen, sie wird uns sicherlich über diesen seltsamen Vorfall aufklären können. Breen machte eine kurze Pause. „Argana ist die mächtigste Zauberin von Oak Land und sie hilft seit vielen Jahren unseren Völkern. Sie wird Licht in diese mystische Angelegenheit bringen. Teile ihr mit, dass wir zum Tannenzapfenfest nach Abies reisen und wir uns dort mit ihr treffen werden.

    „Gut, dann werde ich Argana eine Nachricht zukommen lassen. Da ich leider noch nicht teleportieren kann, müsste ich einen deiner Lurgen schicken."

    „Selbstverständlich. Ach, und Esmeralda?"

    „Ja?"

    „Kein Wort zu meiner Tochter oder meiner Gattin. Sie würden sich nur unnötige Sorgen machen. Und Kevinco wird erst zum Wochenende von seiner Ärztetagung zurückkommen. Abigail hat im Moment genug mit der quirligen Scarlet um die Ohren." Ein Lächeln huschte um seine Mundwinkel.

    Esmeralda erwiderte sein Lächeln. „Scarlet wird einmal ein richtiger Wildfang werden."

    „Oh, das ist sie jetzt schon."

    „Ich werde nichts gegenüber den beiden erwähnen. Ich kümmere mich jetzt um den Lurgen."

    „Danke, Esmeralda. Sicherlich ist nichts an den Gerüchten dran und wir sorgen uns umsonst. Argana wird sich diesmal getäuscht haben. Es gibt keinen bösen Zauberer und schon gar keinen Krieg. Und die Schattenwölfe haben sich bestimmt einen bösen Scherz mit dir erlaubt."

    „Ich hoffe, dass du recht hast, Breen." Esmeralda nickte und begab sich zu einer großen Blumenwiese, die direkt im Innenhof des Schlosses lag.

    Lurgen waren große, silberne Adler, die auf ihrem Kopf drei prächtige Federn besaßen. Diese Federn leuchteten, je nach Art des Lurgen, in verschiedenen Farben.

    Die Vögel konnten ihre Federn auf Menschen oder andere Lebewesen abfeuern. Kurz vor dem Ziel verpufften diese zu Staub. Bei blauen Federn wurde der Getroffene für einige Minuten bewusstlos und somit außer Gefecht gesetzt. Die roten verursachten Blindheit, die mehrere Stunden anhalten konnte, und die orangen Federn ließen den Gegner für eine gewisse Zeit erstarren.

    Die schwarzen waren am gefährlichsten, denn wenn der schwarze Staub eingeatmet wurde, war der Gegner binnen weniger Sekunden tot.

    Die Lurgen setzten ihre Federwaffen nur ein, wenn es eine für sie unausweichliche bedrohliche Situation gab, wie das Verteidigen ihrer Horste während der Brutzeit oder wenn ihr Leben bedroht wäre.

    Breen Zengaruz war stolzer Besitzer von vier Lurgen. Er hatte sie zufällig bei einem Ausritt gefunden. Ein schwerer Sturm hatte ein Horst aus den hohen Wipfeln der blauen Lichtertanne zu Boden gerissen. Vier kleine Lurgen hatten auf dem Waldboden gelegen. Breen hatte sich ihrer angenommen und hatte sie per Hand großgezogen. Seitdem waren die Adler seine treuen Begleiter.

    Und das größte Glück, das Breen hatte, war: Jeder der Lurgen hatte eine andere Kammfarbe und somit besaß er alle vier Arten, die es gab. Bis jetzt hatte keiner seiner Vögel auch nur eine kostbare Feder einsetzen müssen. Eine verlorene Feder wuchs nie nach und schwächte zudem den Greifvogel. Verlor ein Lurgen seine drei Federn, bedeutete das seinen Tod.

    Esmeralda blieb am Gattertor stehen und hielt sich die Hand gegen die Stirn. Die Sonne blendete sie etwas. Die hohen Sitzstangen der Greifvögel waren leer. Sicherlich tobten die Adler durch die Lüfte von Crystal Mountain auf der Suche nach Nahrung. Da, am endlos blauen Himmel konnte sie einen Punkt erkennen. Er bewegte sich sehr schnell in ihre Richtung.

    Esmeralda steckte sich die Zeigefinger in den Mund und gab einen besonderen Pfiff von sich. Es dauerte keine Minute und einer der Lurgen kam im direkten Tiefflug auf die Wiese zugeschossen. Kurz vor seiner Sitzstange bremste der Vogel mit seinen großen Flügeln ab und setzte sich auf die Holzstange. Es war Tamyna, eines der zwei Weibchen. Sie besaß die orangen Kammfedern.

    Esmeralda trat zu ihr und musste zu dem Weibchen aufschauen. „Hallo, Tamyna, na wie geht es dir? Hast du Futter gesucht?" Sie streckte ihre rechte Hand nach dem Vogel aus.

    Tamyna bückte sich den Fingern entgegen und schnäbelte diese zärtlich, dann rieb sie ihren Kopf gegen sie. Die Federn waren samtweich und hinterließen einen feinen silbernen Staub auf Esmeraldas Haut.

    „Tamyna, du musst ins Elbenland fliegen. Die Nachricht ist für Argana und zwar nur für Argana. Es ist sehr wichtig!" Esmeralda hielt eine Holzrolle in der Hand, in der sich das Dokument befand.

    Das Adlerweibchen nahm die Nachricht in den Schnabel und sofort legte sich ein silbernes Band um die Rolle, so als wäre es gesichert, damit es ihr nicht aus dem Schnabel fallen konnte.

    Esmeralda streichelte sanft den Kopf. „Sei vorsichtig und guten Flug, Tamyna."

    Tamyna gab einen pfeifenden Ton von sich, richtete sich zur vollen Größe auf, streckte ihre zwei Meter breiten Flügel aus und hob sich anmutig in die Lüfte.

    Esmeralda blickte ihr so lange nach, bis Tamyna als Punkt am Himmel verschwunden war. Sie drehte sich um und erschrak, denn Abigail, die Tochter von Breen stand plötzlich vor ihr.

    „Du hast einen Lurgen losgeschickt? Stimmt etwas nicht, Esmeralda?"

    „Was? Nein, nein … alles in Ordnung. Ich habe eine Nachricht nach Nimbus Ripa geschickt. Ich habe der Leiterin mitgeteilt, dass ich direkt von hier aus auf das Tannenzapfenfest gehen werde." Esmeralda grinste breit.

    Abigail betrachtete sie einige Sekunden skeptisch, doch dann lachte sie und tätschelte ihren Arm. „Oh, das freut mich, dann können wir morgen gemeinsam nach Abies ins Elbenland aufbrechen."

    „Genau. Wie geht es Scarlet?", wechselte sie schnell das Thema und beide begaben sich zurück zum Schloss.

    „Kevinco und ich sind so stolz auf Scarlet. Obwohl sie erst sechs Monate alt ist, haben wir das Gefühl, dass sie ihre Umwelt viel genauer erkennt und wahrnimmt."

    „Nun, sie ist auch eine Eiswaldfee."

    Abigail strahlte ihre Freundin glücklich an. „Ja, das ist sie."

    Breen stand unterdessen am Fenster und sah, wie seine Tochter mit Esmeralda zum Schloss zurückkehrte.

    Warum wurde Esmeralda auf dem Weg hierher von Schattenwölfen angegriffen? Und was ihn am meisten beunruhigte, war, dass sie unbedingt den Aufenthaltsort seiner Enkeltochter wissen wollten. Das Volk der Schattenwölfe lebte friedlich und zurückgezogen im Elbenland. Er konnte sich wirklich nicht vorstellen, warum sie jetzt ausgerechnet zum Bösen mutierten und was seine Enkeltochter mit alldem zu tun haben sollte.

    Ob Argana wirklich recht mit ihrer Vermutung hatte und es gab plötzlich einen bösen Zauberer, der Krieg im friedlichen Oak Land auslösen wollte? Doch warum sollte dieser Zauberer einen Krieg beginnen?

    Argana hatte ihm vor der Geburt von Scarlet mitgeteilt, dass es einige verborgene Schätze in Oak Land gebe. Schätze, die nur bestimmte Personen zu bestimmten Zeiten finden konnten.

    War nun eine dieser bestimmten Zeiten in Oak Land angebrochen? Wollte der geheimnisvolle Zauberer vielleicht einen dieser verborgenen Schätze finden? Hatte er die Schattenwölfe auf seine Seite gezogen? Gehörte etwa seine Enkeltochter zu den bestimmten Personen? Aber was sollte ein Baby hier in Oak Land schon auslösen können?

    Hoffentlich konnte Argana ihn aufklären.

    Nimbus Ripa

    Die Schulglocke erklang, worauf die Schüler und Schülerinnen umgehend in Aufbruchsstimmung verfielen. Sofort erhöhte sich der Geräuschpegel in der Klasse und die Lehrerin Miss Wiz erhob ihre Stimme. „Denkt daran, dass ihr am Freitag keinen Unterricht habt. Ich wünsche euch viel Spaß beim Tannenzapfenfest!"

    Vereinzelte Schüler gaben die Wünsche an die Lehrerin zurück, die meisten verließen schnell den Klassenraum.

    „Oh Mann, war das wieder eine langweilige Stunde bei Miss Wiz. Ich bin fast eingeschlafen." Suzanna seufzte schwerfällig und hängte sich die Schultasche über ihre Schulter.

    „Also ich fand die Stunde über die Bang Bees sehr interessant", sagte Betty.

    Suzanna verdrehte die Augen. „Gibt es überhaupt irgendetwas in Oak Land, was du nicht interessant findest? Du magst ja sogar die Smelly Flys."

    Pixie und Mood mussten augenblicklich lachen.

    Betty zog eine beleidigte Schnute. „Na und? Auch wenn sie stinken. Es sind Lebewesen und gehören nun mal in unsere Welt."

    Jillow legte kameradschaftlich den Arm um Bettys Schulter. „Und du gehörst genauso in unsere Welt, Betty. Ich finde es toll, dass du alles und jeden akzeptierst. Egal ob es groß, klein, dick, dünn, hässlich oder schön ist. Oder sogar stinkt."

    Diese Worte zauberten wieder ein Lächeln auf das Gesicht von Betty. „Habt ihr überhaupt schon mal Smelly Flys gerochen?"

    Die vier Mädchen blickten ihre Freundin aus großen Augen an und schüttelten dann energisch ihre Köpfe.

    „Neeee!"

    „Bäh, will ich gar nicht!"

    „Ist ja ekelig!"

    „Sag bloß, du hast schon eine Smelly Fly gerochen?", fragte Mood sie überrascht.

    Betty nickte und verzog dabei das Gesicht, so als hätte sie in eine saure Frucht gebissen. „Ja, mein Vater hat mal eine gefangen und sie geärgert. Daraufhin hat die Fliege gepupst und wir sind fast ohnmächtig geworden. Ich sage euch, das hat vielleicht gestunken. Meine Mutter brauchte Tage, um den verfaulten Geruch aus der Wohnung zu bekommen. Und sie hat drei Tage nicht mit meinem Vater gesprochen."

    Die vier Mädchen schwiegen kurz, dann brachen sie in lautes Gelächter aus.

    „Wisst ihr, wie das gerochen hat? Wie vergammelte …" Weiter kam Betty nicht, da ihr Suzanna ins Wort fiel.

    „Oh, Betty! Ich will das nicht hören und schon gar nicht riechen! Allein der Gedanke, boar, ich könnte spucken!"

    „Apropos spucken, wir haben Mittag." Pixie grinste in die Runde.

    Die Mädchen begaben sich in die große Kantine, holten sich an der Essenstheke jeweils ein Gericht und steuerten ihren Lieblingstisch an. Der runde Holztisch stand direkt am Fenster.

    Von dort aus hatte man einen bezaubernden Ausblick auf den Icewood Creek. Es war ein breiter, kristallklarer Fluss, der sich durch alle Länder von Oak Land schlängelte. Am Horizont waren die Berge von Crystal Mountain zu erkennen. Es war die Grenze zu der Region der Snow Hills.

    Die Gipfel waren das ganze Jahr über mit hohem Schnee bedeckt. In den Snow Hills war die wärmste Temperatur fünfundzwanzig Grad, aber nur vier Wochen lang. Diese Wärmeperiode hieß Vernus. Die kälteste Zeit hieß Frigus und dauerte acht Wochen. Die Temperatur konnte auf bis zu minus dreißig Grad sinken. In den restlichen Monaten überstieg das Thermometer nie die Grenze von zehn Grad. Alle Bewohner, die Pflanzenwelt und die Tiere der Snow Hills waren an die kühlen Temperaturen gewöhnt.

    Doch zum Glück lag die Hexenschule im Elbenland, in der Stadt Schola, hier herrschte die ganze Zeit über ein warmes, angenehmes Klima. Was manchen Schülern und Schülerinnen aus den Snow Hills zu schaffen machte. Sie waren meistens daran zu erkennen, dass sie sich einen kleinen Taschenventilator vors Gesicht hielten.

    Kurze Zeit später betraten drei Jungs den Saal. Es war so, als würden alle weiblichen Anwesenden für einen Moment den Atem anhalten, deren Blicke schmachtend auf die kleine Jungsgruppe gerichtet.

    Die drei kannten bereits ihre Wirkung auf das weibliche Geschlecht und verhielten sich ganz normal. Sie begaben sich an die Theke und bestellten sich ihr Essen. Danach nahmen sie an einem Tisch Platz.

    „Weiß eine von euch, ob die Freundinnen haben?", flüsterte Pixie mit gesenktem Kopf den Mädels zu.

    Jillow zuckte mit den Schultern und rührte in ihrer Suppe. „Ich habe noch kein Mädchen bei denen gesehen."

    „Also, ich finde Zeki am niedlichsten", schwärmte Betty und himmelte den Jungen aus der Ferne an.

    Zeki hob seinen Kopf und ihre Blicke trafen sich für einen kleinen Augenblick. Betty lief umgehend rot an und starrte auf ihr Essen.

    „Hey, Betty, was wirst du denn plötzlich so rot?", zog Suzanna ihre Freundin auf.

    „Er hat mich angeschaut."

    Suzanna ließ den Blick durch die Menge schweifen und verharrte bei den drei Jungs. „Wer hat dich angeschaut? In der nächsten Sekunde blickte Tahir auf und schaute direkt zu Suzanna. „Mist …

    „Mist?", wiederholte Mood.

    Suzanna senkte den Kopf. „Er hat mich auch angeschaut", gab sie zähneknirschend von sich.

    Betty bekam große Augen. „Zeki hat dich auch angeschaut?!"

    „Was? Nein. Mich hat Tahir angeschaut."

    Jetzt drehte sich Mood extra auffällig in die Richtung, in der die Jungs am Tisch saßen. Alle drei Jungs schauten zu ihr. Mood hob einfach die Hand zum Gruß. Und was geschah? Die Jungs ahmten ihre Geste nach und lachten sogar dabei. „Mist! Mich haben alle drei angeschaut und zurückgegrüßt."

    Suzanna kicherte los und stopfte sich ein Blatt Spornblume in den Mund.

    „Und, was machen die jetzt?", wollte Betty wissen und vermied es, den Blick zu heben.

    „Die essen, genau wie wir, antwortete Pixie. „Jetzt entspann dich, Betty.

    Betty holte einen tiefen Atemzug und richtete sich wieder auf. „Ja, ist schon gut."

    Es herrschte einige Sekunden lang Stille.

    „Wann wollen wir eigentlich zum Tannenzapfenfest?", warf Jillow die Frage in die Runde.

    „Ich muss noch mein Kleid fertig nähen. Vor morgen Abend schaffe ich das nicht", sagte Suzanna.

    „Du nähst dir extra ein Kleid dafür?" Pixie zog anerkennend eine Braue hoch.

    „Natürlich, oder glaubst du, ich trage da unsere Schuluniform?"

    „Also, ich finde die Schuluniform sehr schön", warf Betty ein.

    Ein allgemeines Stöhnen erklang, gefolgt von allgemeinem Augenverdrehen. Betty fand einfach alles schön, irgendwie.

    „Sind sie ja auch, aber doch nicht, wenn man abends auf ein Fest geht. So findest du nie einen Freund, Betty", gab ihr Suzanna hart zu verstehen.

    „Ich will auch keinen Freund", brummte sie leicht beleidigt.

    „Ach? Und warum schwärmst du so für Zeki?" Suzanna schenkte ihr ein gespieltes Grinsen.

    „Lass sie doch schwärmen. Betty wird schon den richtigen Jungen finden. Wir können ja nicht alle so heiß sein wie du", nahm Mood ihre Freundin in Schutz.

    „Ihr findet mich tatsächlich heiß?" Ihr Gesicht bekam ein Strahlen.

    Die Mädchen prusteten los. Suzanna war schon eine Nummer für sich.

    Die Hexenschule Nimbus Ripa besaß viele Wohneinheiten, die direkt am Schulgebäude angrenzten. Da es nur eine Hexenschule in ganz Oak Land gab, die im Elbenland lag, kamen viele Schüler aus einem der anderen vier Länder:

    Das Gramer Art Land, dort war Betty aufgewachsen.

    Die Boreus Hills, von hier kamen Pixie und Jillow.

    Die Fortis Audax Rocks waren das Zuhause von Mood. Die eigentlich mit Vornamen Alyssa hieß, doch so wurde sie seit ihrer Kindheit nicht mehr genannt. Mood war ihr Nachname und passte hervorragend zu ihren Haaren, die sie je nach Gefühl in eine andere Farbe wechseln konnte. Mood stand für Stimmung.

    Ja, und es gab die Snow Hills.

    Suzanna stammte von hier, doch da ihre Heimatstadt zu weit von der Schule entfernt lag, bevorzugte sie die Möglichkeit, hier zu wohnen.

    Die vier Mädchen besaßen eine gemeinsame Wohnung auf dem Schulgelände. Sie war zwar nicht allzu groß, aber es gab eine kleine Kochnische, die in die Wohnstube integriert war, ein Bad und jedes der Mädchen besaß sogar ein eigenes kleines Schlafzimmer.

    Vor vier Jahren hatten sie sich in Nimbus Ripa kennengelernt und hatten sich auf Anhieb verstanden. Deswegen gab es auch keine Probleme, als die Schüler sich zu gemeinsamen Wohngruppen finden mussten. Die Mädels schauten sich an, nickten und dann war es beschlossene Sache gewesen. Sie würden die vier Jahre Hexenschule gemeinsam verbringen.

    Betty schloss die Tür auf. „Ich werde mein blaues Kleid anziehen, das haben mir meine Eltern dieses Jahr zum Geburtstag geschenkt."

    Die anderen folgten ihr in die Wohnung und verteilten sich in ihre Zimmer.

    „Das ist wirklich sehr schick", stimmte Mood ihr zu.

    „Weißt du schon, was du anziehen wirst?", wollte Betty wissen.

    Mood blieb im Türrahmen stehen und verschränkte die Arme. „Nö, noch nicht. Mal sehen, was ich für eine Haarfarbe wähle." Wie aus heiterem Himmel veränderten sich die schulterlangen, braunen Haare in saphirblaue.

    Betty kicherte. „Die Farbe würde ausgezeichnet zu meinem blauen Kleid passen. Leider kann ich meine Haarfarbe nicht so schnell ändern, wie du es kannst."

    „Ach, weißt du, manchmal nervt das … die Leute sehen dann immer, wenn ich mich aufrege oder sauer bin."

    „Hey, wie findet ihr das?", rief Jillow den beiden Mädels zu und zeigte ihnen ihre Kleiderwahl.

    „Toll, passt hervorragend zu deinen grünen Augen."

    Betty nickte. „Echt klasse, Jillow."

    „Habe ich mir letzte Woche in dem Laden von „Nadel & Faden gekauft. War im Angebot, nur fünfzig Silbermünzen.

    Mood pfiff. „Ein wahres Schnäppchen."

    Jetzt tauchte Pixie mit ihrem Exemplar auf. „Und ich werde dieses Kleid tragen, es gehörte meiner älteren Schwester Minny. Sie hat es zu ihrem Abschlussball getragen, und danach hat sie es mir geschenkt."

    Die drei Mädels traten zu Pixie und bewunderten das schöne Kleid.

    „Aua!", kam es aus dem Zimmer von Suzanna.

    Jillow öffnete die Tür und lugte durch den Spalt. „Was ist passiert?"

    „Ach Mist … ich habe mich an der Nadel gestochen." Sie steckte sich den rechten Zeigefinger in den Mund.

    Jillow trat näher, als sie das wunderschöne Kleid auf dem Tisch liegen sah. „Wow, Suzanna … du kannst ja richtig toll nähen."

    Die anderen folgten ihr und bewunderten ebenfalls die zauberhafte Robe.

    „Meine Großmutter hat mir das Nähen beigebracht." Suzanna verzog das Gesicht, da die kleine Einstichstelle an ihrem Finger schmerzte.

    „Wir wohnen vier Jahre zusammen und wussten nichts von deinem Talent?", fragte Pixie überrascht.

    Suzanna zuckte mit den Schultern. „Habe nie Lust gehabt, ein Kleid zu nähen, aber ich dachte mir, dieses Jahr wird es unser letztes gemeinsames Tannenzapfenfest sein."

    Die fünf Mädels schauten sich unglücklich an. Nach dem Tannenzapfenfest folgten noch zwei Monate Schule und dann waren sie mit ihrer Hexenausbildung fertig. Jeder würde in seine Heimat zurückkehren, seinen eigenen Weg gehen und die Mädels sich aus den Augen verlieren.

    Es herrschte eine bedrückende Stille in dem kleinen Zimmer.

    Betty brach die Stille, indem sie seufzte und die Hände von Mood und Jillow ergriff. „Wir dürfen nicht traurig sein. Wir werden das Fest noch einmal richtig genießen. Und wir werden uns wiedersehen."

    Pixie nahm die Hand von Jillow. Suzanna stand auf und schloss den Kreis. Sie straffte ihre Haltung und schaute ihre Freundinnen fest entschlossen an. „Betty hat vollkommen recht. Wir dürfen nicht traurig sein, und wir werden schwören, nach Abschluss der Schule einen festen Tag im Jahr festzulegen, an dem wir uns treffen werden. Einverstanden?"

    Die Mädchen drückten ihre Hände zusammen und strahlten sich an. „Einverstanden!", kam es von allen im Chor zurück.

    Suzanna löste sich aus dem Kreis und hob ihre Nähnadel vom Boden auf. „So, meine Lieben, ich habe noch einiges an dem Kleid zu nähen, würdet ich mich bitte entschuldigen."

    Die Nachricht

    Argana öffnete die Türen ihres großen, hölzernen Kleiderschranks und betrachtete ihre Garderobe. Sie überlegte nicht lang und entschied sich für das dunkelgrüne Kleid. Es passte hervorragend zu ihren dunkelgrünen Augen und ihrem blonden, langen Haar. Argana nahm gerade das Kleid aus dem Schrank, als sie etwas fühlte und dieses Gefühl sie auf den Balkon hinausführte. Sie entdeckte in der Ferne einen Adler. Der Greifvogel näherte sich und bevor er das Geländer des Balkons erreichte, bremste er mit seinen großen Flügeln die Geschwindigkeit ab und nahm Platz.

    „Ah, Tamyna, was für Nachrichten überbringst du mir von Breen Zengaruz?" Argana streichelte das Weibchen. Sie kannte die vier Lurgen von Breen. Immerhin hatte sie ihm wertvolle Tipps zur Aufzucht der Jungen gegeben und sie des Öfteren besucht.

    Tamyna gab quietschende Geräusche von sich, löste das Band von ihrem Schnabel und überreichte Argana die Holzrolle.

    „Warte, Tamyna, ich gebe dir Futter und zu trinken. Argana hob die rechte Hand und murmelte einen Zauberspruch. „Fibus dare. Sekunden später standen auf dem Balkonboden zwei Schalen. Eine war mit frischen Buckellachsen gefüllt und in der zweiten Schale befand sich frische Baldrian-Milch. Tamyna hüpfte vom Geländer und labte sich an den Leckereien.

    Argana begab sich in ihre Räumlichkeiten und las die Nachricht. Sie stammte von Esmeralda. Sie war die Hexe der Snow Hills und eine gute Freundin.

    Liebe Argana,

    ich wurde vor einem Tag von Schattenwölfen in den Snow Hills angegriffen. Sie verlangten von mir, dass ich den Aufenthaltsort von Scarlet Halo preisgeben soll. Breen Zengaruz möchte sich mit dir auf dem Tannenzapfenfest treffen, um Klarheit in diese Angelegenheit zu bringen. Wer hat auf einmal so großes Interesse an der Enkeltochter von Breen?

    Argana, ist jetzt die Zeit gekommen, die du gesehen hast?

    Wird es wirklich Krieg in Oak Land geben?

    Wir sehen uns auf dem Tannenzapfenfest am Samstag.

    Liebe Grüße, Esmeralda."

    Argana spürte, wie sich augenblicklich ihr Puls erhöhte. Sie eilte zum Schreibtisch, nahm ein Blatt Oak-Papier und tauchte ihre Feder in die Caecus-Tinte. Diese Tinte wurde unsichtbar und konnte nur von dem Empfänger persönlich gelesen werden.

    Liebe Esmeralda,

    ich werde dir aus Sicherheitsgründen keine genauen Informationen in diesem Brief mitteilen. Wir treffen uns am Samstag, dort werdet ihr alles erfahren.

    Liebe Grüße, besonders an die Familie Zengaruz und Familie Halo. Alles wird gut. Argana."

    Sie rollte das Papier zusammen, steckte es in die Holzrolle und begab sich nach draußen zum Lurgen.

    Tamyna hatte inzwischen alles geleert und säuberte gerade ihr glänzendes Gefieder.

    Argana reichte dem Lurgen die Rolle. „So, meine Liebe, jetzt bist du gestärkt für den Rückflug. Alles Gute, und pass auf dich auf."

    Tamyna schnappte sich die Rolle, versiegelte sie mit dem Band und hob mit sachten Flügelschlägen vom Boden ab. Sie gab einen schreienden Ton von sich und verschwand im Abendhimmel.

    War nun die Zeit angebrochen, die ihre Mutter Shiva vorhergesehen hatte? Kurz bevor ihre Mutter gestorben war, hatte sie ihr mitgeteilt, dass es Zeiten, Personen und Orte in Oak Land geben wird, die sich nur zu bestimmten Zeiten, für bestimmte Personen und an bestimmten Orten zeigen würden. War das Baby Scarlet eine dieser auserwählten Personen? War der böse Zauberer aus dem Sonnenland erwacht?

    Kaum einer der Bewohner von Oak Land kannte die wahre Geschichte aus dem Sonnenland Desert Rose. Es war einst ein Teil von Oak Land gewesen. Doch vor vielen Hunderten von Jahren wurde es von Wakur – er war zu der Zeit der mächtigste Zauberer in Oak Land gewesen – in eine Parallelwelt verbannt worden. Doch warum es geschehen war, wusste niemand.

    Ihre Mutter Shiva war im stolzen Besitz eines der wertvollsten Bücher von ganz Oak Land gewesen: „Die vergessene Fabula". Shiva hatte nie preisgegeben, wie dieses wertvolle Buch in ihre Hände gelangte und wie man die Geschichten sichtbar machen konnte. Sie nahm ihr Geheimnis mit ins Grab. Argana besaß zwar das sagenumworbene Buch, aber die Seiten waren leer. Es fehlten sogar einige, deren ausgefranste Papierreste waren nicht zu übersehen.

    Seltsamerweise war eine Geschichte in dem Buch noch lesbar. Es war die Geschichte von einer anderen Welt, die Fogwood hieß.

    Argana eilte zu ihrem Nachttisch, legte ihre Hand auf das weiße Holz und sprach: „Pandere nidus."

    Ein weißes Licht erhellte für Sekunden das Schränkchen, dann öffnete sich eine Schublade und ein verschlissenes Buch erschien. Der Buchdeckel war mit einem schwarzen Herzen versehen, in dessen Mitte war ein Auge, das eine rote Pupille in Form eines leuchtenden Rubins hatte.

    Ihre Mutter hatte gesagt: „Das, meine Liebe, ist das Schicksalsherz von Desert Rose. Es ist ein böses Zeichen der dunklen Zauberer. Sei auf der Hut, wenn du es siehst."

    „Aber ich dachte, es ist das Zeichen von Oak Land?", hatte Argana ihre Mutter verwirrt gefragt.

    „Das glauben alle. Dieses Buch wurde aber in der Welt von Desert Rose geschrieben. Wakur hat es stehlen lassen, bevor deren Heimat von Oak Land verbannt wurde. Und ein böser Zauberer aus Desert Rose wird es eines Tages zurückverlangen, um sein Volk zu befreien."

    Argana seufzte wehmütig bei dem Gedanken an das letzte Gespräch, das sie mit ihrer Mutter kurz vor deren Tod geführt hatte. Sie hob das Buch vorsichtig aus der Lade. „Bitte, Mutter, ich hoffe, die Geschichte um Fogwood ist nicht verschwunden."

    Sie begab sich zu ihrem Schreibpult und legte das Buch behutsam ab. Ganz sanft blätterte sie eine Seite nach der anderen um. Nachdem sie fast hundert leere Blätter umgeschlagen hatte, die eigentlich gar nicht leer waren, stieß sie auf Fogwood. „Vielen Dank, Mutter. Es gibt sie noch."

    Argana las aufmerksam die Geschichte, die sich hinter dem Begriff Fogwood verbarg. Je mehr sie las, umso bewusster wurde ihr, dass sich Scarlet Halo, die Enkeltochter von Breen Zengaruz, in wirklicher Gefahr befand. Sie war tatsächlich eine der bestimmten Personen, die Oak Land einfach so nach Hunderten von Jahren freigab, und diese Person musste eine bestimmte Aufgabe erledigen. „Und dieser Zauberer benötigt sie tatsächlich, um das Tor zu Desert Rose zu öffnen. Jetzt verstehe ich den Zusammenhang."

    Argana wollte das Buch gerade schließen, als plötzlich neue Zeilen sichtbar wurden. „Was … was ist das denn? Argana wartete, bis die Zeilen vollständige Sätze bildeten, und las sie laut vor. „Der Zauberer, der nach Oak Land zurückkehren wird, wird den Namen Malentis tragen.

    Tamyna entdeckte einen kleinen See und setzte zur Landung an. Über die Hälfte der Flugstrecke zu den Snow Hills lagen bereits hinter ihr. Der Buckellachs von Argana war sehr lecker, aber auch sehr salzig gewesen. Sie verspürte einen enormen Durst. Da kam ihr der kleine See, der in einer Waldgegend lag, gerade recht. Sie hüpfte zum Ufer und löste die Sicherung in ihrem Schnabel. Die Holzrolle legte sie direkt neben sich. Sie hatte gerade den Schnabel in das köstlich kühle Wasser eingetaucht, als aus heiterem Himmel ein schweres Netz über sie geworfen wurde.

    Tamyna gab Warnlaute und Angstschreie von sich, doch das interessierte den Angreifer recht wenig. Ein Mann packte sie mit seinen starken Händen und drückte sie zu Boden. Warum hatte sie die drohende Gefahr nicht bemerkt? Tamyna schnaufte und piepte. Sie wollte eine ihrer Feder abschießen, doch ihr oranger Kamm wurde durch das schwere Netz runtergedrückt. Vor ihren Augen wurde die Luft leicht verschwommen und schimmerte für einen Moment silbern, dann trat ein großer Mann aus diesem feinen Nebel und hob die Holzrolle auf.

    Sein Gesicht war schneeweiß, seine Pupillen rot, seine dunklen Haare zu einem Zopf gebunden. Der Zauberer rollte das Papier auseinander. Nichts. Da stand nichts. Nun ja, er wusste ganz genau, dass dort etwas stand. Zaubertinte, wie reizend. „Fatus malus." Es dauerte nur einige Sekunden, und der Text baute sich vor seinen Augen auf.

    Er las ihn und rollte das Papier sorgfältig zusammen, steckte es in die Holzrolle und wies seinen Partner durch ein Nicken an, den Lurgen freizulassen.

    Der Mann nahm das Netz ab und wich einige Schritte zurück. Tamyna schreckte umgehend hoch, kreischte und ging in Angriffsstellung. Der Zauberer warf ihr die Holzrolle zu, die sie im Sprung auffing, im Schnabel sicherte und wie ein Blitz in die Höhe ging. Kurz bevor Tamyna abdrehte, gab sie eine Kammfeder von sich frei und zielte auf den Mann, der sie mit dem Netz gefangen genommen hatte. Die Feder schoss direkt auf ihn zu und verpuffte kurz vor seinem Gesicht. Oranger Staub umgab ihn und plötzlich erstarrte dieser.

    Tamyna verschwand und flog so schnell sie konnte nach Hause.

    Der Rotäugige betrachtete seinen Kumpanen, der wie eine Statue am Ufer stand und einen verzerrten Gesichtsausdruck hatte.

    Er legte seinen rechten Zeigefinger auf die kalte, harte Stirn. „Rigor free."

    Der Erstarrte vor ihm gab knackende Geräusche von sich. Nach nur wenigen Sekunden löste sich die Starre von den Füßen bis zum Haaransatz und der Mann war wieder der Alte. „Diese blöden Lurgen, immer noch so mies drauf", schimpfte Aznar und reckte seine Gliedmaßen.

    Der Zauberer lachte und klopfte seinem besten Kumpanen auf die Schulter. „Komm, … wir schicken einen Zeekdex nach Regia. Er soll die beiden Familien im Auge behalten. Ich schätze mal, dass Argana etwas ahnt, deswegen auch die Zaubertinte. Du darfst nicht vergessen, sie ist die Tochter von Shiva. Sie war einst die mächtigste Hexe in Oak Land und ihre zauberhafte Tochter hat ihre Fähigkeiten geerbt. Außerdem vermute ich, dass Argana in dem Besitz des Buches ‚Die vergessene Fabula‘ ist."

    Aznar zog eine Braue hoch. „Das Buch gibt es wirklich?"

    Malentis’ Blick verfinsterte sich und seine roten Augen funkelten einen kurzen Moment in der Abendsonne auf. „Ja, das Buch gibt es wirklich."

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