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Neuroonkologie: Patientenzentrierte Pfade für Diagnostik und Therapie
Neuroonkologie: Patientenzentrierte Pfade für Diagnostik und Therapie
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eBook779 Seiten6 Stunden

Neuroonkologie: Patientenzentrierte Pfade für Diagnostik und Therapie

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Über dieses E-Book

Die Neuroonkologie umfasst ein breites Spektrum von Erkrankungen, darunter primäre Tumore und Metastasen im Nervensystem, Tumorprädispositionssyndrome und Tumortherapie-assoziierte neurologische Symptome. Diagnostische Kriterien und Therapiestrategien entwickeln sich dabei stetig weiter. Das vorliegende Werk greift diese Dynamik auf und ist ebenso für Einsteiger wie für erfahrene Kliniker konzipiert. Grundlagenkapitel vermitteln einen kompakten Einblick in relevante Kenntnisse für den klinischen Alltag und über 30 Fallbeispiele behandeln die einzelnen neuroonkologischen Erkrankungen. Die Herausforderungen einer evidenzorientierten und multiprofessionellen Behandlungsstrategie werden dabei systematisch aufgezeigt.
Im Zeitalter der Personalisierten Medizin ist auch in der Neuroonkologie ein grundlegender Wandel eingetreten, v.a. durch die Definition prognostischer und prädiktiver molekularer Marker sowie die Biomarker-basierte Gestaltung klinischer Studien. So definiert z.B. die aktuelle WHO-Klassifikation 2021 eine Vielzahl neuer molekularer diagnostischer Kriterien, die in diesem Werk erstmals in deutscher Sprache erläutert werden.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum3. Mai 2023
ISBN9783170414181
Neuroonkologie: Patientenzentrierte Pfade für Diagnostik und Therapie

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    Buchvorschau

    Neuroonkologie - Ghazaleh Tabatabai

    A       Grundlagen

    1         Neurochirurgie

    Michael Müther, Constantin Roder, Walter Stummer und Marcos Tatagiba

    1.1       Einleitung

    Die Neurochirurgie ist für viele Patienten mit neu diagnostizierter zerebraler oder spinaler Raumforderung der erste klinische Kontakt innerhalb der interdisziplinären Neuroonkologie. Sie erfüllt damit nicht nur rein chirurgischer Ziele, sondern ist ein wesentlicher klinischer Akteur in der Bahnung aller weiteren Behandlungen. Das vorliegende Kapitel gibt einen allgemeinen Einblick in die Grundlagen der kranialen operativen Neuroonkologie.

    1.2       Ziele der chirurgischen Neuroonkologie

    1.2.1      Diagnosesicherung durch Biopsie

    Die stereotaktische Biopsie ist eine sichere minimal-invasive Methode zur Etablierung einer Diagnose

    In bestimmten Fällen ist zur Diagnosesicherung – vor oder anstatt einer Resektion – eine Tumorbiopsie notwendig. Diese kann für oberflächliche Läsionen offen chirurgisch oder für tiefer liegende Läsionen in stereotaktischer Technik erfolgen. Mit letzterer Methodik wird durch Festlegung von Eintritts- und Zielpunkt eine Biopsietrajektorie vorgeplant, um mit einer Biopsienadel die Läsion minimal-invasiv zu erreichen. Die Koordinaten des Zielpunktes können an einem stereotaktischen Rahmensystem zur exakten Führung der Biopsienadel eingestellt werden und werden im Falle der rahmenlosen Stereotaxie auf ein Gerät zur Neuronavigation ( Kap. 1.4.3) oder auf einen Roboter übertragen. Da die Planung o. g. Koordinaten EDV-basiert anhand der bereits vorliegenden Bildgebung erfolgt, kann die Biopsie präoperativ simuliert werden. Dies erlaubt eine bewusste Schonung bestimmter Hirnstrukturen mit daraus resultierender minimaler Morbidität und Mortalität. Zur Erhöhung der diagnostischen Genauigkeit kann sich die Biopsieplanung nicht nur nach der CT oder MRT richten, sondern auch Informationen aus erweiterter Bildgebung wie PET oder Spektroskopie einbeziehen.

    Eine präinterventionelle Vorstellung im interdisziplinären Tumorboard ist notwendig ( Kap. 5). Wichtig für die Entscheidungsfindung zum geplanten Eingriff sind Art und Ausmaß neurologischer Defizite und die Wahrscheinlichkeit ihrer Besserung (bzw. drohender Verschlechterung) durch den Eingriff. Allgemeine Empfehlungen bezüglich Indikation und Kontraindikation sind schwierig, da die Erhaltung von Funktion und gesunder Struktur neben der Lage des Tumors weitgehend von der angewandten operativen Technik und der Erfahrung des Operateurs bzw. des Zentrums abhängig ist. Generell gilt, dass zusätzliche neurologische Defizite zu vermeiden sind und dass Werkzeugleistungen erhalten bleiben sollen. Der Allgemeinzustand des Patienten, vor allem Alter, Funktionsstörungen und Begleiterkrankungen (in der internationalen Literatur als Frailty bezeichnet), können die Therapiemöglichkeiten ebenfalls beeinflussen. Eine allgemeine Altersbegrenzung gibt es nicht. Diese Gesichtspunkte sollten in die Beurteilung der Operationsindikation eingehen. Schlechter Allgemeinzustand – beurteilt als Karnofsky Performance Status (KPS) ( Kap. 4) – und höheres Alter sind negative prognostische Faktoren.

    1.2.2      Zytoreduktion

    Wesentliches Grundprinzip der Tumorchirurgie ist es, eine möglichst weite Tumorentfernung bei gleichzeitigem Funktionserhalt zu schaffen

    Wesentliches Grundprinzip der Tumorchirurgie ist es, eine möglichst weite Tumorentfernung bei gleichzeitigem Funktionserhalt zu schaffen (Weller et al. 2021). Schließlich können neurologische Defizite negativen Einfluss auf Lebensqualität und Prognose der Erkrankung nehmen (Lacroix et al. 2001). Daneben ist das Resektionsausmaß ein wesentlicher prognostischer Marker (Brown et al. 2016). Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer optimalen onco-functional balance.

    Neben der Reduktion der Tumorlast für die ggf. weitere Behandlung, dient die Massenreduktion auch der Symptomkontrolle durch Dekompression funktionaler Hirnareale. Nach der Resektion kann es auch zum Rückgang des zuvor bestandenen Perifokalödems kommen, sodass eine antiödematöse Behandlung mit beispielsweise Glukokortikoiden reduziert oder beendet werden kann.

    Das zu antizipierende Ausmaß der Resektion richtet sich wesentlich nach der Lokalisation des Tumors mit Einbezug kritischer Hirnareale im Allgemeinen und im Speziellen den Möglichkeiten des Einbezugs chirurgischer Hilfsmittel ( Kap. 1.4).

    1.3       Besonderheiten einzelner Tumorarten und Situationen

    1.3.1      Hirneigene Tumoren: Gliomchirurgie

    Allen diffusen Gliomen ist gleich, dass sie infiltrierend in das umliegende Parenchym eindringen. Während es zur Bildung eines soliden Tumoranteils kommt, muss von einer mikroskopischen Einwanderung von Tumorzellen in weite Teile des restlichen Gehirns ausgegangen werden (Louis 2006). Die Dichte dieser Zellformationen ist um den soliden Tumoranteil am höchsten und nimmt von dort aus ab. Dieser Umstand erklärt das Auftreten von Progressionen vor allem in den Randbereichen stattgehabter Resektionen. Bei den diffusen Gliomen muss daher von einer systemischen Gehirnerkrankung gesprochen werden (Sahm et al. 2012). Die daraus ergehende Herausforderung für die chirurgische Behandlung ist es, ein adäquates Zielvolumen zu definieren. Eine präzise Definition des Tumorvolumens ist bedingt durch den infiltrierenden Wachstumscharakter diffuser Gliome nur schwer möglich. Zur optimalen Vorbereitung auf eine zytoreduktive Operation bedarf es jedoch klarer Zielvorgaben. Nur so kann einerseits die Nähe zu funktionell relevanten Hirnregionen antizipiert werden, und andererseits eine bestmögliche Resektion aus onkologischer Sicht gewährleisten werden.

    Innerhalb der letzten Jahre hat sich eine Evolution der Zielgewebe-Definition ergeben, die in dem aktuellen Konzept der supramarginalen Resektion mündete. Bezugsgröße war bislang immer die Gadolinium-Kontrastmittel-Aufnahme in der MRT. In prospektiven Kohorten hatte sich gezeigt, dass der Entfernung dieses Tumoranteils eine entscheidende prognostische Bedeutung zukommt (Lacroix et al. 2001; Stummer et al. 2008; McGirt et al. 2009; Stummer et al. 2012; Kreth et al. 2013). Gliome können jedoch das umgebende Hirngewebe infiltrieren, ohne dass sich eine unmittelbare Störung der Blut-Hirn-Schrankenfunktion mit konsekutiver Gadolinium-Aufnahme ergibt (Watanabe et al. 1992).

    Moderne Konzepte der Chirurgie primärer ZNS-Tumore verfolgen das Ziel einer supramarginalen Resektion

    Daraus resultierende Konzepte erlauben nach multimodaler Bildgebung eine Definition erweiterter Geweberegionen, die dann im Rahmen einer sog. supramarginalen Resektion adressiert werden können ( Abb. 1.1). Referenz dabei können zum Beispiel die FLAIR-Sequenz in der MRT, die Diffusions-gewichtete MRT oder auch die Positronen-Emissions-Tomografie (PET) sein (Stummer et al. 2000; Schucht et al. 2014; Li et al. 2016; Yan et al. 2017; Müther et al. 2019; Khalafallah et al. 2021).

    Abb. 1.1:    Gegenüberstellung verschiedener Zielgewebedefinitionen für die Resektion maligner Gliome

    1.3.2      Hirnmetastasen und Meningeosis neoplastica

    In der Behandlung der zerebralen Filialisierung solider Tumoren verfolgt die Neurochirurgie im Wesentlichen zwei Ziele. Zum einen ist – vor allem im Falle synchroner Metastasierung – die histologische Sicherung häufig maßgeblich für die Festlegung des weiteren Prozedere. Auch wenn die Diagnosestellung von Hirnmetastasen auf der Basis der Bildgebung und Anamnese zumeist verlässlich ist, kann bei unklarem Primarius oder nicht konklusiver Bildgebung eine Gewebegewinnung zur weiteren Therapiesteuerung erforderlich sein ( Kap. 1.2.1; Kap. 22; Kap. 23). Zum anderen kann die Resektion zur Symptomlinderung führen. Damit kann die Entfernung von Hirnmetastasen kritische Raumverhältnisse günstig beeinflussen, fokal-neurologische Defizite lindern, epileptologisch sinnvoll sein und eine Einsparung von Glukokortikoiden erlauben. Im Rahmen der Planung zielgerichteter medikamentöser Therapien kann es ebenfalls ratsam sein, durch Resektion oder Biopsie, Tumorgewebe zur weiteren Aufarbeitung zu gewinnen (Abschnitt F).

    In der Resektion von Hirnmetastasen muss zunächst unterschieden werden, ob es sich um eine singuläre/solitäre zerebrale Metastasierung handelt oder um mehrere Läsionen. Die Evidenz zur chirurgischen Behandlung einer Hirnmetastase fußt im Wesentlichen auf drei kleinen Studien der 1990er Jahre (Patchell et al. 1990; Vecht et al. 1993; Mintz et al. 1996). Hier zeigt sich, dass die Kombination aus Resektion und Ganzhirnradiatio der alleinigen Ganzhirnradiatio überlegen ist. Auch wenn die Ganzhirnbestrahlung nicht mehr in dem Maße klinische Anwendung findet ( Kap. 6), so hat sich doch durch diese Studien ergeben, dass die Resektion für Patienten mit singulären/solitären Hirnmetastasen eine Überlebensvorteil bietet.

    Im Falle von Oligometastasierung oder multipler Metastasierung sollte der Therapieplan immer individuell und multidisziplinär erstellt werden

    Komplexer ist die Situation bei mehr als einer Läsion. Im Falle einer Oligometastasierung kann es durchaus angezeigt sein, auch mehrere Hirnmetastasen in einer oder mehrerer separater Sitzungen – in kurzer Zeitlicher Abfolge – zu resezieren (Schackert et al. 2013). Die konkrete Auswahl der Zielläsionen kann sich dann vor allem nach der Symptomatologie, Ausprägung des Perifokalödems operativer Zugänglichkeit, klinischem Gesamtzustand und anzunehmender Prognose des Patienten richten.

    Häufig kann die Resektion der Läsionen, die aufgrund eines wesentlichen Perifokalödems am ehesten für Störungen der Hirnfunktionen verantwortlich gemacht werden, von Vorteil sein. In der Erstellung derartiger Konzepte bedarf es einer engen Absprache im interdisziplinären Tumorboard ( Kap. 5), um eine bestmögliche Behandlung für jeden einzelnen Patienten zu konzeptionieren. Dabei ist auch entscheidend, dass das Tumorbett der Operationen als auch die durch die Operation unberührten Läsionen sehr zeitnah der radioonkologischen Behandlung zugeführt werden (Roth O’Brien et al. 2021). Im Falle multipler Hirnmetastasen muss immer hochindividuell behandelt werden.

    In der hinteren Schädelgrube können Raumverhältnisse, beispielsweise im Rahmen einer akuten Einblutung, rascher dekompensieren, sodass hier im Gegensatz zu den supratentoriellen Läsionen eine besondere Dringlichkeit zur Behandlung besteht. Die prognostische Rolle der Entfernung zerebellärer Metastasen wurde in großen Kohorten belegt (Yoshida und Takahashi 2009). Die klinische Aufgabe besteht hier in der raschen Erkennung von Hirnstammkompressionszeichen, zerebellären und hydrozephalen Zeichen. Letztere entstehen vor allem durch die Verlegung der natürlichen Nervenwasserabflusswege.

    Analog zu den hirneigenen Tumoren ist auch in jedem Fall der Metastasektomie das Ausmaß der Resektion relevant, um das Risiko eines Lokalrezidivs zu reduzieren. Denn auch metastatische Läsionen können Infiltration in das umliegende Hirngewebe aufweisen (Baumert et al. 2006; Yoo et al. 2009). Davon abgeleitet gilt auch für Hirnmetastasen, sofern funktionell möglich, das Konzept der supramarginalen Resektion unter Zuhilfenahme zeitgemäßer Hilfsmittel ( Kap. 1.4.1–1.4.3). Um Tumorzelldispersion und damit das Risiko von Absiedlungen über den Liquorweg zu reduzieren, hat sich für die Hirnmetastasen das Konzept der En-bloc-Resektion durchgesetzt (Suki et al. 2008; Patel et al. 2010).

    Meningeosis neoplastica

    Eine besondere Situation in der Behandlung der zerebralen Metastasierung stellt die leptomeningeale Metastasierung dar ( Kap. 25). Aktuelle Leitlinien empfehlen unter bestimmten Umständen eine intrathekale chemotherapeutische Behandlung, welche präferentiell über den ventrikulären Weg appliziert werden sollte (Le Rhun et al. 2017). Hier kann die Neurochirurgie durch Implantation eines Ommaya- oder Rickham-Reservoirs mit Anschluss an den Seitenventrikel beitragen. Nicht selten kommt es bei leptomeningealem Befall zu einem symptomatischen Hydrozephalus malresorptivus, welchem durch eine kontinuierliche Liquorableitung im Sinne eines ventrikulo-peritonealen Shunt begegnet werden kann. Durch moderne Ventilsysteme kann dann sowohl eine Liquorableitung als auch eine Möglichkeit zur intrathekal-ventrikulären Applikation in einem System geschaffen werden.

    1.3.3      Extraaxiale Tumoren

    Bei extraaxialen Tumoren des ZNS handelt es sich zumeist um Meningeome und Nervenscheidentumoren (Schwannome), wobei nicht maligne Meningeome mit 38,6 % mit Abstand die häufigsten ZNS Tumoren sind. Schwannome entsprechen 8,4 % aller ZNS Tumoren, wobei hiervon 75,1 % Vestibularisschwannome sind (Ostrom et al. 2021).

    Meningeome sind die häufigsten primären Tumoren des Nervensystems

    Am häufigsten finden sich Meningeome ( Abb. 1.2) supratentoriell im Bereich der Konvexität und der Falx, sowie im Bereich der Schädelbasis von der Frontobasis, dem Keilbeinflügel bis hin zum Felsenbein reichend. Je nach Lokalisation und Lagebezug zu angrenzenden Strukturen können Meningeome bereits in einem frühen, kleinen Stadium symptomatisch werden, jedoch ebenfalls sehr groß werden, ohne dass eine Symptomatik manifest wird.

    Die meisten Meningeome sind Zufallsbefunde, zur Diagnose führende Symptome können ein breites Spektrum von Kopfschmerzen, Bewegungs- oder Sehstörungen, Störungen der Hirnnervenfunktion und auch epileptischen Anfällen sein. Kleine Befunde ohne neurologische Defizite können zumeist bildgebend verlaufskontrolliert werden, eine initiale Therapie sollte bei großen Befunden oder verursachten neurologischen Defiziten in die Wege geleitet werden. Bei verlaufskontrollierten Meningeomen ergibt sich meist eine Behandlungsindikation, sobald ein Größenwachstum eindeutig nachgewiesen wurde, dies jedoch stets in Abhängigkeit des Patientenalters und der Lage des Tumors. Behandlungsoptionen sind sowohl chirurgisch als auch strahlentherapeutisch bzw. strahlenchirurgisch gegeben, wobei zumeist durch eine radikale funktionserhaltende Resektion des Meningeoms samt Anhaftungsstelle eine Heilung erzielt werden kann (Goldbrunner et al. 2021).

    Strahlentherapeutische Therapien versprechen ebenfalls sehr hohe dauerhafte lokale Therapiekontrollraten, wobei hier, wie auch vor der chirurgischen Therapie, in einem interdisziplinären Tumorboard ( Kap. 5) jeweils Vor- und Nachteile insbesondere in Bezug auf eine mögliche funktionelle Schädigung angrenzender funktioneller Areale abgewogen werden muss. Nur selten zeigen Meningeome eine höhere Rezidivneigung (< 20 %) oder gar ein malignes Verhalten (ca. 1 %) (Louis et al. 2021). In diesen Fällen kann eine Somatostatinrezeptor-PET-Untersuchung ergänzend diagnostisch die Ausdehnung des Befundes genauer darstellen. Als individuelle Heilversuche können bei ausbleibender chirurgischer und strahlentherapeutischer Option Radioligandentherapien oder personalisierte molekulare Therapiestrategien angestrebt werden (Seystahl et al. 2016; Galldiks et al. 2017).

    Schwannome

    Bei erstdiagnostizierten, asymptomatischen und kleinen Meningeomen und Schwannomen kann zunächst eine bildgebende Verlaufskontrolle erfolgen

    Bei Schwannomen ( Abb. 1.2) zeigt sich die klinische Strategie bei der Behandlung ähnlich wie bei Meningeomen. Große, symptomatische Befunde sollten direkt behandelt werden, bei kleinen Befunden können auch zunächst Verlaufskontrollen erfolgen, um ein Größenwachstum vor einer möglichen Therapie zu identifizieren. Zumeist stellt eine chirurgische Therapie mit kurativem Ansatz die bevorzugte Behandlungsstrategie dar, wobei auch strahlenchirurgisch eine gute Langzeitkontrolle erreicht werden kann (Bir et al. 2017). Die endgültige Therapieentscheidung sollte gemeinsam mit den Patienten auf Basis der Empfehlung eines interdisziplinären Tumorboards erfolgen. Bei Schwannomen besteht aufgrund der Lokalisation fast immer ein erhöhtes Risiko temporärer oder dauerhafter neurologischer Ausfälle der beteiligten Nerven. Dies muss mit den Patienten ausführlich im Vorfeld besprochen werden, die Therapie in einem Zentrum mit sehr viel Erfahrung in diesem Gebiet ist obligat.

    Abb. 1.2:    Extraaxiale Tumore

    Erläuterung zur Abb. 1.2:

    Links: Ausgedehntes Keilbeinflügelmeningeom, Zufallsbefund bei unspezifischer Kopfschmerzsymptomatik.

    Mitte: Ausgedehntes Akustikusneurinom, symptomatisch lediglich durch eine progrediente Hörminderung.

    Rechts: Kleines Clinoidfortsatzmeningeom, welches trotz der insgesamt kleinen Größe jedoch aufgrund der Lage und des Einwachsens in den Optikuskanal (Pfeil) zu einer partiellen Erblindung der Patientin geführt hat.

    1.4       Technische Hilfsmittel für den Neurochirurgen

    1.4.1      Mikrochirurgie und Endoskopie

    Die Mikrochirurgie ist Grundlage jeglicher Tumorresektion. Ob dabei ein Operationsmikroskop, eine exoskopische Kombination aus Kamera und (3D-)Bildschirm oder eine chirurgische Lupenbrille eingesetzt wird, ist dem einzelnen Operateur überlassen. Die hohe Auflösung des Operationsfeldes erlaubt mittels feiner mikrochirurgischer Instrumente eine schonende Manipulation einzelner Gewebe. Zum Ausleuchten schmaler Operationskorridore, z. B. in der der transnasalen Chirurgie im Falle von Hypophysentumoren, stehen endoskopische Techniken zur Ergänzung oder alleinigen Anwendung zur Verfügung.

    1.4.2      Intraoperative elektrophysiologische Methoden

    Sprachfunktionen können idealerweise im Wachzustand geprüft werden

    Um eine optimale onco-functional balance ( Kap. 1.2.2) zu erreichen, bedarf es in vielen Fällen einer kontinuierlichen (Monitoring) oder punktuellen (Mapping) Abbildung der Funktionalität einzelner Hirnfunktionen. Motorische Bahnen wie die Pyramidenbahn lassen sich durch die gezielte Anwendung von motorisch evozierten Potentialen über eine Stimulationssonde oder einen Stimulationssauger lokalisieren (Raabe et al. 2014). Sprachfunktionen und andere höhere kognitive Funktionen (u. a. Rechnen, Lesen, Sehen, Sensorik) können idealerweise im Wachzustand geprüft werden. Dazu werden dem Patienten in Lokalanästhesie Aufgaben gestellt, während der Operateur mithilfe einer Stimulationssonde die zu resezierenden Areale kurzzeitig funktionell ausschaltet. Sollte es z. B. zu Sprach- oder Sprechstörungen kommen, ist hier eine funktionelle Resektionsgrenze erreicht (Suero Molina et al. 2018). Weitere Möglichkeiten wie visuell- oder akustisch-evozierte Potentiale erlauben die Überwachung von Hirnnervenfunktionen auch beim narkotisierten Patienten, was insbesondere an Eingriffen im Bereich der Schädelbasis häufig unerlässlich ist.

    1.4.3      Intraoperative Bildgebung und Visualisierung

    Neuronavigation

    Mithilfe der Neuronavigation können alle präoperativ oder intraoperativ gewonnenen Bildinformationen ortsgenau auf das Operationsfeld projiziert werden. Dazu ist vor Beginn der Operation eine Registrierung der Kopfposition notwendig, damit das System die genaue Lage der Hirnstrukturen erkennt. Mit den dann abrufbaren Informationen kann dann die räumliche Orientierung auf der Kopfoberfläche in Vorbereitung auf die Schädelöffnung oder intrakraniell zur Orientierung in unübersichtlichen Situationen erleichtert werden.

    iCT, iMRT und Ultraschall zur Resektionskontrolle

    Intrakranielle und insbesondere intraaxiale Tumoren zeigen häufig eine schlechte Abgrenzbarkeit zu umliegendem, gesundem Gewebe. Um dennoch eine größtmögliche funktionserhaltende Radikalität erzielen zu können, stehen dem Neurochirurgen mehrere Hilfsmittel zur intraoperativen bildgebenden Kontrolle der Resektion zur Verfügung (Fountain et al. 2021)

    Intraoperativer Ultraschall

    Der intraoperative Ultraschall (iUS) liefert dem Chirurgen hochauflösende Weichteilaufnahmen des Gehirns mit sofortiger und beliebig wiederholbarer Anwendung. Größte Nachteile sind Einschränkungen bei der Platzierbarkeit des Schallkopfes in die zumeist kleine Schädelöffnung der Kraniotomie, eine hohe Störanfälligkeit für Artefakte durch Blutauflagerungen und Luft in der Resektionshöhle, sowie eine ausgeprägte vom Untersucher abhängige Interpretation der zweidimensionalen Untersuchungsergebnisse.

    Intraoperative CT

    Die intraoperative CT (iCT) hat insbesondere bei Beteiligung knöcherner Strukturen seine Stärken, die Bildqualität zur Beurteilung von Weichteilprozessen ist modalitätsbedingt stark eingeschränkt. Dies versucht man teilweise über moderne Algorithmen zur Bildfusion mit präoperativen MRT-Daten zu kombinieren. Nachteile der iCT sind neben der eingeschränkten Weichteilbeurteilbarkeit auch die begrenzte Wiederholbarkeit der Untersuchung durch die entstehende Strahlenbelastung für die Patienten.

    Die intraoperative MRT (iMRT) ( Abb. 1.3) ermöglicht die beste intraoperative Visualisierung weichteiliger Strukturen, kann beliebig oft wiederholt werden und liefert dreidimensionale Daten, welche auch zur Aktualisierung der Neuronavigation verwendet werden können. Ob die iMRT eine Überlegenheit des Patientenoutcomes und Überlebens insbesondere bei der Resektion von Glioblastomen ermöglicht, wird in einer aktuellen Studie (NCT02379572) untersucht. Größter Nachteil der iMRT sind die sehr hohen Anschaffungs- und laufenden Kosten, sowie der hohe Zeitaufwand der für jeden intraoperativen Scan benötigt wird.

    Abb. 1.3:    Deckenmontierter intraoperativer MRT: Der an der Decke montierte MRT kann während der Operation zum Kopf des Patienten gefahren werden, um die Resektionskontrolle durchzuführen. Quelle: Neurochirurgie Tübingen

    Tumorfluoreszenz

    Im Rahmen der chirurgischen Entfernung diffuser Gliome ergibt sich die Schwierigkeit, dass sich das Tumorgewebe intraoperativ häufig schlecht erkennen lässt, da es dem normalen Hirngewebe ähnelt. Aus diesem Grunde haben verschiedene Techniken Eingang in die Neurochirurgie gefunden, die das Ziel verfolgen, das Tumorgewebe intraoperativ sichtbar zu machen ( Abb. 1.4). Ein solches Verfahren ist die fluoreszenzgestützte Resektion nach Gabe von Delta-Aminolävulinsäure (5-ALA), welche dazu beträgt, den das Gadolinium-Kontrastmittel aufnehmenden Tumoranteil sicherer zu entfernen (Stummer et al. 1998a, Stummer et al. 1998b). Dabei wird 5-ALA, ein Metabolit der Hämbiosynthese, präoperativ in hoher Dosis (20 mg/kg) oral verabreicht und führt zu spezifischer Akkumulation von fluoreszierenden Porphyrinen im Tumorgewebe. Hier ist vor allem das Protoporphyrin IX (PPIX) relevant. Die Fluoreszenz lässt sich durch geeignete, kommerziell erhältliche Operationsmikroskope sichtbar machen und lenkt den Chirurgen in Echtzeit bei der Entfernung des Tumorgewebes.

    Nach dem positivem Abschluss einer randomisierten Studie wird diese Methode in zahlreichen Ländern der Welt als Teil der neurochirurgischen Standardversorgung eingesetzt (Stummer et al. 2006). Zur Visualisierung der 5-ALA-basierten Tumorfluoreszenz ist das Ausleuchten der Tumorhöhle mit einem Blaulicht notwendig. Schon frühzeitig hat sich in mehreren Untersuchungen nachweisen lassen, dass die vom Chirurgen beobachtete, 5-ALA-vermittelte intraoperative Fluoreszenz über den Kontrastmittel-aufnehmenden Tumor hinausgeht (Stummer et al. 2000; Roessler et al. 2012; Schucht et al. 2012; Aldave et al. 2013). 5-ALA sollte damit als Instrumentarium zur Ermöglichung einer supramarginalen Resektion betrachtet werden.

    Abb. 1.4:    Intraoperative Visualisierung des Tumorgewebes

    Erläuterung zur Abb. 1.4:

    A: Operationssitus nach Resektion lichtmikroskopisch veränderten Gewebes bei einem Patienten mit später diagnostiziertem Glioblastom.

    B: Gleiche Einstellung, jedoch unter Zuhilfenahme der 5-ALA-Fluoreszenz. Hier zeigt sich noch kräftige Fluoreszenz als Ausdruck residualer Tumormassen, die ebenfalls entfernt werden sollten.

    1.5       Lokale und innovative Therapieverfahren

    1.5.1      Photodynamische Therapie (PDT)

    PDT basiert auf einer photochemischen Reaktion, die durch Aktivierung eines Sensibilisators durch Licht induziert wird. In diesem Fall wird das aus 5-ALA entstandene PPIX durch ein 635-nm-Laserlicht angeregt. Es werden reaktive Sauerstoffspezies erzeugt, was zu direkter zytotoxischer Wirkung auf Tumorzellen führt. Ferner werden das Gefäßsystem und die Zytoarchitektur affektiert. Schließlich kommt es zur Induktion einer Immunantwort. Die Wirksamkeit photodynamischer Therapie bei malignen Gliomen konnte bereits sowohl im experimentellen Bereich als auch in kleinen Serien belegt werden (Stepp und Stummer 2018; Schipmann et al. 2020). PDT kann mithilfe der Stereotaxie ( Kap. 1.2.1) auch tiefe und ansonsten offen-chirurgisch nur schwer zugängliche Läsionen adressieren.

    Klinische Studien wie z. B. die NOA-11- Studie (NCT04469699) untersuchen derzeit den Nutzen in der Behandlung des Glioblastom.

    1.5.2      Weitere innovative lokale Behandlungsstrategien

    Die Stereotaxie dient auch als Verbringungsmittel zur Anwendung von Strahlern in tiefe Läsionen, die ansonsten einer sicheren Resektion nicht zugänglich sind. Diese Brachytherapie wird jedoch nur in wenigen spezialisierten Zentren angewandt.

    Ein anderes minimal-invasives stereotaktisches Verfahren, das sich immer größerer Popularität erfreut, ist die Laser Interstitial Thermal Therapy (LITT). Hier werden Laserfasern verwendet, die dann über höhere Leistungseinstellungen als bei der PDT eine Erhitzung und damit Destruktion der Zielläsion herbeiführen. Dieses Verfahren wird zunehmend bei vielen verschiedenen Tumorarten eingesetzt und wird vermutlich in Zukunft eine bedeutende Therapiemodalität darstellen (Melnick et al. 2021).

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    2         Bildgebung

    Martha Nowosielski und Elke Hattingen

    2.1       Einleitung

    Die Bildgebung leistet einen unverzichtbaren Beitrag für den Behandlungspfad von Patienten mit Tumoren des Nervensystems. Sie ist die wichtigste Methode zur nicht-invasiven Detektion, präoperativen Abklärung, Differenzialdiagnose, zur Operationsplanung und -kontrolle und zum Therapiemonitoring. Die Magnetresonanztomografie (MRT) ist aufgrund ihres hohen Weichteilkontrastes und der Vielseitigkeit ihrer Messmethoden bei den meisten Fragestellungen bezüglich einer Raumforderung des Nervensystems anderen bildgebenden Verfahren überlegen. Die Computertomografie (CT) hat bei Patienten mit Kontraindikationen für das MRT und bei speziellen Fragestellungen (Dichte eines Tumors, Verkalkungen, Knochendarstellung, akute Komplikationen) auch heute noch einen Platz in der neuroonkologischen bildgebenden Diagnostik. In diesem Kapitel sollen zuerst wichtige neuroonkologische Standard- und Spezialmethoden der MRT vorgestellt werden. Die wichtigsten Abkürzungen zu den verschiedenen Bildgebungsmodalitäten und der entsprechenden onkologischen Parameter sind im  Glossar aufgeführt. Zudem wird auf die wichtigsten bildgebenden Zusatzmethoden, der MR-Perfusion, MR-Spektroskopie (MRS) und der Positronen-Emission-Tomografie (PET), eingegangen.

    2.2       Die MRT als Goldstandard

    Die MRT ist der Goldstandard in der Diagnostik neuroonkologischer Erkrankungen

    Die konventionelle, strukturelle MRT ist in der heutigen Zeit das »Arbeitspferd« und der Goldstandard der neuroonkologischen Bildgebung. Eine vollständige Abhandlung aller speziellen bildmorphologischen Tumorcharakteristika in der konventionellen MRT ist nicht das Ziel unseres Kapitels, hierzu sei auf die einschlägige Fachliteratur verwiesen.

    Zurzeit basieren die Bilder einer MRT-Untersuchung auf Graustufen-Kontrasten, und die Auswertung erfolgt vorwiegend visuell durch die Befunde. Diese Bildkontraste werden einerseits durch die Gewebe-spezifischen biologischen Parameter (Relaxationszeiten R1, R2 und R2*, Protonendichte, Diffusionsparameter) bestimmt, durch die ein Tumorgewebe differenziert werden kann, andererseits aber auch durch die vom Bediener des MR-Scanners variierbaren Messprotokollen der MRT-Untersuchung.

    Weil die MR-Scans von Tumorpatienten an unterschiedlichen Standorten mit unterschiedlichen Geräten und unterschiedlichen Protokollen durchgeführt werden, ist ein erheblicher Teil der Varianz diagnostischer MRT-Bilder auf nicht-biologische Faktoren zurückzuführen und erschwert dadurch die Vergleichbarkeit insbesondere in der Tumor-Verlaufsbeobachtung. Wenn man MRT-Bilder aus unterschiedlichen Standorten zuverlässig vergleichen will, dann müssen diese Daten harmonisiert, das heißt Standorteffekte entfernt werden.

    Derzeitige Entwicklungen in der Radiologie zielen nun darauf ab, bei der Aufnahme der MRT-Daten nicht-biologische Faktoren zu eliminieren, die Gewebe-spezifischen biologischen Parameter quantitativ zu ermitteln sowie deren Auswertung möglichst zu objektivieren und zu computerisieren. Dieser Paradigmenwandel hat gegenüber der herkömmlichen MRT-Diagnostik Vorteile:

    1.  Quantitative MRT-Daten ohne Standorteffekte sind interindividuell und bei longitudinalen Messungen sehr gut vergleichbar. Diese Daten lassen sich mittels spezieller Messungen einzeln oder multiparametrisch bestimmen ( Tab. 2.1).

    2.  Die Computerisierung der Auswertung von MR-Datensätzen macht diese von subjektiven Faktoren der Befunde wie Berufserfahrung, Ausbildung, Aufmerksamkeit und zeitlicher Ressource unabhängiger.

    Radiomics

    Eine konsequente Weiterentwicklung der Computerisierung sind die im Kap. 2.3.1 behandelten Radiomics, bei denen MR-Datensätze mit fortschrittlichen maschinellen Lernansätzen analysiert werden. Hierfür bieten quantitative MR-Datensätze die beste Voraussetzung, da diese nicht harmonisiert werden müssen. Diese neuen Mess- und Auswerteansätze sind zurzeit noch in der Entwicklung und werden im nächsten Jahrzehnt zunehmend und tiefgreifend die bildgebende Diagnostik der Tumoren des Nervensystems beeinflussen.

    Funktionelle MRT-Techniken

    Diffusionsgewichtetes MRT

    Die diffusionsgewichtete Bildgebung misst die Brownsche Molekularbewegung der Wassermoleküle im Extrazellularraum

    Die diffusionsgewichtete Bildgebung (Diffusion-Weighted-Imaging, DWI) misst die Brownsche Molekularbewegung der Wassermoleküle im Extrazellularraum mithilfe von starken Dephasierungs- bzw. Diffusionsgradienten, die in der Steijskal-Tanner-Pulsfolge zu einer T2-gewichteten echoplanaren Sequenz (EPI) geschaltet werden (Stejskal und Tanner 1965). Da in biologischem Gewebe die Bewegung der Wassermoleküle von weiteren Faktoren wie Temperatur und Mikroperfusion bestimmt wird, nennt man den mittels MRT berechneten Wert Apparent Diffusion Coefficient (ADC-Wert, mm²/s). Je ausgeprägter die Diffusion, bzw. je höher der ADC-Wert, desto stärker ist der Signalverlust mit steigender Stärke der Diffusionsgradienten (ausgedrückt durch den b-Wert). Die Brownsche Molekularbewegung der Wassermoleküle wird vor allem durch natürliche Grenzen wie Zellmembranen eingeschränkt, sodass der ADC-Wert in Geweben mit dicht aneinander liegenden Zellen verringert ist und das Signal in der DWI auch bei hohen b-Werten hyperintens bleibt.

    Tab. 2.1:    Künftige MR-Messungen: MR fingerprinting (MRF) und quantitatives (q)MRT

    In der Neuroonkologie nutzt man die DWI, um über die Zelldichte die Tumoren des Nervensystems zu differenzieren

    In der Neuroonkologie nutzt man daher die DWI, um über die Zelldichte die Tumoren des Nervensystems zu differenzieren. Als Faustregel gilt, dass solides Tumorgewebe mit niedrigen ADC-Werten eher maligne ist ( Abb. 2.1) (Yun et al. 2021), während hohe ADC-Werte gutartigere Tumoren charakterisieren (Yun et al. 2021; Zulfiqar et al. 2013). Neue Methoden erlauben es erstmals, die Diffusion auch in spinalen Prozessen zu messen, hierzu gibt es erste Daten für pädiatrische Tumoren.

    Perfusions-MRT

    Die MR-Perfusion spielt zurzeit aufgrund technischer Limitationen nur bei intrakraniellen Tumoren eine diagnostische Rolle. Bei den primären Hirntumoren und insbesondere beim Therapiemonitoring derselben ist es mittlerweile eine auch international empfohlene Methode (Ellingson et al. 2015). Wesentliches Charakteristikum von malignen Hirntumoren ist die Veränderung des Blutgefäßsystems in und um den Tumor, bedingt durch Neoangiogenese, vaskuläre Vereinnahmung (co-option) und Veränderung der Blut-Hirn-Schranke.

    Abb. 2.1:    Primäres ZNS-Lymphom

    Erläuterung zur Abb. 2.1:

    Primäres ZNS-Lymphom mit in der T2-Sequenz intermediärhyperintensem Signal (a), und einer homogenen KM-Anreicherung (b). In der DWI ist der Tumor deutlich hyperintens (c), mit korrespondierend niedrigen ADC-Werten (d), bedingt v. a. durch die hohe Zelldichte.

    Gefäßveränderungen von malignen Hirntumoren

    Diese Mechanismen lassen sich mit unterschiedlichen Perfusionsmethoden bildgebend darstellen und durch Relativwerte quantifizieren. Hierbei sind kontrastmittelbasierte Methoden von der sog. Arterial-spin-labeling-Technik (ASL) zu unterscheiden, wobei letztere magnetisch gelabelte Wasserprotonen der hirnversorgenden Arterien als Tracer nutzt. ASL und die kontrastmittelbasierte, hier näher beschriebene DSC-MRT messen die gesteigerte Tumordurchblutung, während die DCE-MRT die Integrität der Blut-Hirn-Schranke erfasst. Die Methoden, die von diesen abgeleiteten wichtigsten Perfusionsparameter und exemplarische Studien finden sich in Tab. 2.2.

    DSC-Perfusion

    Diese dynamische (um 1 s/Bild), stark T2*-gewichtete Sequenz ist die meistverwendete und meisterforschte Perfusionsmessung in der Neuroonkologie. Zielparameter bei den Hirntumoren ist vor allem das rCBV, dass meist Region-of-interest-basiert (ROI) das rCBV der Tumorregion in Relation zum Wert der (gesunden) kontralateralen Hemisphäre gesetzt wird. Die relativen rCBV-Werte helfen, die Malignität der Tumoren, den IDH-Status, und die Prognose des Patienten vorherzusagen, Tumorprogression gegenüber Pseudoprogression sowie das ZNS-Lymphom vom malignen Gliom zu differenzieren ( Tab. 2.2). Dabei ist entscheidend, die ROI im Areal der maximalen rCBV Erhöhung innerhalb des Tumors zu platzieren. Die Berechnung der CBV-Werte wird neben der Kontrastmitteldynamik und dem verwendeten Perfusionsmodell auch von etwaigen Störungen der Blut-Hirn-Schranke beeinflusst: Eine erhöhte Permeabilität führt zu zusätzlichen T1-Effekten, durch die das CBV falsch zu niedrig gemessen wird. Daher ist bei der Auswertung wichtig, entsprechende Korrekturen dieses Effektes einzubeziehen (z. B. Leckage-correction-Algorithmen).

    Tab. 2.2:    MR-Perfusionsmethoden und die wichtigsten Perfusionsparameter einschließlich ihrer Abkürzungen sowie exemplarische Studien

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